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Napata und Meroë

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
295 Seiten
Deutsch
Kohlhammer Verlagerschienen am12.01.20221. Auflage
Around 700 BCE, the Nubians ruled an empire that stretched from southern Palestine to the tropical regions of Africa. It lasted for nearly 1000 years and was so powerful that even the Emperor Augustus was forced to let it dictate peace terms to him. Meroitic culture is one of the most fascinating in antiquity, set in an intricate balance between ?high culture= and nomadism, between the heart of Africa and the Mediterranean cultures, and between indigenous and external influences. At the same time, it is still largely unknown. Although it has now become possible to decipher the Meroitic script, the texts remain largely incomprehensible even today. Francis Breyer, one of the researchers working to decipher Meroitic and one of the top experts on the ancient cultures of northeast Africa, provides here a comprehensive overview of Napatan&Meroitic culture, ranging from basic living conditions to social structure and religion, material culture and political history.

Dr. Francis Breyer teaches at the University of Bonn. He is one of a handful of researchers working to decipher Meroitic and is one of the top experts on the ancient cultures of northeast Africa.
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR34,00
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EUR30,99

Produkt

KlappentextAround 700 BCE, the Nubians ruled an empire that stretched from southern Palestine to the tropical regions of Africa. It lasted for nearly 1000 years and was so powerful that even the Emperor Augustus was forced to let it dictate peace terms to him. Meroitic culture is one of the most fascinating in antiquity, set in an intricate balance between ?high culture= and nomadism, between the heart of Africa and the Mediterranean cultures, and between indigenous and external influences. At the same time, it is still largely unknown. Although it has now become possible to decipher the Meroitic script, the texts remain largely incomprehensible even today. Francis Breyer, one of the researchers working to decipher Meroitic and one of the top experts on the ancient cultures of northeast Africa, provides here a comprehensive overview of Napatan&Meroitic culture, ranging from basic living conditions to social structure and religion, material culture and political history.

Dr. Francis Breyer teaches at the University of Bonn. He is one of a handful of researchers working to decipher Meroitic and is one of the top experts on the ancient cultures of northeast Africa.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783170377356
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum12.01.2022
Auflage1. Auflage
Seiten295 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse9344 Kbytes
Illustrationen23 Abbildungen
Artikel-Nr.8734100
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

1          Die Grundfaktoren

 

 
Begrifflichkeiten

Bevor man sich über ein Thema qualifiziert unterhalten kann, gilt es, sich die terminologischen Grundlagen anzueignen.1 Beginnen wir daher mit den beiden zentralen Begriffen: Napata und Meroë. Beides sind ursprünglich Ortsnamen, die jedoch eponym für ganze Zeitabschnitte der nubischen Geschichte stehen. Diese Zweiteilung rührt daher, dass die materielle Kultur Nubiens zwischen 700 v. Chr. und 400 n. Chr. relativ deutlich in zwei verschiedenen Phasen unterteilt werden kann. Weil in der jüngeren die Herrscher in Nekropolen um die Stadt Napata, in der jüngeren jedoch bei Meroë, einige hundert Kilometer weiter im Süden, beigesetzt wurden, benannte man diese Phasen nach den Orten. Als Richtwerte: Alles zwischen etwa 650 und 300 v. Chr. kann als napatanisch, alles zwischen etwa 300 v. Chr. und 350 n. Chr. als meroitisch bezeichnet werden.

An dieser Stelle muss betont werden, dass diese Trennung umstritten ist, denn wir wissen einfach zu wenig über die politische Geschichte der beiden Epochen: weder, ob es sich tatsächlich um ein und dieselbe Dynastie handelt, die über die gesamten 1.000 Jahre herrschte (wie meist angenommen wird), noch, ob das politische Zentrum in der früheren Phase tatsächlich bei Napata lag oder ob dies zur ein zeremonieller Brennpunkt des Reiches war. Verschiedentlich wurde daher vorgeschlagen, die Unterscheidung aufzugeben; es liege ein kulturelles Kontinuum vor. Doch das gilt streng genommen für die Zeiten davor und danach ebenfalls. Kulturelle Entwicklungen sind im Allgemeinen selten abrupt, sondern häufig graduell. Die Frage ist weniger, wo man die Grenze setzt - wichtiger ist, als wie beherrschend man sie wahrnimmt. Meist wissen wir derart wenige Details und können lediglich die Unterschiede benennen, so dass eine binäre Beschreibung sogar sehr praktikabel ist. Aber vor allem: Sie ist nun einmal etabliert und es hat keinen Sinn, gegen Windmühlen zu kämpfen.

