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Nur die Lumpe sind bescheiden

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
175 Seiten
Deutsch
Carl-Auer Verlagerschienen am17.01.20231. Auflage
Rund um den Lehrstuhl des bekannten Familientherapeuten Helm Stierlin fand sich in den 1980er-Jahren eine Gruppe von Psychologen, Psychotherapeuten, Psychiatern, Medizinern und Philosophen zusammen, die bis heute die Entwicklung der Systemischen Therapie prägen und zu ihrem Erfolg beitragen. Was ist das Erfolgsgeheimnis dieser Heidelberger Gruppe? Andreas Kollar geht der Frage im Gespräch mit dreien der Pioniere und Hauptprotagonisten nach. Gunther Schmidt, Fritz B. Simon und Gunthard Weber beschreiben die Anfänge und die Entwicklung ihrer therapeutischen und beraterischen Arbeit von je unterschiedlichen Standpunkten aus. Das beginnt bei den gesellschaftlichen Ausgangsbedingungen und führt über den theoretischen Rahmen bis zur praktischen Arbeit im Therapieraum. Als Profis, die alle vier Beteiligten sind, lassen sie Analyse und Reflexion dabei nicht zu kurz kommen. Im Ergebnis erfährt man so neben Anekdotischem auch Allgemeingültiges über Paradigmenwechsel und Gruppenprozesse. Kurze Einführungen und Zusammenfassungen geben dem Buch Struktur, Doppel- und Dreierinterviews vermitteln auch ein Gefühl für die Beziehungsdynamik der Protagonisten. Wer die drei kennt, weiß, dass dies kein humorfreies Buch sein kann.mehr
Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR27,95
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR26,99

Produkt

KlappentextRund um den Lehrstuhl des bekannten Familientherapeuten Helm Stierlin fand sich in den 1980er-Jahren eine Gruppe von Psychologen, Psychotherapeuten, Psychiatern, Medizinern und Philosophen zusammen, die bis heute die Entwicklung der Systemischen Therapie prägen und zu ihrem Erfolg beitragen. Was ist das Erfolgsgeheimnis dieser Heidelberger Gruppe? Andreas Kollar geht der Frage im Gespräch mit dreien der Pioniere und Hauptprotagonisten nach. Gunther Schmidt, Fritz B. Simon und Gunthard Weber beschreiben die Anfänge und die Entwicklung ihrer therapeutischen und beraterischen Arbeit von je unterschiedlichen Standpunkten aus. Das beginnt bei den gesellschaftlichen Ausgangsbedingungen und führt über den theoretischen Rahmen bis zur praktischen Arbeit im Therapieraum. Als Profis, die alle vier Beteiligten sind, lassen sie Analyse und Reflexion dabei nicht zu kurz kommen. Im Ergebnis erfährt man so neben Anekdotischem auch Allgemeingültiges über Paradigmenwechsel und Gruppenprozesse. Kurze Einführungen und Zusammenfassungen geben dem Buch Struktur, Doppel- und Dreierinterviews vermitteln auch ein Gefühl für die Beziehungsdynamik der Protagonisten. Wer die drei kennt, weiß, dass dies kein humorfreies Buch sein kann.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783849783914
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum17.01.2023
Auflage1. Auflage
Seiten175 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1714 Kbytes
Artikel-Nr.10753775
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Prolog
Auftragsklärung

Das Beste kommt immer am Schluss. Für die Auftragsklärung gilt das eigentlich nicht. Aber im Hinblick auf dieses Buchprojekt bin ich froh, dass es überhaupt dazu gekommen ist. Es folgt ein Auszug aus dem letzten Interview, in dem ich zum ersten Mal Gunther Schmidt, Gunthard Weber und Fritz B. Simon gleichzeitig im Gespräch erleben konnte. Es geht um den Rahmen des Interviews und das, was Sie, liebe Leserinnen und Leser, aus diesem Buch von der Heidelberger Gruppe lernen könnten.

ANDREAS KOLLAR Ich habe schon einiges an Material, das sehr aussagekräftig ist. Heute geht es eher um die Perlen. Und da möchte ich, dass wir uns auch um eine Auftragsklärung kümmern. Ich habe noch nie mit euch dreien über den Auftrag für das Buch reden können â¦

FRITZ SIMON Eigentlich müssten wir doch eine Auftragsklärung mit dir machen. Du willst ein Buch machen.

ANDREAS KOLLAR (lacht) Ja, ich bin halt nur in der Rolle, dass ich immer wieder die Personen zusammentrommle. Wer dann mit wem den Auftrag klärt, ist mir letzten Endes egal. Hauptsache, er wird noch geklärt, bevor wir fertig sind.

