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Worauf wir hoffen

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
480 Seiten
Deutsch
dtv Verlagsgesellschafterschienen am28.02.20191. Auflage
Was hält unsere Familien im Innersten zusammen? Amar hat es sich nicht ausgesucht, einziger Sohn und Stolz der Familie zu sein. Wenn er gegen seine muslimischen Eltern rebelliert, ist es seine ältere Schwester Hadia, die ihn schützt. Bis sie sich fragt: wovor eigentlich? Vor den Möglichkeiten, die sie nicht hat? Nach einem Streit mit dem Vater läuft Amar von zu Hause weg. Und Hadia nimmt nach und nach seinen Platz ein. Drei Jahre später heiratet sie einen Mann ihrer eigenen Wahl: für die Familie die Chance, sich neu zu erfinden. Doch dann kehrt Amar zurück.

Fatima Farheen Mirza, 1991 geboren, wuchs in Kalifornien auf. Sie studierte am renommierten Iowa Writers' Workshop und lebt heute in New York.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR24,00
HörbuchCompact Disc
EUR24,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextWas hält unsere Familien im Innersten zusammen? Amar hat es sich nicht ausgesucht, einziger Sohn und Stolz der Familie zu sein. Wenn er gegen seine muslimischen Eltern rebelliert, ist es seine ältere Schwester Hadia, die ihn schützt. Bis sie sich fragt: wovor eigentlich? Vor den Möglichkeiten, die sie nicht hat? Nach einem Streit mit dem Vater läuft Amar von zu Hause weg. Und Hadia nimmt nach und nach seinen Platz ein. Drei Jahre später heiratet sie einen Mann ihrer eigenen Wahl: für die Familie die Chance, sich neu zu erfinden. Doch dann kehrt Amar zurück.

Fatima Farheen Mirza, 1991 geboren, wuchs in Kalifornien auf. Sie studierte am renommierten Iowa Writers' Workshop und lebt heute in New York.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783423435673
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2019
Erscheinungsdatum28.02.2019
Auflage1. Auflage
Seiten480 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1443 Kbytes
IllustrationenFormat: EPUB
Artikel-Nr.4168989
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe
TEIL 1

Als Amar sah, wie sich die Halle mit Gästen füllte, die zur Hochzeit seiner Schwester eintrafen, nahm er sich vor zu bleiben. Er hatte die Pflicht, sie hier heute Abend zu begrüßen. Eine Aufgabe, für die er sich seiner Meinung nach gut eignete, und es erfüllte ihn durchaus mit Stolz, vorzutreten und den Männern die Hand zu schütteln oder sich die Hand aufs Herz zu legen, um den Frauen Respekt zu erweisen. Er hatte nicht damit gerechnet, dass sich die Gäste freuen würden, ihn zu sehen. Und es verblüffte ihn, wie beruhigend er wiederum den Anblick ihrer vertrauten Gesichter fand. Es waren tatsächlich drei Jahre vergangen. Ohne den Anruf seiner Schwester hätte er vielleicht noch weitere Jahre verstreichen lassen, ohne den Mut zur Rückkehr aufzubringen.

Er prüfte den korrekten Sitz seiner Krawatte. Er glättete sein Haar, als könnte schon eine einzelne widerspenstige Strähne Aufmerksamkeit erregen und ihn verraten. Ein alter Freund der Familie rief seinen Namen und umarmte ihn. Was würde er sagen, wenn ihn jemand fragte, wo er gewesen sei und wie es ihm gehe? Der Klang der Shenai verkündete, dass Hadias´ Hochzeit begann. Plötzlich erwachte der Saal zum Leben. Dort, im goldenen Licht der Lüster, inmitten der leuchtend bunten Frauenkleider, dachte Amar, dass es vielleicht doch richtig gewesen war zu kommen. Er würde sie alle überzeugen - die vertrauten Gesichter, seine Mutter, die ihn, wie er wohl merkte, immer wieder mit einem prüfenden Seitenblick bedachte -, seinen Vater, der Abstand hielt - er vermochte sogar sich selbst zu überzeugen, dass er hierhergehörte und es die natürlichste Sache der Welt war, diesen Anzug zu tragen und der zu sein, der er einst gewesen war, um heute Abend seine Rolle als Bruder der Braut zu übernehmen.

