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Pädagogische Verantwortungen. Interdisziplinäre Spurensuche im intergenerationalen Diskurs

von
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
228 Seiten
Deutsch
Julius Beltz GmbHerschienen am04.09.20241. Auflage
Wolfgang Edelstein, Hannelore Faulstich-Wieland, Marianne Krüger-Potratz, Dietrich Benner, Hans-Günther Homfeldt, Maria Eleonore Karsten, Reinhard Wiesner und Dieter Sengling (Reprint) haben Forschungsdiskurse und Studiengänge zum Bildungs- und Hilfesystem geprägt, bildungs-, sozial- und disziplinpolitisch Verantwortung übernommen und stehen für demokratische Identifikationen sowie historische Kontextualisierungen erziehungswissenschaftlicher Perspektiven. Die kollegialen Fachgespräche unter Mitwirkung von Sandro Bliemetsrieder, Lalitha Chamakalayil, Benjamin Edelstein, Lisa Pfahl, Karsten Speck, Gerd Stecklina und Robert Wunsch rekonstruieren kooperative Perspektiven und bieten Kontextwissen für sekundäranalytische Forschung. Mit einem Kommentar von Anke Wischmann.

Anke Spies ist Professorin für Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt Pädagogik und Didaktik der Elementar- und Primarbildung an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg. Gegenwärtig ist sie mit folgenden Arbeitsschwerpunkten befasst: Ganztagsbildung für Kinder im Grundschulalter, Kooperationsverhältnisse zwischen Grundschulen und sozialpädagogischen Handlungsfeldern/Organisationen der Jugendhilfe in der Bildungslandschaft, Kinderschutz in der Primarstufe, bildungsbiografische Verläufe und hochschuldidaktische Professionalisierungsstrategien.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR28,00
E-BookPDF1 - PDF WatermarkE-Book
EUR25,99
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR25,99

Produkt

KlappentextWolfgang Edelstein, Hannelore Faulstich-Wieland, Marianne Krüger-Potratz, Dietrich Benner, Hans-Günther Homfeldt, Maria Eleonore Karsten, Reinhard Wiesner und Dieter Sengling (Reprint) haben Forschungsdiskurse und Studiengänge zum Bildungs- und Hilfesystem geprägt, bildungs-, sozial- und disziplinpolitisch Verantwortung übernommen und stehen für demokratische Identifikationen sowie historische Kontextualisierungen erziehungswissenschaftlicher Perspektiven. Die kollegialen Fachgespräche unter Mitwirkung von Sandro Bliemetsrieder, Lalitha Chamakalayil, Benjamin Edelstein, Lisa Pfahl, Karsten Speck, Gerd Stecklina und Robert Wunsch rekonstruieren kooperative Perspektiven und bieten Kontextwissen für sekundäranalytische Forschung. Mit einem Kommentar von Anke Wischmann.

Anke Spies ist Professorin für Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt Pädagogik und Didaktik der Elementar- und Primarbildung an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg. Gegenwärtig ist sie mit folgenden Arbeitsschwerpunkten befasst: Ganztagsbildung für Kinder im Grundschulalter, Kooperationsverhältnisse zwischen Grundschulen und sozialpädagogischen Handlungsfeldern/Organisationen der Jugendhilfe in der Bildungslandschaft, Kinderschutz in der Primarstufe, bildungsbiografische Verläufe und hochschuldidaktische Professionalisierungsstrategien.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783779986720
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2024
Erscheinungsdatum04.09.2024
Auflage1. Auflage
Seiten228 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse942 Kbytes
Artikel-Nr.15544354
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Bildungssysteme, Schulentwicklung und pädagogisches Handeln als Gegenstand sozialwissenschaftlicher Forschung

Wolfgang Edelstein im Gespräch mit Lisa Pfahl,
Benjamin Edelstein und Anke Spies


Lisa Pfahl: Lieber Wolfgang, ich würde gerne biografisch beginnen und dabei an das Gespräch zwischen Dir und dem Bildungsjournalisten Reinhard Karl anschließen, in dem Du Dich als Nomaden bezeichnest. Hast Du den Nomaden als Bild gewählt, weil Nomaden immer wieder ihre Koffer packen und weiterziehen oder weil sie per se Fremde im Eigenen sind? Also, dass Du gar nicht anders kannst, als in Deutschland Schulstrukturkritik zu üben?

