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KIEZ. Kein Roman

Großformatiges Paperback. Klappenbroschur.
BuchKartoniert, Paperback
224 Seiten
Deutsch
Edel Books - ein Verlag der Edel Verlagsgruppeerschienen am06.09.20221. Auflage
Nach seinem Spiegel-Bestseller "Elbschlosskeller. Kein Roman" geht es nun weiter im rasanten Leben von Daniel Schmidt, dem Wirt des legendären Elbschlosskellers. In "Kiez. Kein Roman" erfahren Leser_innen des ersten Buches, was seit 2018 bei Daniel geschah - sein Absturz nach dem großen Hype, Klinikaufenthalte und Auszeit in Amerika, Fahrten in die Ukraine und sein Kampf für den Kiez -, während alle Neuleser_innen einsteigen können in den faszinierenden Kosmos des Daniel Schmidt, den Kiez-Philosophen, Mann mit Ecken und Kanten und Macher mit einem ganz großen Herzen. Er nimmt uns mit auf eine Reise durch sein Viertel und lässt Menschen zu Wort kommen, die in seinem Leben eine große Rolle spielen und den Kiez, diesen einzigartigen Mikrokosmos, zusammenhalten.

St. Pauli und die Charaktere, von denen Daniel Schmidt berichtet, sind so, wie der Autor selbst: schonungslos ehrlich, tolerant und weltoffen, skurril und verrückt, hart aber herzlich ...
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR18,95
E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
EUR15,99

Produkt

KlappentextNach seinem Spiegel-Bestseller "Elbschlosskeller. Kein Roman" geht es nun weiter im rasanten Leben von Daniel Schmidt, dem Wirt des legendären Elbschlosskellers. In "Kiez. Kein Roman" erfahren Leser_innen des ersten Buches, was seit 2018 bei Daniel geschah - sein Absturz nach dem großen Hype, Klinikaufenthalte und Auszeit in Amerika, Fahrten in die Ukraine und sein Kampf für den Kiez -, während alle Neuleser_innen einsteigen können in den faszinierenden Kosmos des Daniel Schmidt, den Kiez-Philosophen, Mann mit Ecken und Kanten und Macher mit einem ganz großen Herzen. Er nimmt uns mit auf eine Reise durch sein Viertel und lässt Menschen zu Wort kommen, die in seinem Leben eine große Rolle spielen und den Kiez, diesen einzigartigen Mikrokosmos, zusammenhalten.

St. Pauli und die Charaktere, von denen Daniel Schmidt berichtet, sind so, wie der Autor selbst: schonungslos ehrlich, tolerant und weltoffen, skurril und verrückt, hart aber herzlich ...
Zusammenfassung
Details
ISBN/GTIN978-3-8419-0790-5
ProduktartBuch
EinbandartKartoniert, Paperback
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum06.09.2022
Auflage1. Auflage
Seiten224 Seiten
SpracheDeutsch
Gewicht294 g
Artikel-Nr.50546012
Rubriken

Inhalt/Kritik

Leseprobe

1/ Kiez

 Am Anfang war der Elbschlosskeller - Hamburger Berg 38, im Herzen von St. Pauli, mitten in Hamburg. Dieser wunderbar liebenswert schräge Ort war und ist seit zwei Generationen der Dreh- und Angelpunkt meiner Familie. Seine Geschichte ist von unserer nicht zu trennen. Wir leben vom Elbschlosskeller und mit ihm. Dabei ist unsere Kneipe längst das, was man weitläufig eine Institution nennt, und sie ist weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt. Unsere oberste Maxime lautet: Jeder Gast ist willkommen, wir schließen niemanden aus. Seit jetzt 70 Jahren finden im Elbschlosskeller die Heimatlosen und Abgehängten, all diejenigen, die nicht wissen, wo sie hinsollen, ein Zuhause. Hier sitzen Obdachlose neben Millionären, Prostituierte trinken mit Hausfrauen, Touristen schunkeln mit Luden. Und das rund um die Uhr und an jedem Tag im Jahr - Stopp - eine Einschränkung muss ich machen: Wenn uns nicht gerade ein Lockdown den Hahn zudreht! So wie im Frühjahr 2020. Um den Keller zum ersten Mal seit seiner Eröffnung 1952 zu schließen, war es aber schon nötig, dass die ganze Welt stillstand.

