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John Maynard Keynes

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
160 Seiten
Deutsch
Rowohlt Verlag GmbHerschienen am13.12.20221. Auflage
John Maynard Keynes' Name ist bis heute ein magisches Wort in allen wirtschaftspolitischen Debatten. Der britische Ökonom (1883-1946), ein Mitglied des legendären Bloomsbury-Kreises, gehörte zu den herausragenden Intellektuellen seiner Epoche. Sein Leben, sein Denken und seine nachhaltige Bedeutung für die Politik und die Ökonomie werden in dieser Monographie dargestellt. Das Bildmaterial der Printausgabe ist in diesem E-Book nicht enthalten.

Reinhard Blomert, geb. 1951 in Rheine, studierte Soziologie, Volkswirtschaft und Jura in Heidelberg und Berlin. Er lehrte an mehreren deutschen Universitäten und bekleidete Gastprofessuren in Graz und Paris. Er ist Redakteur der sozialwissenschaftlichen Zeitschrift 'Leviathan'. Seine Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich Gesellschaftsgeschichte, insbesondere Wirtschaftsgeschichte und Finanzgeschichte.
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Produkt

KlappentextJohn Maynard Keynes' Name ist bis heute ein magisches Wort in allen wirtschaftspolitischen Debatten. Der britische Ökonom (1883-1946), ein Mitglied des legendären Bloomsbury-Kreises, gehörte zu den herausragenden Intellektuellen seiner Epoche. Sein Leben, sein Denken und seine nachhaltige Bedeutung für die Politik und die Ökonomie werden in dieser Monographie dargestellt. Das Bildmaterial der Printausgabe ist in diesem E-Book nicht enthalten.

Reinhard Blomert, geb. 1951 in Rheine, studierte Soziologie, Volkswirtschaft und Jura in Heidelberg und Berlin. Er lehrte an mehreren deutschen Universitäten und bekleidete Gastprofessuren in Graz und Paris. Er ist Redakteur der sozialwissenschaftlichen Zeitschrift 'Leviathan'. Seine Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich Gesellschaftsgeschichte, insbesondere Wirtschaftsgeschichte und Finanzgeschichte.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783644016330
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum13.12.2022
Auflage1. Auflage
Seiten160 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2735 Kbytes
Artikel-Nr.9562482
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Von Eton nach Cambridge

1892 besuchte er die St.-Faith´s-Vorbereitungsschule in der Trumpington Road. Nach anfänglichen Schwierigkeiten mit dem Pädagogen Ralph Goodchild, der zunächst wenig Verständnis für ihn hatte, und einem älteren Mitschüler, der ihn schlug, intervenierte John Neville Keynes ohne Wissen seines Sohnes. Danach besserte sich die Situation für John Maynard. Er erhielt Förderunterricht im Fach Algebra, in dem er sich besonders hervortat. Er übte den Stoff mit seinem Vater und wurde 1894 Erster seiner Klasse. Bald hatte er sich so viel Respekt verschafft, dass ein Mitschüler ihm die Bücher trug, während Maynard ihn protegierte und ihm bei den Schularbeiten half. Mit einem anderen Jungen hatte er einen Vertrag, der besagte, dass er ihm nicht mehr als fünfzehn Yards nahe kommen durfte.


Themen für die Prüflinge:

Der Nutzen der Aristokratie; Ihr bevorzugter Dichter; Gott schuf das Land, aber die Menschen die Stadt; Im Wechsel der Gezeiten hält das Empire seinen Kurs; Freihandel und Protektionismus: Vorteile und Nachteile. - In der mathematischen Sektion: Wie viel Zinsen bringt ein Vermögen von 1250 £ bei vier Prozent in vier Jahren?


Die Eltern waren stolz, wenn er in der Schule Preise erhielt. 1896 entschieden sie, dass Maynard trotz seines Stotterns an der Aufnahmeprüfung für das Eton College teilnehmen sollte. Sein Vater paukte mit ihm, und John Maynard bestand im Juli 1897 die Aufnahmeprüfung für das College.

