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Der Ritt auf dem Funken

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
272 Seiten
Deutsch
epublierschienen am15.02.20231. Auflage
Loisi Hacker hatte vorgehabt, an die Nordsee zu reisen, entschied sich aber zu bleiben und ihre vor kurzem aufgenommenen Experimente fortzusetzen. Auch wollte sie nicht abwesend sein, falls der Vormund, von dem sie seit Monaten keine Nachricht erhalten, nach Untersberg käme. Herr Pfleiderer hatte bei seinem heimlichen Besuch Loisi ein Scheckbuch auf zehntausend Mark zurückgelassen, damit sie nicht in Verlegenheit geriete, wenn er verhindert wäre sie zu besuchen. Die Professoren, Ingenieure und Werkmeister gingen in Ferien. Sidney Montford blieb. Er schloss sich jeden Morgen in den, ihm vom Technikum zur Verfügung gestellten, Experimentensaal ein und kam meist den ganzen Tag nicht zum Vorschein. Oft lud er einen großen Kasten auf seinen Rücken, schleppte noch eine schwere Handtasche mit sich und verschwand am frühen Morgen in der Richtung nach den Zeißer Bergen.

Joseph Delmont, als Josef Pollak, * 8. Mai 1873 in Loiwein, Österreich-Ungarn; + 12. März 1935 in Bad Pystian, Tschechoslowakei) war ein österreichischer Filmregisseur und Schriftsteller.
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Produkt

KlappentextLoisi Hacker hatte vorgehabt, an die Nordsee zu reisen, entschied sich aber zu bleiben und ihre vor kurzem aufgenommenen Experimente fortzusetzen. Auch wollte sie nicht abwesend sein, falls der Vormund, von dem sie seit Monaten keine Nachricht erhalten, nach Untersberg käme. Herr Pfleiderer hatte bei seinem heimlichen Besuch Loisi ein Scheckbuch auf zehntausend Mark zurückgelassen, damit sie nicht in Verlegenheit geriete, wenn er verhindert wäre sie zu besuchen. Die Professoren, Ingenieure und Werkmeister gingen in Ferien. Sidney Montford blieb. Er schloss sich jeden Morgen in den, ihm vom Technikum zur Verfügung gestellten, Experimentensaal ein und kam meist den ganzen Tag nicht zum Vorschein. Oft lud er einen großen Kasten auf seinen Rücken, schleppte noch eine schwere Handtasche mit sich und verschwand am frühen Morgen in der Richtung nach den Zeißer Bergen.

Joseph Delmont, als Josef Pollak, * 8. Mai 1873 in Loiwein, Österreich-Ungarn; + 12. März 1935 in Bad Pystian, Tschechoslowakei) war ein österreichischer Filmregisseur und Schriftsteller.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783757517397
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatE101
Verlag
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum15.02.2023
Auflage1. Auflage
Seiten272 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse918 Kbytes
Artikel-Nr.11065866
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

1.

Laut Statuten unseres Instituts kann Ihrem Ansuchen nicht willfahrt werden. § 26 des Technikums Hohenwelten besagt, dass die Aufnahme von weiblichen Studierendens unstatthaft ist.

Das Rektorat

Technikum Hohenwelten,

gez. Prof. Gerstenkorn.

 

Zornig ballte Loisi Hacker den Oktavbogen zusammen und schleuderte ihn in die Zimmerecke.

»Das nennt sich eine fortschrittliche Welt!« stieß sie erzürnt zwischen den Zähnen hervor. »Ein Mädchen, eine Frau kann nicht Brückenbauer oder Konstrukteur praktisch studieren, weil ihr die Vorbildungsanstalten die Türen verschließen.«

Mit einem Schwung warf sich die Erregte in einen Lehnstuhl, kreuzte die Beine und stützte den Kopf in die Hand.

Herr Pfleiderer erhob sich, nahm das Papier vom Boden, glättete es und las. Hin und wieder ließ er seinen Blick über den Briefrand schweifen und mit Wohlgefallen schielte er auf die schön geformten, bis über die Knie sichtbaren Beine des Mädchens, die in beigefarbenen seidenen Strümpfen staken.

»Ich verstehe dich nicht, Loiserl, warum willst denn durchaus Techniker werden? Ist das ein Beruf für ein junges Mädel? Hast du das notwendig? Ich kann dir nur immer wiederholen, dass du, wenn du ⦫

Mit scharfem Ruck warf Loisi den Kopf herum, und versuchte vergeblich den kurzen Rock über die Knie zu ziehen, als sie Pfleiderers Blicke wahrnahm. Wütend fauchte sie ihn an:

»Wollen Sie schon wieder von der unmöglichen Geschichte anfangen? Sind Sie noch immer nicht vernünftig geworden? Sie mit Ihren fünfundvierzig Jahren und ich mit meinen sechzehn! Nur dreißig Jahre sind Sie älter als ich. Lassen Sie mich endlich in Ruh mit Ihren Dummheiten!«

»Schau, Loiserl, der Altersunterschied macht gar nichts aus, ich möchte dir den Himmel auf Erden bereiten, ich möchte ⦫

Ein knallendes Geräusch verhinderte Pfleiderer den Satz zu beenden; sein Blick ruhte auf dem Brief und so hatte er nicht bemerkt, dass Loisi in das Nebenzimmer ging und die Tür mit Gewalt hinter sich zuschlug.

