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Das Glück ist mollig

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
260 Seiten
Deutsch
FISCHER E-Bookserschienen am15.04.20151. Auflage
Dodo, eine lebenslustige Versicherungsangestellte, sieht gar nicht ein, daß sie sich zur Bohnenstange herunterhungern soll, um glücklich zu sein. Da läßt sie ihren Hanns lieber von dannen ziehen und adoptiert stattdessen eine anmutige Bassett-Hündin mit ähnlichen Proportionen wie ihre eigenen. Die unvermeidlichen Gassi-Gänge führen zu unerwarteten Begegnungen und diese wiederum zu unvorhersehbaren Turbulenzen. Für deren Bewältigung benötigt Dodo große Portionen Humor. (Dieser Text bezieht sich auf eine frühere Ausgabe.)

Verena Charlotte Harksen, geboren 1942 in Berlin, studierte Jura und veröffentlichte nebenher Kurzgeschichten, Aufsätze und Gedichte sowie zahlreiche Rezensionen (u. a. für Brigitte). Sie gab die ?Bibliothek der Phantastischen Abenteuer? heraus, übersetzte mehr als fünfzig Bücher (u. a. Barbara Wood und Marion Zimmer Bradley).
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Produkt

KlappentextDodo, eine lebenslustige Versicherungsangestellte, sieht gar nicht ein, daß sie sich zur Bohnenstange herunterhungern soll, um glücklich zu sein. Da läßt sie ihren Hanns lieber von dannen ziehen und adoptiert stattdessen eine anmutige Bassett-Hündin mit ähnlichen Proportionen wie ihre eigenen. Die unvermeidlichen Gassi-Gänge führen zu unerwarteten Begegnungen und diese wiederum zu unvorhersehbaren Turbulenzen. Für deren Bewältigung benötigt Dodo große Portionen Humor. (Dieser Text bezieht sich auf eine frühere Ausgabe.)

Verena Charlotte Harksen, geboren 1942 in Berlin, studierte Jura und veröffentlichte nebenher Kurzgeschichten, Aufsätze und Gedichte sowie zahlreiche Rezensionen (u. a. für Brigitte). Sie gab die ?Bibliothek der Phantastischen Abenteuer? heraus, übersetzte mehr als fünfzig Bücher (u. a. Barbara Wood und Marion Zimmer Bradley).
Details
Weitere ISBN/GTIN9783105600337
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2015
Erscheinungsdatum15.04.2015
Auflage1. Auflage
Seiten260 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse750 Kbytes
Artikel-Nr.1692732
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Erstes Kapitel

»So also sieht eine verlassene Geliebte aus«, sagte Dodo laut und betrachtete sich im Badezimmerspiegel. Was sie sah, war weniger tragisch, als man dem Unterton ihrer Stimme entnehmen konnte: ein rundes Gesicht mit Grübchen in den Wangen, große braune Kulleraugen, eine unerwartet spitze, kleine Nase und ein breiter, normalerweise vergnügter Mund. Ein Kopf voll kurzer hellbrauner Locken, mit hübschen, kleinen Ohren. Rosige Haut mit ein paar kleinen Sommersprossen. Ein paar Lachfältchen um die Augen. Zu all dem gehörte ein niedliches, unübersehbares Doppelkinn und ein kurzer, glatter Hals.

 

Mehr zeigte der Spiegel nicht, und das, fand Dodo, war gut so. Denn unterhalb des durchaus anziehenden Halses erweiterte sich der Prospekt - Dodo wuchs in die Breite. Hundert entzückende Kilo wollten getragen sein.

»Mit fünfunddreißig ist man eben etwas fraulicher«, erklärte Dodo ihrem stirnrunzelnden Spiegelbild. Aber das war gelogen, denn Dodo war schon als Kind wohlgenährt und auf strammen Beinchen durchs Leben geschritten und hatte selbst in den Jahren größter pubertärer Eitelkeit keinen Hang zur Magersucht entwickelt. Im Lauf der Zeit war ein Rettungsring zum anderen gekommen, ein Pölsterchen hatte sich ans nächste geschmiegt und war vereint mit ihm zum Polster geworden. Dodos Appetit hatte den Kampf gegen alle Diäten haushoch gewonnen. Hinzu kam, daß Dodo jede Art von Sport zutiefst verabscheute und folglich auch von trainiertem Straffspeck bei ihr nicht die Rede sein konnte. Dafür war sie wohlgepflegt, fröhlich und gutherzig und von Jugend an gewöhnt, die Blicke und anderes Zubehör der Männerwelt auf sich zu lenken. Den sinnlichen Freuden aufgeschlossen und einfallsreich in Küche und Koje, hatte Dodo zwar noch immer nicht den einen und einzigen gefunden, mit dem sie ihr Leben gern für immer hätte teilen wollen. Aber sie war auf der Suche nach ihm nicht müßig gewesen und unterwegs immer wieder auf Männer gestoßen, mit denen sie ihre freien Stunden gern und zu beiderseitiger Freude verbringen konnte.

