Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

Mütter und Söhne

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
208 Seiten
Deutsch
Christoph Links Verlagerschienen am20.09.20131. Auflage
Söhne müssen sich von ihren Müttern abnabeln, um ihre Rolle als Mann zu finden. Wie kann eine Mutter diese schwierige und schmerzhafte Phase entspannt überstehen? Wie gelingt es dem Sohn, gelassen damit umzugehen?
Brigitte Biermann hat mit dreizehn Müttern gesprochen, Kai Biermann befragte deren Söhne: Einige haben Drogen genommen, andere sind haltlos durch die Gegend gezogen, einer ist im Knast gelandet, einer wollte sich umbringen, aber andre haben sich auch bequem im 'Hotel Mama' eingerichtet. Mit all dem mußten die Mütter fertig werden, mußten lernen, die Eigenarten und oft ungewöhnlichen Lebenswege ihrer Söhne zu respektieren, sie zu lieben, ohne sie einzuengen oder sich selbst zurückzusetzen.
Aus Gesprächen mit Experten über typische Probleme dieser facettenreichen Beziehung haben die Autoren praktische Ratschläge abgeleitet, wie man auch in dieser konfliktgeladenen Zeit gut miteinander auskommen kann.


Jahrgang 1972, Psychologie-Diplom 1997 an der Humboldt-Universität, daneben freie Mitarbeit bei »Brigitte«. Anschließend Volontariat bei der »Berliner Zeitung«, später im Politikressort der »Financial Times Deutschland«, Reporter und Politikredakteur bei der »Netzeitung« und Freier Mitarbeiter für verschiedene Zeitungen, darunter »Das Magazin« und die »taz«, seit 2007 bei »ZEIT ONLINE«, dort vor allem zuständig für die Themen Internet, Datenschutz und Netzpolitik, seit 2014 dort Mitglied des Teams Investigativ und Daten, bloggt außerdem seit 2010 gemeinsam mit Martin Haase unter www.neusprech.org über sprachliche Manipulationen in Politik und Wirtschaft.
mehr

Produkt

KlappentextSöhne müssen sich von ihren Müttern abnabeln, um ihre Rolle als Mann zu finden. Wie kann eine Mutter diese schwierige und schmerzhafte Phase entspannt überstehen? Wie gelingt es dem Sohn, gelassen damit umzugehen?
Brigitte Biermann hat mit dreizehn Müttern gesprochen, Kai Biermann befragte deren Söhne: Einige haben Drogen genommen, andere sind haltlos durch die Gegend gezogen, einer ist im Knast gelandet, einer wollte sich umbringen, aber andre haben sich auch bequem im 'Hotel Mama' eingerichtet. Mit all dem mußten die Mütter fertig werden, mußten lernen, die Eigenarten und oft ungewöhnlichen Lebenswege ihrer Söhne zu respektieren, sie zu lieben, ohne sie einzuengen oder sich selbst zurückzusetzen.
Aus Gesprächen mit Experten über typische Probleme dieser facettenreichen Beziehung haben die Autoren praktische Ratschläge abgeleitet, wie man auch in dieser konfliktgeladenen Zeit gut miteinander auskommen kann.


Jahrgang 1972, Psychologie-Diplom 1997 an der Humboldt-Universität, daneben freie Mitarbeit bei »Brigitte«. Anschließend Volontariat bei der »Berliner Zeitung«, später im Politikressort der »Financial Times Deutschland«, Reporter und Politikredakteur bei der »Netzeitung« und Freier Mitarbeiter für verschiedene Zeitungen, darunter »Das Magazin« und die »taz«, seit 2007 bei »ZEIT ONLINE«, dort vor allem zuständig für die Themen Internet, Datenschutz und Netzpolitik, seit 2014 dort Mitglied des Teams Investigativ und Daten, bloggt außerdem seit 2010 gemeinsam mit Martin Haase unter www.neusprech.org über sprachliche Manipulationen in Politik und Wirtschaft.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783862842230
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2013
Erscheinungsdatum20.09.2013
Auflage1. Auflage
Seiten208 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.2913269
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe
»In der Pubertät war Jakob zum Kotzen«
Sophia, 42, Frankfurt am Main

