Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

Die Weiße Rose

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
130 Seiten
Deutsch
C.H. Beckerschienen am16.02.20231. Auflage
Der Widerstandskreis der Weißen Rose prangerte ab dem Sommer 1942 in Flugblättern das NS-Regime an und rief zur Beendigung des Kriegs auf. Am 18. Februar 1943 wurden Hans und Sophie Scholl beim Auslegen des sechsten Flugblatts in der Münchner Universität ertappt. Der Kreis flog auf, niemand überlebte die Unrechtsjustiz. Robert M. Zoske beschreibt, wer die Freiheitskämpfer waren, wie sie sich zusammenfanden und ihre geheimen Aktionen durchführten und warum ihr mutiges Handeln bis heute ein Vermächtnis ist.

Robert M. Zoske, evangelischer Theologe, war bis 2017 Pastor in Hamburg. Seine Biographien "Flamme sein!" über Hans Scholl (C.H.Beck Paperback 2021) und "Es reut mich nichts" über Sophie Scholl (Ullstein 2021) haben eine breite Resonanz gefunden.
mehr
Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR12,00
E-BookPDF1 - PDF WatermarkE-Book
EUR8,99
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR8,99

Produkt

KlappentextDer Widerstandskreis der Weißen Rose prangerte ab dem Sommer 1942 in Flugblättern das NS-Regime an und rief zur Beendigung des Kriegs auf. Am 18. Februar 1943 wurden Hans und Sophie Scholl beim Auslegen des sechsten Flugblatts in der Münchner Universität ertappt. Der Kreis flog auf, niemand überlebte die Unrechtsjustiz. Robert M. Zoske beschreibt, wer die Freiheitskämpfer waren, wie sie sich zusammenfanden und ihre geheimen Aktionen durchführten und warum ihr mutiges Handeln bis heute ein Vermächtnis ist.

Robert M. Zoske, evangelischer Theologe, war bis 2017 Pastor in Hamburg. Seine Biographien "Flamme sein!" über Hans Scholl (C.H.Beck Paperback 2021) und "Es reut mich nichts" über Sophie Scholl (Ullstein 2021) haben eine breite Resonanz gefunden.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783406797460
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Verlag
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum16.02.2023
Auflage1. Auflage
Reihen-Nr.2945
Seiten130 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2462 Kbytes
Illustrationenmit 17 Abbildungen
Artikel-Nr.10718161
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


1. Freundschaft und Glaube: Frühjahr und Sommer 1941


Hans Scholl und Alexander Schmorell lernten sich im Frühjahr 1941 in München kennen. Die zweiundzwanzig und dreiundzwanzig Jahre alten Soldaten waren für das Medizinstudium beurlaubt und im April derselben Studentenkompanie in der Kaserne einer ehemaligen Schule zugeteilt worden. Die Freundschaft der eigensinnigen jungen Menschen wuchs rasch. Zu Feldwebeln befördert, mussten sie nicht mehr in der Unterkunft wohnen, und da sie nur bis 14 Uhr Dienst hatten, blieb ihnen reichlich Zeit für gemeinsame Unternehmungen in München und Umgebung. Mitte November vertiefte sich ihre Freundschaft, als sie eine neuntägige Paddelbootfahrt auf der Donau unternahmen. Offensichtlich begannen die beiden in der Adventszeit 1941, ihre Position und Verantwortung in der aktuellen politischen Situation Deutschlands erstmals in Worte zu fassen. Ein Hinweis darauf findet sich in einem vorweihnachtlichen Schreiben Alexander Schmorells:

Gestern abend war Weihnachtsfeier unserer Kompanie. Ich ging aber nicht hin - was sollte ich auch dort? Hans war dann noch bei mir, wir rauchten einige Pfeifen bei der Kerze, sprachen sehr wenig. Nur kurze «Gespräche über Verantwortungsgefühl». - Ich liebe solche «Skizzengespräche» am meisten. Wenn man durch Worte doch nicht restlos alles sagen kann - und das ist doch meistens so, ausser bei wissenschaftlichen Unterhaltungen, - dann sollte man sich lieber mit solchen skizzenhaft hingeworfenen Gesprächen begnügen. Wenn dann der andere das, was Du sagen willst, verstehen soll, dann wird er es auch verstehen. Es müssen eben in gewissem Masse verwandt fühlende Menschen sein. Noch schöner ist es ja bei Liebenden - bei ihnen sagt Schweigen am meisten. Das ist ja überhaupt das schönste «Der innere Mensch hat keine Zunge». (Schmorell/Probst, 20.12.â1941)

