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Geboren im Großen Regen

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
230 Seiten
Deutsch
dotbooks Verlagerschienen am30.03.2015
Hören Sie den Klang der Hoffnung: 'Geboren im Großen Regen' von Fadumo Korn und Sabine Eichhorst jetzt als eBook bei dotbooks. Das schlimmste Verbrechen, das man einer Frau antun kann: die Beschneidung. Auch das Nomadenmädchen Fadumo entgeht dem grausamen Brauch nicht. Mit acht Jahren wird sie im heißen Wüstensand beschnitten und erleidet unvorstellbare Qualen. Als sich die Wunde entzündet, schicken ihre Eltern sie zu ihrem Onkel in die Stadt. Doch die Folgen der Beschneidung und politische Unruhen zwingen Fadumo, ihr Heimatland zu verlassen und sich in Deutschland ein neues Leben aufzubauen. Und obwohl sich die schmerzlichen Erinnerungen an ihre Vergangenheit tief in ihr Gedächtnis eingebrannt haben, verliert Fadumo nie die Hoffnung - und macht sich für alle Mädchen und Frauen stark, die ein ähnliches Schicksal erleiden mussten. Aufwühlend, ergreifend und sehr aktuell: Die Biografie der Menschenrechtsaktivistin Fadumo Korn. Jetzt als eBook kaufen und genießen: 'Geboren im Großen Regen' von Fadumo Korn und Sabine Eichhorst. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks - der eBook-Verlag.

Fadumo Korn, geboren 1964 als Nomadenmädchen in Somalia, arbeitet für 'Nala e. V.', einen Verein, der sich gegen den Brauch der Genitalverstümmelung bei Frauen engagiert. Sie lebt mit ihrem Mann und ihrem Sohn in München. Die Autorin im Internet: www.faduma-korn.de Das Buch 'Geboren im Großen Regen' von Fadumo Korn entstand in Zusammenarbeit mit Sabine Eichhorst.
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Produkt

KlappentextHören Sie den Klang der Hoffnung: 'Geboren im Großen Regen' von Fadumo Korn und Sabine Eichhorst jetzt als eBook bei dotbooks. Das schlimmste Verbrechen, das man einer Frau antun kann: die Beschneidung. Auch das Nomadenmädchen Fadumo entgeht dem grausamen Brauch nicht. Mit acht Jahren wird sie im heißen Wüstensand beschnitten und erleidet unvorstellbare Qualen. Als sich die Wunde entzündet, schicken ihre Eltern sie zu ihrem Onkel in die Stadt. Doch die Folgen der Beschneidung und politische Unruhen zwingen Fadumo, ihr Heimatland zu verlassen und sich in Deutschland ein neues Leben aufzubauen. Und obwohl sich die schmerzlichen Erinnerungen an ihre Vergangenheit tief in ihr Gedächtnis eingebrannt haben, verliert Fadumo nie die Hoffnung - und macht sich für alle Mädchen und Frauen stark, die ein ähnliches Schicksal erleiden mussten. Aufwühlend, ergreifend und sehr aktuell: Die Biografie der Menschenrechtsaktivistin Fadumo Korn. Jetzt als eBook kaufen und genießen: 'Geboren im Großen Regen' von Fadumo Korn und Sabine Eichhorst. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks - der eBook-Verlag.

Fadumo Korn, geboren 1964 als Nomadenmädchen in Somalia, arbeitet für 'Nala e. V.', einen Verein, der sich gegen den Brauch der Genitalverstümmelung bei Frauen engagiert. Sie lebt mit ihrem Mann und ihrem Sohn in München. Die Autorin im Internet: www.faduma-korn.de Das Buch 'Geboren im Großen Regen' von Fadumo Korn entstand in Zusammenarbeit mit Sabine Eichhorst.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783958241084
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
Erscheinungsjahr2015
Erscheinungsdatum30.03.2015
Seiten230 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.2581548
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe
NOMADENLEBEN

EINS



IN DER FERNE BRÜLLTE EIN LÖWE, ein tiefes, lang gezogenes Brüllen, das die Nacht verabschiedete. Die Luft roch nach Feuer und frischem Tee, und am Horizont zog das erste Licht des Tages auf. An meiner Schulter spürte ich die Wärme von Adans Atem, gleichmäßige Züge. Ich rieb mir den Schlaf aus den Augen und setzte mich auf.

