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Matrjoschka!

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
138 Seiten
Deutsch
Books on Demanderschienen am13.03.20231. Auflage
Helden der Kindheit, Erlebtes auf Reisen, Gehörtes und Aufgeschnapptes in der Schweizer Heimat und der Berliner Wahlheimat. In zwölf Kurzgeschichten werden der Ex-Polizist in der kargen Klosterzelle, ein milliardenschwerer Klimaschutzaktivist auf dem Ergometer, das Wunder von Bern, ein Schwimm-Olympiasieger als Bravo-Starschnitt an der Wand hängend, ein mitten in der Nacht schrill klingelndes Wandtelefon, ein toskanischer Holzpuppen-Drechsler und ein Alligator im Hotelbadzimmer ineinander gestapelt.

Thomas Weidner (geboren 1968) aufgewachsen in der Agglomera-tion von Biel/Bienne, einer deutsch- und französischsprachigen Stadt der Schweiz. Den Beruf des Metallbauzeichners erlernt, nach längeren Reisen durch Lateinamerika plant er seit dem 27. Lebensjahr als selbständig erwerbender Fassadenplaner Gebäu-deaussenhüllen aus Glas und Metall. Er lebt heute mit seiner Familie am südlichen Ufer des Bielersees, wo er sein Erstlingswerk «MATRJOSCHKA! und weitere Kurzgeschichten» geschrieben hat.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR19,99
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR7,99

Produkt

KlappentextHelden der Kindheit, Erlebtes auf Reisen, Gehörtes und Aufgeschnapptes in der Schweizer Heimat und der Berliner Wahlheimat. In zwölf Kurzgeschichten werden der Ex-Polizist in der kargen Klosterzelle, ein milliardenschwerer Klimaschutzaktivist auf dem Ergometer, das Wunder von Bern, ein Schwimm-Olympiasieger als Bravo-Starschnitt an der Wand hängend, ein mitten in der Nacht schrill klingelndes Wandtelefon, ein toskanischer Holzpuppen-Drechsler und ein Alligator im Hotelbadzimmer ineinander gestapelt.

Thomas Weidner (geboren 1968) aufgewachsen in der Agglomera-tion von Biel/Bienne, einer deutsch- und französischsprachigen Stadt der Schweiz. Den Beruf des Metallbauzeichners erlernt, nach längeren Reisen durch Lateinamerika plant er seit dem 27. Lebensjahr als selbständig erwerbender Fassadenplaner Gebäu-deaussenhüllen aus Glas und Metall. Er lebt heute mit seiner Familie am südlichen Ufer des Bielersees, wo er sein Erstlingswerk «MATRJOSCHKA! und weitere Kurzgeschichten» geschrieben hat.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783756265060
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum13.03.2023
Auflage1. Auflage
Seiten138 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.11213796
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

NEUES WASCHBECKEN

Dr. Faustus Strotzer schaut nachdenklich aus dem Fenster am Drosselweg 13b. Vor der imposanten Schwimmhalle zieht der Nebel vorbei. Die Schwimmhalle hat zwei Fünfzigmeterbekken und verschiedene Sprungtürme. Zum Teil schwindelerregende zehn Meter hoch. Als die Jungfamilie Strotzer in ihr neu gebautes Einfamilienhaus einzieht, steht die Schwimmhalle noch nicht. Sie hatten einen atemberaubenden Ausblick auf den malerischen See.

Armin Senn ging mit Strotzer zur Schule. Die beiden hatten sporadischen Kontakt im örtlichen Lions Club. Senn studierte Bauingenieurwesen und wird stellvertretender Leiter des Hochbauamtes. Senn versichert Strotzer mehrmals, dass die Landwirtschaftszone zwischen dem Drosselweg 13b und dem See nie umgezont wird und somit nicht bebaut werden kann.

Senn irrte sich.

Strotzer studierte Medizin. Er wird allgemeiner Hausarzt. Seine Patienten schätzen seine korrekte Art. Mit zwei Ausnahmen: Lydia Schleicher und ihr Mann Erwin Schleicher, der ebenfalls Patient bei Strotzer war. Strotzer übersieht bei einer Untersuchung im April Erwin Schleichers Herzfehler. Im Mai stirbt er in den Armen von Lydia bei einer gemeinsamen Wanderung an ihrem 25. Hochzeitstag am Fusse des stark zurückschmelzenden Gletschers. Erwin Schleicher hat grosses Pech. Ihn ereilt dieses Unglück einen Monat vor seiner Pensionierung.

