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E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
400 Seiten
Deutsch
Rowohlt Verlag GmbHerschienen am01.08.20231. Auflage
Der neue Thriller der New York Times-Bestsellerautorin: ein packender Pageturner um eine Mutter, der die Suche nach ihrem Sohn den Schlaf und jede Gewissheit raubt. Vor einem Jahr verschwand Isabelle Drakes Sohn Mason nachts aus seinem Kinderbett, und noch immer gibt es keine Spur. Polizei, Presse und auch ihr Mann sind längst zur Tagesordnung übergegangen, doch Isabelle findet seither keinen Schlaf: Ihr ganzes Leben dreht sich darum, Mason zu finden. Gemeinsam mit dem True-Crime-Podcaster Waylon Spencer, der plötzlich in ihr Leben tritt, forscht sie im Fall ihres Sohnes weiter nach, aber Waylon verfolgt seine eigene Agenda. Als längst vergessene Erinnerungen an die Vergangenheit an die Oberfläche drängen und Zweifel ihre schlaflosen Nächte trüben, weiß Isabelle nicht mehr, wem sie trauen kann. Sich selbst eingeschlossen.

STACY WILLINGHAM arbeitete als Werbetexterin und Markenstrategin für verschiedene Agenturen, bevor sie sich entschied, hauptberuflich zu schreiben. Sie erwarb ihren Bachelor in Journalismus an der University of Georgia und einen Master of Fine Arts am Savannah College für Kunst und Design. Derzeit lebt sie in Charleston, South Carolina, mit ihrem Ehemann Britt und ihrem Labradoodle Mako. «Das siebte Mädchen» ist ihr Debüt.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR13,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextDer neue Thriller der New York Times-Bestsellerautorin: ein packender Pageturner um eine Mutter, der die Suche nach ihrem Sohn den Schlaf und jede Gewissheit raubt. Vor einem Jahr verschwand Isabelle Drakes Sohn Mason nachts aus seinem Kinderbett, und noch immer gibt es keine Spur. Polizei, Presse und auch ihr Mann sind längst zur Tagesordnung übergegangen, doch Isabelle findet seither keinen Schlaf: Ihr ganzes Leben dreht sich darum, Mason zu finden. Gemeinsam mit dem True-Crime-Podcaster Waylon Spencer, der plötzlich in ihr Leben tritt, forscht sie im Fall ihres Sohnes weiter nach, aber Waylon verfolgt seine eigene Agenda. Als längst vergessene Erinnerungen an die Vergangenheit an die Oberfläche drängen und Zweifel ihre schlaflosen Nächte trüben, weiß Isabelle nicht mehr, wem sie trauen kann. Sich selbst eingeschlossen.

STACY WILLINGHAM arbeitete als Werbetexterin und Markenstrategin für verschiedene Agenturen, bevor sie sich entschied, hauptberuflich zu schreiben. Sie erwarb ihren Bachelor in Journalismus an der University of Georgia und einen Master of Fine Arts am Savannah College für Kunst und Design. Derzeit lebt sie in Charleston, South Carolina, mit ihrem Ehemann Britt und ihrem Labradoodle Mako. «Das siebte Mädchen» ist ihr Debüt.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783644010345
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum01.08.2023
Auflage1. Auflage
Seiten400 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse8732 Kbytes
Artikel-Nr.9996018
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

KAPITEL ZWEI

Ich nehme meinen Platz ein. Den Platz am Gang. Eigentlich sitze ich lieber am Fenster, wo ich den Kopf anlehnen und die Augen schließen kann. Nicht um zu schlafen, nicht direkt. Aber um für eine Weile wegzudriften. Sekundenschlaf nennt mein Arzt das. Wir haben das alle schon einmal gesehen, vor allem im Flugzeug: die zuckenden Lider, den nach vorn fallenden Kopf. Zwischen zwei und zwanzig Sekunden Bewusstlosigkeit, bevor der Kopf mit erstaunlicher Kraft wieder in die Höhe fährt wie der Abzug eines Gewehrs, der gespannt wird, handlungsbereit.