FRITZ SIMON Vielleicht beginnen wir mit den Befürchtungen, was den Auftrag angeht, denn Gunthard Weber hatte ja die Sorge, dass wir hier gemeinsam auf einen Egotrip gehen - was ja eine interessante Paradoxie ist, wenn man zu dritt auf â¦

GUNTHER SCHMIDT ⦠den Egotrip geht. Der »Triple Trip« (lacht).

FRITZ SIMON Ein eingesprungener Rittberger, ein dreifacher. Also, vielleicht sagst du erst mal, was deine Sorge ist, Gunthard, ehe wir anfangen, hier ausschweifend Ziele zu definieren.

GUNTHARD WEBER Na ja, ich frage mich, wie sinnvoll es ist, jetzt - 40 Jahre später - unsere Geschichten über die Gruppe, die natürlich jeder von uns in der Zwischenzeit schon vielfach erzählt und sicherlich auch idealisierend modifiziert hat, wie die vier Musketiere noch einmal zu präsentieren. Für mich war das eine besondere Zeit. Ich könnte es auch dabei belassen. Es war nicht meine Idee, ich wurde dazu genommen, und ich dachte: »Ach, muss ich mich noch an einem weiteren Buch beteiligen?«

GUNTHER SCHMIDT Du Armer! (Lacht)

FRITZ SIMON Gib es doch zu: Du hast immer Bedenken und Sorgen, wenn es nicht deine Idee war.

GUNTHARD WEBER So kann man es auch sehen, diese Reaktionen kenne ich von dir, und arm fühle ich mich überhaupt nicht (lacht). Ich habe meine beruflichen Tätigkeiten 2020 abgeschlossen und baue jetzt mit Landfrauen Gemüse in Afrika an.1 Deshalb dachte ich: »Muss ich mich noch einmal da hineinbegeben? Ihr beide, Gunther und Fritz, seid doch eloquent genug, auch allein die Zeit von 1980 bis 1990 noch einmal lebendig werden zu lassen, und Andreas ist ja auch besonders an euren Konzepten interessiert. Das war, was die Entwicklung der Systemischen Therapie, besonders der Psychosetherapie betrifft, eine sehr spannende Zeit, und ich bin froh, sie miterlebt und mitgestaltet zu haben. Andererseits habe ich mich seit über 30 Jahren besonders der Aufstellungsarbeit verschrieben - die aus verständlichen Gründen nie im Zentrum des Interesses der Heidelberger Gruppe stand. Bevor jetzt wieder einer sagt »Du Armer!«, sage ich: Diese Zeit hat mich enorm bereichert.

FRITZ SIMON Gemüse ist ein gutes Stichwort. Ich finde es gut, dass wir drei noch mal miteinander reden, bevor wir selbst zum vegetable werden.

(Alle lachen.)

FRITZ SIMON Gunther, vielleicht sagst du mal, was dein Ziel ist.

GUNTHER SCHMIDT Ein Ziel? Ich hatte ursprünglich keines. Die Idee kam von Andreas. Dann habe ich aber gedacht: »Na ja, gut, es ist ja eigentlich interessant, noch mal zu reflektieren, wie wir zusammengearbeitet haben, was und wodurch das eigentlich so produktiv war, was uns besonders angeregt hat - auch aus organisationsdynamischer Sicht. Ich halte es durchaus für reizvoll, noch einmal miteinander zu reflektieren, wie das eigentlich war. Bei Helm Stierlins Beerdigung haben wir alle drei gesagt: »In so einem produktiven Team habe ich seitdem nie mehr gearbeitet.« Das war ein unglaublich produktives Treibhaus, fand ich. Das aus heutiger Sicht zu reflektieren, könnte sinnvoll sein. Konkreteres habe ich mir bisher nicht überlegt.

FRITZ SIMON Ich muss ja sagen, es war gar nicht Andreas Idee, sondern meine. Andreas wollte ein Buch nur mit Gunther und mir verfassen. Weil wir ja schon öfter diese sagenumwobene Veranstaltung »Gunther und Fritz machen was zusammen« angeboten haben.

GUNTHER SCHMIDT Ja, da hast du recht.

FRITZ SIMON Wir haben ja auch tatsächlich viel miteinander gemacht, viele Therapien, jeden Tag, fünf Jahre lang. Dabei haben sich unsere Unterschiede gezeigt - sie sind und waren relativ deutlich und klar. Was das aus meiner Sicht Besondere ist: Wir haben es geschafft, sie in den Therapien zu nutzen. Aber ich finde, unsere Beziehung wird nur im Kontext dieses größeren Teams, dieser Vierergruppe, verständlich.

GUNTHER SCHMIDT Das stimmt. Das war deine Idee.

