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Guilty - Dafür wirst du zahlen

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
320 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am15.11.2023
Aus dem Gefängnis gevotet: Jeder darf ihn jagen. Jeder darf ihn töten. Und jeder darf ihm helfen.
Seit drei Jahren ist Patty von der Idee besessen, den Mörder ihrer kleinen Schwester über die App »Guilty« aus dem Gefängnis zu voten. Wer schuldig gesprochen ist und drei Jahre abgesessen hat, kommt bei drei Millionen Klicks aus dem Gefängnis und wird zur Jagd freigegeben. Patty trainiert regelmäßig am Schießstand und bereitet sich darauf vor, ihr menschliches Ziel ins Visier zu nehmen. Doch sie ist nicht die Einzige, die ihn töten will. Sie hat keine Ahnung, mit welchen Menschen sie es aufnimmt.
Ein atemloser Thriller zum Thema Hatespeech, »Like«-Kultur und Manipulation
Alle Bände der »Guilty«-Reihe:
Guilty - Du wirst nicht entkommen (Band 1)
Guilty - Dafür wirst du zahlen (Band 2)

Jean-Christophe Tixier war 20 Jahre Lehrer, bevor er sich ganz dem Schreiben widmete. Er ist Autor zahlreicher Romane verschiedener Genres für Jugendliche und Erwachsene, außerdem schreibt er Comics und Hörspiele. Jean-Christophe Tixier lebt in Pau und in Paris.
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR13,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR8,99

Produkt

KlappentextAus dem Gefängnis gevotet: Jeder darf ihn jagen. Jeder darf ihn töten. Und jeder darf ihm helfen.
Seit drei Jahren ist Patty von der Idee besessen, den Mörder ihrer kleinen Schwester über die App »Guilty« aus dem Gefängnis zu voten. Wer schuldig gesprochen ist und drei Jahre abgesessen hat, kommt bei drei Millionen Klicks aus dem Gefängnis und wird zur Jagd freigegeben. Patty trainiert regelmäßig am Schießstand und bereitet sich darauf vor, ihr menschliches Ziel ins Visier zu nehmen. Doch sie ist nicht die Einzige, die ihn töten will. Sie hat keine Ahnung, mit welchen Menschen sie es aufnimmt.
Ein atemloser Thriller zum Thema Hatespeech, »Like«-Kultur und Manipulation
Alle Bände der »Guilty«-Reihe:
Guilty - Du wirst nicht entkommen (Band 1)
Guilty - Dafür wirst du zahlen (Band 2)

Jean-Christophe Tixier war 20 Jahre Lehrer, bevor er sich ganz dem Schreiben widmete. Er ist Autor zahlreicher Romane verschiedener Genres für Jugendliche und Erwachsene, außerdem schreibt er Comics und Hörspiele. Jean-Christophe Tixier lebt in Pau und in Paris.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641299606
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum15.11.2023
Reihen-Nr.2
Seiten320 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3525 Kbytes
Artikel-Nr.11382838
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

1

Tag 1, 21.50 Uhr - Pattys Zimmer

Seraph_Up

Eine Million Klicks? Da kann ich dir helfen. Gewusst wie. ;-) Die öffentliche Meinung ist leicht zu manipulieren, wenn man über die richtigen Instrumente verfügt.

21:50

Als sie diese Nachricht liest, macht Pattys Herz einen Hüpfer und fängt wie wild zu schlagen an. Sie starrt mit einer solchen Intensität auf die Sätze, dass sie kein einziges Mal mehr blinzelt. Nach ein paar Sekunden fangen die Buchstaben im bläulichen Licht des Displays zu tanzen an. Widersprüchliche Gefühle überfluten sie. Die Hoffnung, die Schwelle von drei Millionen Klicks zu erreichen, und dass dann der Mörder ihrer Schwester freigelassen wird. Ekel angesichts des zur Schau getragenen Zynismus von Seraph_Up. Wenn sie ehrlich mit sich selbst ist, sind es auch nicht die verwendeten Wörter, die ihr Unbehagen bereiten. Nein, es ist der zwischen die Sätze eingefügte Zwinkersmiley. Der eine Komplizenschaft signalisiert. Sie zur Komplizin machen will. Und dann ist da noch das Pseudonym, Seraph_Up, bei dem sie an das Bild auf dem Einband des Tagebuchs ihrer Schwester denken muss. Weiß der Schreiber oder die Schreiberin darüber Bescheid? Das Tagebuch liegt jetzt immer auf ihrem Nachttisch. Das Bild zeigt einen Engel, mit Flügeln natürlich, einen Arm auf einer Wolke abgelegt, den anderen abgewinkelt, mit der Hand das Kinn abstützend.

