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Ketzer, Käuze, Querulanten

Außenseiter im universitären Milieu
BuchGebunden
392 Seiten
Deutsch
Bussert u. Stadelererschienen am16.06.2008
Im ursprünglichen Wortsinn ist der 'Outsider' ein Rennpferd mit geringen Siegesaussichten. Wer darauf setzt, geht zumeist leer aus, kann aber bei einem Überraschungserfolg hohe Wettsummen einstreichen. Auch in der Universitätsgeschichtsschreibung wird auf den Außenseiter, also denjenigen, der es in der Regel nicht zur ordentlichen Professur brachte und dessen Karriere nicht selten außerhalb der Universität endete, wenig gegeben. Dabei ist gerade die Wissenschaftsgeschichte voll von tragischen Helden, die scheiterten. Ob in ihrer Zeit oder aus der besser wissenden Perspektive der Nachgeborenen: oft galten und gelten sie als ketzerische, bisweilen kauzige Querulanten - eben als Außenseiter im universitären Milieu, die den akademischen Betrieb mit ihren 'unebenen' Biografien aber mindestens ebenso stark prägten wie die Ordinarien. Sie verliehen ihm so etwas wie ein zweites Gesicht. Der Band versammelt biografische Essays zu weitgehend unbekannten Außenseitern des universitären Milieus und will dabei doch mehr sein als ein anekdotenreiches Kuriositätenkabinett: eine andere Universitätsgeschichte.mehr

Produkt

KlappentextIm ursprünglichen Wortsinn ist der 'Outsider' ein Rennpferd mit geringen Siegesaussichten. Wer darauf setzt, geht zumeist leer aus, kann aber bei einem Überraschungserfolg hohe Wettsummen einstreichen. Auch in der Universitätsgeschichtsschreibung wird auf den Außenseiter, also denjenigen, der es in der Regel nicht zur ordentlichen Professur brachte und dessen Karriere nicht selten außerhalb der Universität endete, wenig gegeben. Dabei ist gerade die Wissenschaftsgeschichte voll von tragischen Helden, die scheiterten. Ob in ihrer Zeit oder aus der besser wissenden Perspektive der Nachgeborenen: oft galten und gelten sie als ketzerische, bisweilen kauzige Querulanten - eben als Außenseiter im universitären Milieu, die den akademischen Betrieb mit ihren 'unebenen' Biografien aber mindestens ebenso stark prägten wie die Ordinarien. Sie verliehen ihm so etwas wie ein zweites Gesicht. Der Band versammelt biografische Essays zu weitgehend unbekannten Außenseitern des universitären Milieus und will dabei doch mehr sein als ein anekdotenreiches Kuriositätenkabinett: eine andere Universitätsgeschichte.
Details
ISBN/GTIN978-3-932906-84-8
ProduktartBuch
EinbandartGebunden
Erscheinungsjahr2008
Erscheinungsdatum16.06.2008
Reihen-Nr.5
Seiten392 Seiten
SpracheDeutsch
Illustrationenzahlr. schw.-w. Abb.