Ich sehe nach rechts: Der Platz neben mir ist frei. Ich hoffe, das bleibt so. Der Start ist in zwanzig Minuten. Das Gate wird gleich geschlossen, dann kann ich hinüberrücken. Die Augen schließen.

Versuchen, endlich ein wenig Schlaf zu finden, wie ich es jetzt seit einem Jahr versuche.

«Verzeihung.»

Ich fahre zusammen und blicke hoch. Eine Flugbegleiterin steht vor mir. Sie klopft auf meine Rückenlehne und blickt mich missbilligend an.

«Die Rückenlehne Ihres Sitzes muss sich in senkrechter Position befinden.»

Ich blicke nach unten, drücke den kleinen silbernen Knopf an meiner Armlehne und spüre, wie mein Rücken nach vorn und mein Bauch zusammengedrückt wird. Die Flugbegleiterin wendet sich ab, schließt ein Gepäckfach und will weitergehen, doch ich halte sie am Arm fest.

«Dürfte ich Sie um ein Mineralwasser bitten?»

«Wir servieren Getränke, sobald wir gestartet sind.»

«Bitte», füge ich hinzu, als sie sich abwenden will, und umklammere ihren Arm fester. «Falls es nicht zu viel Umstände macht. Ich habe den ganzen Tag geredet.»

Zum Nachdruck fasse ich mir an die Kehle, und sie blickt den Gang entlang, wo weitere Passagiere unbehaglich hin und her rutschen und ihre Sicherheitsgurte justieren. In ihren Rucksäcken nach den Kopfhörern suchen.

«Na gut», sagt sie und presst die Lippen aufeinander. «Einen Moment.»

Ich lächle, nicke und lehne mich zurück. Dann sehe ich mich im Flugzeug um und betrachte die anderen Passagiere, mit denen ich in den nächsten vier Stunden die aufbereitete Luft teilen werde, während wir von Los Angeles nach Atlanta fliegen. Es ist ein Spiel, das ich spiele: Ich überlege, was sie hier wohl tun. Welche Lebensumstände sie zu genau diesem Augenblick geführt haben, in genau diese Gruppe von Fremden. Ich frage mich, was sie tun oder vorhaben.

Verreisen sie, oder sind sie auf dem Heimweg?

Zuerst fällt mein Blick auf einen Jungen, der ganz allein sitzt. Riesige Kopfhörer haben seine Ohren verschluckt. Ich stelle mir vor, er sei ein Scheidungskind und werde einmal im Monat von einem Ende des Landes ans andere verfrachtet wie Ware. Unwillkürlich male ich mir sofort aus, wie Mason in diesem Alter aussehen könnte - seine grünen Augen könnten noch grüner geworden sein, zwei Zwillingssmaragde, die wie die seines Vaters funkeln. Oder seine babyglatte Haut könnte meinen Olivton angenommen haben, eine natürliche Bräune, ohne einen Fuß in die Sonne setzen zu müssen.

Ich schlucke schwer und zwinge mich, den Blick abzuwenden, drehe mich nach links und betrachte andere Fluggäste.

Da sind ältere Männer mit Laptops vor sich und Frauen mit Büchern; Teenager mit Smartphones haben sich so tief auf ihren Sitzen hinabrutschen lassen, dass sich die Knie ihrer schlaksigen Beine in die Rückenlehnen vor ihnen bohren. Einige dieser Menschen reisen zu Hochzeiten oder Beerdigungen; andere unternehmen eine Geschäftsreise oder einen heimlichen, bar bezahlten Kurzurlaub. Und manche dieser Menschen haben Geheimnisse. Eigentlich alle. Aber bei manchen sind es die echten Geheimnisse, die schmutzigen. Die dunklen, zwielichtigen Geheimnisse, die gleich unter der Haut lauern, durch ihre Adern wandern und sich ausbreiten wie Krankheitserreger.

