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E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
292 Seiten
Deutsch
Carl-Auer Verlagerschienen am09.10.202315. Auflage
'Warum beantworten Sie eigentlich jede Frage mit einer Gegenfrage, Herr Doktor?' 'Warum sollte ich nicht mit einer Gegenfrage antworten?' Eines der wichtigsten Elemente systemischer Therapie ist die Interviewtechnik. Das sogenannte zirkuläre Fragen zielt darauf, die gegenseitige Bedingtheit des Verhaltens von Menschen, deren Lebensgeschichte miteinander verknüpft ist, zu verdeutlichen. In diesem Buch werden die wichtigsten therapeutischen Fragetechniken am Beispiel konkreter Fälle und Interviews illustriert und erklärt. Es beginnt bei der Klärung des Kontextes der Therapie, geht über ihre Zielbestimmung hin zu den Mechanismen der Problementstehung und denen einer möglichen Lösung. Den Schluss bilden die sogenannten Abschlussinterventionen, die aus Kommentaren oder der Verschreibung von Aufgaben wie beispielsweise Ritualen bestehen können. Neben therapeutischen Techniken werden auch Aspekte der Familiendynamik deutlich, z. B. die Tragik der Elternrolle, die paradoxerweise oft dazu führt, dass aus guten Absichten Katastrophen erwachsen. Fritz B. Simon, Prof. Dr. med., ist systemischer Therapeut und Berater. Autor und Herausgeber wichtiger Grundlagenbücher zur Systemtheorie und systemischen Therapie, u. a. 'Meine Psychose, mein Fahrrad und ich', 'Die Kunst, nicht zu lernen', 'Tödliche Konflikte', 'Einführung in Systemtheorie und Konstruktivismus'. Christel Rech-Simon, Analytische Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeutin. Zunächst langjährige Arbeit in der Anstaltspsychiatrie, danach in eigener psychotherapeutischer Praxis. Koautorin von 'Survivaltipps für Adoptiveltern'.

Fritz B. Simon, Dr. med., Professor für Führung und Organisation am Institut für Familienunternehmen der Universität Witten/Herdecke; Systemischer Organisationsberater, Psychiater, Psychoanalytiker und systemischer Familientherapeut; Mitbegründer der Simon Weber Friends Systemische Organisationsberatung GmbH. Autor bzw. Herausgeber von ca. 300 wissenschaftlichen Fachartikeln und 34 Büchern, die in 15 Sprachen übersetzt sind, u. a.: Der Prozeß der Individuation (1984), Die Sprache der Familientherapie (1984, mit Helm Stierlin und Ulrich Clement), Lebende Systeme (1988), Unterschiede, die Unterschiede machen (1988), Meine Psychose, mein Fahrrad und ich (1990), Radikale Marktwirtschaft (1992, mit CONECTA), Die andere Seite der Gesundheit (1995), Die Kunst, nicht zu lernen (1997), Zirkuläres Fragen (1999, mit Christel Rech-Simon), Tödliche Konflikte (2001), Die Familie des Familienunternehmens (2002), Gemeinsam sind wir blöd!? (2004), Mehr-Generationen-Familienunternehmen (2005, mit Rudi Wimmer und Torsten Groth), Einführung in Systemtheorie und Konstruktivismus (2006), Einführung in die systemische Organisationstheorie (2007), Einführung in die systemische Wirtschaftstheorie (2009), Vor dem Spiel ist nach dem Spiel. Systemische Aspekte des Fußballs (2009), Einführung in die Systemtheorie des Konflikts (2010), 'Zhong De Ban' oder: Wie die Psychotherapie nach China kam (2011, mit Margarete Haas-Wiesegart und Zhao Xudong), Einführung in die Theorie des Familienunternehmens (2012), Wenn rechts links ist und links rechts (2013), Einführung in die (System-)Theorie der Beratung (2014), Formen. Zur Kopplung von Organismus, Psyche und sozialen Systemen (2018), Anleitung zum Populismus oder: Ergreifen Sie die Macht! (2019), Der Streit ums Nadelöhr. Körper, Psyche, Soziales, Kultur. Wohin schauen systemische Berater? (2019, mit Jürgen Kriz), Lockdown: Das Anhalten der Welt (2020, mit Heiko Kleve und Steffen Roth), Formen (reloaded). Zur Kopplung von Organismus, Psyche und sozialen Systemen (2022). Christel Rech-Simon ist analytische Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeutin. Zunächst langjährige Arbeit in der Anstaltspsychiatrie, danach in eigener psychotherapeutischer Praxis.
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR34,95
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR28,99

