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E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
384 Seiten
Deutsch
Books on Demanderschienen am06.11.20232. Auflage
Mordverdächtige Filmdiven und Märchenprinzessinnen, die lieber einen anderen Job hätten. Teenager und ein Wertiger, die an den Erwartungen ihres Umfelds verzweifeln. Ein Schneider und eine Gruppe Freunde, die mit magischen Rätseln konfrontiert sind, während Nerds sich mit der Postapokalypse herumschlagen müssen. 19 Geschichten dienen als neue Beweisstücke dafür, wie farbenfroh die Palette an asexuellen und aromantischen Figuren sein kann und welch vielfältige Möglichkeiten das Leben jenseits klassischer romantischer Paarbeziehungen bereithält. Mit Beiträgen von Annina Anderhalden, Annika Baumgart, Jay Blue-Corax, DasTenna, Carmilla DeWinter, Jens Gehres, Marcus R. Gilman, Kaj Iden, Gregor Jungheim, Katharina Lucas, Tanja Meurer, Morning Dew, Nayina, Lydia R. Noir, Finn A. Pieber, Juliane Seidel, skalabyrinth, Katherina Ushachov und Judith Wolfertstetter. Der komplette Erlös geht an den InSpektren Podcast n.e.V.

Im Jahr 1997 wurde Annina Anderhalden in der wunderschönen Schweiz geboren und begeistert sich seit der ersten Klasse mit der Welt des Schreibens und Lesens. Schon früh war für sie klar, dass sie sich auch in ihrem beruflichen Leben mit der Kreativität beschäftigen möchte, weshalb sie im Marketing arbeitet. In ihren Geschichten erforscht Annina gerne die Ränder von Normen und versucht, Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten zu zeigen.
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR15,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR10,99

Produkt

KlappentextMordverdächtige Filmdiven und Märchenprinzessinnen, die lieber einen anderen Job hätten. Teenager und ein Wertiger, die an den Erwartungen ihres Umfelds verzweifeln. Ein Schneider und eine Gruppe Freunde, die mit magischen Rätseln konfrontiert sind, während Nerds sich mit der Postapokalypse herumschlagen müssen. 19 Geschichten dienen als neue Beweisstücke dafür, wie farbenfroh die Palette an asexuellen und aromantischen Figuren sein kann und welch vielfältige Möglichkeiten das Leben jenseits klassischer romantischer Paarbeziehungen bereithält. Mit Beiträgen von Annina Anderhalden, Annika Baumgart, Jay Blue-Corax, DasTenna, Carmilla DeWinter, Jens Gehres, Marcus R. Gilman, Kaj Iden, Gregor Jungheim, Katharina Lucas, Tanja Meurer, Morning Dew, Nayina, Lydia R. Noir, Finn A. Pieber, Juliane Seidel, skalabyrinth, Katherina Ushachov und Judith Wolfertstetter. Der komplette Erlös geht an den InSpektren Podcast n.e.V.

Im Jahr 1997 wurde Annina Anderhalden in der wunderschönen Schweiz geboren und begeistert sich seit der ersten Klasse mit der Welt des Schreibens und Lesens. Schon früh war für sie klar, dass sie sich auch in ihrem beruflichen Leben mit der Kreativität beschäftigen möchte, weshalb sie im Marketing arbeitet. In ihren Geschichten erforscht Annina gerne die Ränder von Normen und versucht, Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten zu zeigen.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783758389139
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum06.11.2023
Auflage2. Auflage
Seiten384 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.12746155
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Kobold
LYDIA R. NOIR
Leises, regelmäßiges Klackern, beruhigend und einlullend. Dazu das leichte Schwanken des Wagons. Draußen zieht die flache, von einzelnen Bäumen und ausgedehnten Feldern gesäumte Landschaft vorbei. Keine Eile oder Hektik der Großstadt ist zu spüren. Alles fällt von mir ab und bleibt auf der Strecke liegen. Ja, ich liebe es, mit dem Bummelzug zu fahren. Besonders, weil ich endlich meinen kleinen, wilden Kobold wiedersehen darf.

Schwankend hält der Zug am Bahnsteig an. Moos und allerlei Kräuter bedecken das Pflaster und das Wartehäuschen wird von Efeu überwuchert. Das lauteste Geräusch neben meinem eigenen Herzschlag und dem Vogelgesang ist das Konzert der Grillen, die die erste und mindestens auch die zweite Geige spielen. Ich strecke mich einmal kräftig und sauge die frische, würzige Luft in meine Lungen ein. Ein kräftiges Gähnen entfährt mir. Plötzlich durchbricht ein scharfes »Hände hoch! Das ist ein Überfall!« die Stille.