 


*


 

Hadia hatte entschieden, Amar einzuladen. Während sie ihrer Schwester Huda zusah, wie sie sich zurechtmachte, hoffte sie, dass das kein Fehler gewesen war. Eines Morgens war Hadia mit dem Gedanken an ihren Bruder aufgewacht und hatte sich dann den ganzen Tag gezwungen, an das zu denken, woran andere Bräute dachten - dass sie schon bald, wenn sie von Tarik sprach, mein Mann sagen würde, dass sie nach Jahren der Ungewissheit, ob sie es bis zu diesem Moment schaffen würden, genau dort angelangt waren. Was sie kaum für möglich gehalten hätte, wurde wahr: Sie heiratete den Mann ihrer eigenen Wahl.

Amar war gekommen, ganz, wie sie gehofft hatte. Als sie ihn vor sich sah, erschrak sie dennoch; bis zuletzt hatte sie nicht an sein Kommen geglaubt. Drei Jahre waren ohne Nachricht von ihm vergangen. Als sie ihren Eltern eröffnete, dass sie ihn einladen werde, hatte sie sich nicht zu beten getraut, bitte, Gott, lass ihn kommen, sondern nur bitte, Gott, mach, dass mein Vater mir das nicht verweigert. Sie hatte die Worte so lange einstudiert, bis ein unbeteiligter Beobachter sie für eine Frau gehalten hätte, die ihre Wünsche mühelos formulierte.

Huda hatte Lippenstift aufgetragen und befestigte nun die Nadel ihres silbernen Hijab. Sie sah wunderschön aus in ihrem marineblauen, mit Silberperlen bestickten Sari, dem gleichen Sari, den auch einige von Hadias engsten Freundinnen tragen würden. Ihre Schwester wirkte aufgeregt.

»Könntest du heute Abend ein Auge auf ihn haben?«, fragte Hadia.

Huda hob den Arm, um sich mehrere Silberreifen übers Handgelenk zu schieben, die klickend aufeinanderfielen. Sie wandte sich vom Spiegel ab und sah Hadia an.

»Warum hast du ihn überhaupt angerufen, wenn du nicht wolltest, dass er kommt?«

Hadia betrachtete ihre mit dunklem Henna bemalten Hände. Sie presste sich die Fingernägel in den Arm.

»Ich heirate heute.«

Diese Erklärung war banal, aber trotzdem richtig. Sie hatte zwar seit Jahren nichts mehr von ihrem Bruder gehört, aber sie konnte sich einfach nicht vorstellen, diesen Tag ohne ihn zu verbringen. Und doch war die Erleichterung darüber, dass er tatsächlich gekommen war, gleich wieder in die altbekannte Sorge umgeschlagen.

»Rufst du ihn her?«, sagte Hadia. »Und wenn er kommt, lässt du uns einen Moment allein?«

Jetzt erwiderte sie Hudas Blick. Huda wirkte einen Moment lang gekränkt, aber dennoch bat sie Hadia nicht, Teil von etwas werden zu dürfen, von dem sie seit jeher ausgeschlossen gewesen war.

 


*


 

Während sie von einem Gast zum nächsten ging und immer wieder stehen blieb, um Frauen zu umarmen, die sie noch nicht begrüßt hatte, kam Laila der Gedanke, dass sie sich ihr Leben vielleicht genau so vorgestellt hatte, als ihre Kinder noch klein waren und sie zwar gewusst hatte, wer zu ihrer Familie gehörte, aber nicht, wie das Leben für sie alle aussehen würde. Aufrecht, mit gedankenvollem Lächeln schritt sie durch den Saal und hatte das Gefühl, dass dies ebenso ihr Tag war wie der ihrer Tochter. Mit Amar in der Nähe. Während sie sich unterhielt, sah sie immer wieder zu ihm hin, folgte ihm mit dem Blick durch den Saal, forschte in seinem Gesicht nach Spuren von Unbehagen.