Patty hat immer schon daran geglaubt, dass es so etwas wie ein Leben nach dem Tod gibt. Und auch daran, dass es in der Welt geheimnisvolle Zeichen gibt, ausgesendet von denen, die auf die andere Seite gewechselt haben. Um diejenigen zu erleuchten und durch ihr Leben zu begleiten, die sie zu sehen vermögen. Iris ist tot. Ja. Für die meisten, die sie gekannt haben, bleibt von ihr nur dieses Tagebuch. Die Fotos, auf denen sie zu sehen ist. Und all die Erinnerungen, die ihre Liebsten tief im Herzen tragen. Sonst nichts. Aber sie, Patty, weiß, dass Iris da ist. Iris ist bei ihr. Sie begleitet sie. Sie lenkt ihre Schritte.

Patty steht auf, geht durchs Zimmer und greift nach dem Tagebuch. Sie streicht über den Einband. Liebevoll, fast liebkosend. Spürt, wie ihr Tränen in die Augen steigen. Sie hat sich angewöhnt, das Tagebuch wie ein Orakel zu verwenden. Als Hilfe, wenn sie nicht weiß, wie sie sich in einer Situation entscheiden soll, wie sie sich verhalten soll. Patty holt einmal tief Luft, schlägt blind eine Seite auf und liest: »Heute Morgen ist der Himmel so blau, dass die Vögel, die über ihn gleiten, Fischen gleichen. Wie gerne würde ich auch so schweben oder schwimmen können. So leicht sein, so beweglich. Davonfliegen. Den Wind in meinen Haaren spüren. Die Erde von oben betrachten und nie mehr landen. Nie mehr.«

Patty klappt das Tagebuch wieder zu. Tränen laufen ihr die Wangen hinunter. Beißen wie Säure. Einen Moment denkt sie nach, welche Botschaft ihr dieser Auszug aus dem Tagebuch senden will. Plötzlich ist ihr alles klar. Die Seele ihrer Schwester möchte gerne in den Himmel entschweben, doch irgendetwas hält sie zurück. Ist Seraph vielleicht der Schlüssel zu allem?

»Iris«, flüstert sie. »Du fehlst mir so sehr.«

Sie drückt das Tagebuch ihrer Schwester fest an sich, schaut auf das Foto an der Wand. Es wurde sechs Monate vor ihrem Tod aufgenommen, in einem Vergnügungspark. Das fröhliche Gesicht von Iris und ihr geöffneter Mund lassen erahnen, wie hell und laut sie aufjuchzt, als der Wagen, in dem sie sitzt, sich plötzlich in die Tiefe stürzt. Patty schließt die Augen, um den durchdringenden Schrei ihrer Schwester zu hören, der die laute Musik und das Lachen aller Kinder ringsum übertönt. Sie erinnert sich an das Strahlen von Iris, als der Wagen der Achterbahn schließlich am Ausgangspunkt wieder anhielt. Zwei Männer hatten ihr zurück in den Rollstuhl geholfen. In dem Augenblick aber, in dem das Foto aufgenommen wurde, gab es ihren Rollstuhl nicht mehr. Es gab die Lähmung ihrer Beine nicht mehr und auch nicht den Rattenschwanz an Problemen, den ihre Beeinträchtigung für sie nach sich zog. Iris war da einfach nur glücklich. Wie schön das anzusehen war!

Patty öffnet die Augen wieder. Einen Moment steht sie reglos da. Sie legt das Tagebuch auf den Nachttisch zurück. Schaut den Engel auf dem Einband an. Geht zu ihrem Schreibtisch, berührt die Tastatur, um ihren Computer aus dem Stand-by zu wecken. Eine neue Nachricht poppt auf.

Seraph_Up

Und, was ist? Interessierst du dich nicht für meinen Vorschlag?

Marc Bardys könnte dir entwischen.

22:04

Patty kann noch so sehr davon überzeugt sein, dass ihre Schwester ihr diesen Seraph geschickt hat - es ändert nichts daran, dass sie in diesem Augenblick erstarrt. Sie schaut um sich, fühlt sich beobachtet. Ja, geradezu ausspioniert. Sie steht auf, zieht den Vorhang an ihrem Fenster zu, kehrt an den Schreibtisch zurück. Setzt sich wieder hin. Paranoia. Aber das Wort laut auszusprechen, genügt nicht, sie hat weiter das Gefühl, dass ihr der Boden unter den Füßen weggezogen wird. Irgendwo, vielleicht am anderen Ende der Stadt, vielleicht ganz in der Nähe, nur zwei Straßen entfernt, beobachtet jemand, wie sie reagiert. Wartet auf ihre Antwort.

Sie sieht hinüber zu ihrem Bett, dorthin, wo das Tagebuch ihrer Schwester liegt. Geht dann auf die Website von Guilty, klickt die Seite an, auf der Zählerstand angezeigt wird.


Gladys Tromer

2 135 612

Marc Bardys

2 003 678

Charlie Viall

1 374 408


Der Mörder ihrer Schwester ist auf den zweiten Platz zurückgefallen.