Eton wurde im Jahre 1440 von König Henry VI. gegründet. Die Schule wurde als Stiftung mit Ländereien und einer Wallfahrtskirche ausgestattet, deren Einnahmen talentierten Jungen eine kostenlose Erziehung ermöglichten. Im folgenden Jahr gründete Henry VI. auch das King´s College in Cambridge, das hauptsächlich die Eton-Schüler übernehmen sollte. Der Provost von Eton wird noch immer vom Königshaus ernannt. Neben den siebzig Kollegiaten hatte Eton auch zahlende Schüler, die in der Stadt wohnten und deshalb die «Oppidans» genannt wurden. Die Internatserziehung war traditionsorientiert und anspruchsvoll, die Absolventen wurden zumeist Kleriker oder Lehrer und Universitätsprofessoren. Die Oppidans dagegen wurden eher Banker, Politiker und Militärs.

In fünf Jahren Eton war Keynes nicht nur sehr erfolgreich, sondern fühlte sich dort auch sehr wohl. Er hatte das Glück, in einer Umgebung von Mitschülern und Lehrern aufzuwachsen, die seine Talente förderte. Die Mitschüler kamen zumeist aus akademischen oder freiberuflichen Familien, es gab nur wenige arme. Eton College war damals ein Internat, in dem die Kollegiaten im ersten Jahrgang in Schlafsälen untergebracht waren und erst im zweiten Schuljahr ein eigenes Zimmer beziehen durften. Mit den Oppidans saßen die College-Schüler wohl zusammen beim Lernen, aber die Internatsschüler hatten untereinander einen stärkeren Zusammenhalt: Sie sahen sich als kleine intellektuelle Elite, spornten sich gegenseitig an und wetteiferten um akademische Auszeichnungen. Das Curriculum umfasste Latein, Griechisch, Mathematik, Französisch; die Naturwissenschaften spielten nur eine untergeordnete Rolle. Tutoren betreuten die Kollegiaten und bereiteten sie auf die Prüfungen vor. John Maynard hatte einen von seinem Vater ausgesuchten Tutor, mit dem er sich gut verstand und der ihn nach Kräften förderte. Maynard verfasste Dramen, interessierte sich für mittelalterliche lateinische Dichtung und Geschichte und heimste alle mathematischen Preise ein. Er nahm am Sport teil, spielte Kricket oder ruderte mit Freunden auf der Themse. Da er erst mit vierzehn statt schon, wie üblich, mit dreizehn Jahren ein «King´s Scholar» geworden war, war er etwas älter als die meisten Mitschüler, die ihn gleichsam als ihren natürlichen Sprecher betrachteten.[1]

In Eton entwickelte er seine ersten Freundschaften, aber auch Dominanzbeziehungen zu jüngeren Mitschülern und ehrgeizige Konkurrenzbeziehungen zu Gleichaltrigen. Die Gefühle der Eleven in dieser abgeschlossenen Welt des Internats richteten sich auf das eigene Geschlecht - Frauen gehörten zur Außenwelt. Sie wurden als nicht vollwertig angesehen, ihre gesellschaftliche Position war noch eingeschränkt. Homosexualität war zugleich auch ein Kult, der an griechische Vorbilder erinnerte und einen Zug von Exklusivität hatte. Der Prozess gegen den Schriftsteller Oscar Wilde war noch in frischer Erinnerung.

Keynes wurde im Lauf der Zeit Mitglied einer Reihe von Clubs und Gesellschaften, in denen Vorträge gehalten und Debatten zu unterschiedlichsten literarischen, historischen, aber auch politischen Themen geführt wurden. Außerdem wurde er Mitglied in den Selbstverwaltungskommissionen von Eton: Wenn ich in eine Kommission gewählt werde, schrieb er an seinen Vater, dann hat das immer dieselbe Folge: An mir bleibt alle Arbeit hängen.[2]

Die Komiteearbeit, die Netzwerke, die Clubs und Gesellschaften, aber auch seine nach intensiver Vorbereitung bestandenen Prüfungen und die gewonnenen Preise - all das trug zu seinem gesellschaftlichen Erfolg bei. John Maynard war weder engstirnig noch arrogant, er war freundlich und ernsthaft, und er blieb immer ein geselliger Mensch, der sich in kleinen Zirkeln wohl fühlte. Er beendete Eton mit Erfolg und erhielt aufgrund seiner Leistungen in Mathematik und Klassischer Philologie ein Stipendium.

Ende September 1902 begann Keynes in Cambridge ein Studium der Mathematik und Klassischen Philologie. Er wurde rasch in den Kreis der «Apostel» der «Cambridge Conversazione Society» gewählt, einer geheimen Vereinigung, die stets auf der Suche nach Talenten war.