Die ersten sechs Jahre meines Lebens habe ich auf so einem Äppelkahn verbracht. Meine Eltern sind Binnenschiffer, sie haben Kies von Frankreich nach Deutschland, vom Elsass nach Rotterdam und weiß der Teufel, wohin noch, transportiert. Während der Schulzeit lebte ich bei meiner Großmutter, ich hatte totales Heimweh nach meinen Eltern. Dass ich die Ferien sehr ausgedehnt habe, stieß glücklicherweise bei meinen sehr großzügigen Lehrern auf Verständnis. Nach der Volksschule bin ich sofort zurück aufs Schiff und ein Jahr als Matrose mitgefahren. Aber dann wurde mir das zu fad. Eines war klar: Zurück zu dieser Großmutter wollte ich nicht. Also hat meine Mutter mit mir eine Wohnung gesucht, in der ich mit vierzehn oder fünfzehn Jahren allein wohnen durfte. In einer Phase, in der die Kinder gegen die Eltern revoltieren, hat niemand geguckt, wann ich ins Bett gegangen bin, ob ich das Zimmer aufgeräumt oder die Wäsche gewaschen hab, geschweige, dass mir jemand zu essen gegeben hat. All das hat später mein Verhältnis zu meinem Sohn total beeinflusst. Als der Jakob in die Pubertät kam, stand ich dem fassungslos gegenüber - ich hatte keinen Fundus, auf den ich in irgendeiner Form hätte zurückgreifen können. Bei mir war alles anders, als hätte es diese Phase nicht gegeben.

Natürlich hab ich mir damals selber Regeln aufgestellt, erst die Mittlere Reife nachgemacht, dann das Abitur. Kurz vor dem Abi wurde ich schwanger mit Jakob, da hab ich das Gymnasium gewechselt, weil der Kindesvater mein Klassenlehrer war. Wir haben das heimliche Verhältnis dann bald legitimiert. Ich war neunzehn und habe wohl einen Vaterersatz gesucht, er war fünfzehn Jahre älter und prädestiniert für diese Rolle. Das Schwierige war nur, dass ich langsam erwachsen wurde und er das nicht mehr aushalten konnte. Als der Jakob knapp zwei war, haben wir uns getrennt, das war sehr unschön. Mein Mann wollte nämlich, dass der Jakob bei ihm lebt, und ich wollte genau das, was ich nicht hatte: eine Familie, ein Kind. Der Streit ums Sorgerecht ging durch alle Instanzen, mit psychologischem Gutachten und allem Drum und Dran. Ich hatte keine guten Karten: Studentin, kein Einkommen - der Kindesvater dagegen Oberstudienrat. Einmal hat er sogar den Jakob entführt. Als ich mit der Polizei bei ihm ankam, saß der Jakob da am Tisch, hat irgendwas gegessen und wusste gar nicht, wie ihm geschieht, als ich ihn weg holte. Das tut mir heute noch in der Seele weh. Aber dem Jakob wäre es dort nicht gut gegangen; sein Vater ist ein Mensch, der niemanden akzeptieren kann, der sich neben ihm entwickelt.

In dieser Zeit kam einmal eine Gerichtspsychologin zu uns nach Hause, eine potthässliche Frau mit dicker Brille, hinter der die Augen riesengroß aussahen. Der Kleine stand neben mir in der Tür und sagte: Warum bist du so hässlich im Gesicht? Ich habe um mein Leben geredet, um diesen Eindruck wieder gut zu machen. War aber auch selber so geplättet von diesem Aussehen, dass ich Jakob halt nicht zurechtgewiesen habe. Und in dem Gutachten hieß es dann, das Kind spräche aus, was ich denken würde.

Nach zwei Jahren Nervenkrieg hat mir das Oberlandesgericht endlich das Sorgerecht zugesprochen. Ich studierte Pädagogik, und der Jakob war in einem privaten Kindergarten, später in der Uni-Kita. Ich hab den Kleinen mitgeschleppt zu Feten und Ausflügen. Er war super pflegeleicht; wenn er müde war, hat er sich hingelegt und geschlafen. Finanziell ging es uns eigentlich ganz gut. Ich bekam ein bisschen Unterstützung von meinen Eltern, Unterhalt vom Kindesvater und hab nebenbei legasthenische Kinder betreut, was damals relativ gut bezahlt wurde. Heute denke ich, es war einerseits für den Jakob toll, weil er viel miterlebt hat. Andererseits musste er schon viel aushalten. Ich war ja noch auf der Suche nach meinem Leben, hab für ihn nicht so viel Zeit gehabt. Ja, ich denke, er ist zu kurz gekommen.

