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E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
464 Seiten
Deutsch
Hogrefe AGerschienen am12.06.20171. Auflage 2017
Kann man Liebe und Konflikte in Partnerschaften - oder die Sicherheit, die eine Mutter ihrem Kind spendet - wissenschaftlich untersuchen, ja sogar messen? Wie verändern sich Beziehungen? Wie variieren sie von Kultur zu Kultur? Dieses Buch liefert eine systematische Übersicht zu allen wichtigen Beziehungstypen. Behandelt werden Liebesbeziehungen, Eltern-Kind- und Kind-Kind-Beziehungen, Freundschafts-, Arbeits- und Nachbarschaftsbeziehungen. Sieben Paradigmen der Beziehungsforschung werden diskutiert - von Freuds Vorstellungen über kognitive und evolutionspsychologische Ansätze, Bindungs- und Austauschtheorien bis hin zu systemischen und Netzwerkansätzen - und in ein einheitliches Beziehungsmodell integriert. Die zweite Auflage wurde vollständig überarbeitet und auf den neuesten Stand der Forschung gebracht. Neue Themen sind beispielsweise 'Verwandtschaft', 'Motivationale Ansätze' und 'Beziehungen im sozialen Wandel und in multi-ethnischen Kontexten'. Zusätzlich werden aktuelle Themen wie Online Dating und Beziehungen in sozialen Online-Netzwerken behandelt. Neu ist zudem ein separates Methodenkapitel, in dem spezielle Forschungsmethoden und Anwendungsverfahren allgemein verständlich dargestellt werden.mehr
Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR35,00
E-BookPDF1 - PDF WatermarkE-Book
EUR30,99
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR30,99

Produkt

KlappentextKann man Liebe und Konflikte in Partnerschaften - oder die Sicherheit, die eine Mutter ihrem Kind spendet - wissenschaftlich untersuchen, ja sogar messen? Wie verändern sich Beziehungen? Wie variieren sie von Kultur zu Kultur? Dieses Buch liefert eine systematische Übersicht zu allen wichtigen Beziehungstypen. Behandelt werden Liebesbeziehungen, Eltern-Kind- und Kind-Kind-Beziehungen, Freundschafts-, Arbeits- und Nachbarschaftsbeziehungen. Sieben Paradigmen der Beziehungsforschung werden diskutiert - von Freuds Vorstellungen über kognitive und evolutionspsychologische Ansätze, Bindungs- und Austauschtheorien bis hin zu systemischen und Netzwerkansätzen - und in ein einheitliches Beziehungsmodell integriert. Die zweite Auflage wurde vollständig überarbeitet und auf den neuesten Stand der Forschung gebracht. Neue Themen sind beispielsweise 'Verwandtschaft', 'Motivationale Ansätze' und 'Beziehungen im sozialen Wandel und in multi-ethnischen Kontexten'. Zusätzlich werden aktuelle Themen wie Online Dating und Beziehungen in sozialen Online-Netzwerken behandelt. Neu ist zudem ein separates Methodenkapitel, in dem spezielle Forschungsmethoden und Anwendungsverfahren allgemein verständlich dargestellt werden.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783456756172
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2017
Erscheinungsdatum12.06.2017
Auflage1. Auflage 2017
Seiten464 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse5125 Kbytes
Artikel-Nr.3320997
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

1 Was ist eine Beziehung?

Viele Menschen betrachten ihre Beziehungen zu anderen Menschen als den wichtigsten Teil ihres Lebens. Dazu gehören funktionale Beziehungen, die sich aus wechselseitigen Rollenerwartungen ergeben, z.B. zwischen Lehrern und Schülern, Vorgesetzten und Mitarbeitern, vor allem aber persönliche Beziehungen, die sich zwischen zwei Menschen ungeachtet ihrer sozialen Rollen kraft ihrer Persönlichkeit entwickeln können. Beziehungen stehen im Mittelpunkt der meisten Romane, Filme und Theaterstücke. Beziehungen müssten demnach ein zentrales Thema der Psychologie sein, und man sollte erwarten, dass unter den Teildisziplinen der Psychologie eine ausgefeilte Beziehungspsychologie existiert, die nach gemeinsamen Prinzipien der Beziehungen zwischen Eltern und Kindern, Geschwistern, Klassenkameraden, Freunden, Verliebten, Ehepartnern, Arbeitskolleginnen, Lehrern und Schülern, Therapeutinnen und Klienten sucht.