»Das Mädel ist rein verrückt«, murmelte Pfleiderer, »und ich alter Esel hab mich in sie vergafft und leb keine ruhige Stunde mehr. Recht hat sie ja mit dem Altersunterschied, aber sieht sie denn wie eine Sechzehnjährige aus? Jeder Mensch schätzt sie auf achtzehn bis zwanzig Jahre.«

Unruhig schritt Loisi in ihrem Zimmer auf und nieder, angestrengt arbeiteten ihre Sinne. Schon drei technische Studienanstalten hatten sie abgewiesen. Sie konnte es nicht begreifen, dass man in dieser modernen, fortgeschrittenen Welt einem Menschen eins Studium verweigerte, weil er weiblichen Geschlechts war. Es gab fast keinen Beruf mehr, in dem nicht Frauen den Männern den Rang streitig machten. Doctor med. jus, chemie, phil., theologie und jede andere akademische Laufbahn stand der Frau offen, nur den weiblichen Dr. ing. gab es nicht.

Alles, aber auch alles schlug ihr fehl. Als kleines Mädel spielte sie, anstatt mit Puppen, mit der Mutter Nähmaschine, zerlegte des Vaters Taschenuhr und verbrannte sich die Finger an den Lichtleitungsdrähten, als sie einen Schalter demontierte, die Drahtenden aneinander hielt und Kurzschluss verursachte.

Schon der Großvater war ein Bastler gewesen, hatte alle möglichen und unmöglichen Dinge erfunden und erbaut. An seiner Gartentüre hatte er eine verzwickt konstruierte Vorrichtung angebracht. Jeder, der ins Haus wollte, musste den Vorgarten passieren. Die Gartentür zu öffnen, bedurfte es gewisser Kraftanstrengung, und bei jedesmaligem Kreischen der Scharniere pumpte die sinnreiche Erfindung des alten Hacker einen Liter Wasser in ein großes Fass im Garten.

Alle Uhren im Haus hatten Spielwerke und vielfaches Geläute. War eine Viertel- oder halbe Stunde um, so schrien einige Kuckucke, zwitscherten Vögel, läuteten Glocken, blökte ein Schaf. Die vollen Stundenschläge trieben die übrigen Hausbewohner zur Verzweiflung, da hierbei einige Musikwerke in den Uhren Lieder, Märsche und Oratorien anstimmten. Ein Glück für die alte Frau Hacker, dass sie stocktaub war.

In ganz Graz kannte man den alten Bastler Hacker und machte sich es lustig über ihn.

Loisi wuchs im Hause der Großeltern auf, fand schon in zartester Kindheit an den Arbeiten des Großvaters Freude und Unterhaltung. Die Eltern waren früh gestorben und nun blieb das Enkelkind der alten Leutchen Sonnenschein.

Jede freie Stunde brachte die Kleine in der Werkstätte des Großvaters zu und verfolgte mit großem Interesse des alten Herrn Arbeiten. Oftmals demontierte sie die kunstreich verfertigten Automatens, erhielt Schelte und hie und da einen Klaps auf die Finger.

Loisi erbte das Basteln und ließ nicht mehr davon ab. In die Schule nahm sie kleine Mechanismen mit, unterhielt sich und die Klassengenossinnen damit und wurde oftmals, nachdem der Lehrer die Dinge konfisziert hatte, noch bestraft. Feilen, Bohrer, Fräser und anderes musste der Großvater abholen.

Als die Großeltern starben, ernannte die Vormundschaftsbehörde Herrn Karl Pfleilderer einen entfernten Verwandten des Mädels zu dessen Vormund. Das gesamte Vermögen der alten Leute ging auf Loisi über. Sie blieb in dem Haus wohnen, die Dienstboten verließen sie nicht, und jeder Versuch Pfleiderers, das Mündel zu bewegen, zu ihm zu ziehen, stieß auf energischen Widerstand.

