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Kindorientierung in der pädagogischen Praxis

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
144 Seiten
Deutsch
Herder Verlag GmbHerschienen am12.06.20231. Auflage
Kindorientierung ist als Begriff ist in aller Munde - aber was bedeutet das eigentlich? Das Buch klärt mit zahlreichen Praxisbeispielen und Reflexionsfragen die Grundprinzipien einer kindorientierten Pädagogik. Die Autorinnen zeigen anhand konkreter Alltagssituationen, wie pädagogische Fachkräfte den Kita-Alltag an den Kindern orientieren und dadurch die Rechte der Kinder auf Eigenständigkeit, Selbstbehauptung und Selbstwirksamkeit verwirklichen können: Vom Ankommen und Verabschieden über das Essen, Pflegen und Ausruhen bis hin zur Raumgestaltung, Projektarbeit und vielem mehr. 

Katrin Macha, Erziehungswissenschaftlerin (Diplom) und Expertin für Qualität im Situationsansatz (EfQuiS), ist Direktorin des Instituts für den Siutationsansatz (ISTA) an der Internationalen Akademie Berlin gGmbH und dort Leitung des Arbeitsbereichs Qualitätsentwicklung & Evaluation. Sie ist verantwortlich für verschiedene Forschungs- und Praxisentwicklungsprojekte, insbesondere zur Erhebung von Kinderperspektiven.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR22,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR13,99
E-BookPDF1 - PDF WatermarkE-Book
EUR13,99

Produkt

KlappentextKindorientierung ist als Begriff ist in aller Munde - aber was bedeutet das eigentlich? Das Buch klärt mit zahlreichen Praxisbeispielen und Reflexionsfragen die Grundprinzipien einer kindorientierten Pädagogik. Die Autorinnen zeigen anhand konkreter Alltagssituationen, wie pädagogische Fachkräfte den Kita-Alltag an den Kindern orientieren und dadurch die Rechte der Kinder auf Eigenständigkeit, Selbstbehauptung und Selbstwirksamkeit verwirklichen können: Vom Ankommen und Verabschieden über das Essen, Pflegen und Ausruhen bis hin zur Raumgestaltung, Projektarbeit und vielem mehr. 

Katrin Macha, Erziehungswissenschaftlerin (Diplom) und Expertin für Qualität im Situationsansatz (EfQuiS), ist Direktorin des Instituts für den Siutationsansatz (ISTA) an der Internationalen Akademie Berlin gGmbH und dort Leitung des Arbeitsbereichs Qualitätsentwicklung & Evaluation. Sie ist verantwortlich für verschiedene Forschungs- und Praxisentwicklungsprojekte, insbesondere zur Erhebung von Kinderperspektiven.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783451829611
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum12.06.2023
Auflage1. Auflage
Seiten144 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1604 Kbytes
Artikel-Nr.11535381
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

1.
Die Basics - den Boden bereiten


In diesem Kapitel erfahren Sie

welche Bilder von Kindern in der Kindorientierung stecken


was das für die Rolle der pädagogischen Fachkräfte bedeutet


wie Erwachsene ihre Macht ausüben und reflektieren können


welche Allianzen Sie bei der kindorientierten Arbeit eingehen können


1.1 Pädagogische Bilder von Kindern

Wenn ich so darüber nachdenke, kann ich eigentlich alles , sagt Lotta aus der Krachmacherstraße in Astrid Lindgrens Buch Lotta kann fast alles (Lindgren 1977). Kennen Sie Lotta und ihre Abenteuer? Sie ist mutig, forsch, selbstbewusst, eigensinnig und reflektiert. Und sie inspiriert. Denn ihre Aussage regt uns zum Nachdenken an: Können Sie sich vorstellen, dass ein Kind (fast) alles kann? Oder wollen Sie dem Kind widersprechen? Was löst die Frage in Ihnen aus?

Als pädagogische Fachkraft haben Sie sich wahrscheinlich immer wieder mit kindorientierten Ansätzen in der Pädagogik auseinandergesetzt. Im Kern bedeutet diese Haltung: Kinder haben eigene Rechte. Ihr Recht auf Schutz, Förderung und Entwicklung sowie Beteiligung ist in der UN-Kinderrechtskonvention (United Nations 1989) verankert. Damit wird anerkannt, dass Kinder eine eigene Position haben, dass sie als Akteur*innen in unserer Gesellschaft ernst zu nehmen sind. Das hat Folgen für das Bild vom Kind als Grundlage für pädagogisches Handeln. Jasper Juul bringt es in dem Zitat auf den Punkt: Kinder haben von Anfang an eine eigene Persönlichkeit und sind damit menschlich und sozial kompetente Partner (Juul 2011, S. 3). Dabei ist wichtig anzuerkennen, dass alle Kinder unterschiedlich sind in ihren Bedürfnissen, Themen und Kompetenzen. Statt nach einem einheitlichen Bild vom Kind zu suchen, sollten wir darum eher von Bildern von Kindern sprechen.

