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Lust auf Leerlauf

vier Fahrradreisen in vorbildlicher Haltung gegen die Wand gefahren
TaschenbuchKartoniert, Paperback
183 Seiten
Deutsch
Entenfuß Verlagerschienen am01.07.20101., Auflage

Produkt

Details
ISBN/GTIN978-3-9812705-4-9
ProduktartTaschenbuch
EinbandartKartoniert, Paperback
Erscheinungsjahr2010
Erscheinungsdatum01.07.2010
Auflage1., Auflage
Seiten183 Seiten
SpracheDeutsch
Illustrationen19 farbige Rastergrafiken
Artikel-Nr.10275773
Rubriken

Inhalt/Kritik

Inhaltsverzeichnis
1. Prolog 2. Der Rückfall 3. Italien 4. Irland 5. Schottland 6. Polenmehr
Leseprobe
Wie oft kommt es vor, dass man in seiner Jugend eine Vorliebe für Tätigkeiten entwickelt, von denen man sich im fortgesetzten Alter kopfschüttelnd distanziert. Viele Leute meiner Generation werden sich nur ungern an ihr in jungen Jahren allwöchentlich praktiziertes Tanzverhalten erinnern. Nach Einsetzen der ersten Takte von In A Gadda Da Vida von Iron Butterfly oder Child in Time von Deep Purple ließen sie sich, wie von einem mächtigen Schwerthieb niedergestreckt, auf die Knie fallen, wirbelten daraufhin die mit wallenden Haaren ausgestatteten Häupter vor und zurück und hechelten so mühsam dem Takt der Musik hinterher. Oder sie gerieten kurzfristig in ekstatische Zuckungen, die den Einsatz eines Rettungswagens nahe legten. Woraufhin sie nach überraschend kurzer Erholungsphase beschlossen, einen imaginären Ei-senbahnwaggon vor sich her zu schieben. Andere entwi-ckelten sich zu pantomimischen Berserkern, indem sie bei einem Cat-Stevens-Song einen Heavy-Metal-Gitarristen imitierten, oder sie glaubten nach jedem Ausfallschritt ein Schlagzeug in Reichweite zu haben, das alle ihre Bewe-gungen vorausahnte und immer an der Stelle wieder auf-tauchte, an der ein unsichtbarer Stick heruntersauste. Weshalb gibt es eigentlich keine Wettbewerbe im Luft-schlagzeug spielen - oder im Luftdudelsack? Könnte ich mir recht lebhaft vorstellen. Dann gab es welche, die streuten sich Schokoladenstreusel aufs Brot oder würzten ihre Nudeln mit Maggi. Ich selbst trug damals Schuhe mit Plateausohlen, weil die Musiker von Slade das auch mach-ten. Doch die hatten sich vermutlich spezielle Plateausoh-len anfertigen lassen, die nicht zu Bänderdehnungen und Kapselrissen führten. Mit meinen Plateausohlen wäre ihre Karriere sicherlich ins Stocken geraten. Überraschend musste ich nach einem Zeitungsartikel feststellen, dass sie in ihrer Freizeit Turnschuhe trugen. Da war ich härter. Ich hab mich beim Schlendern häufiger verletzt als beim Fußball spielen. In der Regel legen sich im Alter diese selbst auferlegten Bewusstseinstörungen. Manchmal jedoch entwickeln sich solch putzige Macken zu ausgewachsenen Neurosen. Da gibt es Leute, die ihr ganzes Leben damit verbringen kleine Porzellanelefanten zu sammeln oder Bananenaufkleber oder abgelaufene Parkscheine. Es soll sogar welche geben, die küssen, wenn sie aus einem Flugzeug steigen, die Rollbahn. Ich habe mittlerweile die Plateausohlen durch Pedale ersetzt. Pedale, die man treten muss, um zwei Räder in Bewegung zu setzen. Ich fahre Fahrrad. Nein - ich muss Fahrrad fahren. Immer wieder Fahrrad fahren. Kaum habe ich ein wenig freie Zeit, schon klebt der Arsch am Sattel. Bereits im frühen Alter von fünf Jahren zeigte mir mein Cousin, wie es funktionierte. Er hob mich auf den viel zu hohen Sattel, schob mich ein Stück und ließ dann los. Später konnte ich mich auch damit fortbewegen.mehr
Kritik
Verstärker ¿ Organ zur Rückkoppelung von Kunst und Literatur/Der Untertitel ¿Vier Fahrradreisen in vorbildlicher Haltung gegen die Wand gefahren¿ und der abgebildete Schlauchflicken auf dem Buchcover lassen es bereits erahnen: wer einen klassischen Reiseführer erwartet wird enttäuscht, denn vielmehr werden die möglichen Mißgeschicke und Unwägbarkeiten eines Radurlaubes geschildert. Der Autor und Kabarettist Normann, 1960 im Sauerland geboren und seit Mitte 1980 in Berlin lebend, wäre kein echter Kabarettist, würde er dem Leser nicht äußerst humoristisch und selbstironisch von seinen Urlaubserlebnissen berichten.


