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Chiemseegeschichten

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
176 Seiten
Deutsch
Emons Verlagerschienen am26.03.2014
Sie sind schon ein bisschen anders, die Menschen, die rund um den Chiemsee leben, hier, am magischen Seen-Dreieck in Bayern. Tauchen Sie ein in den Chiemsee-Kosmos und erleben Sie, was passiert, wenn man heimlich über Nacht im Schloss Herrenchiemsee bleibt, oder warum der Teufel in Eggstätt beim Bier sitzt. Lachen Sie mit dem 'Steinheiligen' und gruseln Sie sich mit dem König der Fischer. Ob vor dem Urlaub, für den Urlaub oder anstatt: Dieses Buch ist selbst eine kleine Reise - mit Amüsiergarantie!

Heinz von Wilk, 1949 geboren, ist in Rosenheim aufgewachsen und als Musiker viele Male um die Welt gereist. Er betrieb eine Künstleragentur in Osnabrück, anschließend eine Immobilienfirma im spanischen Dénia, heute lebt er mit Frau und Dackel im Chiemgau. 2011 erschien sein erster Kriminalroman 'Chiemseejazz'.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR13,00
E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextSie sind schon ein bisschen anders, die Menschen, die rund um den Chiemsee leben, hier, am magischen Seen-Dreieck in Bayern. Tauchen Sie ein in den Chiemsee-Kosmos und erleben Sie, was passiert, wenn man heimlich über Nacht im Schloss Herrenchiemsee bleibt, oder warum der Teufel in Eggstätt beim Bier sitzt. Lachen Sie mit dem 'Steinheiligen' und gruseln Sie sich mit dem König der Fischer. Ob vor dem Urlaub, für den Urlaub oder anstatt: Dieses Buch ist selbst eine kleine Reise - mit Amüsiergarantie!

Heinz von Wilk, 1949 geboren, ist in Rosenheim aufgewachsen und als Musiker viele Male um die Welt gereist. Er betrieb eine Künstleragentur in Osnabrück, anschließend eine Immobilienfirma im spanischen Dénia, heute lebt er mit Frau und Dackel im Chiemgau. 2011 erschien sein erster Kriminalroman 'Chiemseejazz'.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783863584429
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatE101
Erscheinungsjahr2014
Erscheinungsdatum26.03.2014
Seiten176 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3325 Kbytes
Artikel-Nr.2976933
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Es gibt Tage, die haben Haare auf den Zähnen

»Entschuldigung, kennen Sie sich aus mit Kindern?«

»Klar, ich war ja selber mal eins. Warum?«, sagt der Brenner und schaut sich die Frau genauer an, die ihn aus seinen Tagträumen gerissen hat und jetzt, flankiert von zwei halbwüchsigen Kindern, vor ihm steht.

»Tja, weil wir hier ein echtes Kinder-Problem haben. Die beiden hier, die wollen mit einem Boot um die Inseln fahren. Jetzt gleich. Ich aber nicht.« Dabei lacht sie, bläst eine blonde Haarsträhne aus dem hübschen Gesicht und strahlt den Brenner mit ihren blauen Augen an.

Das ist eine, die konnte mal Frösche in Prinzen verwandeln und Prinzen wieder zurück in Frösche, wenn's sein musste, und das ist noch gar nicht so lange her, denkt er sich.

Die Sonne steht schräg hinter ihr, und die beiden Kids links und rechts von der Frau schauen ihn interessiert an. Der Bub, der müsste so um die zwölf sein, und das Mädchen links, das könnte dreizehn sein, ungefähr jedenfalls. Heutzutage sieht man das ja nicht mehr so genau.

Jetzt muss man sagen, der Brenner Sepp, also, das ist auch so einer, dem man seine fünfundfünfzig oder sechzig Lebensjahre nicht gleich ansieht. Erst wenn man etwas genauer in dieses verwohnte Gesicht unter den ungekämmten braunen Haaren schaut, dann kriegt man mit, dass ihn das Leben schon ganz schön vor sich hergeschoben hat.

Und wie er jetzt so dasitzt, auf dem alten Holzschemel unter dem Sonnenschirm mit der Aufschrift: BOOTSVERLEIH BRENNER, eine halb volle Flasche mit lauwarmem Bier und eine angebissene Käsesemmel vor sich auf dem wackligen und verschrammten Tisch, und dabei mit seinen braunen Augen in die Sonne blinzelt, da könnte man meinen, der hat die Ruhe weg.

