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Ist alles deins!

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
320 Seiten
Deutsch
Schöffling & Co.erschienen am20.07.20211. Auflage
'Es ist ein langer, heißer Augusttag im New Orleans der Trump-Ära. Der 'Boss' Victor Tuchman, ein schwerreicher skrupelloser Geschäftsmann und brutaler Patriarch, kommt mit einem Herzinfarkt in die Notaufnahme. Seine Frau Barbra, gertenschlank und perfekt geschminkt, hört auch im Krankenhaus nicht auf, ihr tägliches Schrittpensum zu absolvieren. Während der Sohn Gary sich weigert, den Sterbenden zu besuchen, fährt die Tochter Alex nur hin, um die Mutter zum Reden zu bringen. Die Enkelinnen gehen längst ihre eigenen Wege. Die Schwiegertochter Twyla zeigt wie immer als Einzige Gefühle. Beobachtet vom Krankenhauspersonal und unterwegs in einer einst glanzvollen, jedoch vom Hurrikan Katrina noch immer gezeichneten Stadt, versucht Alex, die Wahrheit über die Familie zu ergründen, während zwischen Gary und Twyla der Kummer über ihre gescheiterte Ehe wieder aufflammt.Mit Ist alles deins! zeigt sich Jami Attenberg auf der Höhe ihrer Kunst: ein tiefgründiger Familienroman über die ungeheuren Auswirkungen missbrauchter Macht, alter Wunden und gefährlicher Abhängigkeiten.'

Jami Attenberg, geboren 1971 in Illinois, lebt in New Orleans. Sie hat Erzählungen und Romane u?ber eigenwillige Charaktere veröffentlicht. Die Middlesteins und Nicht mein Ding standen auf der New York Times-Bestsellerliste und wurden vielfach ausgezeichnet. An ihrem jährlichen Schreibworkshop A Thousand Words Of Summer nehmen Schreibende aus aller Welt teil. www.jamiattenberg.com
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR24,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR18,99

Produkt

Klappentext'Es ist ein langer, heißer Augusttag im New Orleans der Trump-Ära. Der 'Boss' Victor Tuchman, ein schwerreicher skrupelloser Geschäftsmann und brutaler Patriarch, kommt mit einem Herzinfarkt in die Notaufnahme. Seine Frau Barbra, gertenschlank und perfekt geschminkt, hört auch im Krankenhaus nicht auf, ihr tägliches Schrittpensum zu absolvieren. Während der Sohn Gary sich weigert, den Sterbenden zu besuchen, fährt die Tochter Alex nur hin, um die Mutter zum Reden zu bringen. Die Enkelinnen gehen längst ihre eigenen Wege. Die Schwiegertochter Twyla zeigt wie immer als Einzige Gefühle. Beobachtet vom Krankenhauspersonal und unterwegs in einer einst glanzvollen, jedoch vom Hurrikan Katrina noch immer gezeichneten Stadt, versucht Alex, die Wahrheit über die Familie zu ergründen, während zwischen Gary und Twyla der Kummer über ihre gescheiterte Ehe wieder aufflammt.Mit Ist alles deins! zeigt sich Jami Attenberg auf der Höhe ihrer Kunst: ein tiefgründiger Familienroman über die ungeheuren Auswirkungen missbrauchter Macht, alter Wunden und gefährlicher Abhängigkeiten.'

Jami Attenberg, geboren 1971 in Illinois, lebt in New Orleans. Sie hat Erzählungen und Romane u?ber eigenwillige Charaktere veröffentlicht. Die Middlesteins und Nicht mein Ding standen auf der New York Times-Bestsellerliste und wurden vielfach ausgezeichnet. An ihrem jährlichen Schreibworkshop A Thousand Words Of Summer nehmen Schreibende aus aller Welt teil. www.jamiattenberg.com
Details
Weitere ISBN/GTIN9783731762027
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2021
Erscheinungsdatum20.07.2021
Auflage1. Auflage
Seiten320 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1589 Kbytes
Artikel-Nr.6067627
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe



6

Alex in New Orleans. Es gab Veränderung, es gab Bewegung - ein lange vereister Fluss in ihr taute und die Stromschnellen sprudelten. Auch wenn sie das nie laut gesagt hätte, konnte sie nun kaum erwarten, dass ihr Vater starb, damit sie endlich die Wahrheit über ihn erfuhr. Victor Tuchmann lag bewusstlos in einem Krankenhausbett, drei Meilen stadtauswärts von ihrem Hotel entfernt. Er war dem Tod mit Sicherheit nah, welche Rolle spielte es also, ob gleich oder später? Als ein Arzt sie über die stark verkürzte Lebenserwartung ihres Vaters aufklärte, was für andere vielleicht eine schlechte Nachricht gewesen wäre, hätte sie fast gesagt: »Hand drauf?«

Alex war zwei Tage zuvor in die Stadt gekommen und es war eine einzige Hetzerei gewesen, Telefonate mit mehreren Verwandten und ein paar früheren Geschäftspartnern aus seiner Zeit als Bauunternehmer, einer Versicherung, einer Bank. Außerdem hatte sie mit jemandem von der Krankenhausverwaltung ein langes Gespräch über die notwendigen nächsten Schritte geführt, sollte ihr Vater versterben, in dem es auch zu der vagen Andeutung kam, man werde den Leichnam zur Obduktion zum Coroner schicken müssen, ein Detail, über das Alex kurz nachdachte - aus ihrem Jahr in der Kanzlei des Pflichtverteidigers wusste sie, dass eine Untersuchung durch den Coroner nur erforderlich war, wenn es strafrechtliche Ermittlungen gab -, um es dann ad acta zu legen, nicht ohne sich zuvor noch zu sagen: Probleme bis zum bitteren Ende, Dad? Echt jetzt?

Unterdessen hatte sie immer wieder versucht, den abwesenden, verhangenen Blick ihrer Mutter auf sich zu ziehen, nur um ihr klarzumachen, dass es bald so weit sein würde - ihre Mutter würde keinen mehr haben, hinter dem sie sich verstecken konnte, und keinen Grund, ihr länger etwas zu verschweigen. Ihre Mutter war all die Jahre loyal gewesen und hatte sich oft eher verhalten wie der Consigliere ihres Mannes, nicht wie seine Frau, und Alex wusste, Barbra würde kein böses Wort über Victor verlieren, solange er noch lebte. Doch inzwischen war Alex überzeugt, sie eines Tages knacken zu können, möglicherweise schon bald. Vielleicht noch vor der Beerdigung. Vielleicht noch heute. Alex wusste, mit der gemeinsamen Lebensgeschichte der beiden hatte es noch viel mehr auf sich, und sie war entschlossen, dahinterzukommen.

Auch wenn es erbärmlich war, das wusste sie! Oh, sie wusste es. Eigentlich hatte sie keinen vernünftigen Grund, sich überhaupt dafür zu interessieren. Früher war sie von ihren Eltern zutiefst fasziniert gewesen. Sie hatte gelechzt nach Wissen über sie. Als Kind hatte sie an verschlossenen Türen und Schubladen herumgefummelt, auf den Knien Schränke durchwühlt, hatte während geschäftlicher Telefonate vor dem Arbeitszimmer ihres Vaters herumgelungert, bis ihre Mutter sie verscheuchte.

Vor fünfzehn Jahren hatte sie dann endlich erkannt, wie sinnlos jeder Versuch war, die Wahrheit von einem Mann zu erfahren, der niemals irgendwie überführt worden war, und von einer Frau, die ihre Gefühle schon seit Jahrzehnten unter Verschluss hielt. Und natürlich hatte Alex inzwischen ihr eigenes, echtes Erwachsenenleben: Da war der erste Job (von vielen) in Chicago gewesen, und dann ihre Ehe mit einem gut aussehenden Mann mit Fehlern, gefolgt von der Geburt eines klar denkenden, hübschen, liebevollen Kinds, das furchtbar schlecht in Mathe war, aber ansonsten ziemlich intelligent - alles in allem eine für sie nicht unbedingt reich oder lebhaft zu nennende Existenz, aber definitiv eine ausgefüllte. Wer hatte die Zeit, Leuten hinterherzulaufen, die sehr versiert darin waren, sich nicht einfangen zu lassen? Warum sich das antun, wenn es direkt vor ihrer Nase reichlich Grund zum Kopfzerbrechen gab?