Wolfgang Edelstein: Ich bin Isländer. Meine Identität ist Isländisch, nicht Deutsch. Ich bin in Island aufgewachsen und zur Schule gegangen. Nach dem Abitur war ich sechs Jahre zum Studium in Grenoble und Paris. Von Frankreich aus bin ich 1954 nach Deutschland gekommen. Das war eher Zufall, weil Kurt Zier75, der ebenfalls isländischer Immigrant war, mich gebeten hat, für eine Weile an der Odenwaldschule eine Lehrerstelle zu übernehmen, da dort ein Lateinlehrer fehlte. Ich glaube, der Begriff ist eher aus der subjektiven Erfahrung des Wechsels von einem Land zum anderen entstanden. Meine Wanderung durch die Länder Island, Frankreich, Deutschland und die USA hat ja Auswirkungen auf die Ausbildung meiner Gedanken gehabt. Ich habe mir damals nicht viel dabei gedacht, als ich den Nomaden wählte, vielleicht hätte ich es auch Heimatlosigkeit nennen können.

An der Odenwaldschule wollte ich eigentlich nur ein Jahr bleiben, aber dann bin ich schließlich zehn Jahre dort gewesen. Ich hatte sehr fortschrittsorientierte Vorstellungen von Ausbildung in Schulen und fand Schulsysteme eigentlich überall sehr rückständig gegenüber der Anforderung, eine junge Generation demokratisch zu erziehen. Die Odenwaldschule kam mir sehr entgegen. Ich war progressiv. Meine Schulstrukturkritik ist dabei eher aus einer ideologischen Orientierung und vor einem doppelten Hintergrund entstanden: Auf der einen Seite habe ich versucht, mir das deutsche Schulsystem verständlich zu machen. Auf der anderen, sehr viel bedeutsameren Seite stehen meine Erfahrungen an der Odenwaldschule und meine Entwicklung, die ich dort durchgemacht habe. Also eine progressive Schule, die der progressionsbedürftigen Schule gegenüberstand. Als engagiert Handelnder hat mich das sehr nachdenklich und sehr handlungsbereit gemacht.

Benjamin Edelstein: Du bist in Deiner Zeit dort sogar Studienleiter geworden.

Wolfgang Edelstein: Ja, das stimmt. Die Schule war sehr überzeugt von meinen Eingaben und Vorschlägen zur Reform. Es war eine sehr reflexive Schule, darum gab es jeden Tag eine Konferenz, auf der wir Veränderungen diskutierten. Mir ist durch diese zehn Jahre in der Odenwaldschule und den Erfahrungen mit den Gegensätzen des deutschen Schulsystems und seiner Praxis, wie sie von den umliegenden Schulen in Heppenheim, Frankfurt, Heidelberg usw. betrieben wurden, sehr deutlich bewusst geworden, was eine Schulreform eigentlich implizieren würde, um das deutsche Schulsystem zu einem demokratischen Schulsystem werden zu lassen.

Die Liberalität des isländischen Schulsystems hat mir sozusagen eine Leuchtspur gegeben, um über die Gestaltung des Lebens in einem Schulsystem und wie es aussehen sollte, nachzudenken. Auch da, wo ich es sozusagen kritisch erinnert habe, denn es ist ja nicht so, als gäbe es in Island ein vollkommenes Schulsystem. Aber ich habe aus meiner Erfahrung im Umgang mit diesem System sozusagen in den Jahren danach gelernt, was Kindern an Liberalität und Entwicklungsspielräumen eingeräumt werden sollte. Als ich in die Odenwaldschule kam, sah ich, dass man tatsächlich etwas machen kann, und dass man keine staatsorientierte oder vom Staat formulierte Schulreform braucht, um in einer Schule, die sich selbst organisieren kann, eine Schulreform umzusetzen.

Aber um Schulreform betreiben oder in einzelnen Schulen herbeiführen zu können, müssen die Voraussetzungen schon in der Lehrer*innenbildung gelegt werden. Außerdem müssten die Leute merken, dass ein reformiertes Schulsystem gut für die Menschen ist, aber dass es nicht selbstverständlich ist. Es genügt auch nicht, es ein bisschen anders als bisher zu machen, weil es komplexe Voraussetzungen hat. Es ist natürlich auch nicht so, als wären die komplexen Voraussetzungen in Island ohne weiteres schon dagewesen oder gar ausgiebig erfüllt worden, um dort ein reformiertes System herzustellen. Island hatte zwar keine progressiven Schulen, aber die Isländer*innen hatten Liberalität in Bezug auf den Umgang mit ihrer Schule und im Umgang mit denen, die an dieser Schule etwas verbessern wollten.

Benjamin Edelstein: Und die Gesellschaft war natürlich auch per se egalitärer als die deutsche mit ihrer damals schon hoch differenzierten Sozialstruktur. Schulsysteme sind ja immer auch Abbild ihrer Gesellschaft ...