Strotzer hat grosses Glück. Die Klage von Lydia Schleicher wird abgewiesen. Der entscheidende Richter ist ein Jugendfreund von Strotzers Schwester Aurora. Strotzer darf weiterhin seinen Beruf ausüben. Er liebt seinen Beruf.

Sein Vater war auch Arzt. Seine Mutter unterrichtete an der Klassischen Musikhochschule Cello. Der junge Strotzer will Tauchlehrer in der Karibik werden. Seinem Vater passt das gar nicht und er droht ihm, ihn zu enterben. Strotzer knickt ein und seine Freundin Melody, mit der er in die Karibik auswandern wollte, trennt sich von ihm. Melody wandert alleine aus. Wie Strotzer von Melodys Schwester später erfährt, ist sie unglücklich mit einem einheimischen Strandbarbesitzer verheiratet und hat ein massives Alkoholproblem.

Strotzers Schwester Aurora studiert Philosophie und wird Professorin in Oxford. Sein Bruder Gilles studiert Germanistik, wird ein angesehener Literaturkritiker, stirbt aber noch vor seinem vierzigsten Geburtstag beim Fallschirmspringen auf den Azoren. Noch während dem Studium lernt Strotzer Mareike kennen. Mit Mareike füllt sich Strotzers Leben mit Sonnenschein, Lust und Fröhlichkeit, wie er es bis anhin nicht kannte. Mareike arbeitet als Verkäuferin in der renommiertesten Konditorei in der Stadt, der «Patisserie Royale». Vor allem die hausgemachten Pralinen sind ausgezeichnet und weit über die Stadtgrenze hinaus bekannt. Sie sind mit Champagner gefüllt.

Die Innenwände der Konditorei sind ausschliesslich mit Fototapeten aus den 70er Jahren verkleidet. Jene Tapeten, die wahrscheinlich ein Teil des Fernwehs befriedigen sollten, bei den Menschen, die sich Fernreisen nicht leisten konnten. Der langjährige Besitzer der Patisserie Royale - Félicien La Rochefoucauld - könnte sich wahrscheinlich jede erdenkliche Fernreise leisten. Umso erstaunlicher ist die stilistische Entgleisung der Innengestaltung seiner Patisserie Royale.

Die Wand hinter dem Verkaufstresen zeigt einen kitschigen Sonnenuntergang an einem Palmenstrand in der Südsee. Die Palmen wachsen diagonal von unten links nach oben rechts über das Bild. Einzelne Palmenblätter sind braun vertrocknet. An einer Palme hängen reife Kokosnüsse. Der Sand des Strandes ist blendend weiss. Die Farbe des Meeres verändert sich von blendend weiss über türkis zu einem Hellblau, welches sich in der Bekleidung der Verkäuferinnen der Patisserie Royale wieder findet. Im Himmel sucht man vergebens nach Wolken. Man findet keine Cirrus, Altokumulus oder Nimbostratus, welche dem Bild eine gewisse Dynamik verleihen würden. Den Himmel nimmt man in der gleichen, langweiligen, hellblauen Farbe wahr, in der das Meer aufhört. Der Übergang von Meer zu Himmel ist somit nicht erkennbar.

Auf der Wand unmittelbar neben der Eingangstüre sieht man einen riesigen Wasserfall in einem üppigen tropischen Regenwald. Es ist nicht ein Wasserfall, sondern eine Aneinanderreihung von vielen Wasserfällen.

Vor dem Wasserfall ganz links sitzt ein weisser Vogel mit langen, dünnen, schwarzen Beinen und einem spitzigen orangefarbenen Schnabel. In der Nähe von leuchtend rosafarbenen Blüten fliegen zwei Kolibris. Und als ob das nicht schon reichen würde, sitzt im Vordergrund des Bildes, im dichten Farn, ein schwarzer Panther. Der Lichteinfall auf dem Fell des Panthers verrät bei genauem Hinschauen sehr deutlich, dass es sich um eine Fotomontage handelt.

Am meisten Beachtung findet die Wand neben dem Schaufenster. Eine Fototapete mit dem Motiv einer afrikanischen Savanne. Zebras, Giraffen, Gnus, Elefanten und Löwen sind in das ursprünglich äusserst ruhig wirkende Grundmotiv hineinmontiert worden, dass es für ein ästhetisch geschultes Auge unerträglich wird. Menschen mit fundierten Biologiekenntnissen würden bei dieser Tapete zusätzlich stören, dass sich asiatische Elefanten in der doch klar erkennbar afrikanischen Savanne aufhalten.

Die Verkäuferinnen der Patisserie Royale wirken aufgedonnert und tragen hochwertige Kostüme. Hellblaue Uniform-Kostüme wie sie Stewardessen in den Sechzigerjahren trugen und in Hollywoodfilmen oft verwendet wurden.

