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E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
280 Seiten
Deutsch
SCM Hänsslererschienen am04.06.20181. Auflage
Waldenburg, Schlesien - 1900, ein kleiner Junge erblickt das Licht der Welt. Arthur, der eigentlich Alfred heißen sollte, wird ein ereignisreiches Leben haben. Mit seiner großen Liebe Johanna meistert er die dunklen Tage des Zweiten Weltkriegs und die Zeit danach. Immer wieder erleben die beiden Bewahrung und Wunder, und selbst in den dunkelsten Zeiten gibt es manche Lichtblicke. So sorgen eine ausgegrabene Likörflasche sowie ein Oberst im Schlafanzug für Heiterkeit auf lange Zeit. Fröhliche Lesestunden sind garantiert.

Elke Ottensmann, 1968 in Alpirsbach geboren, lebt heute mit ihrer Familie in der Nähe von Kaiserslautern. Sie schreibt am liebsten über das wahre Leben.
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Produkt

KlappentextWaldenburg, Schlesien - 1900, ein kleiner Junge erblickt das Licht der Welt. Arthur, der eigentlich Alfred heißen sollte, wird ein ereignisreiches Leben haben. Mit seiner großen Liebe Johanna meistert er die dunklen Tage des Zweiten Weltkriegs und die Zeit danach. Immer wieder erleben die beiden Bewahrung und Wunder, und selbst in den dunkelsten Zeiten gibt es manche Lichtblicke. So sorgen eine ausgegrabene Likörflasche sowie ein Oberst im Schlafanzug für Heiterkeit auf lange Zeit. Fröhliche Lesestunden sind garantiert.

Elke Ottensmann, 1968 in Alpirsbach geboren, lebt heute mit ihrer Familie in der Nähe von Kaiserslautern. Sie schreibt am liebsten über das wahre Leben.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783775174176
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2018
Erscheinungsdatum04.06.2018
Auflage1. Auflage
Seiten280 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3566 Kbytes
Artikel-Nr.3440600
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

[ Zum Inhaltsverzeichnis ]
Arthurs Leben wird in neue Bahnen gelenkt

Am 11. Januar 1909 wurde Arthur neun Jahre alt. An diesem Montag ging er nicht zur Schule, denn er hatte eine fiebrige Mandelentzündung und musste das Bett hüten. Am frühen Morgen kam seine Mutter an sein Bett und brachte ihm sein Geburtstagsgeschenk: sechs Orangen. Arthur wusste zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass das neue Lebensjahr einschneidende Veränderungen mit sich bringen würde. Und als sein Lehrer den Kindern das Volkslied »Alles neu macht der Mai« beibrachte, ahnte Arthur nicht, welche Bedeutung diese fünf Worte für ihn schon bald haben sollten, wenn auch in ganz anderem Sinne. Während der Frühling allmählich ins Land zog, schmiedete seine Mutter nämlich ohne sein Wissen Pläne, sich wieder zu verheiraten. Zwei Wochen vor der Hochzeit wurden Fritz und Arthur vor vollendete Tatsachen gestellt.

Am 1. Mai heiratete Anna einen für Arthur fremden Mann. Sein neuer Stiefvater war Witwer und hatte aus seiner ersten Ehe zwei Mädchen im Alter von 9 und 14 Jahren.

Mit der Hochzeit seiner Mutter wurde das Leben von Arthur von einem Tag auf den anderen in neue Bahnen gelenkt. Seine bisher heile Welt zerbrach. Er verstand nicht, warum sein gewohntes Familiengefüge nicht so bleiben konnte, wie es war. Sein Großvater war ihm wie ein Vater ans Herz gewachsen. Doch von nun an musste er sich dem neuen Mann seiner Mutter beugen.

Zum zweiten Mal in seinem neunjährigen Leben zog Arthur in ein neues Zuhause, und zum zweiten Mal wurde seine Familie neu zusammengesetzt. Plötzlich hatte er wieder jemanden, zu dem er Vater sagen sollte, und noch dazu zwei neue Schwestern. Sein Bruder Fritz hingegen blieb vorerst beim Großvater wohnen, denn der neue Stiefvater wollte nur einen der beiden Jungen bei sich aufnehmen. Kurz vor seiner Hochzeit mit Anna hatte er ihr erklärt: »Arthur kannst du mitbringen, aber beide Jungen will ich nicht übernehmen. Fritz kann von mir aus bei uns einziehen, wenn er mit der Schule fertig ist und sein eigenes Geld verdient.« Seine Bedingung hielt er schriftlich in einem Ehevertrag fest und ließ ihn von Anna unterschreiben.