Produkt

Klappentext'Warum beantworten Sie eigentlich jede Frage mit einer Gegenfrage, Herr Doktor?' 'Warum sollte ich nicht mit einer Gegenfrage antworten?' Eines der wichtigsten Elemente systemischer Therapie ist die Interviewtechnik. Das sogenannte zirkuläre Fragen zielt darauf, die gegenseitige Bedingtheit des Verhaltens von Menschen, deren Lebensgeschichte miteinander verknüpft ist, zu verdeutlichen. In diesem Buch werden die wichtigsten therapeutischen Fragetechniken am Beispiel konkreter Fälle und Interviews illustriert und erklärt. Es beginnt bei der Klärung des Kontextes der Therapie, geht über ihre Zielbestimmung hin zu den Mechanismen der Problementstehung und denen einer möglichen Lösung. Den Schluss bilden die sogenannten Abschlussinterventionen, die aus Kommentaren oder der Verschreibung von Aufgaben wie beispielsweise Ritualen bestehen können. Neben therapeutischen Techniken werden auch Aspekte der Familiendynamik deutlich, z. B. die Tragik der Elternrolle, die paradoxerweise oft dazu führt, dass aus guten Absichten Katastrophen erwachsen. Fritz B. Simon, Prof. Dr. med., ist systemischer Therapeut und Berater. Autor und Herausgeber wichtiger Grundlagenbücher zur Systemtheorie und systemischen Therapie, u. a. 'Meine Psychose, mein Fahrrad und ich', 'Die Kunst, nicht zu lernen', 'Tödliche Konflikte', 'Einführung in Systemtheorie und Konstruktivismus'. Christel Rech-Simon, Analytische Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeutin. Zunächst langjährige Arbeit in der Anstaltspsychiatrie, danach in eigener psychotherapeutischer Praxis. Koautorin von 'Survivaltipps für Adoptiveltern'.

Fritz B. Simon, Dr. med., Professor für Führung und Organisation am Institut für Familienunternehmen der Universität Witten/Herdecke; Systemischer Organisationsberater, Psychiater, Psychoanalytiker und systemischer Familientherapeut; Mitbegründer der Simon Weber Friends Systemische Organisationsberatung GmbH. Autor bzw. Herausgeber von ca. 300 wissenschaftlichen Fachartikeln und 34 Büchern, die in 15 Sprachen übersetzt sind, u. a.: Der Prozeß der Individuation (1984), Die Sprache der Familientherapie (1984, mit Helm Stierlin und Ulrich Clement), Lebende Systeme (1988), Unterschiede, die Unterschiede machen (1988), Meine Psychose, mein Fahrrad und ich (1990), Radikale Marktwirtschaft (1992, mit CONECTA), Die andere Seite der Gesundheit (1995), Die Kunst, nicht zu lernen (1997), Zirkuläres Fragen (1999, mit Christel Rech-Simon), Tödliche Konflikte (2001), Die Familie des Familienunternehmens (2002), Gemeinsam sind wir blöd!? (2004), Mehr-Generationen-Familienunternehmen (2005, mit Rudi Wimmer und Torsten Groth), Einführung in Systemtheorie und Konstruktivismus (2006), Einführung in die systemische Organisationstheorie (2007), Einführung in die systemische Wirtschaftstheorie (2009), Vor dem Spiel ist nach dem Spiel. Systemische Aspekte des Fußballs (2009), Einführung in die Systemtheorie des Konflikts (2010), 'Zhong De Ban' oder: Wie die Psychotherapie nach China kam (2011, mit Margarete Haas-Wiesegart und Zhao Xudong), Einführung in die Theorie des Familienunternehmens (2012), Wenn rechts links ist und links rechts (2013), Einführung in die (System-)Theorie der Beratung (2014), Formen. Zur Kopplung von Organismus, Psyche und sozialen Systemen (2018), Anleitung zum Populismus oder: Ergreifen Sie die Macht! (2019), Der Streit ums Nadelöhr. Körper, Psyche, Soziales, Kultur. Wohin schauen systemische Berater? (2019, mit Jürgen Kriz), Lockdown: Das Anhalten der Welt (2020, mit Heiko Kleve und Steffen Roth), Formen (reloaded). Zur Kopplung von Organismus, Psyche und sozialen Systemen (2022). Christel Rech-Simon ist analytische Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeutin. Zunächst langjährige Arbeit in der Anstaltspsychiatrie, danach in eigener psychotherapeutischer Praxis.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783849782597
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum09.10.2023
Auflage15. Auflage
Seiten292 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1544 Kbytes
Artikel-Nr.5506386
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