In der Uni-Kita habe ich den Richard kennengelernt, der auch einen Sohn hat. Felix ist ein Jahr jünger als Jakob, die beiden Kinder waren grundverschieden: Jakob eher offen und tollpatschig, Felix ein hochsensibler Junge.

Wir haben bald geheiratet. Richard und seine Ex-Frau hatten sich auf das Modell des Wechselns geeinigt: Felix hat acht Tage bei uns gewohnt, dann acht Tage bei seiner Mutter. Jakob fand es zwar toll, einen Bruder zu haben, aber es gab keine Normalität, sondern immer die besondere Situation: Felix ist da. Das war für alle problematisch. Ein Beispiel: Auf der Küchenbank hat acht Tage lang der Jakob rumgefläzt. Dann kam der Felix, und wir mussten sagen, komm, Jakob, rutsch mal ein bisschen, der Felix will doch auch noch da sitzen. Und der Jakob hat erst mal sein Revier verteidigt. Es war Stress, aber ich glaube, den größten Stress hat der Felix gehabt. Wenn dann noch der Richard an Jakob herumkritisiert hat, hab ich mich wie eine Löwin vor ihn gestellt, und der Streit war da. Für Richard war dieses Arrangement die einzige Möglichkeit, mit seinem Kind zu leben, das er natürlich sehr liebt. Ich aber habe als Kind selbst dieses Hin und Her erfahren und Zeter und Mordio geschrien, denn kaum, dass ich mich gewöhnt hatte, musste ich wieder weg. Kinder wollen gerne da bleiben, wo sie sind. Und so hat Felix eines Tages für sich entschieden, er wolle das nicht mehr.

Als Jakob in die Pubertät kam, wurde es ganz grauenhaft. Er ist ja ein sehr lieber Mensch, aber da war er zum Kotzen. Er hat nichts ausgelassen, was meinen Adrenalinspiegel hochtrieb und die Nerven strapazierte bis zum Zerreißen. Bis er zwölf war, gab es überhaupt keine Probleme. Ich hätte ihm ein Nikolauskostüm anziehen können, er wäre damit in die Schule gewackelt. Er war nie ein Überflieger, sondern normal begabt, hatte Einsen und Zweien. Aber mit der Pubertät war Schluss mit lustig. Er wurde Punk. Ich kriegte einen Herzkasper, als er mit einem total schiefen Irokesenschnitt ankam, wie gerupfte Hinkel. Den färbte er dann grün, gelb, rot. Und von da an ging keine Demonstration mehr ohne Jakob. Immerzu rief irgendjemand an, weil Jakob eingekesselt worden war. Zutiefst empört über herrschende Verhältnisse, saß er dann in der Zelle, aus der ich ihn auslösen musste. Er kümmerte sich um die Armen und Entrechteten, das große Problem war nur, dass er die dann hier abgeliefert hat.

Die erste war Kitty. Die meinte, sie könne doch ein bisschen bei uns bleiben, weil sie schon acht Wochen auf der Straße lebte. Was willst du sagen, wenn so ein Mädel da steht, total süß und lieb und bunt. Deren Mutter fand es dann auch super, dass die Kitty nun bei uns war. Und weil die Kitty noch nie im Ausland war, haben Jakob und sie so lange gebettelt, bis wir sie mit genommen haben in unsere Urlaubshütte in Italien. Als wir mit diesen beiden Paradiesvögeln dort einfielen, haben uns die Leute nachgeguckt, als wären wir eine Gauklerfamilie. Nach zehn Tagen war ich so fertig, dass ich ihre Mutter angerufen und das Kind ins Flugzeug nach Frankfurt gesetzt habe.