Erst viel später verstand Arthur den Kuhhandel, wie er diese Abmachung im Nachhinein selbst nannte. Es war eher eine Zweckehe als eine Heirat aus Liebe. Friedrich brauchte eine Frau, die sich um ihn und seine Töchter kümmerte, und Anna stimmte zu, weil ihr Vater zu diesem Zeitpunkt selbst daran dachte, sich wieder zu verheiraten und darum die Hochzeit seiner Tochter mit Friedrich begrüßte. Dennoch blieb es für Arthur sein Leben lang unbegreiflich, dass seine Mutter sich auf diesen Handel eingelassen hatte.

So zogen Anna und Arthur nach der Hochzeit zum Stiefvater nach Neu-Weißstein3. Die 30 m2 kleine Wohnung befand sich in einem Wohnblock mit vierzehn Mietwohnungen und bestand aus einer Stube mit Küche sowie einem winzigen Schlafzimmer mit Blick auf einen dunklen Hinterhof.

Neu-Weißstein war ein Ortsteil der Gemeinde Weißstein, eine halbe Stunde von Arthurs bisherigem Zuhause entfernt. Da der kleine Ortsteil eine eigene Schule hatte, musste er die Schule wechseln. Sein Lehrer schenkte ihm zum Abschied ein Gedicht, das er in seiner schönsten deutschen Schrift mit Feder und Tinte auf ein Blatt Papier geschrieben hatte:


Bleibe stets ein gutes Kind,
deiner Mutter Lust und Wonne,
fromm wie es die Engel sind,
dann lacht dir des Himmels Sonne.
Und am Abend, still und rein,
schläfst du recht zufrieden ein.
Bleibe fromm und halt dich recht,
dann ist schön dein Erdenleben,
und es wird zu aller Zeit
Gottes Friede dich umschweben.
Dem, der Gottes Willen tut,
geht es hier und droben gut!


In der neuen Schule war das Schulsystem anders. Während in der alten Schule jede Klassenstufe einen eigenen Klassensaal hatte, gab es jetzt für die Klassen eins bis acht nur drei große Klassenzimmer. Jede der drei Klassensäle beherbergte mehrere Klassenstufen. Die Klassen eins bis drei bildeten die Unterstufe, die Klassen vier und fünf die Mittelstufe, und die höheren Klassen sechs, sieben und acht die Oberstufe.

Arthur, der in seiner alten Schule soeben erst die vierte Klasse begonnen hatte, wurde aus einem ihm unbekannten Grund an seinem ersten Schultag in der neuen Schule vom Schulleiter gleich in die Oberstufe gesetzt. Dort wurde er in die Abteilung der Sechstklässler eingereiht. Somit übersprang er ohne sein Zutun zwei Klassen und saß mit seinen neun Jahren in der Klassenstufe der sechsten bis achten Klassen, also bei den 11- bis 14-Jährigen. Das bedeutete für ihn aber auch, dass er die nächsten fünf Jahre in derselben Klassenstufe verbrachte, denn die Schulentlassung war erst mit 14 Jahren möglich.

Arthur war stolz darauf, dass er trotz des Überspringens zweier Klassen keine Schwierigkeiten hatte, mitzukommen. Schwierig war für ihn eher, dass er der Jüngste und auch Kleinste war und sich in den letzten drei Schuljahren entsetzlich langweilte.
Friedrich

Vor der Eheschließung mit Anna hatte Friedrich ihr vorgeschwärmt, als Maschinenwärter im Bismarckschacht der Steinkohlengruben zu arbeiten. Maschinenwärter im Bergbau war eine gehobene Position mit gutem Verdienst. Doch bald nach der Hochzeit musste Anna feststellen, dass Friedrich nur ein einfacher Tagesarbeiter mit geringem Verdienst war. Der wöchentliche Lohn betrug 12 Mark. Jeden Freitag war Zahltag, und wenn Friedrich an jenem Tag Feierabend hatte, machte er auf dem Weg nach Hause erst einmal einen Zwischenstopp in der Kneipe. Mit dem Rest, den Anna schließlich von ihm erhielt, konnte sie gerade so die Wohnungsmiete und das nötige Essen für die fünfköpfige Familie bezahlen. Der Gang zum Bäcker, der für Arthur während der fünf Jahre bei seinem Großvater ein Festtag gewesen war, fiel weg. Das Geld war so knapp, dass für die Kinder nichts mehr übrig blieb. Friedrich war die Gastwirtschaft mit Alkohol und Kartenspielen lieber als gemütliche Abende im Kreise der Familie. Für die Freude an der Musik, wie Arthur und Anna sie hatten, hatte er kein Verständnis. Die schönen Familienabende gemeinsamen Musizierens, die sie beim Großvater gehabt hatten, gab es somit nun auch nicht mehr.

