Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

Tuchscherer AG

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
168 Seiten
Deutsch
Books on Demanderschienen am11.01.20241. Auflage
Zu Beginn seines achten Lebensjahrzehnts hatte sich Arthur R. Tuchscherer III. immer öfter wie ein alter Kater gefühlt, der das Nachlassen seiner Kräfte spürt und zunehmend Raufereien aus dem Weg geht. Doch seit seinem Wechsel vom Chefsessel des Unternehmens in den Aufsichtsrat wird er von Ängsten verfolgt, sein Lebenswerk würde durch die Handlungen der neuen Managergeneration zerstört. "Die haben zu viel unternehmerische Freiheiten. Sind nur auf ihren eigenen Vorteil bedacht. Und das auf meine Kosten", stößt er verächtlich hervor. "Mit mir nicht. Ihr werdet mich noch kennenlernen." Dr. Andreas Anders, CEO Tuchscherer AG, hat viel erreicht. Er könnte zufrieden sein, aber doch liegen so viel Ereignisse vor ihm, die seine Laune im Jahresverlauf empfindlich stören werden: Der jährliche, mehrtägige Management-Workshop. Das Sommerfest, bei dem in der Vergangenheit oft wichtige personelle Maßnahmen verkündet wurden. Quälende Aufsichtsratssitzungen und schließlich das "Get Together" auf dem Rasen der Tuchscherer-Villa, dem er bereits heute mit Bauchgrummeln entgegensieht. Nach diesen Ereignissen wird nichts mehr sein, wie es gewesen ist.

JÜRGEN GEBHARDT lebt seit der Jahrtausendwende im Westerwald. Schreibt Kurzgeschichten. Themen sind die Skurrilität des Alltags. Tuchscherer AG ist seine erste Veröffentlichung zum Thema Berufsleben.
mehr
Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR11,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR8,49

Produkt

KlappentextZu Beginn seines achten Lebensjahrzehnts hatte sich Arthur R. Tuchscherer III. immer öfter wie ein alter Kater gefühlt, der das Nachlassen seiner Kräfte spürt und zunehmend Raufereien aus dem Weg geht. Doch seit seinem Wechsel vom Chefsessel des Unternehmens in den Aufsichtsrat wird er von Ängsten verfolgt, sein Lebenswerk würde durch die Handlungen der neuen Managergeneration zerstört. "Die haben zu viel unternehmerische Freiheiten. Sind nur auf ihren eigenen Vorteil bedacht. Und das auf meine Kosten", stößt er verächtlich hervor. "Mit mir nicht. Ihr werdet mich noch kennenlernen." Dr. Andreas Anders, CEO Tuchscherer AG, hat viel erreicht. Er könnte zufrieden sein, aber doch liegen so viel Ereignisse vor ihm, die seine Laune im Jahresverlauf empfindlich stören werden: Der jährliche, mehrtägige Management-Workshop. Das Sommerfest, bei dem in der Vergangenheit oft wichtige personelle Maßnahmen verkündet wurden. Quälende Aufsichtsratssitzungen und schließlich das "Get Together" auf dem Rasen der Tuchscherer-Villa, dem er bereits heute mit Bauchgrummeln entgegensieht. Nach diesen Ereignissen wird nichts mehr sein, wie es gewesen ist.

JÜRGEN GEBHARDT lebt seit der Jahrtausendwende im Westerwald. Schreibt Kurzgeschichten. Themen sind die Skurrilität des Alltags. Tuchscherer AG ist seine erste Veröffentlichung zum Thema Berufsleben.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783758393006
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2024
Erscheinungsdatum11.01.2024
Auflage1. Auflage
Seiten168 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.13417526
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Der Alte ist noch da

»Es wird immer behauptet, dass der Aufsichtsrat in vielen Unternehmen den Vorstand nicht genügend kontrolliert. Nicht mit mir, meine Herren. Bei mir könnt ihr nicht machen, was ihr wollt. Ihr werdet mich noch kennenlernen!« (Arthur R. Tuchscherer III., Aufsichtsratsvorsitzender der Tuchscherer AG)

Tatsächlich!

Das ist doch â¦

Hektisch dreht er an dem geriffelten Rädchen, wischt noch einmal mit dem Taschentuch über die beiden Linsen. Die eben noch verschwommenen Konturen gewinnen mehr und mehr an Schärfe. Gesichter sind nun identifizierbar.

Aha, das habe ich mir doch gedacht. Sokolow! Natürlich wieder Sokolow! Bei dem brauche ich noch nicht einmal das Gesicht zu sehen, den kann ich allein schon an seiner massigen Statur erkennen. Der Kerl ist natürlich überall dabei. Ich glaube, der ist hinterlistig! Jetzt mal gucken, wer die beiden anderen sind. Hoffentlich kann ich das auch erkennen, denkt er.