Artikel-Nr.11729015
Rubriken

Inhalt/Kritik

Inhaltsverzeichnis
InhaltsverzeichnisUniversitätsgeschichte durch die Hintertür 9Einführung der Herausgebervon Matthias Steinbach und Michael PloenusVon den Lastern der Gelehrten 13Die Sieben Todsünden und die Juristenvon Robert GramschAustreibung eines Dissidenten 27Andreas Karlstadt (1486-1541)von Günter SchmidtAußenseiter und Sonderlinge? 40Die Fechtmeister der Universität Jenavon Hans-Georg KremerWie wird man rector magnificentissimus? 55Christian Schenk zu Tautenburg (1600-1640)von Gerhard Schaumann»Der nützliche Gelehrte« 66Johann August Schlettwein (1731-1802)von Thomas Pester»Ich bin ihnen ein Demokrat, ein Jakobiner« 102Johann Gottlieb Fichte (1762-1814)von Günter Schmidt»Jakobiner, Religionsspötter und Pasquillant« 112Georg Friedrich Rebmann (1768-1824)von Werner Greiling»Die erste Zuhörerin unseres Philosophen ⦫ 125Sophie Mereau (1770-1806)von Christine Theml und Matthias Steinbach»Sie systematisch niederzudrücken und auszuhungern ⦫ 141Adolf Hilgenfeld (1823-1907)von Stefan Gerber»â¦ durchaus ein matter-of-fact man ⦫ 154Hermann Schaeffer (1824-1900)von Carl CappellerEin Universalhistoriker mit Humor und Freude am Gesang 340Heinz Herz (1907-1983)von Peter Schäfer»Die Faszination des reichen Grabes« 355Günter Behm-Blancke (1912-1994)von Michael Ploenus»â¦ einmalig von Eisenach bis Wladiwostok« 366Olof Klohr (1927-1994)von Michael PloenusRegister 381Abbildungsnachweis 387Die Autoren 388mehr
Vorwort
Universitätsgeschichte durch die HintertürEinführung der HerausgeberDenn die einen sind im Dunkeln/Und die andern sind im Licht/Und man siehet die im Lichte/Die im Dunkeln sieht man nicht.«Brecht/DreigroschenoperIn der Fülle der Jubiläumsliteratur, die zum Geburtstag einer traditionsreichenHohen Schule wie der Alma mater Jenensis erscheint, darf ein Band über universitäreAußenseiter nicht fehlen. Vermutlich wird er sogar Seltenheitswert behalten.Denn wie die allermeiste überlieferte Geschichte handelt auch die Universitätsgeschichte,wo nicht als bloße Quantität und Ressource für etwas Anderesentpersonalisiert, gern und gar nicht zu Unrecht von außergewöhnlichen Leistungenaußergewöhnlicher Menschen. So wie es dort allenthalben um berühmteReligionsstifter, Künstler, Revolutionäre, Diktatoren oder Sportler geht, so sindes hier Wissenschaftler, die sich aus der grauen Masse ihrer Kollegen durch zumeistexzellente Forschung herausheben. Es scheint fast, als würde alles nur, wie inLiteratur, Musik oder Malerei, auf Originalität und Erfindungsreichtum, mithinauf der Außergewöhnlichkeit dieser Genialen fußen. Und in der Tat: Was wäredie schöngeistige Literatur ohne ihre strahlenden Helden? Aber was könntenwir aus ihr lernen, gäbe es nicht auch den strauchelnden Verlierer? Scheiternund erfolglose Andersartigkeit sind die Kehrseite humaner Glücksversprechen,ja sie gehören wie selbstverständlich dazu.Daher der Außenseiter. Streng genommen gehört auch dessen schwer zu fassendeFigur zum Außergewöhnlichen, betrifft also jene Merkwürdigen, die auseiner vermeintlich homogenen Menschheit herausfallen. Und doch denken wirbei Außenseitern zuerst an Gescheiterte und Gestrandete - an Ciceros catilinarischeExistenzen vielleicht; oder an die hoffnungslos Verbohrten, die sich in obskureIdeen und Ansichten verrannten. Ihre triumphierenden Antipoden hingegenwerden nicht selten als erfolgreiche Genies gefeiert. Zwingend ist das nicht.Denn Helden und Antihelden sind oftmals nur Gewinner und Verlierer besondererwechselvoller Umstände und - keineswegs für immer - so oder so in unsererWahrnehmung fixiert. Es hätte auch anders kommen können. Wer heute alsHeiliger firmiert, kann morgen schon als Ketzer gelten und umgekehrt. Hochverratist immer eine Frage des Datums.Im Wesen des Menschen liegt es nun aber einmal, sich für Außergewöhnlicheszu begeistern. Dabei sympathisiert