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So weit die Störche ziehen

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
640 Seiten
Deutsch
Ullstein Taschenbuchvlg.erschienen am03.08.2020Auflage
Verlorene Träume - eine junge Frau beweist Mut in dunklen Zeiten  Ostpreußen 1939: Während die Welt aus den Fugen gerät, wächst die junge Dora Twardy behütet auf dem Pferdegestüt ihrer Familie auf. Der Tochter des Gutsherren mangelt es an nichts, auch nicht an Verehrern. Doch als die deutsche Wehrmacht Polen angreift, muss Dora schlagartig erwachsen werden. Ihr Vater wird eingezogen und übergibt ihr die Verantwortung für den Hof. Mit aller Kraft kämpft Dora um den Erhalt des Familienbesitzes. In den Wirren des Krieges stehen ihr zwei Männer bei: der sanftmütige Freund ihres Bruders, Wilhelm von Lengendorff, und der abenteuerlustige Kriegsfotograf Curt von Thorau. Zu spät erkennt Dora, wen sie wirklich liebt ...

Theresia Graw wurde 1964 in Oberhausen geboren. Nach ihrem Studium der Germanistik und Kommunikationswissenschaft war sie als Reporterin und Moderatorin für verschiedene Privatsender tätig, bevor sie zum Bayerischen Rundfunk wechselte. Neben ihrer Tätigkeit als Journalistin schreibt sie Romane. »So weit die Störche ziehen« ist ihr persönlichstes Buch, in dem sie die Geschichte ihrer aus Ostpreußen stammenden Familie mit einer fiktiven Handlung verwebt. Theresia Graw hat zwei erwachsene Kinder und lebt in München.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR13,99
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR11,99

Produkt

KlappentextVerlorene Träume - eine junge Frau beweist Mut in dunklen Zeiten  Ostpreußen 1939: Während die Welt aus den Fugen gerät, wächst die junge Dora Twardy behütet auf dem Pferdegestüt ihrer Familie auf. Der Tochter des Gutsherren mangelt es an nichts, auch nicht an Verehrern. Doch als die deutsche Wehrmacht Polen angreift, muss Dora schlagartig erwachsen werden. Ihr Vater wird eingezogen und übergibt ihr die Verantwortung für den Hof. Mit aller Kraft kämpft Dora um den Erhalt des Familienbesitzes. In den Wirren des Krieges stehen ihr zwei Männer bei: der sanftmütige Freund ihres Bruders, Wilhelm von Lengendorff, und der abenteuerlustige Kriegsfotograf Curt von Thorau. Zu spät erkennt Dora, wen sie wirklich liebt ...

Theresia Graw wurde 1964 in Oberhausen geboren. Nach ihrem Studium der Germanistik und Kommunikationswissenschaft war sie als Reporterin und Moderatorin für verschiedene Privatsender tätig, bevor sie zum Bayerischen Rundfunk wechselte. Neben ihrer Tätigkeit als Journalistin schreibt sie Romane. »So weit die Störche ziehen« ist ihr persönlichstes Buch, in dem sie die Geschichte ihrer aus Ostpreußen stammenden Familie mit einer fiktiven Handlung verwebt. Theresia Graw hat zwei erwachsene Kinder und lebt in München.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783843723060
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2020
Erscheinungsdatum03.08.2020
AuflageAuflage
Seiten640 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3559 Kbytes
Artikel-Nr.4940858
Rubriken
Genre9201
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Inhalt/Kritik

Leseprobe
1.

Ende August 1939

Wie eine Königin thronte Dora Twardy auf ihrem Lieblingsplatz vor dem elterlichen Gutshaus, den Blick aufmerksam auf die Auffahrt des Hofes gerichtet. Sie saß mit überkreuzten Beinen auf der breiten Balustrade der Veranda, den Rücken an einen der weiß getünchten Stützpfosten gelehnt, und ließ sich die Sonne ins Gesicht scheinen. Doch die Ruhe und Gelassenheit, die sie auf den ersten Blick ausstrahlte, täuschten. Unablässig zwirbelten ihre Finger an den langen Enden des Bindegürtels, der um ihr blaugeblümtes Hemdblusenkleid mit den kleinen weißen Kragen geschlungen war. Dora konnte nicht verbergen, wie ungeduldig sie darauf wartete, dass ihr Vater und ihr großer Bruder Hans endlich zurückkamen. Am Vormittag waren sie aufgebrochen, um am Bahnhof in Wormditt den neuen Zuchthengst in Empfang zu nehmen.

