Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

Feste feiern, wohin sie fallen

Kurzgeschichten
TaschenbuchKartoniert, Paperback
200 Seiten
Deutsch
Imprinterschienen am11.10.2010
13 Kurzgeschichten entführen in kuriose Situationen weltlicher und kirchlicher Feste oder Feierlichkeiten, die man vielleicht selbst schon erlebt hat. So aber sicher nicht. Gut, wenn einem das erspart bleibt, was auf die Protagonisten in diesen Geschichten eintrifft; sie fallen tief, kommen nicht immer geläutert oder abgeklärt wieder auf die Beine: Eine Rosenhochzeit fällt ins Wasser, der Vatertagsausflug in Ungnade, eine Taufe endet in höllischem Gelächter. Der hintergründige Humor und die spirituellen Verflechtungen der Erzählungen geben auch nach Ende der Lektüre noch zu denken.mehr
Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR12,00
E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
EUR7,99

Produkt

Klappentext13 Kurzgeschichten entführen in kuriose Situationen weltlicher und kirchlicher Feste oder Feierlichkeiten, die man vielleicht selbst schon erlebt hat. So aber sicher nicht. Gut, wenn einem das erspart bleibt, was auf die Protagonisten in diesen Geschichten eintrifft; sie fallen tief, kommen nicht immer geläutert oder abgeklärt wieder auf die Beine: Eine Rosenhochzeit fällt ins Wasser, der Vatertagsausflug in Ungnade, eine Taufe endet in höllischem Gelächter. Der hintergründige Humor und die spirituellen Verflechtungen der Erzählungen geben auch nach Ende der Lektüre noch zu denken.
Details
ISBN/GTIN978-3-936536-51-5
ProduktartTaschenbuch
EinbandartKartoniert, Paperback
Verlag
Erscheinungsjahr2010
Erscheinungsdatum11.10.2010
Seiten200 Seiten
SpracheDeutsch
Gewicht193 g
Artikel-Nr.16506648
Rubriken

