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Das Loch in der Innentasche meines Mantels

BuchGebunden
Deutsch
Sonderzahl Verlagsges.erschienen am10.10.2022
Istanbul im Sommer 2017: Ein Jahr nach dem gescheiterten Putschversuch versucht der Schriftsteller Bastian Schneider als Stipendiat, die angespannte Stimmung in der Stadt am Bosporus einzufangen. Anlass seiner Reise ist das Schicksal der vielen Geflüchteten, die auf ihrem Weg vom mittleren Osten nach Europa hier stranden und als Spielball einer repressiven Politik missbraucht werden.Dieser Fokus rückt jedoch schnell in den Hintergrund, denn schon am Tag seiner Ankunft wird Schneider zum Opfer einer Verwechslung, die nur der Anfang einer Reihe von Irritationen ist: Der Doppelgänger, der an seiner statt im Hotel eingecheckt hat, wird vor seinen Augen als mutmaßlicher Terrorist verhaftet. Und als Schneider wenig später auf weitere - literarische - Doppelgänger stößt, fühlt er sich zunehmend in seiner Identität verunsichert, da gar nicht klar ist, wo die vermeintlichen Fronten um ihn verlaufen - oder wie viele es sind. Selbst die scheinbar zufällige Bekanntschaft mit dem Verleger Orhan hilft ihm nicht, sich im Gewirr der herrschenden politischen Verhältnisse zu orientieren - zu vieles bleibt unaussprechbar, erschöpft sich in kaum aufzulösenden Chiffren und ermöglicht gerade keinen Einblick in die realen Verhältnisse: Wird Schneider selbst als vermeintlicher Spion observiert oder wird er vielmehr gegen den Überwachungsapparat instrumentalisiert? Im Strudel der Erzählungen und Mutmaßungen verheddern sich die Fäden der jeweiligen Erklärungen, bis sich Schneider buchstäblich selbst abhanden kommt.Der Roman basiert auf »wahren Begebenheiten« und verhandelt die Frage nach der Deutungshoheit über das eigene Leben vor dem Hintergrund einer Gegenwart, in der bereits der Anschein eines »falschen Namens« zum Verhängnis werden kann. Während der erste Teil des Romans die Ereignisse in Istanbul wahrheitsgemäß nacherfindet, begibt sich der zweite Teil des Textes auf die Suche nach dem verschwundenen Bastian Schneider. Dessen Spuren führen immer öfter zu weiteren Rätseln, ohne sich zu jener geschlossenen Erzählung zu fügen, die Schneider selbst seinem Aufenthalt abgewinnen wollte. Die vielbödige Wirklichkeit entpuppt sich bald als surrealer als es die virtuelle Realität oder fake news je sein könnten. Ironischerweise scheint die literarische Einbildungskraft ihrem Autor gerade anhand sauber dokumentierter Fakten aufzeigen zu wollen, wo sein wirklicher Ort ist: nämlich dort, wo das feine Gewebe des Textes löchrig wird.mehr