Doch plötzlich gab es nun diese Möglichkeit, diese Gelegenheit, die sich drei Tage zuvor eröffnet hatte, zu einer Zeit, in der sie gerade genug emotionalen Raum zur Verfügung hatte, um sich überhaupt noch einmal um diese Leute zu scheren. Was empfand Barbra für Victor? Warum war sie bei ihm geblieben? Und war er noch schlimmer, als Alex all die Jahre gedacht hatte?

Sie brauchte Verbündete für diese Mission. Und gerade versuchte sie, wenigstens ein bisschen Unterstützung von ihrer Schwägerin Twyla zu bekommen, die neben ihr im Liegestuhl lag. Sie befanden sich in Alex´ Hotel, auf dem Dach, am Pool, wo sie in den Hitzeschwaden unter zwei riesigen Sonnenschirmen schwitzten. Garys voraussichtliche Ankunftszeit war immer noch unklar, also hatte sie Twyla eingeladen, ein paar Stunden mit ihr zu verbringen, eine Pause für beide von diesem Stress, der ihren Vater umgab. »Ja, super, Hotelpool«, hatte sie gesagt, als Alex sie anrief. Dann hatte Twyla die erste Dreiviertelstunde nach ihrem Eintreffen mit der äußerst schwierigen Frage verbracht, ob sie so früh am Tag schon Alkohol trinken sollte, und schließlich hatte Alex ihr einen Drink bestellt, an dem Twyla nun mit großer Befriedigung nippte, als hätte sie die Entscheidung ganz allein getroffen.

»Glaubst du, Barbra packt aus, wenn mein Vater gestorben ist?«, sagte Alex.

»Wie meinst du das?«, sagte Twyla.

Twyla hatte eine rauchige Stimme und extrem blondes Haar, Unmengen davon, und statt es irgendwie zu frisieren, verließ sie sich lieber lässig auf diese Blondheit und Fülle, um im Leben klarzukommen. Sie müffelte nach Lippenstift, den sie ständig neu auftrug - ihre Handtasche war voll mit diesem billigen Zeug, das sie, wie sie Alex erzählte, zwanghaft jedes Mal kaufte, wenn sie im Drogeriemarkt war, immer auf der Jagd nach einer neuen Lieblingsfarbe. Sie trug einen Batikbikini und so viel Sunblocker, dass er nicht vollständig eingezogen war und eine dicke Schicht auf ihrem ganzen Körper hinterlassen hatte. Alex hätte sie vermutlich mit dem Fingernagel abkratzen können.

»Was ich meine, ist«, sagte Alex, »sie hat sich nie über ihn beklagt, wirklich ihr ganzes Leben lang, ich habe das kaum je erlebt, und wenn doch, dann immer dermaßen abstrakt - dein Vater , und dann ein Seufzer, und fertig. Aber innerlich muss sich doch etwas angestaut haben. Fast fünfzig Jahre Wahrheit. Und Gefühle.« Sie fügte ganz unschuldig hinzu: »Und vielleicht würde es ihr ja besser gehen, wenn sie es mal ausspricht.«

»Ich glaube, das ist nicht die Art deiner Mutter«, sagte Twyla. Sie schlürfte ihre Margarita. »Sie will bloß, dass alle ruhig sind. Und zufrieden.«

»Meinst du wirklich?«, fragte Alex. Sie will, dass er zufrieden ist, weiter nichts, dachte sie.

Twyla schützte ihre Augen mit der Hand vor der Sonne und blickte über die gleißend weiße Betonterrasse mit dem Pool. »Gott, ich wünschte, ich hätte eine Zigarette. Meinst du, es ist okay, hier draußen zu rauchen?« Dann richtete sie ihre Aufmerksamkeit auf ihr Telefon und fing an, in wildem Tempo zu tippen. Über ihre Schulter konnte Alex erkennen, dass sie versuchte, die Aufmerksamkeit einer gewissen Sierra zu erwecken, die sie mit einer üppigen, schrillen Auswahl von Emojis aus einem offensichtlich gewaltigen Digitalarsenal bombardierte.

