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Sweetland

Roman - Klappenbroschur
BuchKartoniert, Paperback
400 Seiten
Deutsch
Mitteldeutscher Verlagerschienen am15.08.2020
Vom Kampf eines Mannes gegen den Ausverkauf seiner Heimat

Seit zwölf Generationen leben und sterben die Bewohner einer kleinen vor Neufundland liegenden Insel miteinander. Nun stehen sie plötzlich vor einer Umsiedlung. Jedem wurde ein großzügiges Entschädigungspaket angeboten. Doch das Geld wird erst gezahlt, wenn alle gehen.
Der fast siebzigjährige Moses Sweetland weigert sich zunächst als Einziger, lässt sich dann zum Umzug überreden, nutzt jedoch einen Unfall, um seinen Tod zu fingieren, und bleibt allein auf der nach seinen Vorfahren benannten Insel zurück. Sein Überlebenskampf im Angesicht des rauen Klimas, ohne Elektrizität und mit schwindenden Nahrungsmitteln und anderen Ressourcen lässt ihn allmählich den Verstand verlieren. Die Erinnerungen an Ereignisse und Menschen in seinem Leben werden immer mehr zu unheimlich auftretenden Halluzinationen und Wahnvorstellungen ...
"Sweetland" ist abwechselnd düster komisch und herzzerreißend traurig, eine spannungsvolle Überlebensgeschichte eines einsamen Mannes gemischt mit bittersüßen Erinnerungen über den Niedergang der Traditionen: eine Elegie des Verschwindens, ein Zeugnis des Vergehens.
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR26,00
E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
EUR20,99

Produkt

KlappentextVom Kampf eines Mannes gegen den Ausverkauf seiner Heimat

Seit zwölf Generationen leben und sterben die Bewohner einer kleinen vor Neufundland liegenden Insel miteinander. Nun stehen sie plötzlich vor einer Umsiedlung. Jedem wurde ein großzügiges Entschädigungspaket angeboten. Doch das Geld wird erst gezahlt, wenn alle gehen.
Der fast siebzigjährige Moses Sweetland weigert sich zunächst als Einziger, lässt sich dann zum Umzug überreden, nutzt jedoch einen Unfall, um seinen Tod zu fingieren, und bleibt allein auf der nach seinen Vorfahren benannten Insel zurück. Sein Überlebenskampf im Angesicht des rauen Klimas, ohne Elektrizität und mit schwindenden Nahrungsmitteln und anderen Ressourcen lässt ihn allmählich den Verstand verlieren. Die Erinnerungen an Ereignisse und Menschen in seinem Leben werden immer mehr zu unheimlich auftretenden Halluzinationen und Wahnvorstellungen ...
"Sweetland" ist abwechselnd düster komisch und herzzerreißend traurig, eine spannungsvolle Überlebensgeschichte eines einsamen Mannes gemischt mit bittersüßen Erinnerungen über den Niedergang der Traditionen: eine Elegie des Verschwindens, ein Zeugnis des Vergehens.
Zusatztext»Verführerisch, subtil und eindringlich ⦠Sweetland ist eine wehmütige Laudatio auf eine sterbende Lebensweise.« Toronto Star
Details
ISBN/GTIN978-3-96311-311-6
ProduktartBuch
EinbandartKartoniert, Paperback
Erscheinungsjahr2020
Erscheinungsdatum15.08.2020
Seiten400 Seiten
SpracheDeutsch
Gewicht589 g
Artikel-Nr.48115049
Rubriken

