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Die Eisenbahnen Mexikos

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
896 Seiten
Deutsch
Ullstein Taschenbuchvlg.erschienen am01.08.2024Auflage
Dies ist der Beweis, dass Fantasie retten kann. Und ein wenig Ironie. Italienische Sozialrepublik, 1944: Aus den höchsten nationalsozialistischen Kreisen in Berlin erreicht den Unteroffizier Cesco Magetti der Befehl, einen vollständigen Plan des mexikanischen Eisenbahnnetzes zu erstellen.  Eine in den Tiefen des Landes versteckte Wunderwaffe soll dem Reich den Endsieg bescheren. Cesco macht sich auf die Suche, wobei sein Weg ihn auf die eine oder andere Weise zu zahlreichen wundersamen Menschen führt, die sich manchmal sogar als hilfreich erweisen. Darunter die folgenden: -    Tilde Giordano, eine wunderschöne Literaturliebhaberin, der Cesco sofort und unwiderruflich sein Herz schenkt -    Steno, Tildes treuer Freund, ein Partisan ohne Waffen -    Don Tibeno, ein Stadtpfarrer, der wegen gewisser wahnsinniger Leidenschaften hinter Gittern sitzt -    Bardolf Graf, ein Verwaltungsangestellter, der ahnungslose, unbewegliche Motor der ganzen Geschichte Die Eisenbahnen Mexikos ist ein in jedem Sinne großer Roman, chorisch und monumental erzählt, lustig und bewegend, spielerisch und tiefgründig, realistisch und phantastisch, unerbittlich fesselnd, immer herzlich und dabei durch und durch literarisch. Mit der geballten Wucht seiner Originalität verneigt sich der Roman vor seinen Vorbildern: Jorge Luis Borges, Siri Hustvedt oder Roberto Bolaño. Eine Wunderkammer von Roman. *** »Einer der intelligentesten, reichhaltigsten, komplexesten und unterhaltsamsten Romane der letzten Jahre.« (Sergio Pent, La Stampa).  »Einer der interessantesten literarischen Fälle dieses Sommers, wenn nicht der einzige.« (Alessandro Zaccuri, Avvenire). »Eine verrückte und abenteuerliche Reise in (unsere) Geschichte der Fantasie. Ein Roman, den man liest, ohne zu ermüden.« (Marco Missiroli, Schriftsteller).

Gian Marco Griffi, Jahrgang 1976, wuchs im Piemont auf, wo er in seinem Heimatdorf Montemagno sehr viel Zeit in der (einzigen) Bar sowie im örtlichen Tabakladen (dem seiner Großeltern) verbrachte. Für sein Philosophiestudium zog er nach Turin. Heute lebt und arbeitet er in Asti, wo auch sein erster auf Deutsch publizierter Roman Die Eisenbahnen Mexikos spielt, mit dem er zu den Nominierten für den Premio Strega gehörte.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR36,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR29,99

Produkt

KlappentextDies ist der Beweis, dass Fantasie retten kann. Und ein wenig Ironie. Italienische Sozialrepublik, 1944: Aus den höchsten nationalsozialistischen Kreisen in Berlin erreicht den Unteroffizier Cesco Magetti der Befehl, einen vollständigen Plan des mexikanischen Eisenbahnnetzes zu erstellen.  Eine in den Tiefen des Landes versteckte Wunderwaffe soll dem Reich den Endsieg bescheren. Cesco macht sich auf die Suche, wobei sein Weg ihn auf die eine oder andere Weise zu zahlreichen wundersamen Menschen führt, die sich manchmal sogar als hilfreich erweisen. Darunter die folgenden: -    Tilde Giordano, eine wunderschöne Literaturliebhaberin, der Cesco sofort und unwiderruflich sein Herz schenkt -    Steno, Tildes treuer Freund, ein Partisan ohne Waffen -    Don Tibeno, ein Stadtpfarrer, der wegen gewisser wahnsinniger Leidenschaften hinter Gittern sitzt -    Bardolf Graf, ein Verwaltungsangestellter, der ahnungslose, unbewegliche Motor der ganzen Geschichte Die Eisenbahnen Mexikos ist ein in jedem Sinne großer Roman, chorisch und monumental erzählt, lustig und bewegend, spielerisch und tiefgründig, realistisch und phantastisch, unerbittlich fesselnd, immer herzlich und dabei durch und durch literarisch. Mit der geballten Wucht seiner Originalität verneigt sich der Roman vor seinen Vorbildern: Jorge Luis Borges, Siri Hustvedt oder Roberto Bolaño. Eine Wunderkammer von Roman. *** »Einer der intelligentesten, reichhaltigsten, komplexesten und unterhaltsamsten Romane der letzten Jahre.« (Sergio Pent, La Stampa).  »Einer der interessantesten literarischen Fälle dieses Sommers, wenn nicht der einzige.« (Alessandro Zaccuri, Avvenire). »Eine verrückte und abenteuerliche Reise in (unsere) Geschichte der Fantasie. Ein Roman, den man liest, ohne zu ermüden.« (Marco Missiroli, Schriftsteller).