Meroë ist die griechische Wiedergabe eines Ortsnamens aus meroitischen Inschriften. Die Transkription dieses Toponyms ist Medewi/Bedewi, wobei der mittlere Konsonant wohl retroflex war - dieser ungewöhnliche Laut wird von Nicht-Muttersprachlern gerne als r oder l verstanden. Mit ägyptischen Hieroglyphen wird der Ort brwê¢(.t) geschrieben. Dieses Meroë war das Zentrum eines nubischen Reiches und als solches den griechisch-römischen Autoren bekannt. Dass der Name einer Hauptstadt eponym für das entsprechende politische Gebilde und die dazugehörige Kultur gebraucht wird, ist nicht weiter verwunderlich - man sollte sich lediglich vor Augen führen, dass dies erst durch die moderne Forschung geschah. Zwar nannten die klassischen Autoren die Butana-Steppe »Insel von Meroë«, die antiken Herrscher Nubiens selbst bezeichneten sich jedoch nie als »König von Meroë« o. ä. Erst der Archäologe George Reisner gebrauchte die beiden Ortsnamen »Napata« und »Meroë« als Bezeichnungen für verschiedene Perioden der nubischen Geschichte.2

Napata ist ebenfalls eine griechische Form - die hieroglyphisch-ägyptische Schreibung gibt lediglich das entsprechende Konsonantengerüst wieder (Npyt); die meroitische Form lautet Napa(te). Napata lag am Fuß eines Tafelberges, der seit jeher die gesamte Umgebung beherrscht: der »Reine Berg« (äg. á¸w wÊ¿b; meroit. tawawibi). Heute wird er Gebel Barkal genannt und das zu seinen Füßen gelegene Karima ist eine der wichtigsten Städte des Sudan. Obwohl die grobe Lage klar zu sein scheint, rankt sich um Napata eines der großen Rätsel der Nubienkunde: Was genau bezeichnet dieses Napata? Gab es eine Siedlung dieses Namens oder bezieht sich das Toponym lediglich auf die Tempelkomplexe am Gebel Barkal? Liegt die antike Stadt unter dem heutigen Karima begraben oder lag sie vielleicht nicht in unmittelbarer Nähe des Tafelberges? Weder wurde bislang eine signifikante antike Siedlung gefunden noch die entsprechenden Friedhöfe.

Wie steht es mit der Benennung des gesamten Reiches? Wenn überhaupt, dann wurden die nubischen Könige als »Herrscher von Kusch« (há¸³ê¢ Kê¢s) bezeichnet. Damit sind wir endlich bei einer einheimischen Bezeichnung angelangt. Die Geschichte und vor allem das Nachleben dieses Toponyms ist äußerst interessant.3 Hier nur so viel: Ursprünglich bezeichnete es lediglich ein Teilgebiet Nubiens und wurde um 2000 v. Chr. von den Ägyptern aus einer einheimischen Sprache übernommen und hieroglyphisch durch Kê¢s wiedergegeben. Nach seiner semantischen Ausweitung auf ganz Nubien gelangte es als »Kusch« in die Bibel und wurde über das Alte Testament zum Namen einer ganzen Gruppe afrikanischer Sprachen und letztlich auch eines linguistischen Wissenschaftszweiges, der Kuschitistik. Innerhalb der Ägyptologie wurde jedoch der altägyptische Sprachgebrauch weitergeführt. So kommt es, dass »kuschitisch« je nach Disziplin Unterschiedliches bezeichnet: Für einen Linguisten/Afrikanisten ist »kuschitisch« ein sprachwissenschaftlicher Terminus, für Ägyptologen/Nubienkundler bezeichnet es alles, was mit der Kultur von Kê¢s zusammenhängt. Das Problem ist, dass beide nichts miteinander zu tun haben. So absurd es klingen mag: Die Kuschiten, also die Einwohner von Kusch, sprachen keine kuschitische Sprache!