Eins ist dabei ganz klar: Kinder haben einen maßgeblichen Anteil an dem, wie und was sie lernen, und Erwachsene begleiten sie dabei. Die Kindorientierung unterstreicht diesen Ansatz. Kinder werden in ihrer Einzigartigkeit, in ihrem Zugang zur Welt wahrgenommen. Kinder erleben, was um sie herum geschieht, und machen sich aus diesem Erleben in einem eigenen Schaffensprozess ein je eigenes Bild von dem, wie die Welt funktioniert und wie sie in dieser Welt agieren können. Dies geht klein los: Erfahren sie zum Beispiel Zuwendung und Mitgefühl, wenn sie weinen, dann trägt dies zu einem positiven Selbstbild bei. Sie erfahren, dass sie mit ihren Gefühlen ernst genommen werden. Auch wenn Kinder erleben, dass sie ignoriert werden, kann das Folgen haben. Möchte ein Kind beispielsweise einer erwachsenen Person etwas erzählen, diese dreht sich aber kommentarlos weg, weil sie mit etwas anderem beschäftigt ist, fühlt es sich dadurch nicht wichtig mit seinem Anliegen. Kommen solche Vorfälle häufiger vor, können sie das Selbstbild des Kindes beeinflussen. Denn solche Nicht-Reaktionen haben eine Wirkung auf das eigene Selbstwertgefühl.

Kindliches Lernen und Entwickeln hängt also immer mit den Reaktionen anderer Menschen zusammen. Es ist immer auch eingebettet in gesellschaftliche Verhältnisse und hängt von den Lebensbedingungen der Kinder ab. Schlechte Bedingungen können die Entwicklung ihres Potenzials behindern, wenn zum Beispiel in einer Familie Arbeitslosigkeit und Hoffnungslosigkeit herrscht und sie die Sorgen und Nöte ihrer Eltern miterleben und auf sich übertragen. Jedoch zeigt sich auch hier, dass Kinder verschieden auf diese Bedingungen reagieren und damit umgehen lernen. Dabei spielt Resilienz eine große Rolle, also die Fähigkeit, mit belastenden Lebensumständen und Stress erfolgreich umgehen zu können und widerstandfähig zu werden. Manche Kinder entwickeln zum Beispiel einen großen Ehrgeiz, sich aus einer solchen Situation zu befreien, und suchen sich gezielt andere Erwachsene, die ihnen dort Zuspruch geben, wo sie ihn zu Hause nicht bekommen (vgl. Largo 2018).

Kinder sind klar in der Lage, Situationen, die sie betreffen, zu beurteilen und zu entscheiden. Bekommen sie die nötigen Informationen, können sie sich auf dieser Grundlage eine Meinung bilden und sie äußern. Wenn sie erleben, dass ihre Meinung anerkannt und gehört wird, hat das wiederum Folgen für ihr Selbstbild und sie können diese Fähigkeit weiterentwickeln. Dies zeigen Kinder zum Beispiel, wenn sie gemeinsam mit einer pädagogischen Fachkraft überlegen, wie sie einen Raum in der Kindertageseinrichtung umgestalten können. Haben Sie das in Ihrem pädagogischen Alltag schon einmal erlebt? Kinder sind oft sehr stolz, wenn sie zeigen und erklären können, wie und warum ein Raum sich verändert hat und was ihr Anteil daran war.

Kinder haben auch einen Sinn für Gemeinschaft und Fürsorge bzw. Solidarität mit anderen Menschen. Insbesondere wenn sie selbst in ihren Bedürfnissen gesehen werden, beginnen sie schon früh, sich auch um andere zu kümmern , zum Beispiel indem sie weinende Kinder trösten. Auch ältere Kinder zeigen immer wieder Solidarität, etwa wenn sie für ihre*n beste*n Freund*in, der* die später zum Essen kommt, etwas vom leckeren Pudding aufheben. Oder wenn sie mit Begeisterung im Winter eine große Sammelaktion starten, um die Obdachlosen, die sie immer wieder auf ihrem Weg zur Kita sehen, mit warmer Kleidung und Decken zu versorgen.


Reflexion

Über Bildern von Kindern (im Team) nachdenken

Notieren Sie in Stichworten die Aspekte zum kindorientierten Bild von Kindern, die in diesem Abschnitt benannt werden.


Welchen Aspekten stimmen Sie zu und warum? Haben Sie an manchen Stellen ein anderes Verständnis und warum?


Stellen Sie die kindorientierten Bilder von Kindern einer Kollegin oder einem Kollegen vor und diskutieren Sie gemeinsam, inwieweit Sie dem zustimmen und was sie anders sehen.


1.2 Rolle der pädagogischen Fachkraft

Wenn wir wie Lindgrens Lotta davon ausgehen, dass Kinder (fast) alles können, dann hat das Konsequenzen für das pädagogische Handeln und die Rolle, die Fachkräfte in der Kita-Praxis einnehmen. Pädagog*innen sind Begleitende, Impulsgebende und Dialogpartner*innen. Was heißt das bezogen auf die Kindorientierung?