 

Seit fast fünf Jahren war es Hanns gewesen, der den Platz auf ihrer Bettkante innegehabt hatte - Hanns mit den zwei n und dem modischen Doppelnamen.

Ursprünglich bescheiden Hans Müller getauft, hatte er sich irgendwann das zweite n zugelegt, das man jetzt, wenn er seinen Vornamen aussprach, deutlich hören konnte. Aus Müller war mit Hilfe des Mädchennamens seiner Mutter Müller-Bertram geworden.

Passend zum gehobenen Namen betrieb Hanns Müller-Bertram in der Nähe des Goethehauses ein kleines, ebenso gehobenes Antiquitätengeschäft, das er gern seinen Salon nannte. Firmenschild, Geschäftskarten und Briefpapier waren in englischer Schreibschrift gehalten, der Teppichboden im Laden in vert anglais, von Dodo respektlos als »olles Dunkelgrün« bezeichnet. Hanns führte nur ausgewählte Stücke und verstand es, sie so geschickt zu arrangieren und bei kleinen Einladungen an Stammkunden »zum Tee in meinem Salon« so schamlos anzupreisen, daß die geblendeten Gäste den größten Schund als Kostbarkeit bewunderten und ehrfürchtig die von Hanns geforderten Phantasiepreise bezahlten.

»Es muß nur echt sein«, hatte er Dodo erklärt. »Was ich verkaufe, ist immer echt und alt. Ob es sich dabei um Qualitätsarbeit handelt, ist unwesentlich. Der Wert liegt im Auge des Betrachters.«

 

Mit diesem nicht besonders originellen, aber praktischen Grundsatz und einem gutgeölten Nachschubsystem, das ihn mit Möbeln und anderen Gegenständen versorgte, die großenteils schon vor hundert Jahren, unmittelbar nach ihrer Entstehung, als Ausschuß auf den Sperrmüll gehört hätten, war Hanns Müller-Bertram zu gesellschaftlichem Ansehen und einigem Wohlstand gelangt. Obwohl er nach ein paar Semestern Betriebswirtschaft den, wie er sagte, proletarisierten Unibetrieb mit dem Abenteuer des freien Spiels der merkantilen Kräfte vertauscht hatte, gab er sich gern akademisch gebildet. Er liebte es anzudeuten, wie gern er Kunstgeschichte studiert hätte, hätten sich nicht unbestimmte, jedoch unüberwindliche Hindernisse gegen dieses Herzenssehnen aufgetürmt. Dabei seufzte er jedesmal und sah sein Gegenüber aus großen, feuchten, traurigen Augen an, ein unverbesserlicher Romantiker.

 

Dodo hatte Hanns auf eine weniger romantische Weise kennengelernt. Sie war ihm bei einem unerwarteten Nothalt der U-Bahn in die Arme gestürzt, hatte ihn vermöge ihres größeren Gewichts umgerissen und ihn dann unter vielen Entschuldigungen vom Boden aufgeklaubt. Anschließend hatte sie den sichtlich Verstörten ins nächste Café geschleppt und zu einem Espresso eingeladen.

So war man einander nähergekommen.

Hanns war zehn Jahre älter als Dodo und bezeichnete sich selbst als eingefleischten Junggesellen. Während er, um sich von anderen Antiquitätenhändlern zu unterscheiden, in seinem Salon gern mit Dreitagebart, auf alt frisierten Designerjeans, schwarzem Oberhemd und bordeauxrotem Cordjackett auftrat, ganz und gar der leicht angegraute, vom Weltekel tief berührte, immer noch junge Wilde, liebte er privat elegante Anzüge, Seidenschals und helle Kaschmirmäntel. Er war bis auf ein leichtes Spitzbäuchlein gertenschlank, wenig über mittelgroß und hatte welliges, schon etwas dünnes, sorgfältig gekämmtes blondes Haar. Eine flotte Hornbrille schützte die leuchtendblauen Augen vor direktem Blickkontakt mit allen Unwürdigen.

