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Amadeus-Elixier

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
288 Seiten
Deutsch
Silberburg-Verlagerschienen am07.09.2012
In Norbert Klugmanns erstem Krimi im Silberburg-Verlag erschüttert ein Toter in der Schlossgruft das beschauliche Badenweiler. Kaum ist Amadeus Graf Wolffheim, Spross eines alten Badenweiler Adelsgeschlechts, nach zwanzig Jahren an den Oberrhein zurückgekehrt, findet er im Kellergeschoss des halb verfallenen Familiensitzes eine sorgfältig verpackte Leiche. Der Tote, eine verkrachte ortsbekannte Künstlerexistenz, war mindestens so unbeliebt wie untalentiert. Doch das ist nicht das einzige, was die Bäderstadt in diesen Tagen umtreibt. Denn Badenweilers Vorzeigebetrieb, dem allseits geschätzten Kosmetikhersteller 'Deine', steht das 150-Jahr-Jubiläum ins Haus. Und bald fragt sich nicht nur der smarte Graf, wer hier eigentlich die Leichen im Keller hat ...

Norbert Klugmann wurde 1951 in Uelzen (Niedersachsen) geboren. Er studierte in Hamburg Soziologie, Psychologie und Pädagogik und arbeitete journalistisch unter anderem für das ZEITmagazin. Als Buchautor veröffentlicht er seit den achtziger Jahren u. a. Kriminalromane, historische Romane, Jugendromane. Von den gemeinsam mit Peter Mathews geschriebenen Krimis wurde 'Beule' und 'Vorübergehend verstorben' für das Fernsehen verfilmt. Klugmann lebt in Hamburg.
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Produkt

KlappentextIn Norbert Klugmanns erstem Krimi im Silberburg-Verlag erschüttert ein Toter in der Schlossgruft das beschauliche Badenweiler. Kaum ist Amadeus Graf Wolffheim, Spross eines alten Badenweiler Adelsgeschlechts, nach zwanzig Jahren an den Oberrhein zurückgekehrt, findet er im Kellergeschoss des halb verfallenen Familiensitzes eine sorgfältig verpackte Leiche. Der Tote, eine verkrachte ortsbekannte Künstlerexistenz, war mindestens so unbeliebt wie untalentiert. Doch das ist nicht das einzige, was die Bäderstadt in diesen Tagen umtreibt. Denn Badenweilers Vorzeigebetrieb, dem allseits geschätzten Kosmetikhersteller 'Deine', steht das 150-Jahr-Jubiläum ins Haus. Und bald fragt sich nicht nur der smarte Graf, wer hier eigentlich die Leichen im Keller hat ...

Norbert Klugmann wurde 1951 in Uelzen (Niedersachsen) geboren. Er studierte in Hamburg Soziologie, Psychologie und Pädagogik und arbeitete journalistisch unter anderem für das ZEITmagazin. Als Buchautor veröffentlicht er seit den achtziger Jahren u. a. Kriminalromane, historische Romane, Jugendromane. Von den gemeinsam mit Peter Mathews geschriebenen Krimis wurde 'Beule' und 'Vorübergehend verstorben' für das Fernsehen verfilmt. Klugmann lebt in Hamburg.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783842515185
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2012
Erscheinungsdatum07.09.2012
Seiten288 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1929 Kbytes
Artikel-Nr.2751085
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe
3

Zwanzig Minuten vor dem verabredeten Termin hätte er am liebsten abgesagt. Zwanzig Jahre in vier Stunden, das konnte nicht gelingen.

In Badenweiler war viel passiert, Architekten und Stadtplaner schliefen nicht. Er betrat ein neues Kurviertel. Man hatte viel Geld ausgegeben, edel war es geworden. Die Therme ein Schmuckstück, Sanatorien und Kliniken, die nicht den Kassenpatienten im Blick hatten. Hier stiegen der Privatpatient und der Selbstzahler ab. Die Parkplätze sprachen eine deutliche Sprache, selbst im Dezember stand Audi neben BMW und Daimler. Viele Schweizer Kennzeichen.

Er war kurz davor, alles abzublasen, und kniff dann doch nicht. Er wollte sich nicht verstecken. Zwanzig Jahre in vier Stunden. Vielleicht war er der Einzige, der sich diesen Abend schwermachte. Vielleicht freuten sich alle anderen ohne Verstellung und Verrenkung auf das Wiedersehen mit ihm.