Inhalt/Kritik

Leseprobe
Er sah den Regierungsmann vom Wasser heraufkommen. Hellbraune Hose, Tweedjacke und Krawatte. Derselbe Kerl, der auch bei der letzten Bürgerversammlung dabei war, oder zumindest jemand, der genau so aussah - im Confederation Building in St. John s schien es eine unendliche Menge davon zu geben. Der Aktenkoffer wirkte so, als hätte er ihn schon bei seiner Geburt in der Hand gehalten. Sweetland wandte sich vom Fenster ab, als könnte er sich vor dem Mann verstecken, indem er nicht in seine Richtung blickte. Sah ihn kurz, wie er zur Vordertür des Hauses kam, hörte das Klopfen. Niemand in der Bucht klopfte an. Er überlegte kurz, es zu ignorieren, doch das Klopfen kam ein zweites und dann ein drittes Mal, und schließlich stieß er sich vom Tisch ab und ging hinaus durch den Flur. In der Bucht benutzte auch niemand die Vordertür. Die von Sweetland war seit Jahren nicht mehr geöffnet worden und er musste sie erst aus dem Rahmen hebeln. Der Mann stand dort etwas verloren im Sonnenschein, eine Stimme aus dem Nichts, wo sein Mund sein musste. »Mr Sweetland?« Er wartete, bis die Gestalt aus dem Licht auftauchte, bis er seine Augen erkennen konnte. »Gerade von der Fähre gekommen, oder?« »Ja, in dieser Sekunde.« Sweetland nickte. »Ich muss ja verdammt wichtig sein.« Der Regierungsmann lächelte zu ihm auf. »Sie stehen ganz oben auf meiner Liste.« Sweetland trat zur Seite, um den Mann hereinzulassen. »Tasse Tee?« »Sie haben nicht zufällig Kaffee?« »Ich hab Löslichen.« »Tee ist in Ordnung«, sagte der Regierungsmann. Sweetland stellte den Kessel auf den Herd, während der junge Mann am Tisch Platz nahm. Er überlegte, wann dort zuletzt ein Fremder gesessen hatte, die Küche zum ersten Mal gesehen hatte. Niedrige Decke, die Balken nur wenige Zentimeter von Sweetlands Kopf entfernt. Gestrichener Holzboden, eine Schlafcouch unter einem Fenster, ein Resopaltisch mit Chrombeinen an dem anderen. Die Teetassen seiner Mutter an Haken unter den Hängeschränken. Alles so vertraut, dass er es seit Jahren nicht mehr wahrgenommen hatte. Der Aktenkoffer des Mannes lag wie ein Platzset vor ihm auf dem Tisch, und Sweetland legte einen Löffel und eine Zuckerdose auf die flache Oberseite. »Kein Zucker für mich«, sagte der Junge und schob die Dose beiseite. »Ein Tropfen Milch, wenn Sie welche haben.« Er stellte den Koffer neben seinen Stuhl auf den Boden. »Keine frische«, sagte Sweetland. »Nur Büchsenmilch.« »Büchsenmilch ist okay«, sagte der Regierungsmann. Er zog ein Blackberry aus der Manteltasche und hielt es einen Augenblick in Richtung Fenster. »Sie sind nicht der Typ, der das letzte Mal da war.« »Ich habe die Akte übernommen.« »Hier draußen werden Sie kein Handysignal bekommen«, sagte ihm Sweetland. Er zuckte mit den Schultern. »Der Rand der zivilisierten Welt.« »Vor Jahren hatten sie davon gesprochen, einen Mast aufzustellen. Ist nie dazu gekommen.« Der Regierungsmann zeigte an ihm vorbei zur Küchentheke. »Sie haben ein Laptop.« Sweetland spähte bestätigend über die Schulter. »Internet haben wir seit Langem. Mach meine Banksachen damit«, sagte er. »Ein bisschen Online-Poker. Bringt die Zeit rum.« Sweetland goss den Tee ein und setzte sich gegenüber an den Tisch. »Sie sind nicht auf Facebook, oder?« »Gucken Sie sich dieses Gesicht an«, sagte er und der Regierungsmann senkte den Blick zum Tisch. »Also, Arschbook«, sagte Sweetland. »Dafür würde ich mich anmelden.« »Ich bin mir sicher, das wird auch noch kommen.« »Daran zweifle ich nicht. Angesichts der Zustände.« Das war ein gutes Stichwort zur Überleitung auf das eigentliche Thema und er war überrascht, dass der Regierungsmann nicht darauf einging, sondern lächelnd aus dem Fenster blickte. Perfekte Zähne. Heutzutage hatten alle perfekte Zähne. Ordentliche Frisuren und Akzente, die Sweetland nicht einordnen konnte. Dieser kam wahrscheinlich irgendwo vom Festland, soweit er das einschätzen konnte. »Also«, sagte der junge Mann plötzlich. »Kommen Sie heute Nachmittag zum Treffen?« Fast hätte Sweetland losgelacht. »Hab ich nicht vor, nein.« »Könnte ich Sie nicht dazu überreden?« »Hören Sie«, sagte Sweetland. »Ich bin nicht der Einzige, der gegen diese Sache gestimmt hat.