»Es kann nicht mehr lange dauern«, sagte sie zu ihren beiden Besuchern. »Vater hat gesagt, dass sie noch vor dem Abendessen zurück sind.«

Ihre Worte waren an die Geschwister Kosubek gerichtet, die es sich neben ihr im Schatten des Verandadaches bequem gemacht hatten. Friedrich Kosubek saß aufrecht in dem weiß lackierten Korbstuhl und drehte das Glas mit Zitronenlimonade, das eines der Hausmädchen gerade herausgebracht hatte, in seiner Hand. Die Eiswürfel darin klirrten leise, während er Dora mit verstohlener Bewunderung beobachtete. Seine Schwester Elsbeth hatte sich auf der hölzernen Schaukelbank niedergelassen, die mit vier langen Ketten unter dem Vordach angebracht war, und ließ sich gemächlich auf und ab schwingen, wobei sie darauf achtete, dass die Limonade in ihrem Glas nicht überschwappte.

»Warum bist du eigentlich so unruhig, Dora? Man sollte meinen, es sei nichts Besonderes, wenn ein neues Pferd auf euren Hof kommt.«

»Oh, Elli, das ist ja nicht irgendein neues Pferd!«, antwortete Dora. »Es ist Siegfried, und das ist einer der besten Trakehnerhengste weit und breit. Er stammt in direkter Linie von einer englischen Vollblutzucht ab. Sein Vater hat schon dreimal den großen Preis von Paris gewonnen. So ein wertvolles Tier haben wir noch nie im Stall gehabt. Ich will ihn unbedingt sofort sehen.«

»Ich wette, du möchtest ihn auch unbedingt sofort reiten«, bemerkte Friedrich.

»Ja, Fritz, nur zu gern. Aber das erlaubt mir Vater ganz sicher nicht. Siegfried soll ein Riesenvieh sein und feurig wie zwei, sagt er.«

»Na«, meinte Friedrich neckend. »Wenn er so viel Temperament hat, dann passt er ja gut zu dir.«

»Das soll wohl ein Kompliment sein, Fritz?«

Dora warf ihm ein kleines spöttisches Lächeln zu. Es entging ihr nicht, dass Friedrich errötete.

»Oh, verzeih«, murmelte er. »Ich wollte dich natürlich keinesfalls mit einem Pferd vergleichen.«

Aber Dora lachte nur. Sie war mit ihren Gedanken schon wieder ganz woanders.

»Im Übrigen, Elli«, rief sie munter. »Vater bringt nicht nur das Pferd mit - sondern auch noch eine Überraschung für dich.«

»Für mich? Aber warum denn? Was für eine Überraschung?«

»Ach, Elli!« Friedrich schüttelte den Kopf. Nach der kleinen Irritation durch Doras unerwarteten Flirt hatte er nun seine feste Stimme wiedergefunden. »Wenn man darüber reden würde, wäre es ja keine Überraschung mehr.«

»Das stimmt.« Dora nickte ihrer Freundin lächelnd zu, sichtlich bemüht, die Worte, die ihr auf der Zunge lagen, ungesagt hi­nunterzuschlucken.

Die drei Freunde schwiegen wieder und hingen ihren Gedanken nach. Nur das Quietschen der Schaukel war zu hören.

Von ihrem Posten aus beobachtete Dora die von Linden gesäumte Einfahrt mit dem weit offen stehenden Hoftor, neben dem der Schäferhund Thassos mit der Nase auf den Vorderpfoten an seiner langen Kette lag. Vor der Veranda erstreckte sich das Geviert des Gutshofes: die hohe Scheune am anderen Ende des kopfsteingepflasterten Platzes mit dem Storchennest auf dem Dach, das seit ein paar Tagen leer und verlassen war, denn die Störche sammelten sich bereits auf den umliegenden Wiesen für ihren Rückflug in den Süden. Da war die lange Reihe von Pferdeställen mit den grünen zweiteiligen Holztüren, die sich zur Rechten an das Wohnhaus anschlossen, und die Stallungen für das Milchvieh und die anderen Tiere auf der gegenüberliegenden Hofseite. In den reich bepflanzten Blumenrabatten, die rechts und links neben dem Treppenaufgang zur Veranda am Haus entlangführten, blühten die letzten gelben Rosen, dazwischen hellblauer Phlox, ein paar purpurfarbene Lupinen und Büschel von Levkojen in Rosa, Weiß und Lila, welche einen schwachen Vanilleduft verbreiteten, der sich hin und wieder, wenn eine leichte Brise von den Ställen herüberwehte, mit dem Geruch von Stroh und Pferdedung vermischte.

Vom Hühnerhof jenseits der Scheune klang ein lebhaftes Gegacker herüber, und ab und zu drang ein leises Schnauben aus einer der Pferdeboxen, in denen zwei trächtige Stuten standen, die nicht mehr hinaus auf die Koppel durften, weil sie in Kürze ihre Fohlen bekommen würden.