 

Der Elbschlosskeller ist so einzigartig und bunt wie unser ganzes Viertel: St. Pauli, unser Kiez. Wer hier lebt, der weiß, worauf er sich einlässt, der will mittendrin sein im prallen Leben, in diesem Mikrokosmos, den es so nirgends sonst gibt. St. Pauli ist eine eigene Welt. Tagsüber geht es hier noch einigermaßen gesittet zu, fast wie in einem ganz normalen Wohnviertel, wenn man die Vielzahl an Sexshops und Pornokinos außen vorlässt und darüber hinwegsieht, dass es an vielen Ecken doch ein bisschen angeschmuddelt ist. Okay, was heißt schon normal , aber ihr wisst, was ich meine. Es gibt hier ein bürgerliches Leben, mit Kindergärten und Schulen, Supermärkten, Straßencafés, Restaurants und Kirchen. Die unterschiedlichsten Milieus und Szenen existieren auf St. Pauli mit- und nebeneinander und profitieren - bestenfalls - voneinander. Sobald es aber dunkel wird, fängt der Kiez an zu glitzern, dann erwacht das andere St. Pauli, das sündige und verruchte, die Partymeile, dann kommen die Feierwütigen zum Tanzen, Trinken, Ficken.

 

Ich selbst habe nie auf St. Pauli gewohnt, aber doch mein halbes Leben hier verbracht. Ich kenne fast jeden Pflasterstein und so ziemlich jede Ecke, und mich verbindet unendlich viel mit diesem Viertel, das so viele Gesichter hat. Da ist zuallererst die weltbekannte Reeperbahn mit all ihren Etablissements zu nennen, den Clubs, Shops, Bars, Theatern, Stundenhotels, von Chic bis Schmutz ist alles dabei. Legendär schmutzig war übrigens der Clochard auf der Reeperbahn, eine Kneipe, dem Elbschlosskeller nicht ganz unähnlich, leider ist der Laden seit der Pandemie geschlossen. Über dem Clochard wohnte mein Freund Jörg, der deutsch-türkische Punk. Dann gibt es die berühmte Davidwache, unser Polizeikommissariat, das seinen Namen der Davidstraße verdankt. Hier arbeitete, bis er in Rente ging - Thomas Tessi Tessmann und sorgte mit Herz und Courage für Recht und Ordnung auf St. Pauli. Wenige Meter von der Davidwache entfernt geht es in die Herbertstraße, auch die kennt man in der ganzen Republik. In dieser kleinen Gasse nämlich stellt sich die Crème de la Crème der Hamburger Prostituierten in Schaufenstern zur Schau und bietet ihre Dienste den vorbeikommenden Freiern an.

Eine von ihnen kenne ich schon seit meiner Kindheit: Manuela Freitag, die dienstälteste Domina Hamburgs, die Grande Dame des Milieus und Freundin meiner Familie.

 

Dann gibt es das legendäre Dragsloch in der Hein-Hoyer-Straße, sie ist wie der Hamburger Berg eine Seitenstraße der Reeperbahn. Im Dragsloch wohnen bzw. wohnten die geilsten Dragqueens, die ich je kennenlernen durfte. Zum Beispiel Veuve Noire oder Barbie Stupid, aber auch Eve Champagne, sie allerdings ist keine Drag, sondern Deutschlands beste Burlesque-Künstlerin.

 

Geografisch gesehen sind es nur wenige Straßen und Plätze, aus denen unser Viertel besteht. Sie erzählen Geschichten auch von denen, die dieses Viertel prägten aber längst gestorben sind, von den Luden und Gangstern, die noch einen Ehrenkodex hatten. Typen wie der Schöne Klaus, der in den 70er Jahren mit seinem Lamborghini über die Reeperbahn kurvte, 15 Frauen für sich anschaffen ließ und einer der Mitbegründer der so genannten Nutella-Bande , einer Luden-Organisation war. Heute hängt er regelmäßig im Elbschlosskeller ab und sorgt im betrunkenen Zustand gerne mal für einen Skandal. Auch mein Vater, Lothar Schmidt zählte, wenn er auch kein Lude war, zu den echten Urgesteinen auf dem Kiez. Wodka-Lothar , so nannte man ihn. Er war es, der den Elbschlosskeller zu der Partyhölle machte, die er heute ist. Mein Vater war eine Legende, von denen viele der Alteingesessenen heute noch mit leuchtenden Augen erzählen.

 

Alle diese Geschichten des vergangenen St. Pauli kennt kaum jemand besser als Michel Ruge, Schriftsteller, Künstler, Bonvivant, St. Paulianer von Geburt an. Er ist im Viertel aufgewachsen und lädt seit einigen Jahren die spannendsten Typen des Milieus in sein Treppen-Café ein. Dort interviewt er sie oder hängt nur einfach mit ihnen bei einem Kaffee ab. Bei diesem Café handelt es sich um kein öffentliches Lokal, es sind die Treppenstufen, die zu Michels Haus führen.