« »Das ist richtig. Fünfundvierzig dafür, drei dagegen, bei der letzten Abstimmung. Doch seit gestern sind Sie einer von nur noch zwei Haushalten, die sich nicht dazu bereit erklärt haben, das von uns angebotene Paket anzunehmen.« »Zwei?«, sagte Sweetland. Der Regierungsmann machte eine Pause und ließ die Information sacken. Langsam rührte er seinen Tee um, das Klirren des Löffels klang wie die gebrochene Stange in der Mechanik einer Aufziehpuppe. »Nur noch ich und Loveless?« »So sieht es aus«, sagte er. Sweetland rieb eine Weile gedankenverloren über die Tischplatte und entschuldigte sich dann. Er ging hinaus durch den Flur und die enge Stiege hinauf zum Badezimmer. Er klappte den Toilettendeckel runter und setzte sich ein paar Minuten hin, einen Ellbogen auf die Fensterbank gestützt. Von dort konnte er die Rückseite von Loveless Grundstück sehen, die uralte Scheune, die eine ausgemergelte Kuh mit dem Maul im Gras. Bekanntlich hatte Loveless als Kleinkind einen Pint Kerosin getrunken, was nach Sweetlands Empfinden alles über diesen Mann sagte, was man wissen musste. Er hatte vierundzwanzig Stunden Schluckauf gehabt und seine Windeln stanken nach Öl und Scheiße. Eine ganze Woche lang durfte niemand ein Streichholz in der Nähe des Kleinen anzünden. Und jetzt hing alles nur noch an ihm und dem beschissenen Loveless. »Entschuldigung«, sagte Sweetland, als er in die Küche zurückkehrte. Der Regierungsmann winkte ab. Er sagte: »Ich muss zugeben, dass ich neugierig bin, Mr Sweetland.« »Worüber?« »Ich will ja nicht herumschnüffeln«, sagte er, was Sweetland so verstand, dass er herumschnüffeln würde. »Doch Sie lehnen eine bedeutende Barauszahlung ab. Im Grunde ist die ganze Stadt gegen Sie.« »Und?« »Ich frage mich einfach, was genau Ihre Geschichte dahinter ist.« Sweetland beschloss, dass er den kleinen Scheißer nicht mochte. Kein bisschen. Er zeigte mit seiner Tasse auf den Aktenkoffer. »Ich denke mir, dass Sie alles, was Sie über mich wissen müssen, da in Ihrer Tasche haben.« Der Regierungsmann betrachtete ihn eine Sekunde, dann zog er einen Ordner aus dem Koffer. »Moses Louis Sweetland«, las er. »Geboren am vierzehnten November 1942. Damit sind Sie ⦫ Er sah auf. »Diesen Herbst neunundsechzig.« »Mathe ist nicht gerade meine Stärke«, sagte er. »Angehörige: keine.« »Gott«, sagte Sweetland. »Ich bin mit der Hälfte der Leute in Chance Cove verwandt.« »Keine unmittelbaren Angehörigen, das meint es wohl. Eltern verstorben. Bruder und Schwester?« »Beide tot.« »Familienstand: ledig.« Er blickte erneut auf. »Nie verheiratet, ist das richtig?« Sweetland zuckte mit den Schultern und sagte: »Gucken Sie sich dieses Gesicht an«, was den jungen Mann dazu brachte, sich wieder seinen Papieren zuzuwenden. »Beschäftigung«, sagte er. »Leuchtturmwärter, pensioniert.« »Ich wurde entlassen, als sie das Licht vor zehn Jahren automatisiert haben.« »Davor waren Sie Fischer?« »Bis zum Moratorium 1992.« »Dann haben Sie nie woanders gelebt?« »Ein paar Fahrten nach Toronto zum Arbeiten«, sagte er, »als ich ungefähr in Ihrem Alter war.« Der Regierungsmann machte eine Handbewegung zu seinem eigenen Gesicht, als fürchtete er sich davor, auf Sweetlands Narben zu zeigen. »Haben Sie das von da?« »Was steht da noch drin?« Er schloss den Ordner und lehnte sich zurück. »Das ist alles«, sagte er. »Nicht viel, wenn Sie so wollen.« »Nicht genug, um mir zu sagen, warum Sie gegen diesen Umzug sind.« »Einfach starrköpfig, schätze ich mal.« »Lieber würden Sie hier bei den Toten bleiben, ist es das?« »Es gibt schlimmere Gesellschaft.« Der Regierungsmann strich mit den Fingern leicht über die Tischkante, als säße er an einem Klavier und wollte keine Taste anschlagen. »Wie lange leben Ihre Leute schon hier draußen, Mr Sweetland?« »Seit ewigen Zeiten«, sagte Sweetland und lächelte in sich hinein. »Seit zweihundert Jahren oder länger wird hier gefischt. Ich denke, dass meine Sippschaft die Ersten auf der Insel waren.« »Wegen des Namens, meinen Sie das?« Sweetland starrte ausdruckslos vor sich hin. »Sie ist nach ihnen benannt. Ihre Familie und die Insel haben denselben Namen.