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Grado in Angst

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
256 Seiten
Deutsch
Emons Verlagerschienen am21.03.2024
Ein tiefenpsychologischer Pageturner, der unter die Haut geht. Gianluca Pirandelli, ein charmanter Arzt, der vor drei Jahren eine gynäkologische Praxis nahe Grado eröffnet hat, steht unter Tatverdacht: Mehrere seiner Patientinnen starben, nachdem sie bei ihm in Behandlung waren. Maddalena Degrassi ist durch den Tod einer Freundin persönlich betroffen und stürzt sich in die Ermittlungen, die erschreckende Wahrheiten zutage fördern. Bald überschlagen sich die Ereignisse, und die Commissaria muss mehr als einen Täter stellen.

Andrea Nagele leitete über ein Jahrzehnt ein psychotherapeutisches Ambulatorium. Heute arbeitet sie als Autorin und betreibt in Klagenfurt eine psychotherapeutische Praxis. Sie pendelt zwischen Klagenfurt am Wörthersee, Grado und Berlin. www.andreanagele.at
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR14,00
E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
EUR10,99

Produkt

KlappentextEin tiefenpsychologischer Pageturner, der unter die Haut geht. Gianluca Pirandelli, ein charmanter Arzt, der vor drei Jahren eine gynäkologische Praxis nahe Grado eröffnet hat, steht unter Tatverdacht: Mehrere seiner Patientinnen starben, nachdem sie bei ihm in Behandlung waren. Maddalena Degrassi ist durch den Tod einer Freundin persönlich betroffen und stürzt sich in die Ermittlungen, die erschreckende Wahrheiten zutage fördern. Bald überschlagen sich die Ereignisse, und die Commissaria muss mehr als einen Täter stellen.

Andrea Nagele leitete über ein Jahrzehnt ein psychotherapeutisches Ambulatorium. Heute arbeitet sie als Autorin und betreibt in Klagenfurt eine psychotherapeutische Praxis. Sie pendelt zwischen Klagenfurt am Wörthersee, Grado und Berlin. www.andreanagele.at
Details
Weitere ISBN/GTIN9783987071515
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatE101
Erscheinungsjahr2024
Erscheinungsdatum21.03.2024
Seiten256 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3314 Kbytes
Artikel-Nr.14177962
Rubriken
Genre9201
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Inhalt/Kritik

Leseprobe


1

Ich schlurfe in meinen ausgetretenen Latschen über den altmodisch gemusterten Linoleumboden.

Die Sohlen geben bei jedem Schritt ein grauenvolles Quietschen von sich.

Warum trage ich die jahrzehntealten verblichenen Prada-Flip-Flops?

Wohin will ich überhaupt?

Der Weg dehnt sich unendlich lang vor mir aus.

Rechts und links begrenzen kahle Wände, durchbrochen von Zimmertüren, den schmalen Flur.

Halt.

Da war doch eben in einem Kästchen neben der Tür die Zahl Elf zu lesen gewesen, und als hätte man sie vergessen, kam anschließend nicht die Zwölf, sondern die Dreizehn.

Ach! Ich schlage mir auf die Stirn. Die Zwölf ist ja hier in meinem Land, in Italien, genau wie die Siebzehn eine Unglückszahl.

Bin ich in einem Krankenhaus gelandet?

Hatte ich einen Unfall?

Bin ich Patientin oder Besucherin?

Um diese Frage werde ich mich später kümmern.

Zuerst und unabhängig davon muss ich einen bestimmten Raum finden.

Nirgendwo begegnet mir eine Krankenschwester, ein Pfleger oder ein Weißkittel aus der Ärzteschaft. Und das Licht ist so dämmrig, dass ich meine Augen zusammenkneife, in der irrigen Annahme, dadurch besser sehen zu können.

Kein Laut dringt zu mir.

Die Stille nimmt mir den Atem.

Sie vermittelt Gefahr.

Jetzt weiß ich wieder, wohin ich will.

Zimmer siebzehn ist mein Ziel.

Da liegt sie.

Und sie erwartet mich sehnlich.

Also bin ich die Besucherin und sie die Patientin.

»Hallo«, sage ich leise, falls sie vor sich hindämmert, wie so häufig in letzter Zeit. »Ich setze mich neben dich und warte, bis du aufwachst. Ich habe alle Zeit der Welt, und die will ich mit dir verbringen.«

Zum Glück hat sie ein Einzelzimmer. Ihr Mann war immer schon großzügig und hat sie nach der Heirat in seine Privatversicherung mit hineingenommen.