FRITZ SIMON Daher habe ich zu Andreas gesagt: »Mach doch lieber was über dieses Viererteam.« Wobei es mir wirklich nicht darum ging oder geht, uns oder mich herauszustreichen, um es deutlich zu sagen. Aber ich finde, es wäre schade, wenn diese sehr spezielle Erfahrung in unserer Teamarbeit verloren ginge und die Wirkfaktoren nicht reflektiert würden. Mir ging das bei dem Projekt, durch das die Psychotherapie in China eingeführt wurde, genauso: Da haben zwei Frauen - zwei eigensinnige Frauen - irgendwann beschlossen: »Wir wollen die Psychotherapie nach China bringen.« Und inzwischen ist das gelungen. Wie konnte das geschehen? Das war ja extrem unwahrscheinlich. Deshalb habe ich dann dieses Buch herausgegeben, »Zhong De Ban« oder: Wie die Psychotherapie nach China kam2, in dem die Erfolgsfaktoren reflektiert werden. Diese Dynamik zu analysieren war für mich sehr lehrreich, und das ging auch vielen anderen Leuten so, die in das Projekt involviert waren oder auch nur das Buch gelesen haben. Ich fände es einfach einen Jammer, unsere Erfahrungen, die wir in unserer Teamarbeit gemacht haben, nicht auszuwerten. Es geht dabei nicht primär um das Institut von Helm Stierlin, denn das hatte vorher auch schon eine hohe Reputation. Da arbeiteten ja schon bekannte und wichtige Kollegen: Michael Wirsching, Norbert Wetzel, Ingeborg Rücker-Embden-Jonasch und und und. Und nachher waren auch noch Leute da ohne unsere Vierergruppe - ob das Arnold Retzer ist oder Hans Rudi Fischer, Jochen Schweitzer oder Andrea Ebbecke-Nohlen. Das sind ja alles keine blöden Leute und alles auch kreative Menschen, aber in meiner Erfahrung als Teilnehmer fand ich den Prozess in diesem Viererteam so außerordentlich, dass ich meine: Das muss man analysieren. Denn das ist ja das, was sich alle Leute von Teamarbeit erhoffen: dass ein Mehrhirndenken stattfindet und eine kollektive Intelligenz erzeugt wird. Unsere Kommunikation hat Ergebnisse hervorgebracht, die keiner allein zustande gebracht hätte.

GUNTHER SCHMIDT Nein, ganz sicher nicht.

FRITZ SIMON Das soziale System ist intelligenter als jeder Einzelne. Das finde ich faszinierend. Und das ist der Hintergrund, warum ich zu Andreas gesagt hab: »Mach das eine Nummer größer. Es sind nicht nur Gunther und ich.«

GUNTHER SCHMIDT Gerade die Art, wie wir unsere bleibenden Unterschiede genutzt haben, in der Art, wie wir an die Themen herangegangen sind, wie wir auf unterschiedliche Aspekte fokussiert haben, Unterschiedliches wichtig fanden und das kommuniziert haben, halte ich für besonders interessant. Für mich ist gerade das ein schönes und wichtiges Beispiel dafür, wie man achtungsvoll und neugierig solche Unterschiede gemeinsam zu einem Lernen und Entwickeln nutzen kann, anstatt z. B. in gegenseitige Abwertung und Kämpfe zu geraten. Damals fand ich das fast selbstverständlich, wir haben es halt einfach gemeinsam so gemacht. Auch viel später noch, als wir zusammen das Buch zu Varianten von Skulptur- und Aufstellungsarbeit3 gemacht haben. Da hatten wir ja schon mindestens zehn Jahre nicht mehr im Team gearbeitet. Und trotzdem fand ich, dass das wieder eine ähnlich wohltuende Selbstverständlichkeit im Umgang mit unseren Unterschieden war, wie damals.
Was können Leserinnen und Leser für die Zukunft lernen?

ANDREAS KOLLAR Was ist für euch das, was ihr Leserinnen und Lesern, die vielleicht etwas lernen wollen von euch, mitgeben wollt? Ihr habt ja damals so etwas wie ein »Sendungsbewusstsein« gehabt. Nicht in dem Sinne von missionarisch, aber ihr habt schon einen ziemlichen Drive gehabt. Ansonsten hättet ihr das ja nicht so gemacht, wie ihr es gemacht habt.

FRITZ SIMON Ich habe das bei einer Rede auf Helm Stierlins Begräbnis zu formulieren versucht: Der gemeinsame Nenner - der von Helm sehr verstärkt wurde - wird auf den Punkt gebracht durch dieses Goethe-Zitat, das er immer wieder verwendete, wenn uns jemand vorwarf, nicht genügend falsche Bescheidenheit zu demonstrieren: »Nur die Lumpe...
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