Gerd Normann ¿ Lust auf Leerlauf

Gerd Normann ist begeisterter Fahrradfahrer. Er bewältigt damit alle seine Wege, fährt damit zur Arbeit, ins Kino, ins Theater und in den Urlaub. Man könnte also auch sagen, er sei velophil. Und genau dieser Umstand ist Anlass für sein neues Buch ¿Lust auf Leerlauf¿. Norman beschreibt darin vier ausgewählte Radreisen - nach Italien, Irland, Schottland und nach Polen. Der Untertitel ¿Vier Fahrradreisen in vorbildlicher Haltung gegen die Wand gefahren¿ und der abgebildete Schlauchflicken auf dem Buchcover lassen es bereits erahnen: wer einen klassischen Reiseführer erwartet wird enttäuscht, denn vielmehr werden die möglichen Mißgeschicke und Unwägbarkeiten eines Radurlaubes geschildert. Der Autor und Kabarettist Normann, 1960 im Sauerland geboren und seit Mitte 1980 in Berlin lebend, wäre kein echter Kabarettist, würde er dem Leser nicht äußerst humoristisch und selbstironisch von seinen Urlaubserlebnissen berichten. Die Italienreise wird zu einer harten Probe, denn sintflutartige Regenfälle und ausdauernd hupende italienische Autofahrer lassen die Radreise eher zu einer Survivaltour für Physe und Psyche werden, und Irland wartet mit der Gastfreundschaft ausgewählter Einheimischer auf, die sich ganz besonders den deutschen Touristen historisch verbunden fühlen. In Schottland werden eher die Bars, Billardtische und Bierschwemmen der Freund des Radreisenden als das eigene Fahrrad, und wenn es ganz hart kommt, dann muss der Reisende auch mal einen Urlaub vom Urlaub nehmen. Ähnlich humoristisch wie Normanns Kabarettprogramme, zum Beispiel seine Sauerlanddialoge, geraten die Schilderungen der Auseinandersetzung zwischen Radreisendem und der Deutschen Bahn nach einem vermeintlichen Fahrradurlaub. Schließlich kann der Radreisende nach einem vermasselten Trip nach Polen verkünden, dass er in seinem Fahrradurlaub keinen einzigen Kilometer auf dem Rad zurückgelegt habe ¿ und Schuld trägt natürlich die Bahn. Normann ist aufgrund seiner Erlebnisse von seiner Sucht des Radreisens jedoch keineswegs geheilt, resümiert er doch im Nachgang des Buches, dass es einen neuen Radweg entlang der Donau bis ans Schwarze Meer gäbe. Den würde er gern fahren. Und ich würde Gerd Normann gern begleiten ¿ bei diesem Erlebnispotential wird es bestimmt eine witzige Tour.

Von Sven Andrè Dreyer
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