Die Pralinen sind aber so gut, dass die Kunden die befremdende Ästhetik der Wände und der Personalbekleidung in Kauf nehmen. Auch Mareikes Erscheinen wirkt beim ersten Hinschauen irritierend.

Ihre aufdringliche Schminke lässt sie wie eine Verkäuferin erscheinen, die in der Parfümerieabteilung eines Warenhauses arbeitet. Mareike hat ein sehr kommunikatives, fröhliches Auftreten. Die Kunden mögen Mareike sehr. Einer der treusten Stammkunden ist Strotzer.

Strotzer verbringt seine ersten zwanzig Lebensjahre vor allem damit, den Erwartungen seiner Eltern gerecht zu werden. Strotzer kriegt dies ziemlich gut hin. Unbeschwertheit, Glück oder Verliebtheit sind für ihn jedoch theoretische Begriffe, die er höchstens von seinen Mitschülern oder Freunden kennt. Strotzer hat sie selber nicht erlebt. Seine Freunde erzählen von Schmetterlingen im Bauch. Strotzer kennt dieses Gefühl auch. Seine Schmetterlinge sind aber böse oder bekloppt. Sie bereiten ihm starkes Unwohlsein.

Mareike und Strotzer sind bald ein Paar. Strotzer taucht immer öfter in der Konditorei auf. Mareike findet ihn etwas eigenartig, aber sehr attraktiv. Sie merkt ziemlich schnell, dass Strotzer nicht wegen der Pralinen hier ist. Sie merkt auch, dass er sehr schüchtern ist und nie mehr als Bitte eine mittelgrosse Schachtel von den gemischten Pralinen sagen würde. Deshalb ergreift sie die Initiative und schreibt von Hand ihre Handynummer auf den Kassenzettel. Unter der Nummer steht

nächsten Samstag um 18 Uhr in der Bar neben dem Kino Metropolis?

Strotzer ist am nächsten Samstag um 18 Uhr nicht in der Bar neben dem Kino Metropolis. Er hat nichts gegen diese Bar und schon gar nichts gegen Mareike und ihren Vorschlag zu diesem Date. Strotzer ist jedoch zum Abendessen bei seinen Eltern eingeladen.

Strotzers Vater kriegt schlechte Laune, wenn nicht pünktlich um 18 Uhr gegessen wird. Strotzer schreibt Mareike eine Nachricht, ob 20 Uhr auch ok wäre. Es war ok. Sehr ok sogar. Zwei Stunden später erlebt Strotzer in Mareikes Schlafzimmer die glücklichsten Stunden seines bisherigen Lebens. Es geht plötzlich alles sehr schnell. Mareike ist Strotzer intellektuell um Längen unterlegen. Strotzer stört dies aber nicht. Er lässt Mareike diesen Unterschied, in den ersten Jahren ihrer Beziehung zumindest, nicht spüren. Strotzer ist durch alle anderen Eigenschaften von Mareike einfach nur glücklich. Er umschifft Ihre Unterhaltungen geschickt, sobald die Inhalte für Mareike zu komplex werden. Strotzer ist der glücklichste Mensch, so denkt er.

Sie heirateten. Kevin, Justin und Jason werden geboren. Strotzer kann von seinem Vater dessen Hausarztpraxis an der Lindenschmitstrasse 27 übernehmen. Mareike arbeitet nicht mehr in der Patisserie Royale. Sie kümmert sich um die Kinder und um Alles, was im neu gebauten Einfamilienhaus mit Wintergarten und Doppelgarage am Drosselweg 13b anfällt. Sie erklärt dem Gärtner, wann er welchen Rasen mähen muss. Sie sagt der Putzfrau an welchem Wochentag welche Räume zu reinigen sind.

Das Au-pair-Mädchen ist ebenfalls im Bild, wann Kevin, Justin und Jason von der Schule abgeholt werden müssen und für welchen der drei Jungs sie bitte vegetarisch kochen soll. Es ist Jason. Strotzers führen das Leben einer modernen, wohlhabenden Vorzeigefamilie. Strotzers bezahlen pünktlich ihre Steuern. Kevin, Justin und Jason sind gute Schüler, absolvieren das Gymnasium, schreiben interessante Maturaarbeiten und studieren Medizin, Physik und Philosophie. Philosophie? Das war Jason. Passt nicht hundertprozentig ins Schema, doch dazu später mehr.

Die unmittelbaren Nachbarshäuser des Drosselwegs 13 b werden von den Familien Dreher (Drosselweg 13a)...
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