Schmorell zitierte hier Jean Paul: «Die Freundschaft und die Liebe gehen mit verschlossenen Lippen über diese [Erden-]Kugel und der innere Mensch hat keine Zunge.» Er bekundete damit eine einzigartige geistige und emotionale Verwandtschaft der Freunde. Sie ging so weit, dass sie einander mit nur wenigen Worten, fast stumm, verstanden. Das ist umso bemerkenswerter, als sich ihr bisheriges Leben sehr voneinander unterschied.

Hans Scholl: Sehnsucht nach Freiheit


Fritz Hans Scholl wurde am 22. September 1918 im württembergischen Hohenloher Land geboren. Sein Vater Robert war Bürgermeister in Ingersheim an der Jagst, das heute zu Crailsheim gehört. Die Mutter Magdalene (Lina) arbeitete bis zu ihrer Heirat als Diakonisse. Sie gab ihre tiefe, fröhliche Frömmigkeit an ihre Kinder weiter und stärkte so ihr Gott- und Selbstvertrauen. Die Eltern waren liberal und pazifistisch, fromm und opferbereit, von ihnen lernten die Kinder das Denken und den Glauben. Trotz seiner frühen Distanz zu Hitler hatte sich der Vater in den dreißiger Jahren mit den Machthabern arrangiert. Er war mit dem Kreisleiter der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) Ferdinand Dietrich befreundet, warb auf seinem Briefpapier mit der Mitgliedschaft im NS-Rechtswahrerbund, und 1936 bestätigte ihm die NSDAP politische Zuverlässigkeit. Mit Beginn des Krieges wuchs jedoch seine Ablehnung. 1942 musste er aufgrund einer kritischen Bemerkung über Hitler für vier Monate ins Gefängnis. Nach der Hinrichtung seiner Kinder Hans und Sophie wurde er 1943/44 in «Sippenhaft» genommen und saß wegen «Rundfunkverbrechen» fast zwei Jahre ein.


Hans Scholl als Studentin München, um 1940


Roberts und Magdalenes Sohn Hans wuchs zusammen mit seiner älteren Schwester Inge und den jüngeren Geschwistern Elisabeth, Sophie und Werner auf. Die Jüngste, Thilde, starb noch im Säuglingsalter. In der bildungsbürgerlichen Familie wurde viel gelesen, musiziert und diskutiert. Von Widersetzlichkeit zeugt das Familienmotto, ein Goethe-Wort: «Allen Gewalten zum Trutz sich erhalten.» Nach Ingersheim war Robert Scholl von 1920 bis 1930 Bürgermeister in Forchtenberg, einem 850-Seelen-Ort im Hohenlohischen. Als seine Wiederwahl scheiterte, zog die Familie nach Ludwigsburg, wo er für zwei Jahre die Geschäftsführung einer Genossenschaft in Stuttgart übernahm. 1932 wurde er in Ulm zunächst Teilhaber, bald darauf alleiniger Inhaber einer Kanzlei für Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung. Die Familie lebte nun in der Donaustadt.