Zu allem Überfluss schwankt der Gebrauch des Ausdrucks »kuschitisch« sogar innerhalb der Ägyptologie: Als »kuschitisch« im engeren Sinne gilt nämlich dort diejenige Periode der ägyptischen Geschichte, in der nubische Herrscher die Macht in Ägypten an sich rissen. Heute wird diese Epoche meist als »Kuschitenzeit« bezeichnet - früher nannte man sie den griechischen Autoren folgend auch »Äthiopenzeit« (für die Altvorderen war alles südlich von Elephantine »Aithiopia«). Die Herrscher der Kuschitenzeit werden nach dem Werk des antiken Geschichtsschreibers Manetho als »25. Dynastie« gezählt. Vereinzelt wird die Kuschitenzeit auch der napatanischen Periode zugeschlagen, was zusätzliche Verwirrung stiftet.

Im allerweitesten Sinne ist der gesamte nubische Kulturhorizont seit Beginn des 2. Jts. v. Chr. bis zur Christianisierung »kuschitisch«. So weit geht jedoch niemand. Gemeinhin wird das politische Gebilde, das ohne Unterbrechung zwischen ca. 700 v. Chr. und 400 n. Chr. bestand, als »Königreich von Kusch« bezeichnet. Streng genommen müsste man hier vom »zweiten Reich von Kusch« sprechen, denn das Kerma-Reich (ca. 2500-1500 v. Chr.) wurde von den alten Ägyptern ebenfalls Kê¢s genannt. Langer Rede kurzer Sinn: Der Leser ist gut beraten, zunächst in Erfahrung zu bringen, was genau der jeweilige Autor unter »kuschitisch« versteht. In dem jüngst erschienenen Handbook of Ancient Nubia etwa sind alle Lesarten nebeneinander versammelt. Im vorliegenden Werk wird zwischen Kuschitenzeit und napatanischer Zeit unterschieden, selten »kuschitisch« in Abgrenzung zu »ägyptisch« verwendet.

Nun war mehrfach der Begriff Nubien bzw. nubisch verwendet worden, ganz so, als sei dieser selbsterklärend. Dabei handelt es sich um einen Neologismus, der auf eine Eigenbezeichnung der Nubier (nob) zurückgeht. Diese wanderten wohl im Verlauf des 2. Jts. v. Chr. ins Niltal ein und brachten ihre mit dem Meroitischen verwandten nilo-saharanischen Sprachen mit. Auch hier gibt es einen ganz ähnlichen terminologischen Stolperstein wie bei »kuschitisch«: Afrikanisten und Sprachwissenschaftler meinen mit »nubisch« diese Sprache(n) und Ägyptologen allgemein alles, was sich in der historischen Region Nubien abspielte. Mit dem altägyptisch-koptischen Wort für »Gold« (nub) hängt die Bezeichnung nicht zusammen, obwohl man dies häufig lesen kann.4

Nun aber zur Definition: Als Nubien wird der Teil Nordost-Afrikas zwischen dem Südende Ägyptens und der äthiopischen Hochebene bezeichnet ( Abb. 1 a und 1 b). Geographisch betrachtet ist Nubien die Region zwischen dem ersten Nilkatarakt und dem Zusammenfluss des Blauen und Weißen Nils oder - anders ausgedrückt - zwischen Elephantine (der traditionellen Südgrenze Ägyptens) und Khartum (der Hauptstadt des heutigen Sudan). Diese 1847 km werden auch Mittleres Niltal genannt. Kurioserweise ist das Nubien der Historiker nicht deckungsgleich mit dem Siedlungsgebiet der Nubier. Und das Beschäftigungsfeld der Nubienkunde beschränkt sich auch nicht auf das Niltal, sondern reicht im Westen bis tief in die Libysche Wüste hinein, im Osten bis zum Roten Meer und im...
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