Gian Marco Griffi, Jahrgang 1976, wuchs im Piemont auf, wo er in seinem Heimatdorf Montemagno sehr viel Zeit in der (einzigen) Bar sowie im örtlichen Tabakladen (dem seiner Großeltern) verbrachte. Für sein Philosophiestudium zog er nach Turin. Heute lebt und arbeitet er in Asti, wo auch sein erster auf Deutsch publizierter Roman Die Eisenbahnen Mexikos spielt, mit dem er zu den Nominierten für den Premio Strega gehörte.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783843733083
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2024
Erscheinungsdatum01.08.2024
AuflageAuflage
Seiten896 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3364 Kbytes
Artikel-Nr.14339071
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Kommando der Republikanischen Nationalgarde der Eisenbahnen Asti, 8. Februar 1944

Es war eine üble Zeit. Ennio war desertiert, Luigi Bocca hatten sie versehentlich ins Ohrläppchen geschossen, Lehrer Pozzi hatte drei Finger seiner rechten Hand verloren und fluchte jedes Mal, wenn er zum Schreiben mit der linken herumfuhrwerken musste. Der König hatte Reißaus genommen, in den Zügen kamen die Fahrgäste abhanden, der Barbier Gianni hatte ebenfalls Reißaus genommen, war auf irgendeinen Hügel gestiegen, um die Republik zu bekriegen, und im Viertel liefen alle mit ungemachtem Bart herum. Auch Pietro war desertiert, das Kino Gran Cinema Vittoria war geschlossen worden, mein Zahnarzt Grandi saß wegen Verrats im Gefängnis Le Nuove in Turin, und ich hatte seit drei Tagen Zahnweh.

Und das war nicht mal das Schlimmste. Wutschnaubend wie Achilles vor den Mauern Trojas schleiften die Deutschen den toten Leib Italiens hinter sich her, seit Firminos Heimkehr aus Russland hatte ich von ihm nichts gehört, meine Mutter kochte Gerichte, die wie Staub schmeckten, und mir blieb eine Woche, um eine Eisenbahnkarte von Mexiko zu erstellen.

Das war das Schlimmste.

Ich brachte die Zeit damit zu, an Guascos Schreibtisch zu sitzen, alle zehn Minuten auf eine Taste der Schreibmaschine zu dreschen und den Güterzügen zuzusehen, die wie balzende Vögel unter dem Schild ASTI herumkollerten.

Guasco war desertiert. Dabei war er der Begeistertste von allen gewesen. In seiner Brieftasche trug er ein signiertes Foto des Duce mit sich herum, auch wenn manche an der Echtheit der Unterschrift zweifelten. Wir fanden es zusammengeknüllt auf seinem Schreibtisch, neben dem Heiligenbildchen der Madonna mit dem Knüppel. Auf der Rückseite stand geschrieben: »Ersauft im Tanaro, ich gehe in die Hügel. Es lebe Italien.« Er hatte den kompletten Kaffee, achtzehn von fünfundzwanzig Gewehren, die Schreibmaschine des Chefadjutanten und drei Kilo Papier mitgenommen.

Der Chefadjutant hatte es nicht gut aufgenommen, außerdem war Guasco der Einzige, der leidlich tippen konnte, der Einzige, der die faschistischen Lieder auswendig kannte, und der Einzige in der gesamten Abteilung des piemontesischen Korps der Republikanischen Nationalgarde der Eisenbahnen, der in der Lage war, einen anständigen Kaffee zu kochen.

Ich habe die Gelegenheit genutzt und mich an seinem Schreibtisch eingerichtet, wegen des Fensters. Von dem mir zugewiesenen Platz war nichts anderes zu sehen als eine zerfledderte Landkarte Europas und ein Streckennetzplan von Norditalien. Aber jetzt ist Guasco verduftet, und ich habe das Fenster beim Kartenspiel mit Dalmasso gewonnen.

