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Die Morgenröte - Sie nehmen dir dein Leben

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
400 Seiten
Deutsch
Ullstein Taschenbuchvlg.erschienen am28.06.2021Auflage
Haben wir die freie Wahl?   Als der erfolgreiche YouTuber Georg Herzfeld wegen eines anrüchigen Videos auf dreißig Millionen Schadensersatz verklagt wird, scheint er ruiniert. Doch dann bietet ihm der charismatische Popstar Götz Wolf seine Unterstützung an. Als Gegenleistung soll Georg den Wahlkampf von Wolfs Bewegung Morgenröte unterstützen. Georg sagt zu und gerät in einen Albtraum. Denn die politische Meinungsmache der Morgenröte stützt sich auf Lügen und Hass. Wähler werden manipuliert und aufgehetzt. Es kommt zu Mord und bürgerkriegsähnlichen Zuständen. Als Erinnerungen an 1933 wach werden, bleibt Georg nur ein Ausweg, wenn er die faschistische Machtübernahme verhindern will, er muss Götz Wolf töten ...

Noah Richter ist das Pseudonym eines erfolgreichen Autors von Drehbüchern, Theaterstücken und Spannungsliteratur. Das Thema Wählermanipulation treibt ihn schon länger um, sein neuer Thriller ist das Ergebnis monatelanger Recherche. Noah Richter lebt mit seiner Familie in Berlin.
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Produkt

KlappentextHaben wir die freie Wahl?   Als der erfolgreiche YouTuber Georg Herzfeld wegen eines anrüchigen Videos auf dreißig Millionen Schadensersatz verklagt wird, scheint er ruiniert. Doch dann bietet ihm der charismatische Popstar Götz Wolf seine Unterstützung an. Als Gegenleistung soll Georg den Wahlkampf von Wolfs Bewegung Morgenröte unterstützen. Georg sagt zu und gerät in einen Albtraum. Denn die politische Meinungsmache der Morgenröte stützt sich auf Lügen und Hass. Wähler werden manipuliert und aufgehetzt. Es kommt zu Mord und bürgerkriegsähnlichen Zuständen. Als Erinnerungen an 1933 wach werden, bleibt Georg nur ein Ausweg, wenn er die faschistische Machtübernahme verhindern will, er muss Götz Wolf töten ...

Noah Richter ist das Pseudonym eines erfolgreichen Autors von Drehbüchern, Theaterstücken und Spannungsliteratur. Das Thema Wählermanipulation treibt ihn schon länger um, sein neuer Thriller ist das Ergebnis monatelanger Recherche. Noah Richter lebt mit seiner Familie in Berlin.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783843725026
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2021
Erscheinungsdatum28.06.2021
AuflageAuflage
Seiten400 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3526 Kbytes
Artikel-Nr.5797364
Rubriken
Genre9201
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Inhalt/Kritik

Leseprobe

4

Vor einer Stunde hätte das Konzert beginnen sollen, und die Polizeiführung überlegte immer noch, ob es nicht das Beste wäre, die Veranstaltung komplett abzusagen. Statt dreißigtausend zugelassenen Zuschauern befanden sich inzwischen mehr als fünfundvierzigtausend im Rudolf-Harbig-Stadion. Der Ort war zu einem Pulverfass geworden, und ein einziger Funke würde genügen, damit die Situation eskalierte. Viele Fans waren betrunken, auf den Rängen wurden die Sitze aus den Verankerungen gerissen, hie und da fingen Besucher an, sich zu prügeln. Die Alternative war kaum weniger riskant. Götz müsste rausgehen, sich ans Klavier setzen, seine Fans beruhigen und das Konzert halbwegs kontrolliert über die Bühne bringen. Es war ja nicht das erste Mal, dass sie gründlich durchdrehten. Das konnte er schaffen. Aber er fragte sich, ob er sie diesmal nicht einfach laufen lassen sollte. Sie nicht beruhigen, wie er es sonst immer tat. Er wollte es spontan entscheiden, sobald er auf der Bühne stand.

»Eine Bande unfähiger Idioten«, schimpfte er, als er von der Besprechung zurück in seine Garderobe ging, wo eine Reporterin von der Sächsischen Allgemeinen auf ihn wartete. Sie hatte es in dem Tohuwabohu geschafft, bis zu ihm vorzudringen. Dass sie erst fünfundzwanzig war, blond und durchaus hübsch zu nennen, hatte erheblich geholfen. Mit einem Zwinkern hielt sie ihren Kameramann an, immer auf den Superstar draufzuhalten. Das war nicht besonders schwer, weil der Raum nur etwa zwölf Quadratmeter groß war und Götz der Kamera kaum entwischen konnte.