Da packt sie plötzlich die Wut. Empörung flammt auf, die Wunde ist wieder aufgerissen. Sie will nur noch gegen diese Reihenfolge ankämpfen. Seit zwei Wochen stieg die Zahl der Klicks bei Marc Bardys unablässig nach oben, alles schien hervorragend zu laufen, sie konnte damit rechnen, dass die Anzahl von drei Millionen Klicks bald erreicht sein würde. Nur noch etwas Geduld, viel mehr brauchte sie nicht. Sie wies alle um sich herum auf die Abstimmung hin, schickte Mails an alle Freundinnen und Bekannten. Forderte sie dazu auf, Marc Bardys anzuklicken und die Mail an ihre eigenen Netzwerke weiterzuversenden. Sie hatte sogar mal bei einem Radiosender angerufen und sich in einer Sendung zu Wort gemeldet. Alle Zuhörenden aufgefordert, für die Freilassung des Mörders ihrer Schwester zu stimmen. Und alles schien gut zu laufen. Bis jetzt. Jetzt reichen ihre kleinen Aktionen nicht mehr aus. Marc Bardys scheint ihr zu entwischen.

Patty denkt an das Versprechen, das sie Iris im Krankenhaus gegeben hat. Sie erinnert sich daran, als wäre es gestern. Ihre Mutter war hinausgegangen, um einen Kaffee aus dem Automaten zu holen, und hatte sie auf der Intensivstation mit ihrer kleinen Schwester allein gelassen. Patty hatte eine Einweghaube auf dem Kopf. Einen weißen Kittel übergezogen. Und an den Füßen diese merkwürdigen Überschuhe aus blauem Plastik.

Iris war mit Schläuchen an verschiedene Apparate angeschlossen. Das Beatmungsgerät sorgte dafür, dass sich ihr Brustkorb in regelmäßigen Abständen hob und senkte. Patty hatte auf dem Monitor die farbigen Linien verfolgt, die in Wellen an ihr vorbeitanzten. Eine makabre Farce, dachte sie. In regelmäßigen Rhythmen. Sie war ganz gebannt davon.

Eigentlich hatte sie die Hand von Iris nehmen wollen, ihre eigene Hand hineinschmiegen wollen. Aber sie hatte die Hand von Iris dann nur leicht gestreift. Sie lag so reglos und sanft da. Es hatte lange Minuten gedauert, bis sie ihren Blick endlich auch auf dem Gesicht ihrer Schwester ruhen lassen konnte. An manchen Stellen schimmerten unter dem Verband Wundschorf und blaue Flecken hindurch. Der Rest des Gesichts war bleich, ohne Ausdruck. Fast nicht wiederzuerkennen. Das war es, was Patty am stärksten aufbegehren ließ. Mit den Lippen hatte sie vier Wörter geformt. Er wird dafür bezahlen. Und diese vier Wörter verbanden sie wie ein feierlicher Schwur mit ihrer Schwester. Ihre ganze Wut hatte sie darin gebündelt und zu verwandeln versucht. Damit versuchte sie, deren Lebenskraft anzufachen. Umsonst.

Seither wächst in Patty jeden Tag stärker die Überzeugung, dass Iris keine Ruhe finden wird, solange ihr Mörder friedliche Stunden im Gefängnis oder sonst wo verbringt.

»Er wird dafür bezahlen.«

Dämmerung senkt sich über Pattys Zimmer, in dem sie am Schreibtisch sitzt. Sie fröstelt. Steht abrupt auf und macht die Deckenlampe an. Das grelle Licht blendet sie. Gibt ihr Sicherheit. Sie setzt sich wieder an den Schreibtisch, starrt auf den Bildschirm. Spürt, wie sie im Kopf Gewissheit gewinnt, ja, sie ist sich jetzt sicher. Sie spürt, wie diese Gewissheit wächst und wächst und in kürzester Zeit alle anderen Gedanken auslöscht. Macht sich daran, auf die Nachricht von Seraph_Up zu antworten, zögert einen letzten Augenblick. Ihre Hände halten über der Tastatur kurz inne.

»Er wird dafür bezahlen«, murmelt sie noch einmal.

Sie würde dem Fremden am liebsten davon erzählen, wie schön ihre kleine Schwester war, welche Träume sie hatte. Wie sehr sie, Patty, ihre kleine Schwester bewunderte. Für ihre Tapferkeit, mit der sie Tag für Tag lächelnd ihr Leben meisterte. Drei Tage durchhielt, bis sie schließlich starb. Aber Patty will nicht den Eindruck erwecken, sich rechtfertigen zu müssen. Deshalb beschränkt sie sich in ihrer Antwort auf das Wesentliche:

Patty @Seraph_Up

Was schlägst du vor?

22:28

Danach starrt sie auf den Bildschirm, wartet auf eine Antwort. Vielleicht hätte sie weniger...
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Autor

Jean-Christophe Tixier war 20 Jahre Lehrer, bevor er sich ganz dem Schreiben widmete. Er ist Autor zahlreicher Romane verschiedener Genres für Jugendliche und Erwachsene, außerdem schreibt er Comics und Hörspiele. Jean-Christophe Tixier lebt in Pau und in Paris.