I. DAS INTERVIEW
2. Die Bedeutung der Therapie / Kontextklärung / Die Neutralität des Therapeuten (Familie Schneider)

Wer als Psychotherapeut arbeitet, hat im allgemeinen ziemlich klare Vorstellungen davon, was unter Therapie zu verstehen ist. Schließlich hat er Jahre seines Lebens damit zugebracht, therapeutische Theorien und Techniken zu erlernen. Für seine Patienten oder Klienten stellt sich die Situation ganz anders dar: Es beginnt damit, daß es eine Reihe von Berufen und Berufsbezeichnungen gibt, die alle ziemlich ähnlich klingen und für den Laien kaum zu unterscheiden sind (Psychotherapeut, Physiotherapeut, Psychologe, Psychopath, Psychiater, Psychotiker usw.), so daß bereits hier die Verwirrung beträchtlich sein kann. Aber selbst wenn klar ist, daß von Psychotherapie die Rede ist, weiß eigentlich keiner genau, was sich hinter dieser magischen Formel verbirgt. Zwischen dem, was Therapeuten unterschiedlicher Schulen über die Entstehung von Symptomen denken, was sie für therapeutisch nützlich oder schädlich halten, und dem, was sie im Umgang mit ihren Kunden tun, gibt es nur begrenzte Übereinstimmung.

Eine der Konsequenzen solcher Unklarheiten ist, daß Patienten eigentlich nie wissen, was sie in der Therapie erwartet, und Therapeuten eigentlich nie wissen, was Patienten oder Familien in der Therapie erwarten. Die Beziehung zwischen Therapeuten und Klienten beginnt nicht erst in dem Moment, in dem sie sich zum ersten Mal von Angesicht zu Angesicht begegnen, sondern sie hat eine Vorgeschichte, die sich in Hoffnungen, Befürchtungen und Vorurteilen der Klienten zeigen. Sie bilden den Ausgangspunkt einer jeden Psychotherapie.

Bei der Paar- und Familientherapie zeigt sich im Vergleich zur Einzeltherapie eine Besonderheit: Wo der Therapeut es mit mehreren Personen zu tun hat, findet er sich eigentlich immer in einer Situation, in der seine Klienten der Therapie ganz unterschiedliche Bedeutungen zuweisen; verbunden damit sind verschiedene, manchmal gar widersprüchliche Erwartungen an den Therapeuten und sein Handeln.

Die Ausschnitte aus dem folgenden Erstgespräch sollen zeigen, wie wichtig die Klärung dieses Kontextes der Therapie für die Entwicklung der therapeutischen Beziehung ist.

In die Therapie kommt ein Ehepaar, beide etwa gleich alt (Mitte 40); er arbeitet als Ingenieur in leitender Stellung in einem international tätigen Großunternehmen; sie hat bis zur Geburt der Kinder als Sozialpädagogin gearbeitet. Die beiden haben drei Kinder im Alter zwischen 12 und 5 Jahren. Identifizierte Patientin ist die Ehefrau, die schon mehrfach in stationärer psychiatrischer Behandlung war. Vor dem Gespräch haben beide einen Fragebogen ausgefüllt, aus dem die wenigen hier genannten Daten ersichtlich sind. Das Gespräch findet in einem Raum mit Einwegscheibe und Videokameras statt. Die Therapeuten in dieser Sitzung sind Fritz B. Simon und Gunthard Weber. Die Kommentare des Transkriptes sind durch Kursivdruck hervorgehoben.

Das Paar und die Therapeuten nehmen Platz. Die beiden schauen sich um.

FRITZ SIMONJa, Sie schauen sich um. Ich möchte Ihnen zuerst einmal diesen Raum und unsere Arbeitsweise erklären. Ich weiß nicht, ob Sie unseren Brief bekommen haben? Normalerweise schicken wir einen Brief, in dem wir schreiben, wie wir arbeiten.