Inhalt/Kritik

Leseprobe
Nikolaus(Gut, dass ich Turnschuhe anhatte)Dem hau ich in die Fresse ⦠Ein frostiger, schneidender Wind drängte sich in meinen für die Jahreszeit viel zu dünnen Mantel aus nachlässig geschneidertem Filz, durch die ausgeweiteten Knopflöcher, in den Kragen, in die Seele.Ich puschte mich zu schnellen Schritten, um die Wegzeit von der Busstation zur gutbürgerlichen Villa am Ende der Sackgasse zu kürzen und um mich warm zu halten. Ich war spät dran.Dem hau ich in die Fresse â¦Ich konnte mich in einen unheiligen Zorn hineinsteigern, wenn ich an Julian, den fünfjährigen Spätankömmling der Familie Dipl. Ing. Hunger dachte. Diplom Ingenieur Hans Hunger, der Vater, bestand auf diese Titulierung in schriftlicher wie in persönlicher Ansprache. Letztes Jahr hatte sich Julian über meine ausgetretenen Turnschuhe mokiert, die ich in Ermangelung von Nikolaus gerechten Winterstiefeln trug. Es lief sich aber sehr bequem darin.Über jedes Geschenk, das ich aus meinem Gabensack hervorzog, machte sich Julian mit animalischem Gekreische und unflätigen Beschwerden her, als ob ich Schuld daran hätte, was sich seine Eltern zur Entwicklung seiner Persönlichkeit ausdachten. Und ich hatte diese Geschenke auch noch möglichst günstig, natürlich aus biologisch abbaubarem und gesundheitlich absolut unbedenklichem Material zu beschaffen.Ich hätte diesem Rotzlöffel sowieso was ganz anderes geschenkt. Im freundlichsten Fall einen Bumerang aus naturbelassenem Hartholz.Aber der Herr Diplomingenieur war überzeugt, selbst am besten zu wissen, was für das Produkt seines späten Kraftaktes charakterstärkend oder für dessen motorische Fähigkeiten förderlich sei.Jetzt begann es auch noch leicht zu nieseln. Der festgetretene Schnee auf den lustlos geräumten Gehsteigen fing an, matschig zu werden. Noch knapp hundert Meter bis zum Anwesen des Grauens. Die Reflexionen der Lichterketten um Fenster und Türen der Häuser entlang des Weges bohrten sich in meine gegen den Wind zusammengekniffenen Augen und konkurrierten mit den Bildern meiner Kindheit einer bescheidenen aber seligen Adventszeit. Ich wollte mich an dieser Elektromanie nicht erfreuen können.Ein Range Rover mit Münchner Kennzeichen erschreckte mich von hinten und spritzte den dreckigen Schneematsch aus seinen Reifenprofilen herausschleudernd auf mein ohnehin schon feuchtes Nikolauskostüm.Mein Job wurde immer ungemütlicher. Es musste aber sein. Dieses eine Mal noch.Der Range Rover renkte sich in die Einfahrt der im Vergleich mit den Nachbarn noch potenter erleuchteten Villa. Etwas zu bedächtig für ihr jugendliches Alter schob sich eine pummelige Brünette aus der Fahrertür und raffte einige bald Quadratmeter große Plastiktüten vom Rücksitz. Ludwig Beck am Rathauseck verkündeten die Tüten.Irgendwie stimmte mich der menschliche Anblick der Brünetten etwas milder und verdrängte Julians Horrorfratze für ein paar Augenblicke aus meinem Sinn.Ich wollte die junge Frau gerade mit einem freundlichen, der Würde des heiligen Nikolaus angemessenen Gruß ansprechen, als die Haustür des Zielobjektes aufsprang und das Ungeheuer hervorbrach. Julian komm zurück, lass deine Schwester in Ruhe auspacken , versuchte ihn Herr Diplomingenieur einzufangen. Der blöde Nikolaus ist auch gekommen , hatte sich Julian bereits an mir festgebissen.Dem hau ich in die Fresse ⦠Ich war wieder in Ausgangsstimmung.Als ob er meine Gedanken gelesen hätte, sorgte der Vater nun für Ordnung, nahm Julian in Würgegriff und lächelte seiner Tochter gönnerhaft zu. Schön, dass du es noch rechtzeitig zur Bescherung geschafft hast . Und etwas süffisant: Ohne Begleitung? Jetzt aber alle rein ins Haus, es ist schon über die Zeit. - Der Nikolaus wartet im Flur, bis ich das Zeichen mit der Glocke gebe. Diese Zeremonie war jedes Jahr die gleiche, jedoch mit variierenden Intermezzi des kleinen Fratzen Julian. Jasmin mit ihrem Rover war gelegentlich kurzfristig entschuldigt, wenn sie wieder mal gerade tags zuvor die Liebe ihres Lebens kennengelernt hatte. Diesmal war es schon ein paar Monate früher geschehen.Nach dem Läuten der Glocke würde sich also folgende Szenerie ergeben: In der Mitte des Wohnraumes Herr Diplomingenieur Hans Hunger. Rechts neben ihm seine Gattin Mia im Dirndl - ihre Wiege stand in Oberammergau, wie sie gerne erzählte - links von ihm Oma Leonie im Ohrensessel mit den Samt bewerten Armlehnen. Diesmal also noch dazwischen Tochter Jasmin zu Vaters Rechten und dessen Arm beschützend über ihrer Schulter. Wo Julian lauerte, war jedes Mal eine schmerzvolle Überraschung. Und so geschah es dann auch.Ich bemühte mich würdevoll jeden Schritt bedächtig zu setzen, da schubste sich Julian zwischen seiner Schwester und dem Vater nach vorne in die Szene. Unwillkürlich zuckte meine Hand. Julian bremste sich vor seiner Schwester ein und machte ein zwar unsympathisches im Schein der festlichen Beleuchtung aber nicht unheiliges Gesicht. Etwas abgelenkt durch die diesmal neu installierten Energiesparlampen in Kerzenform bemerkte ich dann den Wandel in Julians Gesichtsausdruck nicht rechtzeitig. Der Nikolaus hat ja wieder seine blöden Turnschuhe an! Oma begann zu singen Der Niklaus ist ein braver Mann ⦠Die Lage beruhigte sich etwas, Mutter Mia fiel in Omas Gesang unterstützend ein.Nach dieser kurzen, entspannenden Einlage gab Herr Diplomingenieur den Programmpunkt Bescherung aus.Ich ging in Verteidigungsstellung.Letztes Jahr