Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

Saale Premium - Stürme über dem Weinschloss

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
416 Seiten
Deutsch
Ullstein Taschenbuchvlg.erschienen am06.07.2020Auflage
1880. In Freyburg zwischen Saale und Unstrut wird im Kaiserreich der beste Sekt gekeltert. Aenne ist in den Weinbergen ihrer Familie aufgewachsen, sie träumt davon, sich etwas Eigenes aufzubauen. Ihr Vater erwartet viel von seiner gescheiten Tochter, auch Gehorsam. Als Aenne sich in Clemens verliebt, ahnt sie nicht, dass er zu den ärgsten Rivalen ihres Vaters gehört. Doch Aenne kann ihre große Liebe nicht aufgeben und fordert damit das Schicksal heraus. Eine dramatische Familiengeschichte über drei Generationen Band 2: Die Frauen vom Weinschloss (28.09.2020) Band 3: Der Himmel über dem Weinschloss (29.01.2021)

Paula Seifert, geboren 1966 in Taucha bei Leipzig, arbeitete nach dem Studium der Kunstgeschichte in der Deutschen Bücherei Leipzig, danach im Verlag Edition Leipzig. 1995 zog sie nach Bad Hersfeld in Hessen, wo sie heute mit Mann und Hund lebt.
mehr
Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR13,99
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR10,99

Produkt

Klappentext1880. In Freyburg zwischen Saale und Unstrut wird im Kaiserreich der beste Sekt gekeltert. Aenne ist in den Weinbergen ihrer Familie aufgewachsen, sie träumt davon, sich etwas Eigenes aufzubauen. Ihr Vater erwartet viel von seiner gescheiten Tochter, auch Gehorsam. Als Aenne sich in Clemens verliebt, ahnt sie nicht, dass er zu den ärgsten Rivalen ihres Vaters gehört. Doch Aenne kann ihre große Liebe nicht aufgeben und fordert damit das Schicksal heraus. Eine dramatische Familiengeschichte über drei Generationen Band 2: Die Frauen vom Weinschloss (28.09.2020) Band 3: Der Himmel über dem Weinschloss (29.01.2021)

Paula Seifert, geboren 1966 in Taucha bei Leipzig, arbeitete nach dem Studium der Kunstgeschichte in der Deutschen Bücherei Leipzig, danach im Verlag Edition Leipzig. 1995 zog sie nach Bad Hersfeld in Hessen, wo sie heute mit Mann und Hund lebt.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783843722858
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2020
Erscheinungsdatum06.07.2020
AuflageAuflage
Reihen-Nr.1
Seiten416 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3750 Kbytes
Artikel-Nr.4940812
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe
1

»Was soll nur aus dir werden?«, fragte Ernestine Strauß und betrachtete ihre jüngste Tochter. Sie sah besorgt und sogar ein wenig ärgerlich aus. Aber auch jetzt war ihr Gesicht makellos, die Augenbrauen ordentlich gezupft, das Haar aufwendig frisiert. Sie war eine stattliche Frau, wie immer elegant gekleidet, das pflaumenblaue Kleid aus Organza war am Hals hochgeschlossen und fiel bei ihr bis zu den Knöcheln herab.

»Ich weiß nicht, was ich mit dir noch machen soll. Wenn das so weitergeht, wirst du nie einen Mann finden.« Sie wartete nicht auf Antwort, sondern wandte sich direkt an ihren Mann. »Karl Theodor, jetzt rede du ihr doch auch ins Gewissen.«

Wenn die Mutter den Vater mit beiden Vornamen ansprach, war es ernst, das wusste Aenne. Was konnte sie tun? Wie die Mutter friedlich stimmen, ohne dabei aufzuhören, sie selbst zu sein?

Aenne war eine Tochter aus gutem Hause, hatte eine Ausbildung an der Höheren Töchterschule in Naumburg absolviert, hatte gelernt, wie man einen großen Haushalt führt, sie sprach Französisch, spielte ein wenig Klavier und wusste alles über die Wein- und Sektherstellung, was es nur zu wissen gab. Heute Morgen war sie wie so oft mit dem Vater durch die Weinberge der Familie gegangen. Das hatte sie schon als Kind getan. Sie liebte es, den Trauben beim Reifen zuzusehen, sie liebte die Feuer im Herbst, wenn das Laub verbrannt wurde. Sie liebte es, wenn der Vater im Weinkeller stand und die Weine verkostete. Und immer hatte er auch Aenne kosten lassen und sie gefragt: »Wie schmeckt dir der Wein? Was schmeckst du?«

Er hatte gelacht, als sie als Fünfjährige den Mund verzogen und »sauer« gesagt hatte, aber schon als Zehnjährige hatte Aenne ein gutes Gespür für die Weinqualität gehabt. Sie hatte Nuancen von Pfirsich oder Holz, von Brombeeren und sogar Leder herausgeschmeckt.