Gary war in Los Angeles gewesen und hatte Leute getroffen, um seine Karriere wieder anzuschieben, und die Tochter der beiden war für zwei Monate in so einem Naturcamp, und in ihrer Abwesenheit hatte sich Twyla offenbar gehen lassen, und Alex genoss diese Spielart von ihr. Nachgiebig, locker, leicht dekadent, näher an dieser netten Südstaatenmaus, die ihr Bruder vor fünfzehn Jahren geheiratet hatte. Auch Alex´ Tochter war inzwischen weg für den Sommer, in Colorado bei ihrem Vater (angeblich zum Wandern, wahrscheinlich vor einer stattlichen Reihe von Bildschirmen), und Alex hatte vorgehabt, die Zeit ohne sie zu genießen, doch dann hatte ihr Vater den Herzinfarkt gehabt, und jetzt war sie wieder mehr sie selbst, die Spielart, die sie nicht sein wollte.

Wie hätte ihr Sommer eigentlich sonst ausgesehen? Sie hätte an den Wochenenden ausgeschlafen, unter der Woche allerdings Überstunden gemacht. Sie hätte sich - vielleicht - verabredet und - hoffentlich - Sex gehabt und daraufhin sowohl erfüllt als auch verletzlich gefühlt. Und Alex hätte ein paar Tage mit ernsthaftem Nachdenken über die Frage verbracht, wie sie zur nächsten Spielart ihrer selbst nach der Scheidung werden konnte, etwas, das sie sich bisher nicht einmal ansatzweise überlegt hatte - sie war so sehr damit beschäftigt gewesen, sich scheiden zu lassen und das Glück ihrer Tochter zu regeln, dass sie nicht einen einzigen Tag für sich gehabt hatte. Sie hatte auch keine Zeit gehabt, an ihren Freundschaften zu arbeiten - Menschen waren abgetaucht, vielleicht aber auch sie. Für Ende Juli stand sogar in ihrem Kalender: »Krieg deinen Kram auf die Reihe.« Mit Bleistift allerdings.

»Und wenn es mich einfach glücklich macht, diesen ganzen Dreck zu erfahren?«, sagte Alex. »Nur einmal zu hören, dass sie ehrlich ist. Sie ist meine Mutter. Dann sollte sie mich doch glücklich machen wollen?«

Twyla legte ihre fettige Hand auf Alex´ Schulter. »Der Tod ist für alle schwer«, sagte sie.

»Twyla! Willst du denn nicht selbst die Wahrheit wissen?« Alex suchte verzweifelt nach Anteilnahme.

Für einen Moment war Twyla ganz still und ruhig, eine leichte Brise zauste ihre Haare. Sie machte den Mund auf, um etwas zu sagen, und dann noch mal, und kam schließlich bei einem Gedanken an. »Nichts für ungut, aber warum sollte mich das kümmern?«, sagte sie. »Die waren es nicht, die mich verkorkst haben.« Sie saugte ihren Drink leer. »Was meinst du«, sagte sie. »Soll ich noch einen bestellen?«

Im Hotelzimmer sehnte sich Alex sofort...

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Autor

"Jami Attenberg, geboren 1971 in Illinois, studierte an der Johns Hopkins University in Baltimore und lebt in New Orleans. Sie hat Erzählungen und Romane veröffentlicht, die sich um das Glück und Unglück von Familien drehen. Die Middlesteins und Nicht mein Ding standen auf der New York Times-Bestsellerliste und wurden vielfach ausgezeichnet.Barbara Christ studierte Literatur- und Theaterwissenschaften und arbeitete als Dramaturgin und Verlagslektorin. Seit 1997 übersetzt sie aus dem Englischen Theaterstücke und Prosa, u. a. Russell Banks, David Greig, Noah Haidle, Doris Lessing, Anthony Neilson und Simon Stephens. Seit 2012 leitet sie Seminare im Rahmen verschiedener Übersetzerwerkstätten."

Bei diesen Artikeln hat der Autor auch mitgewirkt