Nur wenige Schritte entfernt hockte meine Mutter und brach Zweige. Maryan, die zweite Frau von Onkel Yusuf, rollte Matten zusammen. Wo am Abend zuvor ihre Hütte gestanden hatte, lag ein metallener Koffer im Sand, zwei Schemel standen daneben, ein Eimer, Kochtöpfe. Wieder brüllte der Löwe, kurz diesmal. Bald würde er sich einen Schlafplatz suchen. Wir hatten die Nacht überstanden.

Tante Maryan begann, die bunten, geflochtenen Lederbänder zu lösen, die die Wände unserer Hütte schmückten. Meine Cousine Nadifo band Weidenstangen zu Bündeln, und in der Ferne hörte ich den hölzernen Ton einer Kamelglocke. Mein Bruder Adan erwachte. Ich griff nach seiner Hand. In wenigen Stunden, wenn die Sonne höher stünde, würde der Sand leuchten wie Kupfer. Jetzt, im Halbdunkel des Morgens, glichen die Silhouetten der Büsche struppigen Kugeln. Von Allah durch die weite Wüste getrieben, waren einige hierhin gerollt, andere dorthin, als habe Gott mit ihnen gespielt und dann die Lust am Spiel verloren.

Ab und zu erhob sich schwarz eine Schirmakazie.

Meine Mutter fachte die Glut an. Dann trug sie eine Kanne zu einem der Wasserbehälter und füllte sie mit Wasser. Adan streckte sich und zog das Tuch fest, das um seine Hüfte geschlungen war. Ich rollte unsere Schlafmatte zusammen. Meine Mutter goss Wasser in die Mulde, die Adan mit beiden Händen formte, und mein Bruder wusch sein Gesicht. Dann wandte sie sich mir zu; ich liebte die kühle Frische, die das Wasser jeden Morgen für einen Moment auf meiner Haut hinterließ.

Unser Lagerplatz war von einem Zaun aus dornigen Zweigen umgeben, hinter dem ich die Umrisse unserer Kamele erkannte. Ich hörte die Stimme meines älteren Bruders Jama, sein Schnalzen. Auch der Klang der Kamelglocke war nun deutlich zu hören, und mit jedem durchdringenden Ruf eines Tieres vibrierte die Luft. Ich legte die zusammengerollte Schlafmatte zu denen der anderen.

Ich wollte nicht umziehen. Ich wollte bei Mahad bleiben, meinem Freund.

Ein Schaf blökte, und Nadifo goss Tee in eine Schale. Mein Vater betrat den Platz vor dem Halbkreis unserer Hütten, er rief Adan etwas zu, und mein Bruder rannte zur Hütte von Timiro, Onkel Yusufs erster Frau. Kurz darauf kehrte er in Begleitung ihrer Söhne zurück. Jama trieb mehrere Lastkamele vor sich her, er schnalzte, und sein dünner Stock traf ihre Flanken. Zwei Kamelstuten bissen, geschickt wich Jama ihnen aus, die Tiere stießen lange kehlige Laute aus, dröhnende, fast drohende Bekundungen ihrer Empörung. »Ju«, rief mein Vater und zog an ihrem Zaumzeug, damit sie sich niederließen, und die Jungen schlugen mit ihren Ruten nach den Tieren. »Ju«, rief auch mein Cousin Said. Widerstrebend knickte das erste Tier mit den Vorderbeinen ein, sank mit der Last seines Gewichts zu Boden, den Hals lang gestreckt, den Kopf hoch erhoben. Auch die anderen Kamele bissen und spuckten und brüllten, doch mein Vater, Said und Jama kümmerten sich nicht darum. Schließlich saßen alle Tiere im Sand vor den Hütten. Die ledrige Haut ihrer Beine war staubig braun.