Die Hochzeit gestaltete sich wundervoll. Die Gäste trafen rechtzeitig ein. Auf einem Tisch standen Mango- und Ananassaft, auf einem anderen Appetithäppchen, und sobald die Platte sich leerte, wurde sofort nachserviert. Auf allen Tischen standen hohe Vasen, aus denen weiße Orchideen quollen. Jeden Gast erwartete auf seinem Platz ein goldenes Beutelchen mit Geschenken. Huda hatte Laila geholfen, die Beutel anzufertigen, und die beiden waren bis tief in die Nacht aufgeblieben und hatten zuweilen gesungen, während sie die Beutelchen mit Mandeln und verschiedenen Pralinen füllten. Der Saal war prachtvoll - sie hatte ihn vor Monaten gemeinsam mit Hadia ausgesucht -, und als sie jetzt durch die Bögen in den Hauptsaal trat, freute sie sich über ihre Entscheidung. Bei der ersten Besichtigung war es dämmriger gewesen, aber jetzt glich der Saal einem Filmset, mit seinen hohen Decken und Lüstern, die um die Wette funkelten. Die Männer in ihren dunklen Anzügen und Sherwanis wirkten elegant, die Gewänder der Frauen schillerten in allen Farben, und die Perlenstickereien reflektierten das Licht. Laila wünschte sich, ihre Eltern hätten das noch erleben dürfen. Wie stolz wären sie gewesen, wie glücklich, bei der Hochzeit ihrer ersten Enkelin mit dabei zu sein. Doch nicht einmal die Abwesenheit ihrer Eltern konnte heute Abend all das, wofür sie dankbar sein sollte, trüben, und sie murmelte weiter leise vor sich hin: Gott ist groß, Gott ist groß, und IHM allein gebührt Dank.

Erst eine Stunde zuvor hatte sie Hadia in den schweren Kharra Dupatta geholfen und Gebete geflüstert, als sie die Sicherheitsnadeln befestigte. Während Laila um sie herumschritt, hatte Hadia geschwiegen und nur einmal leise gedankt. Laila strich die Falten des Gewandes glatt, schob eine Teekah in Hadias Haar und trat einen Schritt zurück, um ihre Tochter zu betrachten. All die verschlungenen Henna-Ornamente. Den im Licht funkelnden Schmuck.

Jetzt suchte sie in der Menge nach ihrem Sohn. Es war geradezu unvorstellbar, dass sie bis vor wenigen Tagen nachts keinen Schlaf gefunden hatte, wenn die Dunkelheit Sorgen und Ängste weckte. Bei Tageslicht redete sie sich gut zu, dass es genüge, das Gesicht ihres Sohnes auf den Fotos zu sehen, die sie aufbewahre, seine Stimme in den Familienvideos zu hören, die sie sich ansehe - Amar bei einem Schulausflug, bei dem sie die Aufsicht hatte, wie aufgeregt er war, als der Zoowärter einen gelben Python emporhielt, und wie er sich stürmisch als Erster meldete und bat, die Schlange anfassen zu dürfen. Das genügte, solange sie im Herzen wusste, dass es ihn dort draußen noch gab, dass er am Leben war, sein Verstand auf eine Weise arbeitete, die sie nie begriffen hatte.

Als sie an diesem Morgen erwachte, war die Familie vollzählig. Bevor ihre Kinder aufgestanden waren, legte sie Sadqua-Geld für sie bereit, mehr als sonst, weil es ein bedeutsamer Tag war, und dann noch etwas obendrauf, als Schutz vor Bemerkungen über die Rückkehr ihres Sohnes, in einem Tonfall, der diesen Tag vielleicht verdarb. Sie fuhr zu einem Lebensmittelladen und füllte den Kühlschrank mit Sachen, die Amar mochte: grüne Äpfel und Kirschen, Pistazieneis mit Mandeln, Kekse mit weißer Cremefüllung. Die Snacks, für die sie ihn früher getadelt hatte. War es grausam von ihr, dass sie sich über seine Rückkehr so freute und erleichtert bemerkte, dass ihre Tochter an diesem Tag, für den er eigens zurückgekommen war, in den Hintergrund trat? Bevor Rafik das Haus verließ, um die Vorbereitungen im Saal zu beaufsichtigen - Tische wurden hereingetragen, Stühle mit goldenen Schleifen drapiert, man errichtete das Podest, auf dem Hadia und Tarik sitzen würden -, ging Laila nach oben in ihr gemeinsames Schlafzimmer, um sich zurechtzumachen.

»Suno«, sagte sie, »dürfte ich dich bitten, nichts zu sagen, was ihn aufbringt oder wütend macht?«

Immer gelang es ihr irgendwie, den Namen ihres Mannes nicht auszusprechen. Anfangs war dies aus Scheu geschehen, dann aus Gewohnheit und tiefem Respekt vor ihm. Er knöpfte gerade sein Hemd zu, hielt nun aber inne und sah sie an. Es war ihr gutes Recht. Sie hatte sich so lange nicht in seine Entscheidungen eingemischt. Jetzt drängte sie weiter: »Bitte, mir zuliebe, kannst du ihn heute Abend in Ruhe lassen? Wir können morgen reden, aber gönn uns diesen Tag.«

Am Vorabend, bei Amars Ankunft, waren sich die beiden freundlich begegnet. Rafik hatte Salaam gesagt, bevor Laila die Regie übernahm -...
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