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Oh Schreck, du fröhliche!

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
384 Seiten
Deutsch
Eden Books - ein Verlag der Edel Verlagsgruppeerschienen am09.11.20151. Auflage
Wenn der Tannenbaum brennt, die Plätzchen versalzen sind und die Kinder heulen ... dann ist wieder Weihnachten! Unsere hier gesammelten Geschichten zeigen ganz klar: Das Fest der Liebe ist bei Weitem nicht so besinnlich wie sein Ruf. Strahlende Kinderaugen, verlockender Plätzchenduft und pure Familienharmonie sind aus sentimentalen Weihnachtsklassikern zwar nicht wegzudenken, doch die Realität sieht anders aus. Unsere Autorinnen und Autoren erzählen ihre amüsantesten, chaotischsten und zauberhaftesten Weihnachtserlebnisse, die voll sind von deftigen Auseinandersetzungen, unpassenden Geschenken, nervigen Verwandten und all den anderen Zutaten, die alle Jahre wieder zum Festtagswahnsinn beitragen. 24 Geschichten, die den Advent ganz ohne Schokolade versüßen, sorgen für Weihnachtsstimmung der fröhlichen Art.

Heike Abidi, ist freiberufliche Werbetexterin und Autorin. Sie schreibt vor allem Unterhaltungsromane für Erwachsene sowie für Jugendliche und Kinder. Mit Mann, Sohn und Hund lebt sie in der Pfalz bei Kaiserslautern.
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Produkt

KlappentextWenn der Tannenbaum brennt, die Plätzchen versalzen sind und die Kinder heulen ... dann ist wieder Weihnachten! Unsere hier gesammelten Geschichten zeigen ganz klar: Das Fest der Liebe ist bei Weitem nicht so besinnlich wie sein Ruf. Strahlende Kinderaugen, verlockender Plätzchenduft und pure Familienharmonie sind aus sentimentalen Weihnachtsklassikern zwar nicht wegzudenken, doch die Realität sieht anders aus. Unsere Autorinnen und Autoren erzählen ihre amüsantesten, chaotischsten und zauberhaftesten Weihnachtserlebnisse, die voll sind von deftigen Auseinandersetzungen, unpassenden Geschenken, nervigen Verwandten und all den anderen Zutaten, die alle Jahre wieder zum Festtagswahnsinn beitragen. 24 Geschichten, die den Advent ganz ohne Schokolade versüßen, sorgen für Weihnachtsstimmung der fröhlichen Art.

Heike Abidi, ist freiberufliche Werbetexterin und Autorin. Sie schreibt vor allem Unterhaltungsromane für Erwachsene sowie für Jugendliche und Kinder. Mit Mann, Sohn und Hund lebt sie in der Pfalz bei Kaiserslautern.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783959100502
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
Erscheinungsjahr2015
Erscheinungsdatum09.11.2015
Auflage1. Auflage
Seiten384 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.1845220
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Zwei unerwartete Geschenke

In der Luft lag ein Duft von Weihrauch, Harz und - wie Jake, der beste Freund meiner Söhne, sagte - Joints. Alle zwei Stunden fuhr ein gelber Transporter durch die Straßen, um Pakete auszuliefern. Die alte Frau Schmölder hängte elektrisch beleuchtete Schneeflocken in die Tanne vor ihrem Haus, die Kinder der Müllers malten mit Fingerfarbe Engel an alle Fenster ihrer Wohnung. Durch die gekippte Balkontür der Tepes drang das Flötenspiel der Tochter Ayse: Last Christmas. Es war Advent, mal wieder. Advent, die Zeit, in der wir Mütter sieben Arme bräuchten, drei Gehirne, einen Dukatenesel - und Nerven wie Drahtseile.

Zu allem Unglück wohnte in unserer Straße, schräg oberhalb von uns, denn wir leben am Hang, auch noch eine Familie, die uns allen zeigte, wie unzulänglich wir anderen in unseren Weihnachtsvorbereitungen waren. Ihr Nachname sagt alles: Edelmann.

Wer jetzt denkt, diese Leute hätten eine Villa und Personal und wären stinkreich, irrt. Ihr Haus war weitläufig und hübsch, mit Erkern und großen Fenstern, aber sonst ganz normal. Und es in Schuss zu halten, schafften sie ganz allein. Auch sonst machten sie alles selbst. Zu den Edelmanns fuhr niemals der gelbe Transporter voller im Internet bestellter Geschenke, auch nicht der große weiße Wagen mit den Essensbildern, der tiefgefrorene Fertiggerichte liefert. Kein Pizzataxi, Döner-Roller, Chinese auf Rädern - die Edelmanns hatten all das nicht nötig.

Zur Weihnachtszeit war Lavinia Edelmann besonders emsig. Sie nähte, strickte, häkelte, backte Plätzchen, rollte Pralinen, kochte ein und gestaltete Büchlein mit handgemalten Bildern und selbst geschriebenen Gedichten.