»Ein Jahr haben die Zeit gehabt, das Konzert zu organisieren. Ein Jahr! Und trotzdem endet es im Chaos«, knurrte Götz. Er war außer sich, während er versuchte, in seine schwarzen Cowboystiefel zu schlüpfen. Ausgelatschte Boots, die er schon so oft hatte reparieren lassen, dass fast nichts mehr daran original war.

»Aber da sind sie nicht die Einzigen«, schimpfte er. »Angefangen bei der Kanzlerin bis zu dem letzten unfähigen Volltrottel auf irgendeinem Bürgermeistersessel in irgendeinem Provinzkaff geben sie sich alle Mühe, das Land zu ruinieren. Und wie machen sie das?«

Er sah die Reporterin fragend an, woraufhin ihre Gesichtsfarbe von Blass zu Hellrot wechselte. Sie war noch neu in dem Geschäft, und das hier war ihre erste große Reportage. Und dann auch noch mit Götz Wolf. Sie legte eine blonde Strähne hinter das rechte Ohr, schob ihre Brille zurecht und wollte gerade zu einer Reihe von Ähs ansetzen, als Götz die Frage selbst beantwortete.

»Indem sie zuallererst sich selbst versorgen, dann ihren Freunden Posten zuschanzen und nach ihrer Amtszeit bei den Unternehmen anheuern, denen sie vorher die Kohle bis zum Anschlag hinten reingeschoben haben. Währenddessen verlieren Millionen ihre Jobs, gehen mit ihren kleinen Geschäften pleite, fliegen aus ihren Wohnungen. Wann wart ihr beiden zuletzt am Bahnhof?«

Er deutete abwechselnd auf die Reporterin und den Kameramann.

»Ich vor einer Woche. Da bin ich nach Paris gefahren«, sagte die Reporterin stolz.

Götz zog den Bauch ein, damit er den obersten Knopf seiner Jeans zumachen konnte.

»Das meine ich nicht. Hast du dir mal die Caritas am Bahnhof angesehen? Ich bin vorhin da vorbeigefahren. Da hängen jetzt nicht mehr nur die Penner rum. Da sind Frauen mit Kinderwagen, Schüler, Männer in Anzügen, Alte, Junge. Die stehen da mit gesenkten Köpfen und verschämten Blicken und warten auf einen Teller Suppe, ein Stück Brot und einen Becher Tee.«

Das Bild hatte ihn zuerst gerührt und dann wütend gemacht. Weil niemand sich um sie kümmerte, weil man sie alleinließ. Wer wollte den Leuten verübeln, dass sie stinksauer waren. Dass sie die Schnauze voll hatten und sich den Radikalen zuwandten, bei Demonstrationen anfingen zu plündern. Keine Klamotten, keine Elektronik, sondern Essen!

»Interessiert das jemanden?«

»Ja«, sagte die Reporterin, »dich ... ich meine Sie. Sie haben so viele tolle Lieder, die den Menschen Mut und Hoffnung machen.«

»Blödsinn. Lieder, Musik, was ändert das denn? Ich mache das seit zwanzig Jahren. Und hat sich was gebessert?«

Wieder so eine rhetorische Frage, auf die die Reporterin keine Antwort wusste.

»Ich bin doch nur der Clown, der Pausenfüller zwischen den großen Nummern, bei denen wir alle in den Arsch gefickt werden. Ich singe vom Leben der einfachen Leute, und alle jubeln mir zu. Dabei bin ich nicht besser als das verdammte Fernsehen, die blinkenden Shoppingmalls und die öden Skandale in den Zeitungen.«

Das Gebrülle aus dem Stadion drang bis in die Garderobe herein. Götz hielt kurz inne, als er das Hemd zuknöpfte. Noch fünf Minuten.

»Ihr müsst jetzt gehen«, sagte er. »Vielleicht sehen wir uns noch nach dem Konzert.«

Er schickte die Reporterin und ihren Kameramann aus der Garderobe, konzentrierte sich, versank für ein paar Minuten in einer Instant-Meditation. Dann war er bereit. Ließ sich von der Tourmanagerin durch die endlosen Gänge führen. Der Lärm war die Navigation. Vorbei an den Mitarbeitern, die für die Backstage zuständig waren. Ein Vorhang wurde beiseitegeschoben. Götz Wolf trat auf die dunkle Bühne hinaus, der Suchscheinwerfer erfasste ihn, und während er zum Klavier ging, rollte ein Sturm der Begeisterung wie ein Tsunami über die Bühne. Fünfundvierzigtausend, dicht gedrängt wie ein einziger Körper, schrien sich die Seele aus dem Leib. Die Absperrgitter, einen Meter von der Bühnenkante entfernt, ächzten und klapperten. Ordner hatten alle Hände voll zu tun, die Meute in Schach zu halten. Hoben die Ohnmächtigen aus der Menge und übergaben sie den Sanis.