Sich teilen, vermehren, erneut teilen.

Ich frage mich, wer sie sind, die mit den dunklen Geheimnissen, die jedes Organ, das sie berühren, verderben. Die mit den Geheimnissen, die sie von innen her auffressen werden.

Niemand hier drin würde je darauf kommen, womit ich gerade meinen Tag verbracht habe: mit der Schilderung des schmerzlichsten Augenblicks in meinem Leben, zur Unterhaltung Fremder. Ich habe jetzt einen Vortrag. Einen Vortrag, den ich völlig distanziert und perfekt halte. Er besteht aus Statements, von denen ich weiß, dass sie sich gut lesen, wenn man sie mir aus dem Mund nimmt und in Zeitungen abdruckt, und aus wohlüberlegt gesetzten Pausen, damit ein besonders wichtiger Punkt Wirkung entfalten kann. Dazu glückliche Erinnerungen an Mason als Gegengewicht zu besonders beklemmenden Passagen, wenn ich spüre, dass ein befreiendes Lachen vonnöten ist: Mitten in der eindringlichen Schilderung seines Verschwindens - gerade habe ich entdeckt, dass das Fenster in seinem Zimmer offen steht und eine warme, feuchte Brise hereinweht, die das kleine Mobile mit den Stoffdinosauriern über seinem Bettchen sanft tanzen lässt - halte ich inne und schlucke. Dann erzähle ich, dass Mason gerade zu sprechen angefangen hatte. Tyrannosaurus rex sprach er «Tyrannosauus» aus. Daraufhin quiekte mein Mann jedes Mal übertrieben, wenn Mason auf die kleinen Stofftiere über sich zeigte, und Mason kicherte vergnügt, bis er schließlich einschlief. Und dann gestatteten die Zuschauer sich ein Lächeln, vielleicht gar ein Lachen. Die Schultern entspannten sich sichtlich, die Leute lehnten sich wieder zurück, atmeten kollektiv auf. Denn mit dem Publikum, das habe ich rasch begriffen, verhält es sich so: Die Leute wollen sich nicht zu unbehaglich fühlen. Sie wollen das, was ich durchgemacht habe, nicht in allen hässlichen Details tatsächlich durchleben. Sie wollen lediglich eine Kostprobe. Nur so viel, dass ihre Neugier befriedigt wird - aber wenn es zu bitter, zu salzig oder zu real wird, dann schmatzen sie prüfend und gehen unzufrieden davon.

Und das wollen wir nicht.

In Wahrheit lieben die Menschen Gewalt - jedenfalls aus sicherer Entfernung. Wer da widerspricht, der verschließt entweder die Augen vor der Realität oder hat etwas zu verbergen.

«Ihr Mineralwasser.»

Ich blicke hoch. Die Flugbegleiterin reicht mir einen kleinen Becher mit einer klaren Flüssigkeit, in der Bläschen aufsteigen, die mit einem befriedigenden Prickeln zerplatzen.

«Danke.» Ich nehme den Becher und stelle ihn auf meinem Schoß ab.

«Ihr Tisch muss aber hochgestellt bleiben», fügt sie hinzu. «Wir sind bald in der Luft.»

Ich lächle und trinke einen kleinen Schluck, um ihr zu bedeuten, dass ich verstanden habe. Als sie davongeht, bücke ich mich zu meiner Handtasche hinunter und ziehe ein Minifläschchen aus einem Fach an der Seite. Als ich gerade unauffällig den Deckel abschrauben will, spüre ich jemanden neben mir.

«Hier bin ich.»

Mein Kopf fährt in die Höhe, und ich rechne halb damit, jemanden zu erblicken, den ich kenne. Die Stimme klingt vage vertraut, wie die eines entfernten Bekannten, aber der Mann neben mir auf dem Gang ist ein Fremder. Er trägt eine TrueCrimeCon-Stofftasche und deutet auf den Sitz neben mir.