Die Männer begannen, die Herde zu untersuchen. Beinahe zärtlich fuhren sie mit den Händen durch das kurze Fell am Hals der Kamele, strichen über Bäuche und Rücken, tasteten nach Kletten und Zecken, kontrollierten die Hufe auf Dornen und Steine. Sie breiteten Decken und Matten über die Rücken der Tiere, strichen sie glatt, sorgsam darauf bedacht, dass nirgendwo etwas drückte oder scheuerte. Nach und nach beluden sie dann die Kamele mit unserem Hab und Gut. Ein Nomade besitzt nie mehr, als er auf den Rücken eines Kamels laden kann.

Eine Hand griff nach meinem Arm. »Geh und melk die Ziegen«, sagte meine Mutter. Ich nahm den hölzernen Krug und schlängelte mich zwischen den Kamelen hindurch zu den Gehegen. Vorsichtig, um mich nicht an den Dornen zu stechen, öffnete ich ein Gatter. Es roch nach Dung; lautes Meckern füllte die Luft. Die Ziegen stießen ihre Nasen gegen meine Beine, manche auch ihre Hörner. Durch mein Tuch hindurch spürte ich ihren Atem. Ich zählte nach, ob auch keines der Tiere über Nacht verschwunden war, dann hockte ich mich hin und griff nach einer Ziege. Sie meckerte jämmerlich. Rasch klemmte ich eines ihrer Beine zwischen meine Knie und begann, über das Euter zu streichen, an den Zitzen zu ziehen. Doch das Tier wollte keine Milch geben. Es spürte, dass ein Umzug bevorstand.

Als ich mit der nur halb gefüllten Kanne zurückkehrte, waren schon alle Hütten verschwunden. Jama hatte die Vorderbeine der beladenen Kamele mit Stricken zusammengebunden, damit sie nicht fortlaufen konnten. Meine Mutter füllte einen Becher und reichte ihn meinem Vater, ließ meine Brüder trinken, dann mich und trank schließlich den Rest der noch warmen Milch.

Mahad. Wo war bloß Mahad?



Die Sonne hing über den Sandhügeln, als die Karawane sich in Bewegung setzte. Hufe scharrten im Sand, und Lämmer blökten. Die Kamele schnaubten, gurgelten, röhrten; einer Stute hatte mein Vater den Unterkiefer festgebunden, sodass sie nicht mehr beißen konnte. In einer langen Reihe zogen die Tiere an dem Dornenzaun entlang; dahinter lag verlassen, was unser Zuhause gewesen war.

Jama führte das Leittier. Hinter ihnen trieben Said und die Söhne von Onkel Yusuf den Zug an, ließen ihre Ruten knallen, schnalzten und zogen an den Sisalseilen, die am Halfter der Tiere festgeknüpft waren; ab und zu ahmte einer der Jungen Jamas Schnalzen nach. Nadifo und die anderen Mädchen versuchten, die Ziegen und Schafe beisammenzuhalten.

Ich saß im Sand, neben dem Platz, der uns als Feuerstelle gedient hatte, und sah der Karawane zu.

»Was ist los?«, fragte mein Vater, als er mich dort sitzen sah.

»Ich bleibe hier.«

Mein Vater beugte sich vor und sah zu mir herunter. »Meine Tochter bleibt hier?«

»Ich ziehe nicht mit um! Ich will bei Mahad bleiben.«

Mahad und ich gehörten zum selben Clan, waren entfernt verwandt. Mahad war so alt wie ich und nicht sehr beliebt, denn er konnte weder hören noch sprechen. Mich schreckte das nicht. Wir hatten eine Sprache gefunden, verständigten uns mit Zeichen und Gesten. Ich mochte Mahad und wollte ihn nicht zurücklassen. Er war doch mein Freund!

Mein Vater schüttelte den Kopf.