»So ein netter Typ«, flüstere ich aus dem Zusammenhang gerissen, und da wieder keine Antwort von ihr kommt, nehme ich an, dass sie schläft.

Vorsichtig lasse ich mich auf dem Bettrand nieder, um unmittelbar wieder aufzuspringen.

Da ist nur ein Laken, ein weißes, das sich über eine Matratze spannt.

Sonst nichts.

Weder die Kontur eines Körpers noch dessen Abdruck zeichnet sich ab.

Das Bett ist leer.

Die beiden Fensterflügel sind weit geöffnet und gähnen auf einen Parkplatz hinaus.

Schreiend reiße ich die Tür auf, laufe auf den Flur, verheddere mich in meinen Schlappen und begegne einer älteren Schwester mit einer Hornbrille, durch deren dicke Gläser sie mich mit vergrößerten Augen kummervoll betrachtet.

Ruckartig bleibe ich stehen.

»Sie ist von uns gegangen«, murmelt sie, bedacht darauf, die anderen Menschen, die den Flur entlanggehen, nicht zu verschrecken.

»Was heißt das?«, frage ich, obwohl ich bereits Schlimmes ahne. »Ist sie früher abgeholt worden und schon zu Hause?«

»Es tut mir und uns allen hier sehr leid, aber Ihre Freundin ist vor einer Stunde verstorben.«

»Das kann nicht sein!«, herrsche ich sie an und schüttle ihre mageren Schultern. »Sie irren sich. Vor zwei Stunden noch haben wir telefoniert und über einen Film gesprochen, den wir uns demnächst gemeinsam ansehen wollen. Im großen Kino von Monfalcone.«

»Signora, mein Beileid.« Die Schwester entfernt sanft meine rüttelnden Hände von ihren Schultern. »Kommen Sie bitte mit mir in den Besprechungsraum, die Oberärztin wird es Ihnen genauer erklären.«

Mir bleibt die Luft weg, der Atem steckt irgendwo zwischen meiner Kehle und dem Rachen.

Wimmernd sinke ich zu Boden.

Ruckartig wachte Maddalena auf.

Sie war schweißüberströmt.

Ihr Kissen war nass geschwitzt, und die langen Locken hatten sich zu einem verfilzten Zopf zusammengedreht.

Wie spät war es?

Kurz nach vier Uhr morgens, verriet ihr ein schneller Blick auf die Uhr.

Also kein Grund, eine »Aufstehpanik« zu entwickeln.

So nannte sie das Gefühl, wenn sie tief und fest verschlafen hatte und deshalb mit einem Sprung das Bett verließ.

Heute blieb ihr noch ausreichend Zeit für ein weiteres Nickerchen, bevor der Wecker unwiderruflich in schrill anhaltendem Ton ihren Schlaf beenden würde. Das Geräusch erinnerte sie an das akustische Signal, das die Fischer des Nachts warnte, in See zu stechen, sobald zähflüssige Nebelschwaden sich auf das Meer und die Lagune herabsenkten.

Warum aber war sie jetzt hochgeschreckt, mit pochendem Herzen und zitternden Gliedern?

Es konnte nur ein Alptraum gewesen sein. Einer von jenen, die so grauenvoll waren, dass sie jeglichem Schlaf unweigerlich ein Ende setzten.

In ihrem Zimmer roch es stickig, und das lag nicht zuletzt daran, dass sie vor dem Zu-Bett-Gehen noch eine Zigarette am offenen Fenster geraucht hatte.

Eine schlechte, jedoch lieb gewonnene Angewohnheit, die sie so schnell nicht aufgeben würde.

Sie streckte ihre Arme und Beine, drückte den Rücken durch und schwang sich dann, etwas wirr im Kopf, von ihrer Matratze.

Auf dem Boden lagen ihre alten, zerfledderten Flip-Flops, einer mit der Sohle nach oben, der andere einige Zentimeter weiter entfernt.

Orange.

Wieso hatte sie sich damals bloß von Franjo - ihre Brust zog sich beim Gedanken an ihn schmerzhaft zusammen - diese Dinger andrehen lassen?

»Ultramodern, die passen einfach zu deinem Stil«, hatte er gesagt.