»Dös wär ja noch schöner«, schrie die alte Crescentia, die schon über vierzig Jahre »den Hackerleuten die Wirtschaft geführt hatte, »bei ein Junggesellen werden wir das Mädel wohnen lassen! Was die Leute nachher reden möchten!«

In ganz Graz war der vielfache Hausbesitzer als Don Juan verschrien. Es war aber bei weitem nicht so arg, als es die Leute gerne haben wollten. Herrn Pfleiderers ganzes Verbrechen bestand darin, dass er nicht heiraten mochte. Er war ein richtiger Spießer und huldigte nur etwas frieieren Ansichten als seine Mitbürger, setzte sie aber niemals in die Tat um. Er hatte mit einigen Kellnerinnen Techtel-Mechtel gehabt, war jedoch allen Eheschlingen geschickt ausgewichen. Dies wurde ihm von den Grazern im Allgemeinen und von den im dritten Bezirk Wohnenden im besonderen übelgenommen.

Als die Loisi das vierzehnte Lebensjahr erreicht hatte, sah sie wie eine Siebzehnjährige aus. Man konnte sie nicht gerade schön nennen, doch übte sie einen ungeahnten Reiz auf die Männerwelt aus. Stets stiegen die Herren der Schöpfung diesem über das Mittelmaß gewachsenen Mädel nach, flüsterten ihr manchmal Liebesworte ins Ohr und mussten es dulden, dass ihnen die Begehrenswerte die mit einem Riemen zusammengeschnürten Bücher um die Ohren schlug und ihnen schmerzhafte Wunden und Beulen beibrachte. Wer sich einmal bei Loisi eine derartige Abfuhr geholt hatte, wich ihr in Zukunft aus. -

Karl Pfleiderer kehrte eines schönen Herbsttages aus der Sommerfrische St. Lorenzen zurück und sah starren Auges, wie schön sein Mündel war, wenn es in enthusiastischen Tönen von ihrer Zukunft sprach. Des Vormunds Staunen wuchs, als Loisi ihm mitteilte, dass sie eine technische Vorbildungsanstalt und später eine technische Hochschule besuchen wolle, um Ingenieur zu werdens. Jede Widerrede war fruchtlos.

Oftmals besuchte Pfleiderer sein Mündel, und eines Tages wurde sich der Hagestolz bewusst, dass er in die Loisi sterblich verliebt sei. Verliebt, wie er es noch nie in seinem Leben gewesen.

Monatelang rang er mit dieser Leidenschaft, schalt sich einen Narren, der sich mit unnützen Gedanken, mit unerfüllbaren Wünschen trage. Er ging mit sich zu Rate, kritisierte scharf sein Spiegelbild und kam endlich zu dem Entschluss, mit dem Mündel darüber zu sprechen.

Loisi schüttelte sich vor Lachen, als ihr der Vormund eine regelrechte Liebeserklärung machte, der er den Heiratsantrag folgen ließ. Am siebzehnten Geburtstag Loisis sollte die Trauung stattfinden.

Der alternde Pfleiderer ließ mit seinen dringlichen Werbungen erst nach, als ihm Loisi drohte, die Obervormundschaftsbehörde anzurufen. Jedoch immer wieder, wenn auch in verschämt bittender Form, warb der Verliebte um das Mädchen. -

Vor dem kleinen Toilettenspiegel blieb Loisi stehen und besah interessiert ihr Gesicht. Lange starrte sie ihr Spiegelbild an, dachte angestrengt nach; eine Idee durchzuckte plötzlich ihr Gehirn, sie wandte sich um und eilte in das Wohnzimmer zurück. Sicherlich war der Herr Vormund noch anwesend.

»Sie sagen immer, dass Sie mich so gern haben, Herr Vormund. Wenn dies wirklich und wahrhaftig der Fall ist, dann müssen Sie mir eine kleine Gefälligkeit erweisen.«

»Alles, alles, was du willst, Loisi, wann du mir nur eins versprischst.«

»Mir, nir verspreche ich. Uneigennützig muss die Liebe sein.«

»Rede, Kind, was willst du, aber vergiss net, dass ich dich gern hab.«

»Schon gut, davon reden wir später. Wollen Sie mir meine Bitte erfüllen?«

»Ja, was ist es denn? Wann es in meiner Macht steht.«

»Es steht in Ihrer Macht.« Loisi dachte nach. »Sie sind doch Gemeinderat und Kirchenvater, Herr Vormund?«

»Freilich, freilich, das bin ich, aber was hat denn das damit zu tun?«

»Nur Geduld, Herr Vormund«, sie stockte, »wer hat denn die Heimat- und Geburtsscheine am Magistrat auszufüllen?«

Pfleiderer sah mit wenig intelligentem Gesicht auf sein Gegenüber. Loisi wiederholte ihre Frage.

»Ja, das weiß ich net, wahrscheinlich in jedem Bezirk ein Beamter, der die Matrikelbücher führt.«

Loisi setzte sich auf die Seitenlehne des Klubsessels, in dem Pfleiderer saß.

»Sie sagen, Sie haben mich gern, wollen mich heiraten. Verschaffen Sie mir einen Heimat- und Taufschein auf den Namen Alois Hacker und dann reden wir in zwei Jahren vom Heiraten.«

Offenen...
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