Neben Bertrand Russell war es insbesondere George Edward Moore, der für Keynes und seine Generation eine prägende Rolle spielte. Russell und Moore waren selbst «Apostel», die den Jüngeren philosophische Begründungen für die Verwerfung der viktorianischen Moral lieferten. Moore wurde 1921 Herausgeber der philosophischen Zeitschrift «Mind» und erhielt einen Lehrstuhl für Philosophie. 1939 zog er sich zurück, seinen Lehrstuhl übernahm Ludwig Wittgenstein.

Moores Ethik hatte tiefe religiöse Wurzeln, richtete sie sich doch letztlich an der Frage aus, wie man die eigene Seele retten kann. Mit der Generation von Sidgwick und Marshall aber hatte sich diese Frage von ihren religiösen Wurzeln gelöst. Jetzt lautete die Frage, was «das Gute» sei und woran man es erkennen könne. Moore betrachtete das Gute als eine Eigenschaft mancher Dinge und bestand darauf, dass moralische Wahrheiten aus sich selbst heraus gelten. Damit wandte er sich vom Utilitarismus des Viktorianischen Zeitalters ab, der das Ziel des moralischen individuellen und politischen Handelns im größten Glück für die größte Zahl sah, nach Benthams Formel: «Das größte Glück der größten Zahl ist die Grundlage von Moral und Gesetzgebung.» Der in dieser Formel enthaltene quantifizierbare, quasiwissenschaftliche Glücksbegriff wurde von Moore ebenso verworfen wie Herbert Spencers Definition der «Guten» als jener, die evolutionstauglich seien. Moore war überzeugt, man könne weder eine Liste von «guten» Dingen aufstellen noch eine Anzahl von Prinzipien, mit denen man solche Dinge bestimmen könnte. Er hebelte damit den kognitiven Status der Moral aus und setzte an dessen Stelle die subjektive Deutung - was gut für den einen ist, muss nicht gut für den anderen sein. Das Konzept der akteursunabhängigen Bestimmung des Guten war nicht mehr einsichtig. Moore benötigte keine Erklärung für den moralischen Imperativ, dass man seinen Nächsten helfen sollte, wenn sie leiden. Das Gute konnte Moore zufolge nicht egoistisch sein.


«Die bei weitem wertvollsten Dinge, die wir kennen oder uns vorzustellen vermögen, sind gewisse Bewusstseinszustände, die man grob als Vergnügen am zwischenmenschlichen Verkehr und am Genuss schöner Gegenstände bezeichnen kann. Niemand, der sich die Frage vorgelegt hat, wird wohl jemals bezweifelt haben, dass persönliche Zuneigung und die Wertschätzung dessen, was in Kunst oder Natur schön ist, in sich gut ist. »


Moore 1993: 237



Das Problem bei der Verhaltenslehre besteht nach Moore darin, dass man niemals genug weiß, um für das, was man tut, ein gutes Ergebnis garantieren zu können. Moore plädiert aus diesem Grunde dafür, sich an die Gewohnheiten zu halten, die den Test der Zeit bestanden haben. Er bot also für das Handeln ein scheinbar konventionelles Muster gesellschaftlicher Regeln an, während seine Schüler sich daraus gerade lösen wollten, wie Keynes in der Rückschau schrieb: Wir schoben nicht nur jenen Teil von Moores fünftem Kapitel über Ethik in Bezug auf Handlung beiseite, der sich auf die Notwendigkeit bezog, so zu handeln, dass kausal das wahrscheinlichste Maximum eines durch alle zukünftigen Zeitalter hindurch schlussendlich Guten entstand - wir ignorierten auch jenen Teil, der von der Pflicht des Individuums handelte, allgemeinen Regeln zu gehorchen. [...] Wir lehnten die gewohnte Moral, die Konventionen und die traditionelle Weisheit vollkommen ab. [...] Wir wussten nicht, dass die Zivilisation eine dünne und prekäre Kruste ist, die sich kraft der Persönlichkeit und des Willens sehr weniger Einzelner gebildet hat und nur durch...
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Autor

Reinhard Blomert, geb. 1951 in Rheine, studierte Soziologie, Volkswirtschaft und Jura in Heidelberg und Berlin. Er lehrte an mehreren deutschen Universitäten und bekleidete Gastprofessuren in Graz und Paris. Er ist Redakteur der sozialwissenschaftlichen Zeitschrift "Leviathan". Seine Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich Gesellschaftsgeschichte, insbesondere Wirtschaftsgeschichte und Finanzgeschichte.