hatte mir Julian in einem Wutanfall gegen das Schienbein getreten, weil der Elektromotor des Hubschraubers zwar den Rotor bewegte, aber das Gerät nicht zum Fliegen brachte. Den aufflammenden, stechenden Schmerz hätte ich ganz gut wegstecken können, nicht aber die Verärgerung über mich selbst, weil ich zwar nur kurz aber für alle deutlich weinerlich aufschrie.Die Genugtuung in Julians Augen hat sich unlöschbar unter eigene Bilder/Horrorevents in den Festspeicher meines Gedächtnisses eingebrannt.Julian bläffte überraschenderweise nur relativ piano: Meine Geschenke, meine Geschenke! Und der Vater salbungsvoll: Nun wollen wir mal sehen, was der Nikolaus im Sack hat. Arschloch, dachte ich spontan aber gleich wieder bestürzt, weil das nun wirklich nicht zur Würde meiner Person passte. Und auch von den Lesern meiner Berichterstattung nicht goutiert würde.Frau Diplomingenieur blickte mich sympathisch, sogar warmherzig an und strich sich eine Locke ihres im Ansatz nachgrauenden Haares nicht unerotisch aus der Stirn. Vielleicht hatte sie ja meine Gedanken gelesen und irgendwie Verständnis für meine Stimmungslage. Sie könnte eine begehrenswerte, amüsante Frau gewesen sein, vor dem Einfluss ihres Diplomanden und der Umwidmung zur Mutter eines Ungeheuers. Ich besann mich zurück in meine Rolle und zog das erste Geschenkpäckchen aus dem Sack. Alle waren gekennzeichnet, aber ich beließ es bewusst dem Zufall, welches Päckchen ich im Dunkel des Sackes zu fassen bekam. Da Julian immer reichlich mit Geschenken bedacht war, bekam er meist das erste.Nicht diesmal, Oma Leonie war an der Reihe. Sie war aber schon in ihrem Ohrensessel eingedöst. Jasmin stand jetzt neben ihr, etwas blass im Gesicht wie mir schien, ihren rechten Oberschenkel halb auf der mit flaschengrünem Samt gepolsterten Armlehne.So stand sie ganz kommod.Ich ließ Omas Geschenk zurück in den Sack gleiten und griff ein neues Päckchen.Julian hatte die Situation ganz anders eingeschätzt. Er fühlte sich um sein erstes Geschenk betrogen. Zerrte an meinem Gabensack mit wütendem Geblöke und Kräften, die seit der letzten Bescherung im Vorjahr bedrohlich angewachsen waren.Ich verlor mein Gleichgewicht. Versuchte mich an der freien Armlehne von Oma Leonies Ohrensessel zu halten, brachte aber so den Sessel samt Oma zu kippen. Die meisten Geschenke rutschten aus dem Sack auf den Boden.Jasmins Oberschenkel glitt von der Lehne des Ohrsessels. Dabei verlor sie ebenfalls das Gleichgewicht und fiel mit einem markerschütternden Angstschrei zu Boden, so als ob sie um mehrere Leben zu fürchten hätte.Frau Diplomingenieurs beschützender Mutterinstinkt ließ sie als Erste aus der allgemeinen Schreckensstarre zur Tat eilen. Sie hievte ihre Tochter auf die strammen Beine. Da merkten wir alle, dass sich Jasmin sorgenvoll den Bauch hielt, die Augen vor Schreck geweitet, ihr Teint noch etwas bleicher als schon zuvor. Mein Baby , stammelte sie. Oma war wieder hellwach. Alle starrten fragend, überrascht, bestürzt und mit sorgenvoller Miene auf Jasmin. Sogar Julian blickte mit offenem Mund und ungewohnt ehrfürchtig auf seine große Schwester.Vater Diplomingenieur fasste seine Tochter behutsam unter die Arme und führte sie zur Chaiselongue am Fenster zum Garten, wo er sie vorsichtig ablegte, als wäre sie eines seiner fragilen Modelflugzeuge, die er zum Ausgleich seines Arbeitsalltages aus dünnen getrockneten Grashalmen konstruierte und mit Seidenpapier bespannte. Mein Kind, warum hast du das nicht gleich gesagt? Julian stand immer noch wie zur Salzsäule erstarrt jetzt mit geschlossenem Mund weiter zu seiner Schwester blickend.Die Geschenke, das hatte ich begriffen, waren jetzt kein Thema mehr. Die ganze Familie reihte sich nunmehr um Jasmin als wäre die Niederkunft jeden Augenblick zu erwarten. Dabei war sie erst im sechsten Monat schwanger, wie sie erleichtert preisgab, als sie merkte, dass ihr nur Sorge, Wärme und Liebe vorgetragen wurden. Eigentlich wollte sie es ihrer Familie noch vor der Bescherung beichten. Sie hatte mit Vorwürfen, Nachfragen wer der Vater sei, ob er denn eine Familie ernähren könne, warum er denn nicht vorgesprochen habe und anderen peinlichen oder strafenden Attacken gerechnet.Das erste Mal empfand sie etwas wie Glück im jetzt so hautnahen Kreis ihrer Familie.Julian lehnte an seiner Schwester mit einem Ohr an ihrem nun deutlich sichtbar geschwellten Bauch. Ich glaube, ich kann das Baby hören. Kommt es jetzt zu Weihnachten? Derart zart hatte ich ihn nie zuvor sprechen hören .So konnte ich ihm keine in die Fresse hauen.Ich fühlte mich störend, fehl am Platz. Mein Auftrag in diesem Haus hatte sich erledigt.Ich machte mich - vorbei an dem aufgebrochenen Gabensack - leise aus dem Staub.Gut, dass ich Turnschuhe anhatte.mehr

Autor

Bruno Woda, geboren 1944 als Gerald Kurt Bruno Kaliwoda und in Nürnberg aufgewachsen, hat bereits als Kind und Jugendlicher unter dem Eindruck des zu Ende gegangenen Krieges und der amerikanischen Besatzung Geschichten und Gedichte verfasst, teils veröffentlicht. Im Studium, in der Forschung, in Geschäftsführung oder im Vorstand internationaler Firmen kamen allein wissenschaftliche Texte zur Veröffentlichung.Im letzten Lebensdrittel des Autors - seit 1995 am Niederrhein - soll sich das Erlebte in belletristischen Geschichten und Romanen auf das Wesentliche verdichten, auf die zwischenmenschlichen Beziehungen, mit ihren Tücken, auch Glücksmomenten.