Wolfgang Edelstein: Ja, die isländische Schule war nicht selektionistisch orientiert, sondern gab jedem Kind, das ein Minimum an Fähigkeiten dafür mitbrachte, eine Chance durch seine Ausbildung in der Grundschule. Die Grundschule dauerte dort damals 9 Jahre, also nicht vier Jahre, wie in Deutschland. Das bedeutet, dass man als Lehrer*in in der Grundschule ein völlig anderes Verhältnis zur Aufgabe des Unterrichtens, zur kindlichen und kognitiven Entwicklung hat. In einer langjährigen Grundschule weiß man eher, was man machen muss, um diese Entwicklung zu fördern und die Kinder, die die Voraussetzung dafür mitbringen, in die Lage zu versetzen, ein Gymnasium zu besuchen und Abitur zu machen.

Wenn man in Island eine Schulreform machen wollte, gab es zwar keinen unmittelbaren Widerstand, aber es gab auch kein Verständnis, was man dafür machen muss. Ich würde sagen, die Isländer*innen hätten ziemlich allgemein eine Schulreform nicht abwegig gefunden. Sie waren nach dem Krieg progressiv orientiert und haben alles Mögliche zugelassen. Insofern war es eine wirklich lehrreiche Erfahrung, durch das isländische Schulsystem zu gehen. Weil man immer gleichzeitig schon schaute, was man machen könnte und sollte. Die Schuladministration war zwar generell für eine Reform, hatte aber oft keine inhaltlich festgelegte Vorstellung davon, wie eine solche Reform aussehen sollte. Sie sollte für die Kinder und Jugendlichen sein und zugleich auch Forderungen an die Jugendlichen stellen. So habe ich mit 14 oder 15 Jahre eine hohe Selbstständigkeit erworben.

Benjamin Edelstein: Du bist ja damals schon als Schüler ein immens politischer Kopf mit einem starken kommunistischen Leaning gewesen. 1938 seid Ihr ausgewandert. Du warst also acht Jahre alt, als Ihr in Island angekommen seid und bist relativ bald eingeschult worden.

Wolfgang Edelstein: Mit meiner Vergangenheit hatte ich ein kritisches Verhältnis zu gesellschaftlicher Ungleichheit und das Gefühl, Schulen müssten gerecht sein und den Schüler*innen durch Schulerfahrungen Gerechtigkeitsvorstellungen und Gerechtigkeitsbewusstsein vermitteln. Gleichzeitig müsste eine Schule Forderungen nach gerechten Schulen und gerechten Umwelten an sich selbst stellen. Schüler*innen müssten angeregt werden, zu (hinter)fragen und sich zu bemühen, sich selbst zu beteiligen, um eine gerechte Umwelt, also eine gerechte Schule zu entwickeln. Wenn man progressiv war, wurde man bei Kriegsende sehr leicht kommunistisch. Man hatte noch kein Bewusstsein dafür entwickelt, dass der Kommunismus, so wie er realisiert wurde, stalinistisch war. Den Stalinismus hat man als Abwehrhaltung, Abwehrreaktion oder Abwehrmythologie betrachtet und den Kommunismus als Fortschritt. Es hat ein paar Jahre gedauert, um dieses System, mit dem man als gerechtigkeitsorientierter junger Mensch sympathisierte, zu durchschauen.

Bis dahin erwarb man - also ich und meine progressiv orientierten Schulkamerad*innen - sich die Lehren zur Vorstellung von gerechter Gesellschaft und gerechtigkeitsorientiertem Handeln, indem man Mitglied in einer kommunistischen Partei wurde, um das dann auch zu realisieren. Da die kommunistische Partei in Island keine reaktionäre Totschlag-Partei, sondern verhältnismäßig liberal im Umgang war, konnte man mit allen reden. Es gab keine Unterwerfungsorientierung und keine gesellschaftlich wirksame Disziplin. Aber es gab eine Diskussionsbereitschaft und den...
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Anke Spies ist Professorin für Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt Pädagogik und Didaktik der Elementar- und Primarbildung an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg. Gegenwärtig ist sie mit folgenden Arbeitsschwerpunkten befasst: Ganztagsbildung für Kinder im Grundschulalter, Kooperationsverhältnisse zwischen Grundschulen und sozialpädagogischen Handlungsfeldern/Organisationen der Jugendhilfe in der Bildungslandschaft, Kinderschutz in der Primarstufe, bildungsbiografische Verläufe und hochschuldidaktische Professionalisierungsstrategien.