Da unsere Arbeitsweise - Teamarbeit, Videoaufzeichnung, Beobachter hinter einer Einwegscheibe - von dem abweicht, was üblicherweise bei einem Arztbesuch zu erwarten ist, informieren wir unsere Patienten im voraus, um ein Gefühl der Überrumpelung zu vermeiden. Das heißt, eigentlich senden wir solch einen Brief ⦠Da dies hier - warum auch immer - offenbar nicht geschehen ist, bedarf es längerer Erklärungen.

HERR SCHNEIDER(hastig, ins Wort fallend) Nein, überhaupt nicht. Da gab s also überhaupt einige Unklarheiten, und wir würden das auch erstmals als Vorgespräch auffassen.

FRITZ SIMONDas wollte ich Ihnen auch gerade sagen, daß wir das wollen. Aber bevor wir überhaupt über irgend etwas reden, muß ich Ihnen den Raum erklären, damit Sie wissen, ob Sie überhaupt den Mund aufmachen wollen ⦠Sie sehen, wir haben hier einige Apparate. Wir arbeiten hier im Rahmen eines Forschungsprojektes in einem Viererteam. Das heißt, zu dem Viererteam gehört noch der Herr Weber, den sehen Sie hier neben mir, der Herr Stierlin, der hinter dieser Scheibe sitzt, und der Herr Retzer, der auch hinter der Scheibe sitzt.

Solch eine Teamzusammensetzung mit zwei Personen im Raum und zwei Personen hinter einer Einwegscheibe ist natürlich ein Luxus, der im allgemeinen nur im Rahmen von Forschungsprojekten finanziert werden kann. Im Alltagsbetrieb einer Klinik oder Praxis ist ein derartiger Aufwand sicher nicht nötig, manchmal auch nicht sinnvoll. Auch als einzelner Therapeut kann man Familientherapie betreiben. Dennoch besteht kein Zweifel, daß sich durch Teamarbeit - mit oder ohne Einwegscheibe - therapeutische Optionen ergeben, die einem einzelnen Therapeuten verschlossen bleiben. Dazu später mehr â¦

FRITZ SIMONWir machen von solchen Sitzungen immer Videoaufnahmen, damit wir es uns noch einmal anschauen können und damit Sie es sich noch einmal anschauen können - wenn Sie wollen. Das hat sich bewährt. Das ist etwas, was häufig vorkommt, daß Familien sagen: Wir wollen uns das gern noch einmal anschauen. Wenn Sie am Ende so einer Sitzung, dieser Sitzung, dieses Vorgesprächs, das Gefühl haben sollten, da ist irgend etwas gesagt worden, was Sie auf gar keinen Fall auf Band haben wollen, dann sagen Sie es. Dann löschen wir das gleich.

Hier stellt sich natürlich die Frage nach der Vertraulichkeit und Intimität psychotherapeutischer Sitzungen. In der Familientherapie entsteht von Beginn an eine andere Situation als in der Einzeltherapie, da die Zweierbeziehung zwischen Patient und Therapeut die Ausnahme darstellt. Wer sich in der Sitzung äußert, weiß, daß mehrere Personen zuhören. Er wird daher von Anbeginn vorsichtiger und zurückhaltender sein, manches nicht sagen, was er in der Intimität und Vertraulichkeit einer Zwei-Personen-Situation offenbart hätte. Das hat weitreichende Folgen für die therapeutische Beziehung: Jeder Teilnehmer an solch einer Sitzung behält die Verantwortung für die Bewahrung seiner Geheimnisse. Der Therapeut wird nicht in gleichem Maße wie in der Einzeltherapie zum Vertrauten einer einzigen Person. Seine Verantwortung gilt allen, den beiden Partnern, der ganzen Familie. Sie ist daher sowohl umfassender als auch begrenzter als in der Einzeltherapie.