Am Eingang trat er einem Mann in die Hacken, der regte sich auf und stutzte, guckte genau hin. Sie umarmten sich; Weinhändler Ruprecht roch nach Kork und ließ Amadeus nicht mehr los. So legte er die letzten Meter, vor denen er sich gefürchtet hatte, lachend zurück; als er wieder zu Atem kam, saß er am großen Tisch und begrüßte einen nach dem anderen. Alle waren erschienen; nicht mit jedem war die Zeit im gleichen Maße gnädig umgegangen, aber keiner wirkte krank oder verkniffen. Natürlich herrschte zuerst ein großes Durcheinander. Viele Fragen wurden gestellt und nicht beantwortet, es ging kreuz und quer über den Tisch. Rena, die Zahnärztin, sah mit den Falten um die Augen attraktiver aus als zu der Zeit, wo sie die reizende Leere eines Cheerleaders ausgestrahlt hatte. Ruprecht war derselbe Großkotz wie beim Abiturball. Man hatte immer noch die Wahl: den Kerl erschlagen oder warten, bis ihn die Trunkenheit vermenschlichte. Hebamme Emma war ohne ihre Sichel erschienen, aber die Tasche stand in Griffweite, denn im Nachbarort atmete eine Frau ihrem großen Moment entgegen. Emma hatte die Kommissarin mitgebracht, worum Amadeus ausdrücklich gebeten hatte.

Die Altersdifferenz am Tisch war gering. Emma mit nicht viel über dreißig war die Jüngste, alle anderen stammten aus zwei Jahrgängen, Amadeus hatte vor zwanzig Jahren mit dem Weinhändler Abitur gemacht. Dessen Vater hatte vor kurzem das Geschäft übergeben, um seitdem zweimal am Tag im Laden vorbeizuschauen und den Filius zur Weißglut zu treiben.

Man war über zahlreiche Stränge verbunden: Schule, Nachbarschaft, Freunde, der Fechtverein, das Schloss der Wolffheims, Abenteuerspielplatz nicht nur für kleine Kinder. Pubertierende fanden hier elternfreie Räume; Liebespaare konnten ungestört für sich sein; hinter den Maschinen für die Bearbeitung von dreißig Hektar Land übte die Rockband; im Pferdestall tagte die Schülerzeitung und wurde auf der alten Maschine gedruckt. Hier tauchten die Nachwuchsstars der politischen Parteien auf, um den heranwachsenden Grafen für ihre Farben zu gewinnen. Hier verabredete sich Julia mit Markus, der sich zeitgleich mit Katinka verabredet hatte, was die Mädchen zu einem Liebespaar zusammenschmiedete, was Markus nie verwand und alle heute noch zum Lachen brachte.

Sie waren einer der letzten Jahrgänge vor Internet und Handy gewesen. Sie hatten sich noch persönlich getroffen und Bücher gelesen. Die Jugend von heute nannten sie »arme Technikwürste« und kamen sich dabei herrlich alt vor.

Vor dem Dessert tauchte der Lokalredakteur auf. Er schrieb für die Badische Zeitung, der Fotograf hatte kurzfristig abgesagt. Um das Porträt im Blatt würde Amadeus nicht herumkommen, nicht bei seinem Namen und seiner Vergangenheit und der Vergangenheit seiner Familie. Heute Abend und morgen würde ihm der Redakteur nicht von der Seite weichen. Der Medienmann sah aus wie viele Provinzredakteure: übermüdet, von einem Grauschleier überzogen, ausgestattet mit gutem Appetit. Er zählte die Termine der letzten Tage auf und genoss die mitleidigen Gesichter. Es gab kein Thema, das für die Lokalausgabe zu belanglos gewesen wäre. Die mit 98 Jahre älteste Bewohnerin bekam alle sechs Monate ihren Jubelartikel, denn, wie der Redakteur zwischen zwei Schlucken sagte: »Man muss das alte Eisen schmieden, solange es Stoffwechsel hat.«

Dann stand Barrakuda am Tisch, noch ein neues Gesicht für den Grafen. Niemand blickte ihn erfreut an, aber er schlawinerte so lange, bis Amadeus ihn einlud. Den Redakteur nannte er wohl zehnmal »mein Kollege«, und der Redakteur konterte zehnmal mit den Worten »Niemand will dein Kollege sein.«

Schnell lag das Blatt auf dem Tisch. »Badenheimer Glück«, ein Anzeigenblatt mit großem redaktionellen Teil. Alle vierzehn Tage steckte es in den Briefkästen von Badenweiler, Müllheim und umliegenden Dörfern, genoss einen guten Ruf bei den Geschäftsleuten und verschaffte Barrakuda das erhebende Gefühl, neben seinem Standbein als Betreiber einer Partnervermittlung auch ein weniger anrüchiges Gewerbe zu betreiben.

»Geh weg«, sagte der Lokalredakteur und stieß mit Barrakuda an. Zu diesem Zeitpunkt war es am Tisch schon laut geworden. Amadeus landete neben Emma, holte Atem zum ersten Satz und sah zu, wie sie zu ihrer Schwangeren aufbrach.