Jetzt war Sommer, der Himmel hatte sich mit weißen Federwölkchen verziert, und die Trauben hingen noch klein, aber schon saftig an den Reben. In den Weinbergen daneben waren die Arbeiter am Werk, der Sommerschnitt stand an. Aber hier, in dieser Lage, die ausschließlich mit dreijährigen Reben bestückt war, legte der Vater selbst Hand an. Wenn sie Glück hatten, würden diese Reben zum ersten Mal Trauben geben, aus denen man Wein keltern konnte. Er hatte am Morgen Aenne gefragt, ob sie ihm helfen wollte. »An die Dreijährigen kann ich nicht jeden heranlassen. Da braucht man besonderes Geschick.«

Aenne war stolz gewesen, dass der Vater ihr dieses Geschick zutraute. Und schon hatte sie sich die Leinenschürze mit der großen Vordertasche umgebunden, ein wenig Draht und die Rebschere hineingepackt und war mit ihm mitgegangen.

»Erinnerst du dich, Aenne? Diese Rebe haben wir im Frühjahr erzogen.«

»Ja, ich weiß. Wir haben die Triebe so gebunden, dass ein typisches Stockgerüst entsteht.«

Er schüttelte unzufrieden den Kopf. »Aber die Rebe gefällt mir nicht. Sie trägt zu wenig. Die Triebe sind falsch oder zu fest gebunden.«

Aenne betrachtete die Rebe, strich sanft mit der Hand über die Zweige. »Zum Glück können wir alles korrigieren. Soll ich?« Sie blickte den Vater an. Es war eine schwierige Aufgabe, verlangte sie doch einiges an Wissen darüber, wie die Rebe sich entwickeln sollte.

»Ja. Schneide du die Triebe zurück, binde neu.«

Aenne betrachtete den Rebstock. »Ich würde die oberen Triebe ein wenig kürzen. Und dann in der Mitte ein wenig lockerer binden.«

»Gut, Aenne. Ich hätte es ebenso gemacht.« Er lächelte sie an, dann seufzte er, und Aenne wusste genau, warum er seufzte. Weil sie ein Mädchen war. Einem Sohn hätte er die Weinberge irgendwann vererben können, er hätte dafür sorgen können, dass er in seine Fußstapfen trat und sein Lebenswerk eines Tages fortführte. Aber Aenne würde heiraten. Sie würde das Weingut nicht weiterführen können. Im ganzen Saale-Unstrut-Tal gab es nicht eine einzige Frau, die ein Weingut führte. Und eigentlich fand Karl Strauß das auch richtig so. Wie sollte eine Frau die Geschäfte führen? Wer würde auf sie hören? Wie sollte sie die Verhandlungen mit den Banken, den Käufern, den Flaschenfabrikanten führen? Er könnte von Glück reden, wenn eine seiner Töchter einen Winzer heiratete oder wenigstens jemanden, der etwas vom Weinbau verstand.

Der Vater ging langsam weiter. In der Hand hielt er eine Rebschere, schnitt da und dort etwas ab. Aenne begleitete ihn. Während der Vater die linke Rebreihe abschritt, verfolgte sie die rechte Reihe, betrachtete jeden einzelnen Stock genau und schnitt ebenso konzentriert wie der Vater hin und wieder etwas ab.

Es war Mittag, als sie mit der Hälfte der Dreijährigen fertig waren. Sie gingen nebeneinander zurück zum Hotel Strauß, das der Familie gehörte und in dem bestimmt schon das Mittagessen auf sie wartete. Der Himmel hatte sich zugezogen, dicke Wolken zogen träge dahin. Der Vater sah nach oben, leckte seinen Zeigefinger an und hielt ihn in die Luft. »Der Wind kommt aus dem Westen«, erklärte er. »Es wird also wahrscheinlich regnen. Wir machen morgen weiter in den anderen Weinbergen. Heute Nachmittag kümmere ich mich um die Bücher.«