Jakobs nächstes Opfer, Nadja, war ein unglaublich kluges Mädchen, aber leicht borderline. Mit der verschwand er häufig, und ich habe sie in irgendwelchen alten Lagerhallen aufgegabelt. Das war grauenhaft. Ich hab ihretwegen mit dem Jakob irrsinnige Kämpfe gehabt. Im Nachhinein fand ich erstaunlich, dass er nicht mit den Mädchen geschlafen hat, er hat sich wirklich nur um die gekümmert. Irgendwann war er endgültig verschwunden. Nach zwei Tagen bin ich total panisch geworden. Es war schließlich ein Scheißmilieu, in dem er sich bewegt hat, und du fürchtest doch, dass er jetzt was mit Drogen anfängt. Mit einem Freund von Jakob bin ich nachts Frankfurts Niederungen abgefahren, die Kinder waren und blieben weg. Grauenhaft, er war doch erst fünfzehn! Und dann bin ich zur Polizei gegangen und hab eine Vermisstenanzeige aufgegeben. Da kommst du dir vor wie ein Versager: Dein Kind haut ab. Dazu diese irrsinnige Angst um ihn. Aber die Beamten auf der Wache waren sehr nett. In der vierten Nacht, die Nerven waren total runter, rief ein Polizist an, er sprach Ur-Berliner Dialekt: Wir haben Ihren Sohn und seine Freundin aufgegriffen, sperren sie für eine Nacht ein, holen Sie ihn ab? Klar, am nächsten Morgen um elf stand ich in Berlin auf der Wache und sagte, ich möchte Jakob abholen. Was, den Verrückten? Ob ich mir gut überlegt hätte, den wirklich mitzunehmen. Inzwischen hatte ich Nadjas Mutter kennengelernt, die ihre Tochter auch gesucht und mir eine Vollmacht mitgegeben hatte. Die Polizisten haben gesagt, wir lassen die beiden noch ein bisschen schmoren und erzählen Ihnen erst mal, was passiert ist: Die Kinder wollten abhauen in die große, weite Welt. Und wo ist die? Klar, in Berlin, am Bahnhof Zoo. Dort haben sie einen Punk kennengelernt, dessen Mutter in einem noblen Segelclub am Wannsee putzte. Der Punk an sich hält ja auf Reinlichkeit, also sind sie nachts dort eingebrochen. Sie wurden festgenommen, als sie unter der Dusche standen. Das Problem waren nur die Klamotten, die fünf Tage an den Kindern geklebt haben. Sie stanken wie nasse Füchse. Ich war froh, dass mein Auto ein Schiebedach hatte. Und heilfroh, den Jakob wieder zu haben. Ich glaube, er hat diese Zeit relativ gut überstanden.

Vor zwei Jahren ist der Jakob hier ausgezogen. Einerseits fand ich das super gut. Der Jakob hat ja die Schule geschmissen nach der zwölften Klasse und nur das Fachabitur gemacht. Seitdem arbeitet er in einer Druckerei, weil er das Gefühl genießt, etwas mit den Händen zu machen. Allerdings hat er nur nachts geschafft. Ich aber muss um halb sieben aufstehen, weil ich...
mehr
Kritik
"Die Interviews lesen sich wie spannende Kurzgeschichten. Erfrischend offen und detailreich berichten die Befragten von ihren jeweiligen Erlebnissen.Die Autoren, selbst Journalisten, beschreiben die Schicksale einfühlsam, ohne bloßzustellen." (Gießener Allgemeine, 14.6.03)
mehr

Autor

Jahrgang 1972, Psychologie-Diplom 1997 an der Humboldt-Universität, daneben freie Mitarbeit bei »Brigitte«. Anschließend Volontariat bei der »Berliner Zeitung«, später im Politikressort der »Financial Times Deutschland«, Reporter und Politikredakteur bei der »Netzeitung« und Freier Mitarbeiter für verschiedene Zeitungen, darunter »Das Magazin« und die »taz«, seit 2007 bei »ZEIT ONLINE«, dort vor allem zuständig für die Themen Internet, Datenschutz und Netzpolitik, seit 2014 dort Mitglied des Teams Investigativ und Daten, bloggt außerdem seit 2010 gemeinsam mit Martin Haase unter www.neusprech.org über sprachliche Manipulationen in Politik und Wirtschaft.