Produkt

KlappentextIstanbul im Sommer 2017: Ein Jahr nach dem gescheiterten Putschversuch versucht der Schriftsteller Bastian Schneider als Stipendiat, die angespannte Stimmung in der Stadt am Bosporus einzufangen. Anlass seiner Reise ist das Schicksal der vielen Geflüchteten, die auf ihrem Weg vom mittleren Osten nach Europa hier stranden und als Spielball einer repressiven Politik missbraucht werden.Dieser Fokus rückt jedoch schnell in den Hintergrund, denn schon am Tag seiner Ankunft wird Schneider zum Opfer einer Verwechslung, die nur der Anfang einer Reihe von Irritationen ist: Der Doppelgänger, der an seiner statt im Hotel eingecheckt hat, wird vor seinen Augen als mutmaßlicher Terrorist verhaftet. Und als Schneider wenig später auf weitere - literarische - Doppelgänger stößt, fühlt er sich zunehmend in seiner Identität verunsichert, da gar nicht klar ist, wo die vermeintlichen Fronten um ihn verlaufen - oder wie viele es sind. Selbst die scheinbar zufällige Bekanntschaft mit dem Verleger Orhan hilft ihm nicht, sich im Gewirr der herrschenden politischen Verhältnisse zu orientieren - zu vieles bleibt unaussprechbar, erschöpft sich in kaum aufzulösenden Chiffren und ermöglicht gerade keinen Einblick in die realen Verhältnisse: Wird Schneider selbst als vermeintlicher Spion observiert oder wird er vielmehr gegen den Überwachungsapparat instrumentalisiert? Im Strudel der Erzählungen und Mutmaßungen verheddern sich die Fäden der jeweiligen Erklärungen, bis sich Schneider buchstäblich selbst abhanden kommt.Der Roman basiert auf »wahren Begebenheiten« und verhandelt die Frage nach der Deutungshoheit über das eigene Leben vor dem Hintergrund einer Gegenwart, in der bereits der Anschein eines »falschen Namens« zum Verhängnis werden kann. Während der erste Teil des Romans die Ereignisse in Istanbul wahrheitsgemäß nacherfindet, begibt sich der zweite Teil des Textes auf die Suche nach dem verschwundenen Bastian Schneider. Dessen Spuren führen immer öfter zu weiteren Rätseln, ohne sich zu jener geschlossenen Erzählung zu fügen, die Schneider selbst seinem Aufenthalt abgewinnen wollte. Die vielbödige Wirklichkeit entpuppt sich bald als surrealer als es die virtuelle Realität oder fake news je sein könnten. Ironischerweise scheint die literarische Einbildungskraft ihrem Autor gerade anhand sauber dokumentierter Fakten aufzeigen zu wollen, wo sein wirklicher Ort ist: nämlich dort, wo das feine Gewebe des Textes löchrig wird.
Details
ISBN/GTIN978-3-85449-606-9
ProduktartBuch
EinbandartGebunden
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum10.10.2022
SpracheDeutsch
MasseBreite 136 mm, Höhe 210 mm, Dicke 21 mm
Gewicht350 g
Artikel-Nr.50904007
Rubriken

Inhalt/Kritik

Leseprobe
Zugegeben, ich bin mein Leben lang immer wieder verwechselt worden. Entweder hielt man mich für einen anderen oder jemand anderes wurde für mich gehalten. Das ist natürlich nichts Besonderes, außer daß ich das Gefühl habe, überdurchschnittlich häufig verwechselt zu werden. Aber hier in Istanbul lag nun eine ganz andere, schwerwiegenderer Art der Verwechslung vor. Denn wenn der Portier recht hatte mit seiner Behauptung, ich beziehungsweise ein Mann meines Namens und mit meinem Paß hätte bereits Stunden vor meiner Landung bei ihm eingecheckt, und wenn ich ebenso recht hatte mit meiner Überzeugung, dieser Mann nicht gewesen zu sein, woran aus meiner Sicht kein Zweifel bestand, dann konnte hier nichts anderes vorliegen als ein perfider Identitätsdiebstahl. Das einzige Problem war, dem Portier begreiflich zu machen, daß ich der richtige Bastian Schneider war und derjenige, den er für mich hielt, ein Hochstapler.Nachdem ich mir das am Empfangstresen stehend klar gemacht hatte, drängte sich die Frage auf, aus welchem Grund sich jemand meine Identität angeeignet haben könnte. Die Antwort lag eigentlich auf der Hand: Der falsche Bastian Schneider wollte unerkannt ins Land einreisen - warum auch immer -, und er hatte als sein Inkognito rein zufällig mich ausgesucht. Ich dachte an Agententhriller mit eingeschleusten Spionen à la John le Carré. Aber es wäre schon ein sehr stümperhafter Geheimdienst, wenn die Tarnung gleich am ersten Tag auffliegt. Gleiches galt für die organisierte Kriminalität oder eine international operierende Terrorgruppe. Die würden sich einen solchen Fauxpas wohl kaum leisten, dachte ich. Es sei denn, das Ganze diente nur der Verschleierung, dazu, eine falsche Fährte auszulegen, die Spuren zu verwischen, indem man einen vollkommen Unbeteiligten - mich - darein verwickelte.mehr

Autor

Bastian Schneider, 1981 in Siegen geboren. Studium der deutschen und französischen Literatur in Marburg und Paris; Studium der Sprachkunst in Wien. Auszeichnungen: Dieter-Wellershoff-Stipendium 2019, Dresdner Lyrikpreis 2018, Arbeitsstipendium der Kunststiftung NRW 2018, Förderpreis des Landes NRW 2017, Stipendiat des Atelier Galata der Stadt Köln in Istanbul 2017, Rolf-Dieter-Brinkmann-Stipendium 2016, nominiert für den Ingeborg-Bachmann-Preis 2016. Er lebt in Köln und Wien.