man bekanntlich eher mit den Verlierernund »ewigen Zweiten« als mit den Siegern. Eine empirisch psychologischeStudie der University of South Florida hat jüngst erst wieder gezeigt, dass unsereZuneigung im direkten Vergleich mit großer Wahrscheinlichkeit dem underdoggehören würde,1 dass wir also mit David gegen Goliath fieberten. Kinder mögenes bekanntlich, wenn der Schwache über den Starken triumphiert. Es kommtselten genug vor.Dabei ist die Wissenschaftsgeschichte vielleicht sogar ein Sonderfall, wo es zumalnicht vordergründig um Sieger und Besiegte geht. Schon ein flüchtiger Blick inihre Annalen zeigt, dass es zumeist Außenseiter, Randfiguren waren, die gegenden Widerstand ihrer Zunft, Neues auf den Weg brachten. Bisweilen leiteten siesogar »Paradigmenwechsel«2 im Denken und Forschen ein. Auch hier erweist essich, dass der Strom der Geschichte vor allem an seinen Ufern reizvoll ist. Werimmer den Fortschritt lobt, muss nolens volens ein Hohelied auf die Außenseiterund Unbehausten im eigenen Nest anstimmen. Im ursprünglichen englischenWortsinn ist der »Outsider« übrigens ein Rennpferd mit geringen Siegesaussichten.Wer darauf setzt, geht zumeist leer aus, kann aber bei einem Überraschungserfolghohe Wettsummen einstreichen. Auch in der herkömmlichenUniversitätsgeschichtsschreibung wird auf den Außenseiter, also denjenigen, deres in der Regel nicht zur ordentlichen Professur brachte und dessen Karriere nichtselten außerhalb der Akademie endet, wenig gegeben. Dabei ist gerade dieWissenschaftsgeschichte voll von tragischen Helden, deren akademische Karriere,bemessen an inneruniversitären Maßstäben, scheiterte. Ob in ihrer Zeit oderaus einer besser wissenden Perspektive der Nachgeborenen: oft galten und geltensie als ketzerische, bisweilen kauzige Querulanten, die den akademischen Betriebmit ihren unebenen Biografien ebenso stark prägten wie die angekommenen,nicht selten angepassten Ordinarien. Sie gaben der Universität ein zweitesGesicht.Es waren diese anderen Gesichter, die uns interessierten und nachstehend inGestalt biografischer Essays versammelt wurden. Gehalten sind die Texte strengwissenschaftlich bis anekdotisch launig. Eine tiefere Systematik liegt der Zusammenschaunur insoweit zu Grunde, als deutsche Universitätsgeschichte vomAusgang des 15. bis ins 20. Jahrhundert entlang der behandelten Wissenschaftlerbiografienerzählt wird. Diese begegnen uns in Gestalt des politischen Professors,die sich gegen die herrschende Ideologie stellt; des verlotterten Privatdozentender Mathematik, der von der Universität entfernt wird, um hernach dennoch alsErfinder der Relativitätstheorie zu gelten; des versponnenen Musealen mit unbändigerSammler- und Entdeckerwut; des Orchideenfachgelehrten ohne Hörer;des Spätberufenen, der es erst mit siebzig zum Professor bringt; des Armenphysikers,der seine Experimente nicht nur im Hörsaal, sondern auch den Leu-ten auf der Straße vorführt; des für Logik schwärmenden Militärs, ohne den dasKollegium des weltberühmten Gelehrten hätte ausfallen müssen. Studierende unddozierende Frauen am Rande der gelehrten Männerwelt vervollständigen das Bild.Unter den vielen Unbekannten finden sich auch berühmte Namen der deutschenGeistesgeschichte - so Karstadt, Fichte, Elisabeth Förster-Nietzsche, RicardaHuch oder Karl Korsch.Freilich wäre es widersinnig, in jedem »Außenseiter« automatisch ein verkanntesoder verstoßenes Genie zu sehen, das unglücklicherweise ein Opfer historischungünstiger Umstände wurde. Gewiss gab es derlei Fälle, und auch heute kommenja bekanntlich keineswegs nur die Besten zur Auslese, etwa für eine Universitätsprofessur.Schön wär s, aber was - entgegen Aristoteles Hoffnungen -bekanntlich für die Politik gilt, gilt für die Wissenschaft eben nicht minder. AmEnde erinnert man sich an die bedeutenden Großen trotz und an die unbedeutendenKleinen gerade