Das Leittier lief voraus, behäbig folgten ihm die Lastkamele. Baumhoch bepackt überragten sie ihre Antreiber, die nicht einmal halb so groß waren. Frauen und kleine Kinder marschierten hinterher, barfuß durch die Steppe, eingehüllt in Tücher, die sie vor der Sonne schützten. Ich starrte auf die Staubwolke, die immer kleiner wurde und noch zu sehen war, als von Menschen und Tieren längst kein Laut mehr zu hören war. Ich zog mein Tuch fester. Eine Fliege krabbelte über die Innenseite meines Unterarms.

Die Sonne stieg höher, ich schwitzte.

Die Staubwolke verschwand am Horizont.

Allmählich bekam ich Angst.

Ich fing an zu weinen. Vor Angst, aber auch vor Zorn riss ich mein Tuch los und warf es in die Glut der Feuerstelle. In Sekunden brannte es lichterloh. Ich war zu stolz, um hinter der Karawane herzulaufen; doch es kam auch niemand, um mich zu holen. Meine Familie zog fort und ließ mich einfach zurück!

Ich sah mich um. Im Schatten einer Schirmakazie, nur einen kurzen Fußmarsch entfernt, lagen die Hütten von Mahads Familie. Es war still. Um diese Zeit hüteten Mahads Schwestern und Cousinen die Ziegen, er selbst und seine Brüder führten die Kamele zur Wasserstelle. Sie würden erst kurz vor Einbruch der Dunkelheit zurückkehren.

Ich setzte mich in den heißen Sand, weinte, wartete.

Es mussten Stunden vergangen sein, als ich erneut eine Staubwolke entdeckte, eine kleinere diesmal, und sie bewegte sich geradewegs auf mich zu. Als sie nahe genug war, erkannte ich meinen Vater.

»Wie kann ein Kind nur so dickköpfig sein?«, schimpfte er. »Du kannst nicht hier bleiben. Wir müssen weiterziehen, denn hier gibt es kein Wasser mehr.«

Später gab mein Vater zu, dass er mich im Durcheinander des Aufbruchs vergessen hatte; er war sicher gewesen, dass ich nach kurzer Zeit von allein folgen würde.

Als er mich auf seine Schultern hob, grollte ich und war doch heilfroh. In der Hitze des Mittags zogen wir unserer Karawane hinterher.



Am späten Nachmittag schickte mein Vater einen Späher voraus. Es dämmerte schon, als er zurückkehrte und erklärte, er habe einen Platz für die Nacht gefunden, nur etwa eine halbe Stunde Fußmarsch entfernt.

Jama und Said trieben die Kamele an, und der Späher lief wieder voraus. Bald war er nicht mehr zu erkennen, verschlungen von der roten Erde. »Er wird den Platz von bösen Geistern reinigen«, sagte mein Vater. »Und Holz sammeln, bevor es dunkel wird.« Ich stapfte hinter meinem Vater her. Mein Rock wickelte sich um meine Beine, und ich hatte Mühe, den eiligen Schritten der Erwachsenen zu folgen.

Der Platz, den wir mit Einbruch der Dunkelheit erreichten, sah genauso aus wie der, den wir am Morgen verlassen hatten. Mitten in der Steppe hatten andere Nomaden bereits einen Zaun aus Dornenzweigen errichtet, Pferche für ihre Ziegen und Schafe, umgeben von Dornengestrüpp, sodass die Tiere geschützt waren vor den Schakalen, den Hyänen und den Wildhunden, die sich in der Nacht...
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Autor

Fadumo Korn, geboren 1964 als Nomadenmädchen in Somalia, arbeitet für "Nala e. V.", einen Verein, der sich gegen den Brauch der Genitalverstümmelung bei Frauen engagiert. Sie lebt mit ihrem Mann und ihrem Sohn in München.Die Autorin im Internet: www.faduma-korn.deDas Buch "Geboren im Großen Regen" von Fadumo Korn entstand in Zusammenarbeit mit Sabine Eichhorst.