Gut, vielleicht wäre die ganze Geschichte normalerweise ja auch ganz anders verlaufen. Aber es ist einer von diesen Spätsommertagen, an denen der Morgennebel schnell verdunstet ist und der Himmel wieder einmal so blau strahlt, dass man sich gar nicht vorstellen mag, dass dahinter das schwarze, unfassbar kalte Weltall liegt.

Der Chiemsee schimmert smaragdgrün, und hier, am seichten Ufer vor Prien, ist er so glasklar, dass man die vielen kleinen Fische sehen kann, die zwischen den bemoosten Steinen hin und her eilen.

So, und da stehen sie also: die Frau mit ihren beiden Kindern, und der Brenner hört, wie sie sagt: »Okay, also gut: das glänzende weiße Elektroboot da. Das da, links von dem Tretboot. Was kostet das für eine Stunde?«

»Zwanzig Euro.«

»Und das Tretboot?«

»Zehn.«

»Mama, wir nehmen das weiße Elektroboot. Das oder gar keins«, sagt das Mädchen. Und der Junge: »Onkel, ich kann dir einen Witz erzählen, dann wird's bestimmt billiger. Pass auf: Sagt die eine Frauenbrust zur anderen: Wenn wir beide nicht bald Unterstützung kriegen, dann ist aber hier echt Hängen im Schacht.«

»Hach, du bist so ein Blödi, du schnallst echt nix, ey«, sagt das Mädchen und verdreht die Augen. So, wie das eben nur Dreizehn- oder Vierzehnjährige hinkriegen.

»Kaktusse«, sagt der Junge an der Brust der Mutter vorbei.

»Kakteen, Blödi, die Mehrzahl von Kaktus heißt Kakteen und nicht Kaktusse«, stöhnt das Mädchen.

»Nein, nein, ich mein schon dich damit«, sagt der Junge und grinst.

»Gut, jetzt ist Ruhe. Passt mal auf, ihr drei«, sagt der Brenner und schaut sich die Frau im Gegenlicht der Sonne an: »Ihr nehmt das weiße Boot für eine Stunde oder so. Umsonst, geht aufs Haus. Heute passiert eh nicht mehr viel. Und das Boot, das ist ein ganz besonderes Boot. Das hat mal Leuten hier aus der Gegend gehört. Zwei Eheleuten, die sich auch heute noch ununterbrochen küssen. Besonders, wenn Besuch da ist. So was bringt Glück, meinen die beiden. Und ihr habt heute Glück, weil das Boot für diese eine Stunde nichts kostet. Also, sind wir im Geschäft?«

»Geil!«, sagt der Junge und hält dem Brenner die leicht verschmutzte Handfläche hin: »Gib mir die Fünf, Mann.«

Brenner, der leicht irritiert die Frau ansieht und gegen die Sonne blinzelt, ist sprachlos, und sie sagt: »Danke. Das ist jetzt aber ganz lieb von Ihnen. Wir nehmen das gerne an. Sie sind ein guter Mensch. Ich hab mir auch gleich so was gedacht, wo ich Sie so gesehen habe. Sie haben nämlich so eine große violette Aura, und Sie sind bestimmt ein Wassermann, oder?«

»Ja, schon, woher wissen Sie das?«

»Unsere Mama, die kann in die Zukunft sehen, wenn sie will. Und die hat auch gleich gesagt, mit dem Mann da unten am Ufer, mit dem reden wir, mit dem kommen wir klar, der ist okay.« Das Mädchen schaut den Brenner ganz ernst an, während sie das sagt, und der Junge gibt auch noch seinen Senf dazu: »Yes, das stimmt, und unserem Papa, dem hat sie auch schon damals die Zukunft vorhergesagt, nämlich, dass er sich verpissen kann, wenn er so weitermacht. Bist du eigentlich verheiratet, Onkel?«

Die Frau lacht immer noch und sagt: »Das ist mir jetzt echt peinlich. Aber wir nehmen Ihr Angebot gerne an, in einer Stunde sind wir mit dem Boot wieder da. Danke. Darf ich mir mal Ihre Hand anschauen? Bloß so, tut auch nicht weh. Zeigen Sie mir einfach Ihre rechte Handfläche. Bitte.«

Brenner, der sich jetzt selber dabei zuschaut, wie er die rechte Hand flach über den verschrammten Tisch schiebt, sieht, wie die Frau die Hand umdreht, öffnet und vorsichtig hochnimmt.