Für Aenne war das eine gute Entscheidung. Tante Oda hatte ihr einen neuen Band mit Gedichten von Bettine von Arnim geschenkt. Den würde sie am Nachmittag lesen. Und vielleicht fielen ihr dabei selbst ein paar Zeilen ein. Natürlich konnte und wollte sie sich nicht mit der Dichterin der Romantik vergleichen, aber sie ließ sich gerne anregen. »Blumen sind die Liebesgedanken der Natur«, hatte Bettine von Arnim geschrieben, und Aenne liebte diesen Satz. »Weinberge sind die Berge des guten Geschmacks«, fiel ihr ein, aber nachdem sie die Worte mehrfach leise vor sich hin gesprochen hatte, fand sie sie nicht halb so gelungen wie die Zeilen der von Arnim. Viel zu spröde. Und das mit dem Geschmack, das war ihr zu zweideutig und viel zu unromantisch. »Trauben sind die kleinsten Weingläser der Welt?« Nein, auch das hörte sich eher an wie ein Text aus einer Reklame. Aenne seufzte.

Die Naumburger Zeitung hatte vor einem Jahr ein Gedicht von ihr abgedruckt. Sie selbst hätte es nie gewagt, sich damit an die Öffentlichkeit zu wenden, aber die Mutter war von dem Gedicht ganz entzückt. Und da sie und der Chefredakteur der Zeitung in denselben Kreisen verkehrten, hatte sie ihm Aennes Werk gezeigt und sich von seiner Begeisterung anstecken lassen. Seither hatte die Naumburger immer mal wieder kleinere Artikel und das eine oder andere Gedicht veröffentlicht, die die Mutter alle aus der Zeitung ausgeschnitten und in ein Album geklebt hatte.

»Was soll ich denn dazu sagen?«, fragte der Vater und unterbrach Aennes Gedanken. »Wir erwarten von dir, dass du heiratest. Am besten einen Mann mit Wein-Verstand.« Karl Strauß saß im Salon in dem bequemen Ledersessel, auf einem kleinen Tisch daneben stand eine Tasse mit dampfendem Kaffee. Zwar hatte er schon immer gefunden, dass Heirat und Kinder Frauenthemen waren, aber wenn Ernestine seine Meinung wollte, sprach er sie aus. Jetzt stand Aenne vor ihm und blickte ein wenig beschämt, aber auch trotzig.

»Ich brauche keinen Ehemann, der mich versorgt. Ich kann im Hotel mithelfen und in den Weinbergen. Ich werde arbeiten und euch nicht auf der Tasche liegen.«

»Als ob es ums Geld ginge!« Karl Strauß zündete sich ein Zigarillo an. Das galt jetzt als schick. In Leipzig rauchten alle diese langen, dünnen Dinger. »Wir verlangen doch nichts Unmögliches von dir. Nur, dass du so bist, wie eine Frau sein sollte. Nimm dir doch mal ein Beispiel an deiner Schwester Bettina.« Dann hatte der Vater geseufzt, war aufgestanden und gegangen, und die Mutter hatte sie angeblickt, als hätte sie eine schwere Krankheit. Und Aenne hatte gedacht, dass sie ihren Eltern so gern eine Freude machen würde. Sie war gar nicht grundsätzlich gegen das Heiraten, aber bislang war sie noch nie verliebt gewesen.

Aenne hatte ein schlechtes Gewissen, aber nicht nur ihrer Eltern wegen, sondern obendrein wegen Oskar Nimmrod. Sie hatte mit ihm unter dem Maibaum getanzt, hatte ein Glas Maibowle mit ihm getrunken und wieder mit ihm getanzt. Es war ein herrlicher Abend gewesen, die Luft so lau und nach Flieder duftend, der Himmel über ihr von Tausenden funkelnden Sternen übersät. Um sie herum tanzten die jungen Mädchen und Jungen ausgelassen, und auf den Bänken unter der alten Linde hatten die Eltern Platz genommen, unterhielten sich und blickten stolz auf ihre Sprösslinge, gespannt darauf, welcher junge Mann mit welchem jungen Mädchen sprach.

Das Maifest war eine Anbahnungsveranstaltung, auch wenn sich die gute Gesellschaft Freyburgs niemals dazu herabgelassen hätte, es so zu nennen. Aber fest stand, dass sich an den Maifestabenden schon einige Paare gefunden hatten.

Und nun war Oskar Nimmrod gekommen und hatte um ihre Hand angehalten. Aenne hatte geglaubt, vor Verehrern sicher zu sein, solange ihre ältere Schwester Bettina, nun im zwanzigsten Jahr, nicht wenigstens verlobt wäre. So war es Brauch im Saale-Unstrut-Tal. Hier heiratete man der Reihe nach. Doch Oskar Nimmrod hatte sich nicht daran gehalten. Er war gemeinsam mit seinem viel...
mehr