Dem ist aber nicht so. Im deutschsprachigen Raum gibt es abgesehen vom vorliegenden Buch kaum Ansätze zu einer solchen einheitsstiftenden Be­ziehungspsychologie. Im angloamerikanischen Raum existieren zwar Versuche, (inter)personal relationships zum Gegenstand einer interdiszi­plinären Forschung zu machen, an der sich vor allem Psychologen und Kommunikationswissenschaftler beteiligen (vgl. z.B. die Zeitschriften Journal of Social and Personal Relationships und Personal Relationships und die Übersichten von Berscheid & Regan, 2005, und Vangelisti & Perlman, 2006). Aber eine methodologisch und methodisch einheitliche Disziplin - so einheitlich wie z.B. die Persönlichkeitspsychologie - ist dabei noch nicht entstanden.

Drei Faktoren scheinen die Entwicklung einer Beziehungspsychologie zu erschweren. Erstens ist die Psychologie traditionell individuumzentriert; Beziehungen betreffen aber immer zwei Menschen, also eine Dyade. Das führt zu methodologischen, methodischen und auch forschungspraktischen Schwierigkeiten, die wohl dafür mitverantwortlich sind, dass Beziehungen von der Sozialpsychologie zugunsten individuumzentrierter Forschung zu sozialer Kognition relativ vernachlässigt werden (was immer wieder zu der Frage führt, wie sozial eigentlich die Sozialpsychologie oder die soziale Ko­gnitionsforschung ist). Zweitens ist die umfangreiche sozialpsychologische Forschung zu sozialem Verhalten und sozialen Interaktionen nur mittelbar relevant, weil Beziehungen im Gegensatz zu den situativ fluktuierenden Interaktionen zeitlich eher stabil sind und damit Besonderheiten aufweisen, die der traditionellen Interaktionsforschung entgehen. Und drittens erscheint das Gebiet der Beziehungen auf den ersten Blick äußerst unübersichtlich wegen der enormen Unterschiede zwischen den verschiedenen Beziehungstypen. Dass diese Beziehungstypen dennoch viele Gemeinsamkeiten haben, die einen übergeordneten Begriff der Beziehung rechtfertigen, ist eine historisch neue Erkenntnis der Alltagspsychologie - so neu, dass der Begriff der Beziehung und der Bezugsperson in den 1970er-Jahren Anlass für Karikaturen war (vgl. Abbildung 1-1).

Abbildung 1-1: Ich habe meine Bezugsperson verloren. Von Marie Marcks. (Mit freund­licher Genehmigung des Verlags Antje Kunstmann)

Auch wenn es bisher keine umfassende Beziehungspsychologie gibt, so gibt es doch eine reiche psychologische Forschung zu einzelnen Beziehungstypen (vgl. zu einer Übersicht z.B. Simpson & Campbell, 2013): Partnerschaft (Grau & Bierhoff, 2003; Fletcher, Simpson, Campbell & Overall, 2013), Eltern-­Kind-Beziehungen (Bornstein, 2002) und Geschwisterbeziehungen (Kasten, 2003), gemeinsam betrachtet in der Familienpsychologie (Schneewind, 2010); Beziehungen zu Gleichaltrigen ( peer relationships ; Rubin, Bukowski & Parker, 2006); Freundschaften (Hartup & Stevens, 1997; Salisch & Seiffge-Krenke, 2008); Beziehungen im Berufsleben (Sickendiek, 2009). Alle wichtigen Beziehungen einer Person werden in der Forschung zu (egozentrierten) sozialen Netzwerken untersucht, sowohl offline (Laireiter, 1993; Wrzus, Hänel, Wagner & Neyer, 2013) als auch online (Boase & Wellman, 2006; Wilson, Gosling & Graham, 2012).

In diesem ersten Kapitel wird der Beziehungsbegriff der Alltagspsychologie rekonstruiert und auf dieser Grundlage ein psychologischer Beziehungsbegriff umrissen. An einigen ausgewählten Beispielen wird dann deutlich gemacht, wie Beziehungsqualitäten in der empirischen Psychologie operationalisiert werden können.
1.1 Interaktionsmuster und Beziehungsschema

Wenn das Verhalten von zwei Menschen voneinander abhängig ist, sodass jedes Verhalten des einen eine Reaktion auf das vorangehende Verhalten des anderen ist, stehen beide in sozialer Interaktion miteinander. Solche Interaktionen lassen sich durch Verhaltensketten beschreiben, z.B. Vorwurf (Frau) â Rückzug (Mann) â Vorwurf (Frau) â ... Eine solche Verhaltenskette dauert einige Minuten bis wenige Stunden; sie beschreibt eine Interaktionsepisode.