Ihre Outfits waren weder besonders modern, noch bevorzugte sie Marken oder auch nur eine eindeutige Richtung, was ihre Kleidung betraf. Wenn man mal von ihrer ewig gleichen Kluft absah, die aus Jeans, Boots, T-Shirt und der abgegriffenen Lederjacke bestand.

Als sie so gedankenverloren auf die brüchigen Flip-Flops starrte, überkam sie ein unangenehmes Gefühl. Es war, als würde sie versuchen, einen Traumfetzen zu erhaschen, der, sobald er in greifbare Nähe rückte, unmittelbar davonsegelte.

Klar, die lächerlichen Latschen mussten Teil ihres nächtlichen Alptraums gewesen sein. Auch das noch. Da gab es wesentlich besseres Schuhwerk für einen unruhigen Schlaf.

Gähnend schlüpfte sie in die Gummisandalen, da sie nun mal gerade da waren, öffnete die Terrassentür und ließ den erfrischenden frühen Morgen herein.

Gierig sog sie die salzige Herbstluft ein. Nach und nach beruhigten sich ihre aufgewühlten Nerven.

Was war da los gewesen?

An der Arbeit lag es nicht, zurzeit gab es keine Höhen und keine Tiefen. Ein Tag verlief wie der andere, und sie hatte endlich mal Zeit, ihre alten Akten durchzuarbeiten.

Ihr Vorgesetzter und Stiefvater, Achille Scaramuzza, war auch nicht schuld. Er weilte mit Maddalenas Mutter Sibilla in Südafrika.

Mit ihren Freundinnen Stella und Bibiana hatte sie sich diese Unternehmung unlängst bei einem gemeinsamen Abendessen bildlich vorgestellt und herzlich gelacht.

»Man stelle sich das mal vor, die schöne Sibilla, durchgestylt von den Füßen bis in die Haarspitzen, auf Großwildjagd.« Bibiana hatte amüsiert gekichert. »Die arme Frau. Zerstochen von allen möglichen Insekten, wird sie lautstark klagen und bereuen, an der Reise teilgenommen zu haben.«

Maddalena hatte sich ihre zartgliedrige, an Luxus gewöhnte Mutter im Kreise von Scaramuzzas eher derben, mit ihrer Beute prahlenden Jagdkumpanen ausgemalt und in sich hineingelächelt.

»So ein paar Insektenstiche wären aber sicherlich nichts gegen Montezumas Rache, die wollen wir ihr wirklich nicht wünschen, die verdient keiner«, erklärte Stella und strich über ihre ewig geröteten, von blondem Haar umrahmten Wangen.

»Was ist das denn schon wieder, Frau Neunmalklug? Ein übler afrikanischer Fluch?« Bibiana wechselte über den Kopf der Freundin hinweg genervt einen Blick mit Maddalena.

Manchmal reagierte Bibiana ein wenig eifersüchtig auf die, wie sie meinte, allzu besserwisserische Stella. Maddalena hingegen fand, dass Stella eher bescheiden auftrat und ihre beachtliche Bildung nicht heraushängen ließ.

»Das sind durch Unreinheiten ausgelöste Durchfallerkrankungen, die man sich in heißen Gegenden häufig einfängt«, erklärte Stella und schob ihre Brille zurück auf die Nase.

»Sie wird doch wohl kein ungewaschenes Obst essen oder an gegrillten Elefantenbeinen knabbern«, entgegnete Bibiana spitz.

Stella sah sie mit einem leicht konsternierten Blick an. »Machen die das dort?«

»Na, meine Liebe, wenn du das nicht weißt ... Dann vermutlich nicht.«

»Hoffentlich wird Mama wirklich nicht krank«, warf Maddalena ein, um das beginnende Keppeln ihrer beiden engsten Freundinnen zu unterbinden. »Sie verträgt so vieles nicht, und ich denke, dort im Camp gibt es eher bodenständige Kost«, sinnierte sie.

»Wird schon alles gut gehen, schließlich hat sie Scaramuzza an ihrer Seite.«

»Und dieser Tarzan rettet seine Jane sicher aus jeder noch so unangenehmen Situation.«

Maddalena grinste, als sie sich an diese Unterhaltung erinnerte. Ihre Mutter hatte ihr einige WhatsApp-Nachrichten geschickt, und aus keiner ging hervor, dass sie krank war oder Grund zum Nörgeln fand. Zum Glück.

Ein letztes Mal atmete Maddalena am...
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