Woher ich das alles wusste, ohne sie näher zu kennen? Erstens konnte ich aus meiner Küche direkt in ihr Wohnzimmer blicken, wo sie das alles fabrizierte - die Edelmanns hatten keine Gardinen. Und zweitens trafen meine Kinder ihre Söhne regelmäßig beim Sport, da durften sie ab und zu eine Edelmann-Praline naschen oder ein Edelmann-Buch anschauen. Hinterher schwärmten sie in den höchsten Tönen.

Dann aber kam das dicke Ende - für mich. »Mamaaa, warum kannst du nicht nähen, stricken, häkeln, backen, Pralinen rollen und Bücher schreiben?«, fragte mein Sohn.

»Ich hab zwei linke Hände und wenig Zeit. Wisst ihr, ich brauche nachts meinen Schlaf«, knurrte ich.

Über Lavinia Edelmann ging das Gerücht um, sie ruhe allnächtlich nur vier Stunden, wie Napoleon. Und während ich einem Panda gleiche, wenn ich mal eine kurze Nacht habe, sah sie immer blendend aus. Daher auch ihr Beruf: Fotomodell. Weder für Übergrößen noch für Seniorenprodukte, sondern für modische Businesskleidung in Katalogen und Prospekten. Was die Lage von uns anderen Müttern hier nicht einfacher machte.

»Warum sieht dein Hintern nach zwei Kindern eigentlich breiter aus als der von Lavinia Edelmann nach vieren?«, hatte mein Mann Paul neulich gefragt. Sollte wohl scherzhaft gemeint sein, ich schmiss ihm trotzdem den Topflappen an den Kopf.

Aber zum Glück fiel mir noch die passende Antwort auf seine unverschämte Frage ein: »Justus Edelmann ist so viel netter als du, da braucht sie keine Frustschokolade, um sich zu trösten.«

Justus Edelmann sah ein bisschen aus wie Bruce Willis mit Haaren: handfest. Er leitete eine Schreinerei, was sicher praktisch ist, wenn im Hause einmal etwas repariert werden muss. Außerdem wusste jeder in der Gegend, dass er leidenschaftlich gern grillte - selbst im Winter. Seine Steaks, Braten, Gemüsespieße und Würstchen brutzelte er an einem Standgrill, der seitlich an die Terrasse der Edelmanns angebaut war. Wir alle konnten ihm auch in diesem Advent wieder beim Grillen zuschauen und gierig die Düfte einatmen, bis unsere Mägen zu knurren anfingen.

Muss ich erwähnen, dass alle Edelmann-Kinder hübsch und wohlerzogen waren? Falls sie sich jemals stritten, dann nur hinter verschlossenen Türen und mit Schalldämpfern. Wenn man sie sah, wirkten sie immer fast unnormal harmonisch. Die Kinder, Julian, Jette, Janina und Jonathan, gingen miteinander um wie beste Freunde. Manchmal hörte man alle zusammen musizieren. Nie drang hingegen Geschrei durch die Wände oder Fenster der Edelmanns. Unsere Söhne beschallten manchmal die ganze Straße mit ihrem Kampfgetöse - und ich ließ auch mal den einen oder anderen Brüller los. Alles, was Recht ist: den ganzen Vormittag Arbeit im Büro, den ganzen Nachmittag Teenager bändigen und Haushalt schmeißen - da muss man doch mal Luft ablassen, oder?

Habe ich außerdem schon erwähnt, dass mein Mann zu dieser Zeit immer erst um sieben heimkam und Justus Edelmann trotz eigener Firma um fünf? Dass man ihn und seine Frau durch die großen Fenster oft schmusen sehen konnte?

Man darf sich von so etwas nicht verunsichern lassen und eigentlich tat ich das auch nicht und sowieso hatte ich für Grübeleien gerade keine Zeit. Moritz musste zum Fußball, Alex zum Handball. Und ihre beste Freunde Jake und Jim nahm ich auch mit, denn deren Eltern besaßen kein Auto. Schultermine standen an, dann sollte ich Oma besuchen, Opa zum Arzt begleiten, im Büro eine kranke Kollegin vertreten und so weiter und so fort. Am kältesten Tag im Dezember fiel die Heizung aus, kurz darauf die Waschmaschine - und ich hielt die Handwerker mit Kaffee und Keksen bei Laune. Dann noch ein riesiger Großeinkauf, eine Runde Last-minute-Bestellungen bei diversen Versandhäusern, ein Eiltelefonat mit meiner Bank, um den Dispo zu erhöhen, eine Nacht hindurch Päckchen packen, ein halbherziger Großputz und schon war wieder Heiligabend, heiliger Bimbam! Die Großeltern würden kommen - sie liebten Sauerbraten mit selbst gemachten Klößen. Wer das zubereiten würde? Na, ich.