Verhaltensketten lassen sich durch die relativen Häufigkeiten der einzelnen Verhaltensweisen der beiden Partner pro Zeiteinheit (Basisraten) und durch die relativen Häufigkeiten der Reaktionen des einen Partners auf das Verhalten des anderen Partners charakterisieren (Übergangsraten). Basis- und Übergangsraten beschreiben das Interaktionsmuster der beiden Partner in der Interaktionsepisode.

Z.B. könnten beide Partner eine hohe Rate aggressiven Verhaltens zeigen, wobei Partner 1 öfter aggressiv reagiert, ohne dass Partner 2 vorher aggressiv war, während Partner 2 dies nie tut; beide Partner würden jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit auf eine Aggression des anderen mit einer Gegenaggression antworten. In diesem Fall läge ein aggressives Interaktionsmuster vor, das aus langen Aggressions-Gegenaggressions-Ketten besteht, wobei Partner 1 der treibende Teil ist.

Interaktionsmuster beschreiben also nicht einzelne Personen, sondern Paare von Personen (Dyaden). Dabei spielen die beiden beteiligten Personen meist eine etwas unterschiedliche Rolle, die sich in unterschiedlichen Wahrscheinlichkeiten für dieselben Verhaltensweisen und in unterschiedlichen Übergangswahrscheinlichkeiten äußert. Die beiden Personen einer Dyade sind dann nicht austauschbar; das Interaktionsmuster ist asymmetrisch.



Das Interaktionsmuster in einer Interaktionsepisode lässt sich durch Basisraten und Übergangsraten beschreiben; es charakterisiert eine Dyade, nicht einzelne Personen.



Dieselbe Dyade kann wiederholt in sozialer Interaktion stehen; dann resultiert eine Sequenz von Interaktionsepisoden und Interaktionsmustern. Der zeitliche Abstand zwischen den einzelnen Episoden kann Minuten, Stunden, Tage, aber auch Jahre betragen. Die Interaktionsmuster der einzelnen Episoden sind nicht unabhängig von­einander, weil die Interaktionspartner gleich bleiben und sich mit zunehmender ­Sequenzdauer eine Interaktionsgeschichte der Dyade bildet. Die Konstanz der Interaktionspartner und ihre gemeinsame Interaktionsgeschichte wirken stabilisierend auf das Interaktionsmuster. Deshalb entsteht nach einigen Interaktionsepisoden meist ein stabiles Interaktionsmuster, das die betreffende Dyade charakterisiert und Vorhersagen ihres künftigen Verhaltens erlaubt (natürlich nicht unbedingt perfekt). Alltagspsychologisch würde in diesem Fall von einer Beziehung gesprochen: Die beiden Personen der Dyade haben eine Beziehung zueinander, die sich in einem stabilen Interaktionsmuster äußert; sie sind Bezugspersonen füreinander. Umgekehrt betrachtet lassen sich deshalb Beziehungen durch stabile Interaktionsmuster operationalisieren: Aus stabilen Interaktionsmustern können Beobachter der Dyade auf eine Beziehung schließen.

Beziehungen sind meist durch nicht nur eines, sondern durch viele unterschiedliche Interaktionsmuster charakterisiert. Viele Ehepaare z.B. zeigen ein anderes Interaktionsmuster, wenn sie sich im Privaten streiten, als wenn sie dies in aller Öffentlichkeit tun, und natürlich streiten sie sich nicht nur, sondern lieben sich, frühstücken zusammen, besuchen Freunde usw. Ihre Interaktionsmuster sind situationsspezifisch, variieren also von Situationsklasse zu Situationsklasse. Innerhalb derselben Situationsklasse aber zeigen sie Regelmäßigkeiten.

Stabile Interaktionsmuster einer Dyade weisen also auf eine Beziehung hin, und umgekehrt weisen Beziehungen stabile Interaktionsmuster auf. Deshalb kann in Anlehnung an Hinde (1993) definiert werden:



Eine Dyade hat genau dann eine soziale Beziehung, wenn sie mindestens ein stabiles Interaktionsmuster aufweist.



Diese Definition der sozialen Beziehung bezieht sich auf beobachtbares Interaktionsverhalten. Hinter dem alltagspsychologischen Beziehungsbegriff verbirgt sich aber mehr als nur ein stabiles Interaktionsmuster. Beziehungen sind bei beiden Bezugspersonen auch kognitiv repräsentiert. Mit Baldwin (1992) kann man von dem Beziehungsschema jeweils einer Bezugsperson reden. Es besteht aus einem Bild der eigenen Person in...

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