Behutsam dreht er wieder am Rädchen des Fernglases, vor und zurück, bis er es ausreichend scharf eingestellt hat. Wer steht dort neben Sokolow? Ach ja: Hentschel. Na, das passt ja. Sokolow und Hentschel. Die beiden hängen doch ständig zusammen.

Dr. Hentschel, wie immer im grauen Jackett mit unifarbener Krawatte, steht neben Sokolow. Der redet intensiv auf ihn ein. Immer wieder führt Hentschel seine Hand zum Mund. Der großgewachsene Mann zieht nervös an einer Zigarette. Er tritt von einem Bein auf das andere, so als wolle er die kühle Nachmittagsluft abschütteln.

Und wer ist der Dritte? Na ja, das dürfte eigentlich keine Überraschung sein. Ich glaube, ich weiß, wer noch dabei ist.

Arthur R. Tuchscherer lehnt sich weit nach rechts, legt seine Ellenbogen auf der Holzbrüstung ab, um an Stabilität zu gewinnen.

»Oh, ja, jetzt sehe ich es scharf. Das ist Scott. Dale Scott. Zweifelsfrei. Sokolow, Hentschel und Scott. Konspiratives Treffen! Sind sie also wieder einmal zusammen, die drei Musketiere. Königsmörder«, brummelt er vor sich hin.

Seit er im Frühjahr in einer mondlosen Nacht in stundenlanger Schwerstarbeit eigenhändig zwei Bäume im Hang fällte, genießt er im Spätherbst, wenn die Laubbäume ihr Blätterdach abgeworfen haben, einen ungehinderten, freien Blick auf den Eingangsbereich des Verwaltungsgebäudes der Fabrik. Auf den Turm, wie er von den Mitarbeitern genannt wird. Ein zeitgemäßes, zweckmäßiges Gebäude. Zwölf Etagen. Ein modernes Hochhaus mit symmetrisch verteilten Fenstern, die oberste Etage als Staffelgeschoß mit umlaufender Dachterrasse ausgeführt. Davor ein großzügiger Vorplatz, den er als eine seiner letzten Amtshandlungen als geschäftsführender Eigentümer anlegen ließ. Moderne, zurückhaltende Architektur; eine ebene Fläche aus dunklem Stein, hier und da durchbrochen von niedrig gehaltenen Zierbäumen und Sitzbänken. Holz auf Stein. Eine Idee seines Architektenbüros, um Leichtigkeit, Offenheit und Weltgewandtheit des Unternehmens zu betonen.

Nachts brennt sich das Logo dreihundert Meter Luftlinie durch den Laubwald hoch bis zu seinem Sitzplatz hin. In der Ferne leuchten diffus die Oberlichter der Fabrikationshalle, in denen die Mitarbeiter in Spät- und Nachtschicht ihrer Arbeit nachgehen.

Arthur R. Tuchscherer III. hat an diesem kühlen Herbstnachmittag seinen Beobachtungsposten im Pavillon bezogen, der zwischen streng formal geschnittenen Hecken und Büschen wie ein überdimensionaler weißer Pilzkopf am äußersten Ende des weitläufigen Grundstücks steht. Kühl bläst der Wind durch den hölzernen Pavillon, dringt durch die gefütterte Jacke mit den Karomustern und Lederschutz an den Ärmeln. Über seinen Beinen liegt eine Decke aus Schaffell. Das Fernglas im Anschlag, zwischen zwei auf der Brüstung stehenden Topfpflanzen versteckt, beobachtet er den Eingangsbereich des Gebäudes. Wie ein Jäger, immer darauf bedacht, den Feldstecher beim Atmen so ruhig wie möglich zu halten, um nicht das Geringste zu verpassen.

Seit Stunden sitzt er hier oben. Sobald sich etwas vor dem Gebäude am Fuße des Hügels bewegt, blickt er wieder durch das Fernglas.

Sokolow, Dr. Hentschel und Scott sind in ein lebhaftes Gespräch verwickelt. Sie gestikulieren. Immer wieder blicken sie sich um, als fürchteten sie, beobachtet zu werden.

»Die führen doch irgendetwas im Schilde. Ein schlechtes Gewissen scheinen sie jedenfalls zu haben, so wie sie sich immer wieder umblicken. Jetzt würde ich gerne Lippen lesen können«, flüstert er vor sich hin. Ich müsste mal Unterricht nehmen. Was gäbe ich darum, verstehen zu können, was die da unten zu besprechen haben. Oder ich müsste ein Richtmikrofon haben, das wäre sogar noch besser. Ja, das wäre vielleicht die Lösung. Obwohl das durch den Straßenverkehr vor dem Fabrikgelände eventuell nichts bringen würde, sinniert er gedankenverloren weiter.