Die harte Zeit der Roggenernte war vorüber, keine Mähmaschine klapperte mehr auf den Feldern, und auch das Dengeln war verstummt, dieser helle metallische Klang, der an den ostpreußischen Sommerabenden die Luft erfüllte, wenn die Bauern ihre Sensen auf den Amboss legten und sie mit gleichmäßigen Hammerschlägen auf die Schnittflächen für den Einsatz am nächsten Tag schärften. Nun war es Ende August und die meiste Arbeit getan, Heu und Getreide lagen in der Scheune, das überschüssige Korn war in Säcke verpackt und verkauft und lagerte längst in einem der großen Getreidespeicher am Hafen von Königsberg. Nur im Obstgarten hinter dem Haus stand die Ernte noch an, die Bäume hingen voll mit Äpfeln, Birnen, Quitten und Zwetschgen. Und in ein paar Wochen würden die Knechte und Mägde noch die Kartoffeln und die Rüben vom Feld holen.

Dora liebte diese Zeit des Jahres, wenn die große Gluthitze des Sommers vergangen war, aber der Winter mit den langen dunklen Abenden und dem eiskalten Ostwind, der spätestens im Dezember meterhoch den Schnee aus Sibirien heranwehte, noch in weiter Ferne lag. Das Leichte und Heitere lag ihr näher als die Schwermut und die Melancholie, die sich über das Land legten, sobald die Störche fortgezogen waren und die ersten Herbststürme die Blätter von den Bäumen fegten.

Vor ein paar Wochen war sie sechzehn Jahre alt geworden, und sie blickte voller Offenheit und Neugier auf das Leben, das es bisher so gut mit ihr gemeint hatte und von dem sie noch so viel erwartete.

Dora war eine bemerkenswerte Person, die die Blicke auf sich zog. Das lag nicht nur an ihren ungewöhnlich vollen schwarzbraunen Locken, die ihr beinahe bis zur Taille reichten, wenn sie die Haare offen trug wie jetzt und nur mit zwei Schildpattkämmchen an den Schläfen zurücksteckte, damit ihr keine Strähne ins Gesicht fiel. Es lag nicht nur an dem kecken Schwung ihrer Lippen, die stets bereit waren zu lächeln, weil sie bislang noch nicht viel Veranlassung gehabt hatten, sich vor Schmerz oder Kummer zu verziehen, oder an der kleinen geraden Nase, den hohen Wangenknochen und dem ovalen Kinn mit dem Grübchen darin. Vor allem lag es an Doras großen hellen Augen, die von einer bemerkenswerten Farbe waren, nicht grün und nicht blau, sondern irgendetwas Unbestimmtes dazwischen, und die unter den fein geschwungenen Brauen und den dunklen Wimpern so wach und lebenshungrig in die Welt blickten, als wollten sie alle Bilder und Eindrücke, die das Universum zu bieten hatte, auf einmal in sich aufnehmen und nie mehr vergessen.

Dora war sehr hübsch, und das wusste sie, nahm ihre Schönheit aber mit einer Selbstverständlichkeit hin wie die Sonne am Himmel über sich. Sie war einfach da. So war das Leben eben, und sie kannte es nicht anders, als dass sie Komplimente bekam und im Mittelpunkt stand, wo immer sie in einer Gesellschaft auftauchte. Dass sich die jungen Männer nach ihr umdrehten, wenn sie unter den Lauben am Marktplatz von Wormditt unterwegs war, um ihre Besorgungen zu machen. Dass sie die Erste war, die bei jedem Ball zum Tanzen aufgefordert wurde. Und dass alle Mädchen aus ihrer Schulklasse hofften, von ihr zum Geburtstagskaffeekränzchen eingeladen zu werden. Und obgleich Dora wusste, dass sie ihre ebenmäßigen Gesichtszüge und die prächtigen Locken im Grunde nur einer Laune des Schicksals zu verdanken hatte, so verstand sie es doch, ihr reizendes Lächeln zu ihrem Vorteil einzusetzen, wenn es ihr angebracht erschien. Sogar ihr Lehrer Adomeit, der bei Generationen von Schülerinnen bekannt war für seine unerbittliche Strenge, wenn jemand die Hausarbeiten nicht nach seinen Vorstellungen erledigt hatte, wurde milde, wenn Dora ihn nur lächelnd anblickte. Selbst die Führerin des wöchentlichen Treffens beim Bund Deutscher Mädel verzieh es ihr, wenn sie zu spät kam oder gar eine Gruppenstunde geschwänzt hatte, sobald Dora seufzend und mit einem tiefen Augenaufschlag um Verzeihung bat.

Ihre Mutter verwandte alle Mühe darauf, Dora auf das Leben einer kultivierten und achtbaren Dame vorzubereiten, allerdings hatte diese ihre ganz eigene Vorstellung...
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Autor

Theresia Graw wurde 1964 in Oberhausen geboren. Nach ihrem Studium der Germanistik und Kommunikationswissenschaft war sie als Reporterin und Moderatorin für verschiedene Privatsender tätig, bevor sie zum Bayerischen Rundfunk wechselte. Neben ihrer Arbeit als Journalistin schreibt sie Romane. "So weit die Störche ziehen" ist ihr persönlichstes Buch, in dem sie die Geschichte ihrer aus Ostpreußen stammenden Familie zu einer fiktiven Handlung verwebt. Theresia Graw hat zwei erwachsene Kinder und lebt in München.