Hans Scholl war 1931 zuerst Mitglied im Christlichen Verein Junger Männer (CVJM), bevor er 1933 in das Deutsche Jungvolk (DJ) in der Hitlerjugend (HJ) eintrat und dort aufstieg. Er wurde Gruppenführer und war einer von drei Fahnenträgern aus Ulm, die 1935 am Reichsparteitag der NSDAP in Nürnberg teilnahmen. Die fränkische Metropole firmierte seit dem Beginn der NS-Herrschaft als «Stadt der Reichsparteitage». Neben seinen HJ-Jungen bildete Hans einen exklusiven Kreis, den er nach den Idealen der «deutschen autonomen jungenschaft (dj.1.11)» - benannt nach deren Gründung am 1. November 1929 - formte. Mit dieser Elitegruppe wollte er mit an der Zukunft des neuen Deutschland bauen. «Wir wollen doch Flamme sein!», prägte er seiner Gefolgschaft, den «Trabanten», ein. Der Gründer der dj.1.11, Eberhard Koebel, hat die Ideale des Jungen- und Männerbundes so zusammengefasst: «frei von jeder verpflichtung an eine weltanschauung / frei vom zwang, vorgesprochenes wiederholen zu müssen / frei von der meinung, mit wiederholern in deren formen und gedanken leben zu müssen.» (tusk, S. 298) Die Gruppe las verpönte Schriftsteller wie Georg Trakl, Rainer Maria Rilke, Stefan George und Stefan Zweig, komponierte, sang und gebrauchte die «kleinschrift», übernachtete in schwarzen finnischen Zelten, «Kohten» genannt, und reiste per Autostopp auch ins Ausland.

Hans Scholls bündische Zeit ist eng mit Ernst Reden verbunden, einem «Schöngeist, Lyriker und Schriftsteller» (Kuhn). Den vier Jahre Älteren kannte er seit seiner Militärzeit 1935 in Ulm. Reden nahm regelmäßig an den Heimabenden und «ab und zu» an den Fahrten der «Trabanten» teil. Scholl profitierte von dessen Erfahrung als Jungenschaftsführer: «Ernst Reden hat auf mich schon einen gewissen Einfluss gehabt, und da er sich mir gegenüber als Jungvolkführer vorgestellt hatte, nahm ich seine Vorschläge gerne an», so Scholl im November 1937 gegenüber der Geheimen Staatspolizei (Gestapo). Es ist anzunehmen, dass die Freundschaft weit über den eingeräumten «gewissen Einfluss» organisatorischer Art hinausging. Das Stuttgarter Sondergericht urteilte im Juni 1938, Ernst Reden habe für Scholl eine «maßgebliche Rolle» gespielt.

Die Werte von Kompromisslosigkeit, Rigorosität und Revolution, die die dj.1.11 propagierte, passten zur nationalsozialistischen Ideologie, die Schnittmenge war groß. Der entscheidende Unterschied war das Ideal der Freiheit. Hans Scholl wollte sich nicht sagen lassen, was er zu tun und zu lassen, was er zu lesen und zu hören, wen er wann und wie zu lieben habe. Besonders Letzteres führte ihn in einen schweren Konflikt mit seiner Familie, der Gesellschaft und dem Staat. Diese tiefste Krise seines Lebens überhaupt veränderte sein Verhältnis zum Nationalsozialismus. Sie war die richtungweisende Weichenstellung zur Resistenz und später zum Widerstand.

Diese Situation war so entstanden: Am 11. November 1937 drangen in Stuttgart und Ulm Beamte der Gestapo in mehrere Wohnungen ein. Sie suchten nach Material, mit dem eine illegale bündische Jugendarbeit nachgewiesen werden konnte. Auch in der Wohnung von Scholls Eltern - in «Ulm, Adolf-Hitler-Ring 139» - wurden Dokumente beschlagnahmt. Hans Scholl war bei der Aktion nicht anwesend. Er hatte sich nach seinem Abitur im März 1937 zur Kavallerie gemeldet und hoffte in der Cannstatter Kaserne auf eine Offizierskarriere. Die von den Fahndern gefundene schwarze Zeltbahn einer «Kohte», eine «schwarze Kordel», eine «Riegelbluse» und ein «Fotoalbum mit Fahrtenbildern» belegten zweifelsfrei seine Aktivitäten in der verbotenen «deutschen autonomen jungenschaft».

Elf Tage nach der Durchsuchung der elterlichen Wohnung in Ulm wurde Hans Scholl am 22. November 1937 durch die Gestapo vernommen. Man befragte ihn zunächst nur als Zeugen in Sachen «bündischer Betätigung». Ohne dass er etwas davon ahnte, eskalierten inzwischen die Ereignisse: Zum Vorwurf illegaler Jugendarbeit traten Ermittlungen gegen ihn wegen Homosexualität (StGB § 175) und wegen des Vorwurfs sexuellen Missbrauchs Abhängiger (§ 174).

Am 23. November 1937 wurde Ernst Reden verhaftet, tags darauf...
mehr