« »Ja«, sagte Sweetland. »Das meine ich.« Dann blickten sie einander an und Sweetland konnte sehen, wie der Jüngere in seinem Kopf nach einem anderen Zugang suchte. Er stützte das Kinn in eine Hand und tippte sich mit dem Zeigefinger an die Nase. Dann beugte er sich auf die Seite, um die Akte zurück in die Tasche zu stecken. »Wie Sie wissen«, sagte er, »bietet die Regierung den Bewohnern von Sweetland ein Paket an, um sich irgendwo in der Provinz niederzulassen. Ein Minimum von hunderttausend Dollar pro Haushalt, das in Abhängigkeit von der Familiengröße und anderen Faktoren auf hundertfünfzigtausend Dollar aufgestockt werden kann. Dazu Eingliederungshilfe und Unterstützung bei der Suche nach Arbeit oder Weiterbildung oder Umschulung.« »Mein Gott«, sagte Sweetland, »und ich dachte, die Regierung sei bankrott.« Der junge Mann ignorierte ihn. »Doch wir werden keinen Einzigen von hier umsiedeln, bevor wir nicht von allen eine Zusage für das Paket bekommen haben.« Sweetland nickte. »Derselbe alte Blödsinn.« »Es sind nicht die 1960er Jahre, Mr Sweetland. Dieser Schritt wird dem Ort nicht aufgezwungen. Wir zahlen für die Umsiedlung der Bewohner, wie es von uns verlangt wurde. Doch wir werden nicht die Verantwortung für einen Verrückten mitten im Atlantik übernehmen, wenn alle anderen weg sind.« »Der Verrückte wäre dann ich.« »Nach dem Umzug wird es keine Fährdienste mehr geben. Was bedeutet, dass auch keine Vorräte mehr angeliefert werden. Es wird keinen Telefondienst geben. Kein Online-Banking, kein Poker. Keine Elektrizität. Laut Definition würde ich deshalb sagen, dass jeder, der allein hier draußen bleibt, als unzurechnungsfähig gelten muss.« Der Regierungsmann sah auf seine Uhr. »Man hat Sie über den Stichtag im September in Kenntnis gesetzt.« »Man hat mich in Kenntnis gesetzt.« »Es gibt Leute, die darauf hoffen, schon im Herbst umziehen zu können, was bedeutet, dass alle bis zum Ersten unterschreiben müssen.« »Man hat mich in Kenntnis gesetzt«, sagte Sweetland erneut. Der Regierungsmann griff in eine Innentasche seines Mantels. »Hier steht meine Mailadresse und auch die Handynummer. Sie können mich jederzeit kontaktieren.« Sweetland legte die Karte auf ein Regal über der Theke und folgte seinem Gast durch den Flur, um ihn aus der Tür hinauszulassen, durch die er eingetreten war. Beim Gehen stützte er sich mit einer Hand auf eine Stuhllehne und dann an die Wand, da der Boden unter seinen Füßen schwankte. Das Licht blendete durch die offene Tür herein und Sweetland trat bis zur ersten Stufe nach draußen. Er beschattete seine Augen, um hinunter zum Wasser zu blicken. Die Leute in ihren Gärten, auf den Wegen oder am Kai bemühten sich, nicht in seine Richtung zu blicken. Der Regierungsmann blickte ebenfalls hinunter zum Hafen, und Sweetland konnte nicht anders, als den Ort mit den Augen des Fremden zu sehen. Eine Ansammlung kunststoffverkleideter Bungalows, die Hälfte davon leer stehend. Schuppen mit Giebeldächern und Propantanks und Geländefahrzeuge und angehäuftes altes Gerümpel, wie Treibgut, das von einer Naturkatastrophe an die Böschung gespült wurde. Die weiße Kirche an der Landspitze, die Fisherman s Hall mit Rita Verges handgemaltem MUSEUM-Schild am Seiteneingang. Eine Handvoll altersschwacher Boote vertäut in der Bucht. »Das ist eine schöne Aussicht«, sagte der Regierungsmann. »Ich kann verstehen, warum Sie das nicht verlassen wollen.« »So sind Sie mir gar nicht vorgekommen«, sagte Sweetland, »wie ein Arschkriecher.« »Ich arbeite für die Regierung«, sagte der junge Mann und er zuckte freundlich mit den Schultern. »Das ist wohl Teil der Aufgabe.« Er mochte das Arschloch nicht, wirklich. Kein bisschen.mehr

Schlagworte

Autor

Crummey, Michael
Michael Crummey, geb. 1965 in Buchans (Neufundland), studierte Englisch an der Memorial University in St. John's und der Queen's University in Kingston, Ontario. Während seines Studiums begann er mit dem Schreiben von Gedichten. Crummey reiste und arbeitete in mehreren Ländern, bevor er sich in St. John's, niederließ, um zu schreiben. Er ist Autor von Romanen, Gedicht- und Erzählbänden und einem Sachbuch über Neufundland.