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Eifersucht

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
272 Seiten
Deutsch
Ullstein Taschenbuchvlg.erschienen am01.11.2021Auflage
Der Athener Ermittler Nikos Balli, ein Spezialist für das Mord-Motiv Eifersucht, ist seit dem Verlust seiner großen Liebe ein Getriebener. Auf der Insel Kalymnos soll er einen Vermissten finden, Julian. Er und sein Zwillingsbruder Franz waren in dieselbe Frau verliebt, Helena, Tochter eines Gastwirts der Insel. Es kam zum Streit, und seitdem hat man Julian nicht mehr gesehen. Sein Handtuch wurde am Strand gefunden, ist der junge Mann beim morgendlichen Schwimmen ertrunken? Balli ermittelt und stößt auf immer mehr Beweise, dass Franz seinen Bruder ermordet hat - aber dann wird Julian gefunden, gefesselt und entkräftet in einer Höhle. Doch wo ist Franz? Balli muss all sein Gespür aufbringen, seine eigene schmerzvolle Erfahrung, um den Kampf der Zwillinge um Helena zu stoppen ... Sieben erstklassige Stories, ein Motiv

Jo Nesbø, 1960 geboren, ist Ökonom, Schriftsteller und Musiker. Er gehört zu den renommiertesten und erfolgreichsten Krimiautoren weltweit. Jo Nesbø lebt in Oslo.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR12,99
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR10,99

Produkt

KlappentextDer Athener Ermittler Nikos Balli, ein Spezialist für das Mord-Motiv Eifersucht, ist seit dem Verlust seiner großen Liebe ein Getriebener. Auf der Insel Kalymnos soll er einen Vermissten finden, Julian. Er und sein Zwillingsbruder Franz waren in dieselbe Frau verliebt, Helena, Tochter eines Gastwirts der Insel. Es kam zum Streit, und seitdem hat man Julian nicht mehr gesehen. Sein Handtuch wurde am Strand gefunden, ist der junge Mann beim morgendlichen Schwimmen ertrunken? Balli ermittelt und stößt auf immer mehr Beweise, dass Franz seinen Bruder ermordet hat - aber dann wird Julian gefunden, gefesselt und entkräftet in einer Höhle. Doch wo ist Franz? Balli muss all sein Gespür aufbringen, seine eigene schmerzvolle Erfahrung, um den Kampf der Zwillinge um Helena zu stoppen ... Sieben erstklassige Stories, ein Motiv

Jo Nesbø, 1960 geboren, ist Ökonom, Schriftsteller und Musiker. Er gehört zu den renommiertesten und erfolgreichsten Krimiautoren weltweit. Jo Nesbø lebt in Oslo.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783843725859
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2021
Erscheinungsdatum01.11.2021
AuflageAuflage
Seiten272 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2924 Kbytes
Artikel-Nr.5725583
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

London

Ich habe keine Angst vorm Fliegen. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein ganz normaler Fluggast beim Start einer Passagiermaschine stirbt, beträgt eins zu elf Millionen. Was mit anderen Worten heißt, dass es achtmal wahrscheinlicher ist, an Bord eines Flugzeugs an einem Herzinfarkt zu sterben.

Ich wartete, bis die Maschine abgehoben hatte und sich die Flugkurve verflachte. Dann beugte ich mich zu der zitternden, weinenden Frau am Fenster hinüber und legte ihr mit leiser und wie ich hoffte beruhigender Stimme die Statistik dar.

»Wobei so eine Statistik nicht sonderlich hilft, wenn man Angst hat«, fügte ich hinzu. »Ich darf das sagen, denn ich weiß ganz genau, wie Sie sich fühlen.«

Du - die du bis zu diesem Moment ununterbrochen aus dem Fenster gestarrt hattest - drehtest dich langsam um und sahst mich an, als würdest du erst jetzt bemerken, dass jemand auf dem Platz neben dir sitzt. Die Business-Class hat den Vorteil, dass man sich dank des etwas größeren Abstands zwischen den Sitzen mit etwas Konzentration einbilden kann, man wäre allein. Es ist zudem ein ungeschriebenes Gesetz unter den Business-Class-Passagieren, dass man diese Illusion wahrt und sich die Gespräche auf den Austausch von Höflichkeiten und das praktisch Notwendige beschränken (»Ist es in Ordnung, wenn ich die Blende vor das Fenster ziehe?«). Der breitere Fußraum ermöglicht es, auch ohne größere Abstimmung aneinander vorbeizukommen, um auf die Toilette zu gehen oder an die Gepäckfächer zu gelangen. In der Regel kann man einander komplett ignorieren, auch wenn die Reise einen halben Tag dauert.