wegen ihrer persönlichen Unzulänglichkeiten.Die Alliteration des vorliegenden Bandes, »Ketzer, Käuze, Querulanten«, istdaher mitnichten nur eine schrullige Trinität. Ein Professor mag durch kauzigesVerhalten oder liebenswürdige Eigenheiten im Gedächtnis seiner Schüler bleiben,ein Ketzer oder Querulant ist er deshalb noch lange nicht. Und wiederummuss ein Querulant im universitären Betrieb nicht automatisch ein verkanntesGenie sein. Auch der gegen den Zeitgeist opponierende »Ketzer« verwandelt sichnicht von selbst, sondern erst durch postumes gesellschaftliches Umdenken und,wenn man so will, durch Umwertung der Werte, in einen Heiligen. Insgesamthandeln die Essays immer auch davon, was ein gelingendes, ein erfülltes Lebenin und mit den Wissenschaften sein könnte.Der biografische Fundus will jedenfalls mehr sein als nur anekdotenreichesKuriositätenkabinett. Vielfach geht es wie angedeutet um Jenaer Privatdozentenoder Nichtordinarien, deren Schicksal zu allen Zeiten der deutschen Universitätwenig glücklich war. Auswärtige Beispiele ergänzen das Bild. Als im Jahre 1897das verloren geglaubte Copialbuch, eine Zusammenstellung älterer statuarischerBestimmungen der Jenaer Philosophischen Fakultät, wieder auftauchte, gabRudolf Eucken, Ordinarius für Philosophie und späterer Nobelpreisträger fürLiteratur, eine aufschlussreiche Nebenbemerkung zu Protokoll. An »einzelnenStellen« der aufgefundenen Akte sei, so Eucken, das »Verhalten der Universitätzu den Bewegungen der neueren Kultur« deutlich hervorgetreten. »Dies Verhaltenwar ein durchaus konservatives: man verhielt sich in den offiziellen Kreisenablehnend gegen das Naturrecht, gegen Descartes, gegen den Pietismus, gegendie Wolffische Philosophie. Als Anhänger der Reformbestrebungen erscheinenin diesen Akten lediglich Privatdozenten. Erst um die Mitte des 18. Jahrhun-derts erscheint auch hier die Sprache ( Libertas cogitandi ) und Gesinnung derAufklärung [â¦].«3 Die Zeilen des Ordinarius Eucken lassen ohne Weiteres einegewisse Selbstkritik erkennen, und sie sind nebenbei ein Argument für den Zusammenhangvon extraordinärer Universität und wissenschaftlichem Fortschritt.4Die vorliegende Anthologie, zugleich Band 5 der Reihe manuskript, lässt sichso als eine andere Universitätsgeschichte lesen - als eine, die durch die HinterundSeitentür kommt und dennoch in prägende allgemeine Strukturen und Prozesseeinführt. So wird der aufmerksame Leser in Wesensfragen des akademischenPrüfungs- und Qualifikationswesens ebenso eingeführt wie in Berufungsreglements,Gelehrtenkultur und Gelehrtenpolitik. Auch lässt sich nebenbei etwas überdas studentische Leben, die Ausgestaltung von Lehre und Forschung sowie denZusammenhang von Universität und Stadt, von Bildung und bürgerlicher Gesellschaftlernen. Es geht also mithin um ein Stück Realgestalt der heute zwischenExzellenzinitiativen und Dienstleistungsforderungen hin und her geschütteltenalten Humboldtschen Universität. Gerade dem in wissenschaftsgeschichtlichenFragen wenig bewanderten Leser und Interessierten mag ein solcher Zugangspannende Einsichten liefern und Lust auf mehr machen. Für Überraschungenjedenfalls sollte der Blick durch das biografische Schlüsselloch allemal gutsein.Jena/Braunschweig, im Mai 2008 Matthias Steinbach & Michael Ploenus1 Vgl. Joseph A. Vandello/Nadav P. Goldschmied/David A. R. Richards, The Appeal of the Underdog, in:Personality and Social Psychology Bulletin 2007, Bd. 33, 1603-1616.2 Thomas S. Kuhn, Die Struktur der wissenschaftlichen Revolutionen, Frankfurt a. M. 1973.3 Universitätsarchiv Jena, Best. M 675 (ohne Seitenzahlen).4 Vgl. Gerhart Müller, Die extraordinäre Universität - Jenas Modernisierungsweg, in: Gerhart Müller u. a.(Hrsg.), Die Universität Jena. Tradition und Innovation um 1800, Stuttgart 2001, S. 191-197mehr

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