Ein Fenster ist entscheidend, auch wenn es keinen anderen Ausblick bietet als auf Gleise und Züge und einen bombardierten Bauernhof mit Apfelbäumen, die blühen, trotz Staub und Krieg. Ich spürte, dass ich einen Moment durchlebte, in dem sich mir die Schönheit eines Steins, einer Tür im Gestrüpp, einer klugen Zwergohreule auf einem Kilometerstein, selbst einer Eisenbahn erschloss, aber nicht die eines anderen Menschen.

Inmitten eines solchen Moments, während ich auf das von den Resten des Sonnenuntergangs gefärbte Mäuerchen jenseits von Gleis 5 starrte und mich abmühte, den Bericht des 8. Februar 1944 zu tippen, in dem ich über »in der Region befindliche und durch unsere Streitkräfte unschädlich gemachte versprengte, chaotische Räuberbanden« schreiben sollte, platzte der Chefadjutant ins Büro, als wäre der Leibhaftige hinter ihm her. Er tat einen Schritt und erstarrte. Stand ein paar Sekunden lang stocksteif da, setzte sich dann langsam wieder in Bewegung, blickte seinen Soldaten auf ihren Plätzen - Ferraro, Dalmasso, Prete - prüfend in die Augen wie ein Lehrer bei der Auswahl des zu befragenden Schülers, näherte sich schließlich Guascos Schreibtisch, der jetzt mein Schreibtisch war, und befahl mit einer gewissen Feierlichkeit, dass ich die Berichte Dalmasso überlassen und mich darauf einstellen solle, eine detaillierte Dokumentation des Eisenbahnnetzes von Mexiko zu verfassen.

Leicht verwirrt blickte ich ihn an. Meine Kappe war verrutscht, und meine Augen waren rot, als hätte ich gerade geheult.

Magetti, hast du den Befehl verstanden?

Jawohl, sagte ich mit Nachdruck. Verwirrt, gewiss, wie wenn man aus dem Schlaf schreckt, aber mit Nachdruck.

Der Chefadjutant blickte sich um. Fragte, warum ich nicht an meinem Schreibtisch sei.

Wegen des Fensters, Signore. Ich habe es beim Kartenspiel mit Dalmasso gewonnen. Wir beneideten Guasco darum.

Er spuckte auf den Boden. Erwähn Guasco nicht, sagte er. Guasco ist tot. Guasco hat sich für ein Banditenleben in den Wäldern entschieden.

Jawohl, sagte ich, ich werde den Namen des Soldaten, den ich jetzt nicht erwähne, nie wieder erwähnen, damit klar ist, dass ich ihn von nun an nie wieder erwähnen werde.

Sehr gut, Magetti, sagte der Chefadjutant. Du bist ein aufgeweckter Bursche. Dabei hätte ich keine gelochte Lira auf dich verwettet, als ich dich zum ersten Mal in die Kaserne kommen sah.

Ich dankte ihm, auch wenn ich das vielleicht nicht hätte tun sollen. Er versuchte, sich eine Zigarette anzuzünden.

Ich nutzte die anhaltende Widerspenstigkeit der Streichhölzer, um das Wort zu ergreifen.

Ist sich der Signor Aiutante capo der Tatsache bewusst, dass meine Wenigkeit keine Ahnung vom mexikanischen Eisenbahnnetz hat?

Sicher, Magetti, wieso solltest du auch Ahnung vom mexikanischen Eisenbahnnetz haben.

Er drehte sich um und musterte die Truppe.

Gibt es hier jemanden, der etwas über die mexikanische Eisenbahn weiß?

Keiner tat einen Mucks.

Hast du verstanden, Magetti? Die Truppe weiß nicht mal, wo Mexiko liegt. War ja klar. Die Truppe kann ja kaum schreiben. Deshalb habe ich beschlossen, dass du dich um die Angelegenheit kümmerst.

Er deutete auf mich.

Ich sage nicht, dass es einfach ist. Aber wenn du keine Ahnung hast, gibt es Bücher, Unterlagen. Es gibt Bibliotheken. Ist dir bekannt, dass es Bibliotheken gibt, Magetti?

Jawohl, Signor Aiutante capo, es gibt Bibliotheken.

Und ist dir bekannt, dass es Bücher gibt?

Jawohl, Signor Aiutante capo, es gibt Bücher.