Dein Gesichtsausdruck sprach Bände, es überraschte dich, dass ich die Business-Class-Regel Nummer eins gebrochen hatte. Deine lässig-elegante Kleidung - eine Hose und ein Pullover, die auf den ersten Blick farblich nicht zusammenpassten, es aber vermutlich doch taten, wenn man das Gesamtbild betrachtete - verriet mir, dass es schon eine ganze Weile her sein musste, dass du Economy geflogen warst, wenn du es überhaupt jemals getan hattest. Aber du hast geweint, und warst es damit nicht du, die die unsichtbare Wand zwischen uns eingerissen hat? Andererseits hast du dich weinend von mir abgewandt und mir damit deutlich zu verstehen gegeben, dass du deine Gefühle nicht mit deinem Sitznachbarn teilen willst.

In dieser Situation kein tröstendes Wort zu finden kam mir kaltherzig vor, weshalb ich einfach hoffte, du würdest mein Dilemma verstehen.

Dein Gesicht war blass und verweint und trotzdem seltsam, fast elfenartig schön. Oder waren es die Blässe und die Tränen, die es so anziehend machten? Ich hatte schon immer eine Schwäche für das Zerbrechliche, Verwundbare. Ich reichte dir eine der Servietten, die die Flugbegleiterinnen vor dem Start unter unsere Wassergläser gelegt hatten.

»Danke«, sagtest du, nahmst die Serviette und warfst mir ein Lächeln zu, um dir dann unter dem Auge die verlaufene Schminke wegzuwischen. »Aber das glaube ich nicht.« Mit diesen Worten drehtest du dich wieder zum Fenster, legtest die Stirn an die Plexiglasscheibe, als wolltest du dich verstecken, und hast wieder geweint und gezittert. Was glaubtest du nicht? Dass ich wusste, wie es dir ging? Egal, ich hatte meinen Teil getan und würde dich für den Rest des Flugs in Ruhe lassen. Ich wollte mir einen halben Film anschauen und dann vielleicht ein bisschen schlafen. Mehr als eine Stunde würde das aber sicher nicht werden. Egal, wie lang diese Flüge dauern, richtig schlafen kann ich nie, ganz besonders dann nicht, wenn ich den Schlaf brauche. Ich würde nur sechs Stunden in London sein und dann gleich wieder nach New York zurückfliegen.

Die Anschnallleuchte verlosch, und eine Flugbegleiterin machte die Runde und füllte die leeren Wassergläser auf, die auf der soliden breiten Armlehne zwischen uns standen. Vor dem Start hatte der Kapitän durchgegeben, dass der Flug von New York nach London in dieser Nacht fünf Stunden und zehn Minuten dauern werde. Um uns herum kippten bereits einige der Passagiere die Lehnen nach hinten und zogen die Decken über sich, während andere im Licht der Bildschirme auf das Essen warteten. Sowohl die Frau neben mir als auch ich hatten dankend abgelehnt, als die Flugbegleiterin vor dem Start mit der Speisekarte gekommen war. Zu meiner Freude fand ich unter der Rubrik Classics den Film Der Fremde im Zug und wollte gerade die Kopfhörer aufsetzen, als ich deine Stimme hörte.

»Es geht um meinen Mann.«

Ich hielt die Kopfhörer in der Hand und wandte mich dir zu.

Die Mascara umrahmte deine Augen so dramatisch wie Theaterschminke. »Er betrügt mich mit meiner besten Freundin.«

Ich weiß nicht, ob du wahrgenommen hast, wie seltsam es war, dass du sie noch immer als deine beste Freundin bezeichnet hast, aber ich hatte nicht vor, dich zu korrigieren.

»Das tut mir leid«, sagte ich. »Ich wollte mich nicht einmischen ...«

»Das muss Ihnen nicht leidtun. Es ist doch schön, wenn Menschen sich kümmern. Wir achten viel zu wenig aufeinander. Und haben doch so eine Wahnsinnsangst vor allem Aufwühlenden, Traurigen.«

»Da haben Sie wohl recht«, sagte ich und wusste nicht, ob ich die Kopfhörer beiseitelegen sollte.