Ich erschrecke mich halb zu Tode, lasse reflexartig meine Reisetasche fallen und hebe meine Arme gehorsam nach oben. Bis mir gewahr wird, dass ich dieses leicht kratzige, hohe Lachen kenne. Schmunzelnd tritt Kobold hinter dem bewachsenen Wartehäuschen hervor.

»Du hättest gerade dein Gesicht sehen sollen, Rieke. Einfach nur herrlich.«

»Haha, sehr witzig. Irgendwann bekomme ich wegen dir noch mal einen Herzinfarkt.« Ich stöhne dabei möglichst theatralisch, worauf Kobold mit nur noch mehr Gelächter reagiert. Wirklich böse kann ich dem kleinen, zierlichen Geschöpf mit den kurzen, kupferroten Haaren nicht sein, die mal wieder wild und wirr in alle Richtungen abstehen. Letztendlich lasse ich mich von dem Lachen anstecken und wir fallen uns gegenseitig in die Arme.

Nach unserer Begrüßung löst Kobold sich von mir. »Lasst mich mal eben unser edles Reittier holen, welches uns zum hochherrschaftlichen Schloss geleiten wird.«

Ich steige lächelnd in die Szene ein, die Kobold mir bietet, knickse ganz höfisch und antworte: »Wie großmütig von Euch, mich mit Eurem edlen Ross abzuholen.«

Während Kobold das alte Fahrrad hinter dem Wartehäuschen hervorzieht und meine Entgegnung mit eben jenem verschmitzten Kobold-Lächeln quittiert, das gefühlt alle Sommersprossen im blassen Gesicht zum Leuchten bringt, braut sich unter dem wirren roten Schopf schon der nächste Satz zusammen.

»Hochgeschätzte Rieke, ich muss Euch leider gestehen, dass unterwegs mein edler Schimmel den Dienst verweigerte und ich diesen an der Tränke beim Wirtshaus zurücklassen musste. Ich konnte unter größter Mühe diesen Drahtesel organisieren, welchen ich möglichst komfortabel satteln ließ.«

Grinsend weist Kobold auf die Decke, die auf dem Gepäckträger klemmt. Ich muss lachen, hänge mir dabei die Reisetasche wie einen Rucksack auf den Rücken, setze mich auf den Gepäckträger und umschlinge Kobolds schmale Taille mit meinen Armen, um mich festzuhalten.

Holpernd fahren wir zuerst den Trampelpfad und später die alte, von zahlreichen Schlaglöchern gesäumte Straße zum Dorf entlang. Unterwegs träume ich ein wenig vor mich hin. In Kobolds Nähe ist das Entfliehen vor der Realität so einfach. Ich habe immer das Gefühl, der nächste Feenkreis ist nicht fern und nur ein Lächeln trennt uns von Tír na nÓg in der Anderswelt.

Plötzlich unterbricht Kobold meine Gedanken: »Rieke, ich fürchte, auch der holde Drahtesel bockt.«

Wir halten an, stiegen vom Rad ab und stellen fest, dass das Hinterrad einen Platten hat.

»Hm. Mein wunderschöner und kluger Kobold, ich denke, das ist ein Fall für die Haus- und Hufschmiede. Da werden wir wohl geschwinden Fußes und nicht mehr hoch zu Pferde weiterziehen müssen.«

»Ich schätze Euren Scharfsinn, o teure Rieke. Wohlan, lasset uns schnellen Schrittes der heimatlichen Festung entgegeneilen und hoffen, dass uns keine Wesen begegnen, die Böses im Sinne haben.«

»Wehe uns! Gibt es denn in dieser Gegend boshafte Gestalten? Ich hielt Eure Residenz immer für ruhige Lande.«

»Oh, als eine Person unter den einflussreichsten Kobolden ist mir so manch eine Geschichte bekannt. Ich möchte dabei aber nicht Euer Gemüt beunruhigen.«

»Nein, wohlan, ich muss doch wissen, vor welchen Gefahren ich mich wappnen sollte. So sprecht doch!«

So beginnt Kobold, eine märchenhafte Welt um uns zu spinnen, unterdessen wir dem Lauf der alten Landstraße folgen, die als einzige immer schon das Dorf mit dem abgelegenen Bahnsteig verband.

In den Erzählungen verbergen sich unter den größten Steinen Gnome, im Schatten der Bäume wispern leise die winzigen Pixies und im Wind leben die verschiedensten Luftgeister.