Doch Arthurs Liebe zur Musik, die sein Großvater in frühen Kindheitsjahren in ihm geweckt hatte, machte ihn erfinderisch. Aus dem nahe gelegenen Wirtshaus drangen ihm beim Vorbeigehen gelegentlich Klaviertöne ans Ohr und weckten seine Neugier. Eines Tages nahm er seinen Mut zusammen, ging hinein und fragte den Wirt, ob er sich das Klavier einmal ansehen dürfte. Der Wirt hatte nichts dagegen und erlaubte Arthur, darauf herumzuklimpern. Arthur war begeistert, und sooft er nur konnte, entfloh er von nun an der düsteren, engen Wohnung seines Stiefvaters und ging in die kleine Kneipe um die Ecke. Er wusste zwar, dass er in dem von Rauch vernebelten Wirtshaus eigentlich nichts zu suchen hatte, doch das Klavier zog ihn an wie einen Magneten. Anfangs freute er sich über jeden Ton, den er dem Instrument entlockte, und probierte geduldig die Tasten so lange aus, bis er die ersten Melodien spielen konnte. So brachte er sich selbst das Klavierspielen bei, ohne jemals Unterricht gehabt zu haben. Er brauchte auch keine Noten, denn er konnte schon bald viele Melodien aus dem Gehör nachspielen. Unermüdlich übte er die vielen ihm bekannten Lieder, die er bereits beim Großvater gehört und gesungen hatte. So wurde der kleine Nebenraum der Kneipe für Arthur zu einer Oase. Stundenlang konnte er dort musizieren und dabei alles andere um sich herum vergessen.

Als sein Bruder Fritz ihm eines Tages eine gebrauchte Geige brachte, die er sich zusammengespart hatte, war Arthur von dem Saiteninstrument genauso begeistert wie vom Klavier. Schnell lernte er, mit dem Bogen über die Saiten zu streichen und dabei mit den Fingern seiner linken Hand die richtigen Töne zu greifen.

Ein Jahr nach Annas und Arthurs Einzug bei Friedrich änderte dieser plötzlich seine Meinung und erklärte sich bereit, Arthurs Bruder Fritz nun doch in die neue Familie aufzunehmen. Nachdem der inzwischen 13-jährige Fritz auch in die kleine Wohnung eingezogen war, durchschaute Anna bald die ungewöhnliche Großmütigkeit ihres Mannes. Er hatte es nämlich auf die Alimente abgesehen, die Annas erster Mann Heinrich immer noch mehr oder weniger monatlich zahlte. Die 10 Goldmark für Arthur hatte er sich gleich von Anfang an unter den Nagel gerissen, und mit dem Einzug von Fritz kassierte er nun auch die anderen 10 Goldmark ein, die Anna bisher dem Großvater für den Unterhalt von Fritz gegeben hatte.

Als junger Erwachsener machte Arthur sich Gedanken zum Thema Stiefvater:


Ein Stiefvater kann den neu anvertrauten Kindern ein Helfer und Führer sein. Er kann es dann sein, wenn er Verständnis für eine Kinderseele aufbringt, wenn er selbstlos ist und in den für ihn fremden Kindern Menschen sieht, deren Seele gehegt, gepflegt und gefördert werden muss, wenn sie zu brauchbaren Menschen werden sollen. Mein Stiefvater war nicht ein solcher Mensch.

Arthur und seine neuen Schwestern

Arthurs fünf Jahre ältere Stiefschwester Hedwig hatte einen Monat vor der Hochzeit von Anna und Friedrich die Schule abgeschlossen und anschließend eine Anstellung als Arbeiterin bei der im Ort ansässigen Porzellanmanufaktur gefunden. Dort arbeitete sie zehn Stunden täglich, sodass sie eigentlich nur zum Schlafen nach Hause kam. Sie interessierte sich nicht für Arthur und hatte, ihrem Vater gleich, keinen Sinn für die Familie.

Gisela, die nur sechs Wochen jünger war als Arthur, tat sich in der Schule schwer und musste zwei Schuljahre...
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