Einwegscheibe und Videokamera haben aber noch eine andere Wirkung: Es wird stillschweigend und ohne Worte eine Außenperspektive eingeführt. Wer sich beobachtet weiß, verhält sich anders, als wenn er sich unbeobachtet fühlt. Das mag einer der Gründe sein, warum Therapeuten sich häufig scheuen, sich filmen zu lassen. Ihre Arbeit würde dann auf einmal überprüfbar, mehr oder auch weniger wohlmeinende Kollegen oder gar die Öffentlichkeit könnten die Videobänder anschauen und ihr Urteil über die Qualität der Therapeut-Patienten-Beziehung oder die Arbeitsweise des Therapeuten abgeben. Traditionellerweise ist die Einstellung von Psychotherapeuten zur Kontrolle ihrer Arbeit seltsam gespalten: Auf der einen Seite wird die Wichtigkeit regelmäßiger Supervision und einer ausführlichen Reflexion der Therapeut-Patienten-Beziehung betont und daher zu einem wichtigen Bestandteil der Ausbildung gemacht, auf der anderen Seite hat aber jeder Therapeut das Privileg, vollkommen unbeobachtet zu arbeiten. Was er macht, findet hinter gepolsterten Türen statt, so daß kein Kollege zufällig hören kann, was tatsächlich in der Sitzung geschieht. Die Kontrolle seiner Arbeit beschränkt sich darauf, daß er selbst erzählt, was er meint, was wer wie gesagt hat, was passiert ist, was wichtig war usw. Der Patient ist daher immer irgendwie dem Therapeuten ausgeliefert: Ein anerkannter Experte steht jemandem gegenüber, der psychische Probleme hat. Das ist ein wenig so, als wenn sich Geschwindigkeitskontrollen darauf beschränkten, Autofahrer zu befragen, wie schnell sie denn gefahren seien. Um solch einer Situation zu entgehen, kommen gelegentlich Patienten gerade deswegen zu uns, weil sie wissen, daß jemand zuschaut bzw. Video-aufnahmen gemacht werden. Die Frage des Schutzes der Intimität und Vertraulichkeit ist also doppelbödig, und die Schweigepflicht schützt erfahrungsgemäß nicht nur die Patienten, sondern auch die Therapeuten.

Das Mit-nach-Hause-Geben der Videobänder hat aber noch eine andere Wirkung. Werden die Bänder von Familien später noch einmal betrachtet, so entfalten sie eine über den Augenblick hinausgehende, längerfristige Wirkung. Oft werden dadurch zu Hause weitere Diskussionen und Auseinandersetzungen ausgelöst, die keinerlei Kontrolle durch die Therapeuten unterworfen sind. Wer dies nicht möchte,...
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Autor

Fritz B. Simon, Dr. med., Professor für Führung und Organisation am Institut für Familienunternehmen der Universität Witten/Herdecke; Systemischer Organisationsberater, Psychiater, Psychoanalytiker und systemischer Familientherapeut; Mitbegründer der Simon Weber Friends Systemische Organisationsberatung GmbH. Autor bzw. Herausgeber von ca. 300 wissenschaftlichen Fachartikeln und 34 Büchern, die in 15 Sprachen übersetzt sind, u. a.: Der Prozeß der Individuation (1984), Die Sprache der Familientherapie (1984, mit Helm Stierlin und Ulrich Clement), Lebende Systeme (1988), Unterschiede, die Unterschiede machen (1988), Meine Psychose, mein Fahrrad und ich (1990), Radikale Marktwirtschaft (1992, mit CONECTA), Die andere Seite der Gesundheit (1995), Die Kunst, nicht zu lernen (1997), Zirkuläres Fragen (1999, mit Christel Rech-Simon), Tödliche Konflikte (2001), Die Familie des Familienunternehmens (2002), Gemeinsam sind wir blöd!? (2004), Mehr-Generationen-Familienunternehmen (2005, mit Rudi Wimmer und Torsten Groth), Einführung in Systemtheorie und Konstruktivismus (2006), Einführung in die systemische Organisationstheorie (2007), Einführung in die systemische Wirtschaftstheorie (2009), Vor dem Spiel ist nach dem Spiel. Systemische Aspekte des Fußballs (2009), Einführung in die Systemtheorie des Konflikts (2010), "Zhong De Ban" oder: Wie die Psychotherapie nach China kam (2011, mit Margarete Haas-Wiesegart und Zhao Xudong), Einführung in die Theorie des Familienunternehmens (2012), Wenn rechts links ist und links rechts (2013), Einführung in die (System-)Theorie der Beratung (2014), Formen. Zur Kopplung von Organismus, Psyche und sozialen Systemen (2018), Anleitung zum Populismus oder: Ergreifen Sie die Macht! (2019), Der Streit ums Nadelöhr. Körper, Psyche, Soziales, Kultur. Wohin schauen systemische Berater? (2019, mit Jürgen Kriz), Lockdown: Das Anhalten der Welt (2020, mit Heiko Kleve und Steffen Roth), Formen (reloaded). Zur Kopplung von Organismus, Psyche und sozialen Systemen (2022).Christel Rech-Simon ist analytische Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeutin. Zunächst langjährige Arbeit in der Anstaltspsychiatrie, danach in eigener psychotherapeutischer Praxis.