Den Fenstersitz.

Dann entdeckt er das Minifläschchen in meiner Hand und grinst. «Ich sage nichts.»

«Danke.» Ich stehe auf, um ihn durchzulassen.

Ich versuche, mir meine Verärgerung über die Aussicht, auf dem Heimflug neben einem Teilnehmer der True-Crime-Tagung festzusitzen, nicht anmerken zu lassen. Meine Haltung zu diesen Fans ist wirklich kompliziert: Ich verabscheue sie, aber ich brauche sie auch, ihre Augen, ihre Ohren. Ihre ungeteilte Aufmerksamkeit. Sie sind ein notwendiges Übel. Denn wenn der Rest der Welt vergisst, erinnern sie sich noch. Sie lesen weiterhin jeden Artikel und erörtern ihre jeweiligen Theorien in Amateurdetektivforen, so als ob mein Leben nur ein spannendes Rätsel wäre, das gelöst werden muss. Sie machen es sich weiterhin abends mit einem Glas Merlot auf der Couch gemütlich und lassen sich von der Kriminalnachrichtensendung Dateline einlullen. Versuchen, es zu erleben, ohne es wirklich zu erleben. Und deshalb gibt es Veranstaltungen wie die TrueCrimeCon. Deshalb geben Menschen Hunderte von Dollars für Flugtickets, Hotelzimmer und Eintrittskarten aus. Sie kaufen sich einen geschützten Raum, wo sie wenigstens ein paar Tage lang im blutigen Glanz der Gewalt baden können, indem sie die Ermordung eines anderen Menschen zu ihrer Unterhaltung nutzen.

Aber was sie nicht verstehen, was sie nicht verstehen können, ist dies: Auch sie könnten eines Tages aufwachen und feststellen, dass die Gewalt aus ihrem Fernseher gekrochen kommt und sich in ihrem Haus, ihrem Leben einnistet wie ein Parasit, der ihnen die Fänge ins Fleisch schlägt. Der sich tief in sie hineinwindet und es sich gemütlich macht. Der ihnen das Blut aussaugt und sie sein Zuhause nennt.

Die Leute denken nie daran, dass so etwas auch ihnen passieren kann.

Mein Sitznachbar schiebt sich an mir vorbei auf seinen Platz und verstaut seine Tasche unter dem Vordersitz. Nachdem ich mich wieder gesetzt habe, mache ich da weiter, wo ich unterbrochen wurde: Ich öffne mit einem leisen Knacken den Verschluss und lasse den Wodka in mein Wasser gluckern. Dann rühre ich mit dem Finger um und trinke einen großen Schluck.

«Ich habe Ihren Vortrag gehört.»

Mein Sitznachbar sieht mich an, das spüre ich. Ich versuche, ihn zu ignorieren, schließe die Augen und lehne den Kopf an. Warte darauf, dass der Wodka meine Lider gerade so schwer macht, dass sie ein Weilchen geschlossen bleiben.

«Es tut mir sehr leid», fügt er hinzu.

«Danke», sage...
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STACY WILLINGHAM arbeitete als Werbetexterin und Markenstrategin für verschiedene Agenturen, bevor sie sich entschied, hauptberuflich zu schreiben. Sie erwarb ihren Bachelor in Journalismus an der University of Georgia und einen Master of Fine Arts am Savannah College für Kunst und Design. Derzeit lebt sie in Charleston, South Carolina, mit ihrem Ehemann Britt und ihrem Labradoodle Mako. «Das siebte Mädchen» ist ihr Debüt.Alice Jakubeit übersetzt Romane, Sachbücher und Reportagen aus dem Englischen und Spanischen, u.a. Alexander McCall Smith, Greer Hendricks & Sarah Pekkanen, Brian McGilloway und Eva García Sáenz. Sie lebt in Düsseldorf.