»Ich tippe, dass sie es jetzt gerade miteinander treiben«, sagtest du. »Robert hat immer Lust auf Sex. Und Melissa auch. Bestimmt schlafen sie jetzt in meinen Seidenlaken miteinander.«

Mein Hirn zeichnete automatisch das Bild von einem Ehepaar Mitte dreißig, in dem er das Geld verdient, viel Geld, und sie das Bettzeug aussucht. Unsere Gehirne sind wahre Experten in Sachen Stereotypien. Manchmal irren sie sich. Manchmal haben sie recht.

»Das muss sich schrecklich anfühlen«, sagte ich möglichst neutral.

»Ich will sterben«, sagtest du. »Sie irren sich also, was das Fliegen angeht. Ich hoffe geradezu, dass das Flugzeug abstürzt.«

»Ich habe aber noch so viel zu erledigen«, erwiderte ich und machte eine besorgte Miene.

Für einen Moment hast du mich nur angestarrt. Kaum dass ich den Satz ausgesprochen hatte, war mir klar, wie unsensibel und unangebracht meine Worte wirken mussten. Der Scherz mag schlecht gewesen sein, das Timing war noch schlechter. Schließlich hattest du gerade erst zum Ausdruck gebracht, sterben zu wollen, und dafür sogar ein plausibles Motiv genannt. Ich konnte nur hoffen, dass du den Scherz als befreiende Ablenkung empfinden würdest. Man nennt das comic relief, wenn es denn funktioniert. Aber wie dem auch sei, ich bereute meinen Kommentar und hielt den Atem an. Doch du hast nur gelächelt. Wie das flüchtige Kräuseln der Oberfläche einer Pfütze, das gleich darauf wieder verschwunden war, aber ich atmete wieder.

»Entspannen Sie sich«, hast du leise gesagt. »Nur ich werde sterben.«

Ich sah dich fragend an, aber du hast jeden Blickkontakt vermieden und an mir vorbei zu den anderen Sitzreihen geschaut.

»In der zweiten Reihe da vorne sitzt jemand mit einem Säugling«, sagtest du. »Ein Kind in der Business-Class, das vielleicht die ganze Nacht schreit. Was sagen Sie dazu?«

»Was soll man dazu sagen?«

»Man soll sagen, dass die Eltern doch eigentlich wissen sollten, dass diejenigen, die extra viel bezahlt haben, um hier zu sitzen, dies möglicherweise getan haben, weil sie schlafen müssen. Vielleicht haben sie gleich morgen früh ein Meeting oder müssen zur Arbeit.«

»Tja. Solange die Fluggesellschaft Säuglingen nicht den Zugang zur Business-Class verwehrt, kann man den Eltern keinen Vorwurf machen, dieses Angebot auch zu nutzen.«

»Dann sollte die Fluggesellschaft für diese Täuschung bestraft werden.« Du bist dir vorsichtig mit einem Papiertaschentuch, das meine Serviette ersetzt hatte, unter dem anderen Auge entlanggefahren. »In der Werbung für die Business-Class zeigen sie Bilder von tief schlafenden Passagieren.«

»Auf lange Sicht wird die Gesellschaft ihre Strafe schon bekommen. Die Bereitschaft, mehr zu zahlen, wird sicher abnehmen, wenn man dafür nicht auch mehr bekommt.«

»Und warum tun sie das dann?«

»Die Eltern oder die Fluggesellschaft?«

»Dass die Eltern das tun, verstehe ich. Sie haben mehr Geld als Schamgefühl. Aber die Fluggesellschaft hat doch Einbußen, wenn ihr Businessprodukt an Wert verliert?«

»Sie verlieren aber auch in Sachen Bewertung, wenn sie als wenig kinderfreundlich an den Pranger gestellt werden.«

»Dem Kind ist es doch wohl egal, ob es in der Business- oder in der Economy-Class schreit.«

»Da haben Sie recht. Ich meinte weniger säuglingselternfreundlich.« Ich lächelte. »Die Fluggesellschaften haben bestimmt Angst davor, dass ein solches Verhalten als Form von Ausgrenzung aufgefasst werden könnte. Man könnte das Problem natürlich lösen, indem man weinende Passagiere aus der Business- in die Economy-Class verweist, wo sie dann ihren Platz mit einer freundlich lächelnden Person mit Billigticket tauschen müssen.«

Dein Lachen war weich und anziehend, und dieses Mal erreichte es auch deine Augen. Der Gedanke liegt nahe - und er war definitiv in meinem Kopf -, warum jemand einer derart attraktiven Frau untreu...
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