Seit er nach der Umwandlung des Familienunternehmens vom Chefsessel in den Vorsitz des Aufsichtsrats gewechselt ist, erlaubt er sich mehrmals pro Woche den Luxus eines freien Nachmittags.

Oft spielt er eine Runde Golf, trifft Mitglieder des Rotary-Clubs oder verbringt seine Zeit in einem der Museen der Stadt. An anderen Tagen gönnt er sich einen ausgedehnten Aufenthalt in einem der Cafés der Umgebung oder macht einen längeren Spaziergang. Nicht, ohne stets sein Moleskine mitzuführen. Sein Notizbuch, in das er neben Beobachtungen wie heute auch Notizen für seine Memoiren einträgt, die er seinen Nachkommen eines Tages hinterlassen möchte. Die Ideen dafür hat er bereits alle im Kopf. Er muss sie nur noch niederschreiben, sobald er Zeit dafür findet. Schreiben kann nicht so schwer sein; wie alles andere dürfte ihm auch das gelingen, wenn er erstmal den Anfang finden würde. Dessen ist er sich sicher.

Zu Beginn seines achten Lebensjahrzehnts hatte er ausgiebig darüber nachgedacht, wie er seinen Austritt aus der Unternehmensführung gestalten könnte. Die Tragik seines Lebens war, dass sich niemand aus seiner Familie als Nachfolger anbot.

»Wenn doch eines der Kinder nur einen kleinen Teil des Talents und der Brillanz besitzen würde, die mich immer ausgezeichnet haben«, hatte er des Öfteren in nachdenklicher Stimmung an besinnlichen Abenden vor dem prasselnden Kaminfeuer zu seiner Frau gesagt, wenn er über die Situation des Unternehmens nachdachte oder ganz allgemein über sein Leben philosophierte.

Aber nein, die Kinder sind unwillig, untalentiert, desinteressiert und undankbar. Alle! Nur das schöne Leben wollen sie genießen.

Andrea Roberta, seine älteste Tochter, führt bereits seit Jahrzehnten ein - wie sie es nennt - alternatives Leben in einer Höhle im Valle Gran Rey auf La Gomera, dem Zufluchtsort der Blumenkinder von einst.

»Papa, bleib mir vom Leib mit deinem Manchester-Kapitalismus. Der Sinn des Lebens ist doch, glücklich zu werden. Sonne, Liebe und täglich etwas zum Essen und Trinken, was brauche ich mehr?«, sagte sie bei den wenigen Familientreffen in den letzten Jahrzehnten immer wieder. »Ich steige nicht aus dem Leben aus, das ihr kennt, ich steige in mein eigenes, selbstverantwortliches Leben ein.« Das war ihr Mantra, das sie jedoch nicht daran hinderte, alljährlich seinen üppigen Scheck anzunehmen, den er ihr, vielleicht aus irgendeinem Schuldgefühl heraus, regelmäßig zu Weihnachten zuschickte. Den sie selbstverständlich immer wieder gerne annahm, um eine Auszeit aus ihrem Höhlenleben zu nehmen und mit ihrem jeweiligen Lebensabschnittspartner ein paar Wochen in standesgemäßen Hotels in europäischen Metropolen wie Barcelona, Paris, Wien oder Mailand zu verbringen.

Annegret Rebecca, die zweite Tochter, war mit einem New Yorker Börsenmakler verheiratet, lebte mit ihrer Familie in einer Penthouse-Wohnung mit Blick auf den Central Park und hegte kein Interesse, jemals wieder in die Heimat zurückzukommen.

Die brauchen mich nicht, an der Börse verdientes Geld scheint wohl sauberer als das Geld zu sein, das man durch ehrliche, harte und aufopferungsvolle Arbeit im Familienbetrieb verdienen kann, dachte er oft verbittert.

Sein jüngster Spross, Sohn Arthur Richard Tuchscherer IV., den er verhätschelt und immer als seinen legitimen Nachfolger betrachtet hatte, wurde von allen in der Stadt spöttisch nur Rolex-Archie genannt. Schweren Herzens hatte er ihn enterbt und verstoßen, nachdem dieser bereits im Alter von einundzwanzig Jahren über einen Anwalt versucht hatte, sich seinen Erbanteil auszahlen zu lassen. Dass ihm das zum Teil auch gelungen war, saß wie ein Stachel tief in Tuchscherers Seele. Nein, an ihn mochte er nicht mehr denken und schon gar nicht, wenn es darum ging, sein Unternehmen in seriöse Hände zu legen.

»Irgendwann wird das aktive Berufsleben vorbei sein, und wenn dieser Zeitpunkt gekommen ist, dann muss es schnell gehen«, hatte Arthur R. Tuchscherer III. immer gesagt.

Er mochte sich keinen zähen Übergang vorstellen, keinen...
mehr