Kindorientierte Pädagogik stellt Kinder in ihrer jeweiligen Eigenart in den Mittelpunkt. Sie werden anerkannt mit ihren Ideen, Hoffnungen, Kompetenzen und Entwicklungsmöglichkeiten. Den Fachkräften kommt dabei die Aufgabe zu, ihre Lern- und Entwicklungswege zu unterstützen, ihnen zur Seite zu stehen. Sie sind dann auf dem richtigen Weg, wenn sie genau beobachten, hinhören, sich einfühlen und zu verstehen versuchen, in welcher Weise sich dieses Kind, das ja seine ureigene Geschichte mitbringt, die Welt aneignet, wie dieses Kind bei seinen Forschungsvorhaben unterstützt und ermutigt werden kann (Zimmer 2006, S. 19).

Pädagogische Fachkräfte sind also selbst Forschende. Sie versuchen herauszufinden, was bei den Kindern los ist, welche Erfahrungen, welchen Hintergrund und welche Fragen oder Bedürfnisse ein Kind mitbringt. Dafür gibt es gute Instrumente, wie zum Beispiel die wahrnehmende Beobachtung (siehe Kapitel 2.4), die Erhebung der Kinderperspektiven (siehe Kapitel 2.5) oder die Einbeziehung der Lebenswelten der Kinder (siehe Kapitel 2.7). Aufbauend auf dieser Erkundung überlegen Fachkräfte dann, wie sie darauf in ihrer Praxis reagieren können. Dabei stellen sie das Kind in den Mittelpunkt und überlegen, was es brauchen könnte und in welcher Weise sie es bestmöglich unterstützen können.


Seit ein paar Wochen erzählen viele Kinder von ihren Haustieren und manche bringen ihre Tiere sogar in die Kita mit. Das bringt allen viel Freude, aber Erzieher Samir fällt auf, dass besonders Celine immer ganz nah an den Tieren sitzt. Sie möchte sie ausdauernd streicheln und geht sehr behutsam und fürsorglich mit ihnen um. Samir spürt, dass das Mädchen einen besonderen Draht zu den Tieren hat. Deshalb sprechen sich Sonja und Samir im Team dazu ab, dass sie zukünftig besonders mit Celine über Tiere sprechen und mehr über ihre Erfahrungen herausfinden wollen. Als Jona seinen kleinen Hund mitbringt und alle einen Spaziergang mit ihm machen, bleibt Celine irgendwann traurig zurück. Sie erzählt Sonja, dass sie den Hund ihrer Nachbarin früher immer ausführen durfte. Doch er ist vor einem Jahr gestorben. Als Sonja die Mutter beim Abholen auf den Hund anspricht, bestätigt diese, dass sich ihre Tochter sehr einen Hund wünscht. Allerdings können sie sich keinen leisten. Die Erzieherin weiß bereits, dass Celine mit ihrer Mutter und ihren drei Geschwistern in einer kleinen Wohnung wohnt.

Auch in der Kinderrunde erzählt Celine nun von ihrem Wunsch, ein Tier zu besitzen, und dass das nicht möglich ist. Die Kinder haben gleich viele Ideen, wie sie ihr helfen könnten. Zum Beispiel bietet ihr Jona eine Spazierpatenschaft an. Irgendwann fangen Achmets Augen an zu leuchten: Wir können hier in der Kita ein Tier haben! Aufgeregt erzählt er, dass es in der Kita, in die sein Cousin geht, Hasen gibt. Nach vielen weiteren Gesprächen mit den Eltern, dem Team und der Leitung wird das Projekt Hasen in der Kita gestartet. Celine ist glücklich und kümmert sich mit großer Hingabe um die Tiere.


Natürlich müssen nicht immer große Projekte oder eine neue konzeptionelle Ausrichtung aus einer Beobachtung entstehen. Manchmal können pädagogische Fachkräfte bereits durch kleine Veränderungen viel bewirken. So können sie etwa individuell auf die Bedürfnisse und Themen der Kinder eingehen, indem sie mehr Zeit für Gespräche nach einer familiären Veränderung aufwenden oder neue Kinderbücher anschaffen, mit denen...
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Autor

Katrin Macha, Erziehungswissenschaftlerin (Diplom) und Expertin für Qualität im Situationsansatz (EfQuiS), ist Direktorin des Instituts für den Siutationsansatz (ISTA) an der Internationalen Akademie Berlin gGmbH und dort Leitung des Arbeitsbereichs Qualitätsentwicklung & Evaluation. Sie ist verantwortlich für verschiedene Forschungs- und Praxisentwicklungsprojekte, insbesondere zur Erhebung von Kinderperspektiven.Gerlinde Ries-Schemainda ist Dozentin für Fort- und Weiterbildung und ehemalige Leitung des Kath. Familienzentrum St. Sebastian, Eppertshausen/Hessen. Sie ist Expertin für Qualität im Situationsansatz und Autorin von pädagogischen Fachartikeln und -büchern.Nina-Sofia Schmidt, Master Praxisforschung in Sozialer Arbeit und Pädagogik, war in der Fachberatung und Evaluation von Kindertageseinrichtungen tätig. Sie war Projektleiterin am Institut für Situationsansatz (ISTA) und ist aktuell als Senior Projekt Managerin in der Robert Bosch Stiftung beschäftigt.