Götz saß unterdessen unbeweglich auf dem Klavierhocker. Den Kopf leicht gesenkt, die Hände im Schoß gefaltet. Im Licht des goldgelben Scheinwerfers sah er aus wie der Held eines Superheldenfilms. Er war fast zwei Meter groß, leicht übergewichtig, blond wie ein Siegfried, Locken bis zu den Schultern. Blaue Augen, eine kleine, filigrane Nase und darunter volle, sinnliche Lippen. Er trug ein weißes Hemd, dessen Ärmel er bis über die Ellbogen hochgekrempelt hatte. So wartete er bei jedem Konzert, bis die Menge sich beruhigte. Das konnte schon mal ein paar Minuten dauern. Aber er fing nicht an, bevor es absolut still war. Dann legte er die Hände auf die Tasten.

Auf der Playlist standen fünfundzwanzig Songs. Zuerst der aktuelle Hit Die Heldin. D-Dur, einzelne Töne mit der rechten Hand wie Perlen an einer feinen Schnur. Sie ist die Heldin aus den stolzen Träumen, das Fühlen, das Lachen und das Fliegen / Auf dem Weg in den Himmel auf Erden und das Lied vom Fallen und Liegen. Es begann leise, fast schüchtern und steigerte sich zum Ende hin zu einem gewaltigen Crescendo, indem er die Akkorde beidhändig ins Klavier hämmerte. Als der letzte Ton verklungen war, hatte er seine Fans gebändigt, hielt sie in Händen. Die Ungeduld, weil sie so lange hatten warten müssen, entlud sich nun in Begeisterung und Freude. Rote Rosen flogen auf die Bühne. Plüschtiere, BHs und Slips. Schilder wurden hochgehalten. Heirate mich. Ich liebe dich. Ich will ein Kind von dir. Eben all das, womit die überquellenden Herzen sich Luft verschaffen konnten.

Götz drehte sich auf dem Klavierhocker langsam zum Publikum hin. Er öffnete den ersten Knopf an seinem Hemd, was zu weiteren Gefühlsentladungen führte. Dann nahm er das weiße Handtuch, das jeden seiner Auftritte begleitete, und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Eigentlich sah der Ablaufplan vor, dass er die Songliste herunterspielte, in den Pausen dazwischen ein paar Anekdoten erzählte, traurige, lustige, schlüpfrige, und am Ende dem Publikum eine halbe Stunde Zugabe gewährte. So lief es immer ab. Nur nicht an diesem Abend. Er ging zu dem zweiten Mikrofon, das am Bühnenrand stand. Schaute seine Fans an, als würde er sie alle persönlich kennenlernen wollen, als würde er wissen wollen, wer das ist, zu dem er gleich sprechen will. Keine anonyme Masse, sondern eine Versammlung von Individuen und Schicksalen. Er schwieg. Fünf Sekunden, zehn Sekunden, zwanzig Sekunden, eine gefühlte Ewigkeit. Er senkte den Kopf, hielt das Mikro so nahe an den Mund, dass man hören konnte, wie er atmete.

»Es war der neunte Februar 1980. Ich erinnere mich noch genau, als wäre es gestern gewesen. Meine Mama war an dem Tag früher als sonst nach Hause gekommen. Meine Schwester Marie, mein kleiner Bruder Andreas und ich haben ihr die schweren Einkaufstaschen abgenommen. Sie hat nichts gesagt, hat sich nur an den Küchentisch gesetzt und geheult. Neckermann hatte ihr gekündigt, weil es zu viele Buchhalterinnen waren. Meine Schwester hat sie gefragt, warum sie nicht zum Arbeitsamt geht. Aber das wollte sie nicht. Sie war ein Sturkopf, wie ihr es noch nicht erlebt habt. Auf ihrem Schädel hätte man Holz hacken können. Sie hat dann drei Jobs angenommen, um uns Kinder durchzubringen. Frühmorgens hat sie Zeitungen ausgetragen, mittags im Rathaus geputzt und abends in einer Kneipe bedient. Fünf Jahre lang. Und dann ist sie eines Morgens nicht mehr aufgewacht. Ich hab Die Heldin für sie...
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Autor

Noah Richter ist das Pseudonym eines erfolgreichen Autors von Drehbüchern, Theaterstücken und Spannungsliteratur. Als engagierter Klimaschützer liegt ihm das Thema "Klimawandel" sehr am Herzen. Es war deshalb nur eine Frage der Zeit, bis er seine Leidenschaft für den Klimaschutz mit seiner Liebe für spannende Geschichten verbinden würde. Das Ergebnis ist 2,5 Grad - Morgen stirbt die Welt, ein aufrüttelnder Roman, der zeigt, was auf uns zukommen könnte, wenn man die Klimakatastrophe nicht aufhält. Noah Richter lebt mit seiner Familie in Berlin.