Mit ernstem Gesicht streicht sie mit den Fingern ihrer Linken über Brenners Handfläche, schaut sich die Linien an und sagt: »Au Mann, wir haben aber schon richtig gelebt, oder? Jetzt erzähle ich Ihnen, was ich hier sehe. Aber drüber nachdenken, das müssen Sie schon selber, okay?«

Brenner nickt und hört noch die beiden Kids, die auf das weiße Boot am Steg zurennen. Der Junge schreit zu dem Mädchen rüber: »Du kapierst den Witz echt nicht, du Kaktusse, oder? Also, die Frau steigt mit ihrem Baby in den Bus ein, kauft zwei Karten, und der Busfahrer sagt: >Ist mir ja unangenehm, junge Frau, aber so ein hässliches Baby wie Ihres hab ich noch nie gesehen.Ich hab das mitgekriegt. Wie Sie der Busfahrer angemacht hat. Lassen Sie sich so was bloß nicht gefallen, egal, um was es geht. Gehen Sie vor. Jetzt. Und sagen Sie ihm Ihre Meinung. Gehen Sie schon, ich halte solange Ihren Affen.Prien, Kneipe »Zum Seeräuber«, 19.38 Uhr

Wenn Sie jetzt noch nie da waren, dann muss man sich diese Kneipe ungefähr so vorstellen: Früher, da war der »Seeräuber« ein elegantes Café mit Bäckerei. »Backstube und Café Schranner«, so hat es geheißen, bis Ende der Neunziger. Dort, an der Ecke von der … na, wie heißt sie doch gleich, der Dings-Straße zum Rathaus hin, ich weiß jetzt auch nicht, auf jeden Fall: Da hat man seine Brote und Torten gekauft und ab und zu bei einem Haferl und einer Butterbrezn mit Freunden oder Bekannten einen Plausch gehalten. Dann ist irgendwann der alte Schranner gestorben, das war der Bäcker und Besitzer von besagtem Café.

Sein Sohn, der Schorsch, der hat vom Bäckerhandwerk nicht viel gehalten und von einer regelmäßigen Arbeit sowieso nichts. Dann hat er auch noch die Angie aus Bruckmühl kennengelernt, die ihm erzählt hat, dass er eigentlich wie Elvis aussieht. Das war's dann auch. Der Schorsch, der hat sich kurz darauf in München, irgendwo draußen an der Hackerbrücke, bei einem ägyptischen Gebrauchtwagenhändler einen pinkfarbenen Cadillac gekauft. Der war zwar meistens fahruntüchtig, stand dafür aber sehr dekorativ in Prien vor dem Café, das die Angie über Nacht in »Zum Seeräuber« umgetauft hat.

Und den Schorsch, den hat die Angie flugs in »Joe« gewandelt. Elvis, das wär ihr eigentlich schon lieber gewesen, der Angie. Aber Elvis, das geht hier in Prien so was von überhaupt nicht, hat der Joe gemeint. Für einen Elvis sind die hier noch nicht reif.

Egal, auf jeden Fall: Im »Seeräuber«, da hat sich alles getroffen, die Guten und die Schlechten. Die, die trinken, um gut drauf zu sein, und die, die trinken, um zu vergessen, dass sie irgendwann vor den großen Lebensstürmen mal gut drauf waren.

Hinten in der Ecke, da, wo die alte Wurlitzer-Musikbox steht und die Schilder mit »Route 66« an der Wand hängen, genau an dem Tisch sitzt der Brenner. Vor sich eine Halbe Bier. Der Schaum auf dem Bier ist schon lange weg, und der Sepp sagt zu seinem Gegenüber, dem Ortner Michi: »Warst du eigentlich mal verheiratet?«

»Ja.«

»Und? Bist du fremdgegangen?«

»Nein, ich hab die alle gekannt. Außerdem, es gibt im Leben Wichtigeres als Sex. Man nennt es Ehefrauen, und ich hab drei davon gehabt. Die erste, die hat mich damals vor dem Altar gefragt: >Michiwie lange wirst du mich lieben?Erst mal für immer<, hab ich gesagt. Aber die Ewigkeiten sind auch nicht mehr das, was sie mal waren. Prost, Sepp.«

»Warum habt ihr euch scheiden lassen?«

»Tja, warum?«, sagt der Michi und schaut trübe in sein halb leeres Bierglas. »Nach ein paar Wochen hat sie sich drüber aufgeregt, dass ich schnarche. Ich schnarche nicht, hab ich gesagt, ich schnauf nur ein bisschen lauter, wenn es dunkel ist. Und dann ist halt das eine zum anderen gekommen. Weißt eh, wie's dann geht, oder?«

Beide trinken ihre Gläser leer, und aus der Wurlitzer kommt: »Living next door to Alice«. Nicht die...
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