 

Tessi, Manu, Jörg, Veuve, Barbie, Eve, Michel und all die anderen, die ihr in diesem Buch kennenlernen werdet, sie sind der Kiez, ganz besondere Charaktere, ohne die St. Pauli nicht funktionieren würde - und ohne die ich nicht hätte funktionieren können. Sie sind Helden, denen ich ein kleines Denkmal setzen möchte. Für mich selbst hat sich der Kiez im Laufe meines Lebens gewandelt, aus meiner jugendlichen Faszination für die Unterwelt und ihre gesetzlosen Gesellen wurde, je älter ich wurde, ein großer Respekt für Menschen, die Toleranz nicht nur predigen, sondern leben, für die Freigeister der Szene. So wie Mausi einer war, ein ehemaliger Schließer in einer JVA, der in seiner Freizeit in Frauenklamotten, mit Schminke und Perücke über den Kiez stöckelte. Das war seine Freiheit. Ich denke auch an Inge und Jacky, die seit Jahren am Hamburger Berg auf der Straße leben. Das ist ihre Form von Freiheit. St. Pauli ist ein Sammelbecken von Andersdenkenden, egal aus welcher Ecke sie kommen und von welcher Gesinnung sie sind.

 

Das alles mag ich immer noch, dennoch bedeutet der Kiez für mich heute vor allem Zusammenhalt und Familie. In Zeiten der Krise sind wir zusammengerückt und passten aufeinander auf. Das war gar nicht so selbstverständlich, denn natürlich gibt es Konkurrenz, Neid und Argwohn, es ist nicht alles nur heiter und harmonisch. Der Kiez ist auch ein hartes Pflaster. Und dennoch, als es darauf ankam, hat man zusammengehalten, wie ich es noch nie zuvor erlebt habe und, ehrlich gesagt, wie ich es mir in meinen kühnsten Träumen nicht erhofft hätte.

 

Das St. Pauli, wie es mein Vater noch aus seinen Hochzeiten kannte und mitprägte, ist schon lange nicht mehr das St. Pauli von heute. Leider, muss man sagen. Das Publikum hat sich komplett verändert, nicht von heute auf morgen, es war ein schleichender Prozess. Viele der Alteingesessenen, der Kiezianer, sind weggestorben oder sie wurden vertrieben. Gentrifizierung heißt das böse Wort. Alles wird teurer und diejenigen, die nicht so viel zum Leben haben, müssen raus ihren Wohnungen.

 

Auch Jörg, den Punk, warf man aus seiner Bleibe über dem schon erwähnten Clochard. Aber dieser wunderbare Provokateur hat schon so einiges über sich ergehen lassen, und ich bin mir sicher, er wird sich nicht unterkriegen lassen. Auch vielen Kneipenwirten auf St. Pauli steht das Wasser bis zum Hals. Die Pandemie hat das Kneipensterben beschleunigt, begonnen hat es viel früher. Das Hauptproblem besteht im Ballermann-Tourismus. Heißt konkret: Immer mehr Menschen feiern zwar auf dem Kiez, lassen ihr Geld aber nicht bei den Wirten und Gastronomen. Möglich wurde das durch den inflationären Zuwachs an Kiosken im Viertel. Inzwischen findet man an die 60 Kioske auf der Reeperbahn und in den Seitenstraßen. Manche Kioskbesitzer betreiben ihren Laden schon seit 20, 30 Jahren. Sie gehören dazu, die brauchen wir auch, aber wenn aus der Reeperbahn irgendwann eine Kiosk-Meile wird, läuft etwas falsch, dann geht der Flair verloren. Kauft im Kiosk eure Zigaretten, eure Kaugummis und euren Softdrink, aber trinkt das Bier bitte in einer Kneipe - sonst gibt es uns bald nicht mehr. Die Touris aber besorgen sich immer häufiger den billigen Alkohol in den Kiosken, betrinken sich auf der Straße und gehen anschließend nur zum Tanzen und Feiern in die Bars und Clubs, ohne dort etwas zu verzehren. Cornern nennt man das. Viele Lokale haben dadurch richtig zu kämpfen und manchen, denen es ohnehin schon schlecht ging, brach dann die Pandemie final das Genick.

 

Das alles und noch viel mehr ist St. Pauli. Ich werde euch in meine Welt mitnehmen, werde euch die Orte zeigen, die meine Geschichte auf dem Kiez erzählen. Und ich werde euch einige Menschen vorstellen, die den Mikrokosmos St. Pauli ausmachen, die sein Herz und seine Seele sind. Die liebenswert Verrückten, Verruchten, Chaotischen und Bekloppten.

 

Und ja, ich bin einer von ihnen.
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Kritik
"'Kiez - Kein Roman' ist wie sein Vorgänger ein leidenschaftliches, glaubwürdiges Plädoyer für den Kiez und seine Menschen." Thomas Andre Hamburger Abendblatt 20220928mehr

Schlagworte

Autor

Schmidt, DanielAls Daniel Schmidt 1984 geboren wurde, waren seine Eltern schon einige Jahre Pächter des Elbschlosskellers, der immer mehr zur legendären Partyhölle avancierte. Im Alter von 14 Jahren kam er zum ersten Mal zum Trinken in den Elbschlosskeller. Seit er 18 ist, steht er bis auf eine dreijährige Pause, in der er eine Ausbildung zum Zimmermann absolvierte, hinter der Theke der legendären St. Pauli-Kneipe, die niemals ihre Türen schließt und als härteste Kneipe Hamburgs gilt.