Wenn mein Mann auch nur die kleinste Bemerkung losließe über das Traumkleid, in dem Lavinia durch ihr Wohnzimmer schwebte und aussah wie die jüngere Schwester von Cindy Crawford, dann würde ich explodieren. Ich geb´s ja zu, ich hätte mich schon ein bisschen mehr herausputzen können zum Fest der Liebe. Zur Bescherung selbst schaute ich auch meist ganz passabel aus. Doch vorher fehlte die Zeit. Da rannte ich den ganzen Tag in Jogginghose, T-Shirt und mit Pferdeschwanz herum, damit kein Haar in die Bratensauce fiel und kein Fettfleck mein Lieblingskleid ruinierte.

Lavinia hatte derweil gut lachen. Sie machte sich an Heiligabend die Finger nicht schmutzig. Ihre Familie erledigte alles, bei dem man sich die Kleidung verdrecken und Fingernägel abbrechen konnte.

Woher ich das so genau wusste? Na gut, ich oute mich: Ich habe da eine kleine Macke. Eigentlich stecke ich meine Nase nicht in anderer Leute Angelegenheiten. Doch an Heiligabend und was die Edelmanns angeht, machte ich eine Ausnahme. Was für andere das Weihnachtsprogramm im Fernsehen ist, war für mich das Beobachten meiner Nachbarn. Diese demonstrative Idylle! Dieses Piep-piep-piep-wir-haben-uns-alle-lieb live und in Farbe als Dauerwerbesendung!

Morgens: Alle frühstückten im Wohn-Ess-Zimmer, die Kinder trugen auf, die Eltern durften sitzen bleiben. Hinterher verschwanden sie irgendwo, die Jungen räumten auf. Meine schnarchten zu der Zeit noch in ihren Betten.

Vormittags: Justus Edelmann stellte eine wohlgeformte Blaufichte ins Wohnzimmer, die Kinder dekorierten sie, jedes Jahr in einer anderen Farbe und mit echten Kerzen. Mein Gatte holte derweil die Schnäppchen-Tanne ins Haus, rief nach den Jungs, die aber nicht kamen, sodass ich mich irgendwann erbarmte. Das mit den Glaskugeln hatten wir zu jener Zeit längst aufgegeben, zu viele Schnittwunden. Und was die Farben anging ... also, für mich passten rosa Filzherzen, blaugrüne Plastikzapfen und rote Miniweihnachtsmänner perfekt zusammen.

Mittags: Der Herr des Hauses stellte sich auf die Terrasse und grillte. Irgendwann trat Lavinia zu ihm nach draußen und küsste ihn wie Angelina ihren Brad - ob die das vor dem Spiegel übten? Ich hingegen versuchte, halbwegs so zu wischen und abzustauben, wie meine Großmutter das erwartete, und polierte zur Feier des Tages das Besteck. Mein Mann war inzwischen im Supermarkt - irgendwas hatten wir immer vergessen.

Nachmittags: Besuch bei Edelmanns! Gut angezogene Menschen, die ich sonst noch nirgends in der Stadt gesehen hatte, strömten ins Wohnzimmer unserer Nachbarn, aßen Lavinias Plätzchen, tranken Justus´ Wein und lauschten der Hausmusik der Kinder. Meine Söhne zeterten zur selben Zeit vor dem Fernseher darüber, wer die Fernbedienung haben durfte, und Oma und Opa hatten sich auch schon wieder in den Haaren.

Später Nachmittag: Alle Edelmanns gingen in die Kirche, da war der große Sohn Organist und die Töchter leiteten das Krippenspiel. In der Kirche wurde übrigens oft und viel über die Edelmanns geredet, nur Gutes. Und natürlich sang niemals einer aus der Familie auch nur einen falschen Ton.

Ich hingegen bewegte seit Jahren nur noch die Lippen - ich habe eine Singstimme wie Dieter Bohlen mit Kehlkopfentzündung. Meine Männer taten nicht mal so, als ob. Dafür schmetterte Opa lauthals mit ... was uns stets böse Blicke der Umstehenden einbrachte, denn leider war er es, von dem ich die Stimme geerbt hatte.

Abends, nach Krippenspiel und Nachbarschaftsschwätzchen, waren die Edelmanns in der Regel nicht mehr zu sehen, die Rollläden verdeckten alles. Beruhigend - ich mochte nämlich gar nicht daran teilhaben, wie nett die Kinder mit ihren ökologisch korrekten, pädagogisch wertvollen neuen Sachen spielten...

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Autor

Heike Abidi, ist freiberufliche Werbetexterin und Autorin. Sie schreibt vor allem Unterhaltungsromane für Erwachsene sowie für Jugendliche und Kinder. Mit Mann, Sohn und Hund lebt sie in der Pfalz bei Kaiserslautern.