Und ist dir bekannt, dass es irgendwo auf der anderen Seite des Ozeans einen Ort namens Mexiko gibt?

Jawohl, Signor Aiutante capo, es gibt Mexiko.

Bestens, Magetti, ich sagte doch, du bist helle. Deine Aufgabe besteht darin, eine Bibliothek zu finden, Bücher über Mexiko zu finden, besser noch über das Eisenbahnnetz, und dann eine schöne Karte zu zeichnen wie damals im Zeichenunterricht in der Grundschule. Musstest du in der Grundschule zeichnen, Magetti?

Jawohl, Signor Aiutante capo, ich musste zeichnen.

Lass hören, was für Zeichnungen musstest du machen?

Ich überlegte einen Moment.

Vor allem Häuser, Tiere, Bäume und Blumen, Signor Aiutante capo.

Er schnippte mit den Fingern.

Na, wunderbar, Magetti. Und sag, warst du gut darin, Häuser, Tiere, Bäume und Blumen zu zeichnen?

Ich war hundsmiserabel, Signor Aiutante capo, meine Mutter musste sie für mich zeichnen.

Er schüttelte mehrmals den Kopf.

Das ist allerdings bitter, Magetti. Der am wenigsten banausenhafte Soldat meines Korps ist nicht in der Lage, ein Haus, ein Tier, einen Baum oder eine Blume zu zeichnen. Und Landkarten, musstest du in der Grundschule Landkarten zeichnen?

Nein, Signor Aiutante capo, nie.

Na bitte, ich bin mir sicher, im Kartenzeichnen bist du ein Ass. Das sehe ich dir an.

Er wandte sich an die anderen.

Dalmasso!

Dalmasso sprang auf und stand stramm.

Jawohl, Signor Aiutante capo!

Ist Magetti nicht anzusehen, dass er ein Ass im Kartenzeichnen ist?

Jawohl, Signor Aiutante capo, das ist ihm deutlich anzusehen.

Ach zum Teufel mit dir, Dalmasso.

Dalmasso ließ sich wieder auf seinen Stuhl fallen.

Aber zurück zu uns, Magetti, ich spüre, dass du eine herrliche und detaillierte Karte der mexikanischen Eisenbahnen zeichnen wirst.

Jawohl, Signor Aiutante capo, ich werde die Karte zeichnen.

Eine herrliche.

Jawohl, Signor Aiutante capo, eine herrliche.

Und eine detaillierte.

Während er das Wort aussprach, tüpfelte er mit seinem rechten Zeigefinger in die Luft.

Jawohl, Signor Aiutante capo, eine detaillierte.

Sehr gut, Magetti, siehst du, dass du es draufhast, wenn du dir Mühe gibst? Auch wenn diese Unterhaltung das Groteskeste und Tragischste ist, was mir in den letzten sieben Jahren untergekommen ist.

Die Zigarettenasche fiel zu Boden, ohne dass er einen einzigen Zug genommen hatte.

Darf ich nach dem Grund fragen, weshalb ich ein Dokument über die Eisenbahnen von Mexiko erstellen soll?

Er nahm einen Zug und blies den Rauch aus, ohne zu inhalieren.

Weil ich es dir befehle, Magetti. Ist das für dich Grund genug?

Jawohl, Signor Aiutante capo, weil Sie es mir befehlen.

Er wirkte resigniert. Setzte sich auf den Stuhl vor meinem Schreibtisch. Verströmte süßlichen Rasierwassergeruch. Blickte aus dem Fenster.

War richtig von dir, an Guascos Schreibtisch zu ziehen.

Danke, Signore.

Er seufzte.

Tatsächlich habe ich nicht den leisesten Schimmer.

Wie meinen, Signore?

Ich meine, ich habe nicht den leisesten Schimmer, wieso du ein Dokument über die Eisenbahnen von Mexiko erstellen...
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Autor

Gian Marco Griffi, Jahrgang 1976, wuchs im Piemont auf, wo er in seinem Heimatdorf Montemagno sehr viel Zeit in der (einzigen) Bar sowie im örtlichen Tabakladen (dem seiner Großeltern) verbrachte. Für sein Philosophiestudium zog er nach Turin. Heute lebt und arbeitet er in Asti, wo auch sein erster auf Deutsch publizierter Roman Die Eisenbahnen Mexikos spielt, mit dem er zu den Nominierten für den Premio Strega gehörte.
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