Über eine Gestalt weiß Kobold mit besonderer Hingabe zu berichten: »Hast du schon einmal von den Gancanaghs gehört? Dabei handelt es sich um eine meist männliche gelesene, menschengroße Fee, die in der irischen Mythologie dafür bekannt ist, Menschen aller Gender, vornehmlich aber junge, weiblich gelesene, wie uns, zu verführen.«

»So? Das ist mir neu. Die verführen also vorzugsweise Teenager?«

»Ja, und junge Erwachsene. Das Schlimme ist, dass sie besonders nett, hilfsbereit und zuvorkommend wirken, die Menschen dann aber in die Wälder locken und ins Verderben stürzen.«

»Und was ist zu tun, wenn ich einem Gancanagh gegenüberstehe?«

»Na, du rufst mich! Ich, meines Zeichens eine mächtige Persönlichkeit unter den Kobolden, gehöre zufällig auch dem Orden des schwarzen Ringes an, dessen Mitglieder allesamt immun gegen die betörende Magie der Gancanaghs sind.«

Schmunzelnd erwidere ich: »Da bin ich froh, mit einem so großartigen Kobold befreundet zu sein. Aber sagt an, hochwohlgeborenes Ordensmitglied, wo ist denn Euer schwarzer Ring, wenn Ihr zu dieser Kongregation gehören wollt?«

In diesem Moment wirkt Kobold zum ersten Mal seit Langen etwas verlegen auf mich.

»Nun ja, ähm, verehrte Rieke, bevor ich diesen bekomme, muss ich erst meinen Mut beweisen und mich offiziell zur Gemeinschaft bekennen.«

»So? Dann macht das doch.«

»Ach, wenn das nur so einfach wäre ...«, sagt mein kleiner Kobold, mehr zu sich selbst als zu mir, und wirkt dabei fast zerbrechlich.

Ich will nachhaken und fragen, was los sei, denn ich vermute die Angelegenheit mehr hier als in Tír na nÓg. Allerdings habe ich auch das Gefühl, dass mein Kobold noch nicht ganz bereit ist, über das Thema zu reden. Somit stimme ich in das nachdenkliche Schweigen ein. Es sind auch nur noch ein paar Meter bis zum Dorf und Kobolds Elternhaus.

Am Abend werden wir zum gemeinsamen Essen gerufen. Kobold meint, ich solle schon mal vorgehen, und murmelt etwas von einer Überraschung. Neugierig, wie ich bin, kann ich es kaum erwarten, werde aber aus dem Zimmer gescheucht.

Ich gehe also die knacksende Treppe runter ins Esszimmer und setze mich an den alten Bauerntisch. Diese in die Jahre gekommene Küche hat auch etwas Zeitloses mit den massiven Balken, die die Decke stützen, und dem eher alt-bäuerlichen Mobiliar. In der Großstadt, aus der ich komme, würden die Leute wohl »Vintage« dazu sagen. Sogar der Gasherd ist museumsverdächtig, funktioniert allerdings einwandfrei. Das Einzige, das nicht so recht hineinpasst, ist der brummende Kühlschrank. Aber hey, sind es nicht oft die Dinge, die nicht ganz passend scheinen, die dem Gesamtbild das gewisse Etwas verleihen?

»Bentje, wie siehst du denn nur wieder aus?«

Ich drehe mich zur Treppe um. Mein kleiner, gewitzter Kobold schwebt in einem sehr außergewöhnlichen Cutfit die Stufen herunter. Kobold trägt eine Art schräg abgeschnittenes Fischemetzminikleid über jeansblauen, ausgeblichenen Hotpants und einem schwarzen Bandeau-Top unter dem löchrigen Gewand. Veredelt wird das Kunstwerk mit verschiedenen Tüchern und Bändern an Armen, Beinen und in den Haaren. Beim Näherkommen sehe ich, dass von der rechten Hüfte schräg oberhalb des Bauchnabels bis kurz vor der linken Brust ein schwarzer, rechteckiger Flicken an das Netz angenäht ist. Auf diesem Stoffstück steht, in Kobolds eigener, leicht krakliger Schrift: »100% pirate«.

Ich muss schmunzeln. Jeder andere Mensch hätte in diesem Aufzug albern ausgesehen. Nicht so Bentje, mein kleiner, frecher Kobold. Elbengleich lässt Kobold sich auf dem freien Stuhl neben mir nieder.

»Bentje, was soll denn dieser Aufzug wieder?«, tönt Anniek mit der mir so vertrauten sonoren Alt-Stimme.

»Lass doch gut sein. Wir wollen jetzt das wunderbare Mahl, das du uns bereitet hast, genießen und dem Herrn dafür danken«, entgegnet Jonte beschwichtigend im tiefen Bassklang.

Gehorsam falte auch ich die Hände und brumme das Vaterunser mit, das hier vor jedem Essen noch gang und gäbe ist. Ich esse still,...
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