 

Dodo hatte von Hanns eine Menge über Antiquitäten, Kunst, Schickeria und Schickimicki gelernt und erkannt, daß diese Welt niemals die ihre werden würde. Trotzdem half sie ihm manchmal im Laden und spielte die Gastgeberin bei den kleinen, feinen Partys, die er für seine Lieblingskunden und solche, die er dazu erheben wollte, in seiner Wohnung im Sachsenhäuser Malerviertel gab. Dabei stellte er sie als seine »liebe, gute Freundin Frau Döbritz« vor und achtete darauf, daß Dodo sich ordentlich anzog und einen repräsentativen Eindruck machte. Die Kleider suchte er aus, ließ Dodo anprobieren, bis sie vor Erschöpfung fast umfiel, und bezahlte alles ohne Murren. Zuerst hatte Dodo diese Sorte Geschenke abgelehnt, um so mehr, als Hanns im allgemeinen eher sparsam war. Doch da sie die von ihm bevorzugten Sachen in der Regel gräßlich fand und nur bei ihm und ihm zuliebe anzog, hatte sie sich daran gewöhnt und nahm die Klamotten als das, was sie waren: eine Art Arbeitskleidung für ihre Tätigkeit als Party-Hosteß.

 

Seit einiger Zeit war Dodo aufgefallen, daß Hanns sich verändert hatte. Ab und zu merkte sie, wie er sie verstohlen von der Seite musterte, den Kopf schüttelte, aber nichts sagte. Gelegentlich seufzte er und biß sich auf die Lippen, schien zum Sprechen anzusetzen, verkniff es sich aber. Dodo hatte ihn wiederholt gefragt, ob etwas nicht in Ordnung sei oder er Sorgen habe, sich vielleicht krank fühle. Das hatte er indessen immer mit so erstaunlicher Heftigkeit bestritten, daß Dodo schließlich auf weitere Erkundigungen verzichtete.

Vorgestern abend hatte er sie vom Büro abgeholt und zum Essen ausgeführt. Das kam häufiger vor, aber diesmal hatte Dodo sofort bemerkt, daß er etwas auf dem Herzen hatte. Da er nicht von selbst anfing, hatte sie beim Nachtisch die Initiative ergriffen.

»Nun komm schon, Hanns! Ich sehe doch, daß etwas nicht stimmt. Raus mit der Sprache - den Kopf wird es ja wohl nicht kosten.«

Hanns setzte die Brille ab, polierte sie erfolglos mit der steifgestärkten Stoffserviette, setzte sie wieder auf und räusperte sich.

»Meine liebe Dodo«, begann er feierlich, »in der Tat muß ich dir etwas Wichtiges mitteilen.«

Dodo zuckte zusammen und dachte eine erschrockene Sekunde lang, er wolle ihr einen Heiratsantrag machen. Eine zweite Sekunde lang wunderte sie sich darüber, daß dieser Gedanke sie erschreckte. Aber schon fuhr Hanns mit ernster Miene fort.

»Dodo, meine liebe Freundin - ich weiß nicht, wie ich es sagen soll - also kurz und gut: ich habe mich verlobt.«

Dodo war so verblüfft, daß sie ihn nur anstarrte.

»Was?« stotterte sie schließlich. »Du hast dich verlobt?«

»Jawohl. Mit Frau Dr. Elisabeth von Wellen-Brahmen. Du hast sie doch bei mir kennengelernt.«

Dodo kramte in ihrem Gedächtnis. Ja ... da war vor ein paar Wochen eine hübsche, schlanke, junge Frau gewesen ... eine Rothaarige ... sehr sympathisch. »Die Kunsthistorikerin?«

Hanns nickte. »Ja. Ich hatte in letzter Zeit öfter mit ihr zu tun; sie ist am Museum für Kunsthandwerk tätig und hat mich beraten. Wir ... es war Zuneigung auf den ersten Blick, Dodo. Verzeih mir! Ich konnte nichts dagegen tun. Elisabeth ist meine Seelengefährtin, meine ...«

Er brach ab.

Die verdutzte Dodo platzte ohne nachzudenken heraus: »Und die nimmt dich? So eine nette Frau?«

Hanns´ schmerzlich verzogenes Gesicht wurde unfreundlich. »Na hör mal«, zischte er. »Ich bin schließlich kein Nobody! Das müßtest du doch am besten wissen. Immerhin hast du fünf Jahre meine Vorzüge genossen.«

Dodo mußte wider Willen lachen. »Ja, das habe ich allerdings. Es kommt mir nur alles ein bißchen plötzlich. Oder hast du dich schon länger mit - hm - Veränderungsabsichten getragen?«

Hanns zögerte.

»Nun ja«, meinte er dann, »ich ... es liegt ein bißchen an dir, Dodo ... deine Figur ... Weißt du, ich mag ja das Füllige ... dieses Barocke ... Aber ein paar von meinen Freunden finden eben ... äh ... mollige Frauen ... hm ... weniger...
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