Aber bevor sie ging, hielt die Zahnärztin ihre Rede, in der sie den Rückkehrer begrüßte und ihm alles erdenklich Gute für den neuen Start wünschte. Ruprecht war zur Theke gegangen und hatte einen eingewickelten Gegenstand herangetragen. Er reichte ihn der Zahnärztin, sie reichte ihn Amadeus.

Ein Schiff mit Schornstein und Segeln läuft in den Hafen von New York ein. In die rechte Bildseite ragt eine Häuserzeile. Die Striche waren stark und rücksichtslos, der Weinhändler erklärte: »Auf dem Schiff fahren Auswanderer in die Neue Welt. Das Bild ist für den Auswanderer, der in die Alte Welt zurückkehrt. Mach was draus. Wir sind für dich da. Und damit meine ich nicht nur meine tolle Auswahl an preiswerten Weinen. Wenn dir die hiesigen Tropfen zum Hals heraushängen, keiner ist in Lateinamerika besser sortiert.«

Emma brach eilig auf, Amadeus sah ihr hinterher.

»Künstlerpech«, sagte Barrakuda lächelnd, rückte einen Platz auf den Grafen zu und informierte ihn über die letzten lokalen Skandale. Wie den in der Pension, in der sich eine Busladung ukrainischer Gäste und eine Busladung russischer Rekonvaleszenten als Angehörige der Mafia und der Polizei herausstellten und den schockierten Pensionsbesitzern demonstrierten, dass deutsche Wertarbeit nicht für die Ewigkeit ist, wenn man lange genug mit einem Stuhlbein draufschlägt. Die Versicherungen hatten den Schaden auf 200 000 Euro beziffert. In der Eile hatten die bei Nacht und Nebel aufbrechenden Gäste aus dem Osten ihre Busse verwechselt, was niemand mehr bedauerte als die Busfahrer. Zwei Autobahnraststätten weiter war die Sache geradegezurrt worden. Diesen Schaden hatten die Versicherungen auf 120 000 Euro beziffert.

Die Kommissarin berichtete über Freiburg, wo Bett und Schreibtisch standen. Sie trug keinen Schmuck und wirkte sehr privat. Aber die berufsmäßige Fragenstellerin brach sich doch Bahn: »Ich habe mich gewundert, dass im Schloss noch Strom fließt.«

»Ich wundere mich, dass Sie das wissen. Sie waren doch nicht drinnen oder? Und außen brannte keine Lampe.«

Ruprecht bekam große Ohren, der Redakteur kaute leiser, es war so weit. Zwei Stunden hatten sie Amadeus gegeben, jetzt war die Zeit gekommen. Zwanzig Jahre in zwei Stunden. Der junge Graf und seine stürmische Jugend. Dreihundert Jahre hatten alle Vorfahren getan, was der Name von ihnen verlangte. Die Gehorsamsten verzichteten sogar auf die obligatorische Grand Tour zu den Stätten der Klassik, sie stießen sich keine Hörner ab, weil ihnen keine Hörner wuchsen. Sie sprengten in Baden-Baden nicht die Bank und zogen sich in Paris keine pikanten Krankheiten zu.

Graf Amadeus war der erste Spross des Hauses, der seinem Namen keine Ehre machen wollte. Der Knabe tanzte nicht einmal gerne, dabei waren die Wolffheims traditionell die besten Tänzer in der Region. Jede Heirat war auf Bällen eingefädelt worden, auf denen die Stühle der Grafenfamilie leer geblieben waren, weil die Wolffheims die Tanzfläche nicht verließen.

Als Amadeus wenige Tage nach dem Abitur seine Habseligkeiten in den Kombi warf, der vor einem halben Jahr noch als Leichenwagen gedient hatte, war die Gräfin überzeugt gewesen, es könne sich nur um einen der störrischen Anfälle handeln, und der Filius werde bald aufgeben.

Aber der Filius war nicht ins Schloss zurückgekehrt; und als der Unfall auf der Bundesstraße geschah, waren auch die Eltern nicht mehr ins Schloss zurückgekehrt; und als die letzten Bediensteten Tücher über die Möbel legten, war die Zeit stehengeblieben - in den ersten Jahren auch Spaziergänger, die vorbeikamen und die Geschichte kannten. Dann waren auch die nicht mehr stehengeblieben, jeder kannte die Geschichten von adeligen Sippen, die das Schicksal wegsprengte, dass nichts...
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Autor

Norbert Klugmann wurde 1951 in Uelzen (Niedersachsen) geboren. Er studierte in Hamburg Soziologie, Psychologie und Pädagogik und arbeitete journalistisch unter anderem für das ZEITmagazin. Als Buchautor veröffentlicht er seit den achtziger Jahren u. a. Kriminalromane, historische Romane, Jugendromane. Von den gemeinsam mit Peter Mathews geschriebenen Krimis wurde "Beule" und "Vorübergehend verstorben" für das Fernsehen verfilmt. Klugmann lebt in Hamburg.