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Deutsch
Burgenwelt Verlagerschienen am20.05.2023Originalausgabe
Stillstand! Nichts ist Sherlock Holmes mehr verhasst! Herausforderungen sind seine Muse, halten ihn am Leben. Dabei ist es nebensächlich, ob er einen Fall lediglich durchdenkt, aktiv ermittelt oder en passant in mysteriöse Angelegenheiten verwickelt wird. Ist erst einmal seine Neugier geweckt, bleibt kein Fall ungelöst, so verzwickt und rätselhaft dieser auch sein mag. Nur Stillstand, der darf es nicht sein, sonst ruft die siebenprozentige Lösung unerbittlich nach dem Meisterdetektiv... 17 neue Fälle finden sich in diesem Buch versammelt; mit Illustrationen von Detlef Klewer. Mit Geschichten von: Jürgen Bärbig * Richard Fliegerbauer * Christoph Heiden * Regine D. Ritter * Christian Endres * M.W. Ludwig * Norbert Schäfer * Anke Elsner * Detlef Klewer * Tanja Brink * Wolfgang Kemmer * Jens Arne Klingsöhr * Kai Bößneck * Monika Grasl * Alexander Klymchuk * Sarah Lutter * Christoph Grimmmehr
Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
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EUR5,99

Produkt

KlappentextStillstand! Nichts ist Sherlock Holmes mehr verhasst! Herausforderungen sind seine Muse, halten ihn am Leben. Dabei ist es nebensächlich, ob er einen Fall lediglich durchdenkt, aktiv ermittelt oder en passant in mysteriöse Angelegenheiten verwickelt wird. Ist erst einmal seine Neugier geweckt, bleibt kein Fall ungelöst, so verzwickt und rätselhaft dieser auch sein mag. Nur Stillstand, der darf es nicht sein, sonst ruft die siebenprozentige Lösung unerbittlich nach dem Meisterdetektiv... 17 neue Fälle finden sich in diesem Buch versammelt; mit Illustrationen von Detlef Klewer. Mit Geschichten von: Jürgen Bärbig * Richard Fliegerbauer * Christoph Heiden * Regine D. Ritter * Christian Endres * M.W. Ludwig * Norbert Schäfer * Anke Elsner * Detlef Klewer * Tanja Brink * Wolfgang Kemmer * Jens Arne Klingsöhr * Kai Bößneck * Monika Grasl * Alexander Klymchuk * Sarah Lutter * Christoph Grimm
Details
Weitere ISBN/GTIN9783943531992
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum20.05.2023
AuflageOriginalausgabe
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.11682345
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe



Die besorgte Lady - Christoph Heiden

 

Nun, mein lieber Watson?«, durchbrach Sherlock Holmes sein frostiges Schweigen. »Was erhoffen Sie sich von einem Besuch bei diesem Schreiberling?«

Wir befanden uns in einem Zugabteil auf dem Weg nach Guildford, Grafschaft Surrey. Holmes saß mir gegenüber, gekleidet in einen Leinenanzug, die Beine übereinandergeschlagen und den Chronicle vor Augen. Allein seine Betonung des Wortes Schreiberling gemahnte mich, seine Laune nicht falsch einzuschätzen. Seit Tagen hatte das Wechselspiel von Lethargie und Ehrgeiz, das sonst das Leben meines Freundes bestimmte, einen klaren Favoriten offenbart: Eingekeilt in seinem Sessel, den Unterarm zerstochen, war er weder zu Gesprächen noch zur Nahrungsaufnahme willens gewesen. Mit einer Mischung aus Fürsorge und beharrlicher Penetranz hatte ich ihn schließlich dazu überreden können, mich aufs Land zu begleiten.

»Ich hoffe auf ein paar Einblicke in das Leben eines anderen Schriftstellers«, äußerte ich vorsichtig. »Dessen Heim und Wirkstätte dürften sich als inspirierend erweisen.«

Holmes lugte über seine Zeitung hinweg. »Sind Sie der Baker Street überdrüssig?«

»Das habe ich nicht behauptet.«

»Ah, verstehe. Ihnen genügen unsere kleinen Abenteuer nicht mehr; Sie wollen der Kriminalistik abschwören?«

»Das Leben besteht nicht nur aus Mord und Totschlag.«

»Mein lieber Watson, Sie entwickeln sich zu einem wahren Freigeist.«

Ich war nicht zu deuten imstande, ob aus seiner Erwiderung ein Lob, Desinteresse oder gar böser Sarkasmus sprach. Er tauchte hinter die Zeitung und seine dürren Finger krampften sich um das Papier, als läse er für ihn reservierte Hiobsbotschaften. Aber dem war nicht so, keinesfalls. Vielmehr quälten Tatenlosigkeit und Überdruss sein Gemüt.

»Sie können die Zeitung von den Schlagzeilen bis hin zum Kleingedruckten studieren«, gab ich zu bedenken. »Aber Sie werden nichts aufstöbern, was Ihren Geist stimuliert. Erfreuen Sie sich lieber an der Landschaft.«

Mit einem Nicken wies ich zum Fenster hinaus - auf das krautige Heideland, das sich über Hügel und Senken dehnte, bisweilen gesprenkelt mit Inseln leuchtend grüner Bäume, und nicht zuletzt die herrliche Morgensonne, die uns einen Tag fern der Londoner Tristesse versprach. Meine Gedanken drohten sich unter dem monotonen Geratter des Zuges zu verlieren, hätte Holmes mir nicht seine trübe Realität aufgezwungen.

»Watson, eine Welt ohne Verbrechen existiert nicht. Weder im antiken Griechenland noch unter Queen Victorias Krone.«

»Haben Sie schon erwogen, jemanden mit der Erschaffung eines Rätsels zu betrauen?«

Er lachte humorlos auf. »Eine solche Idee kann nur einer Dichterseele entspringen. Hoffentlich ist es Ihr Poeticus auch wert, dass wir ihm unsere Zeit opfern. Wie lautet doch gleich sein Name?«

»Ach, wie schön, Holmes. Sie geben sich interessiert.«

Kaum hatte ich ausgesprochen, formten seine Augen jenen Falkenblick, mit dem er einen Zeugen oder Klienten zu betrachten pflegte. Er deutete auf das Buch in meinem Schoß, und just in dem Moment, als er zu einer Rede anhob, öffnete sich die Tür zu unserem Abteil.

Ein Mann, höchstens fünfundzwanzig Jahre alt, trat ein und schloss hinter sich die verglaste Tür. Er trug die Uniform der London and South Western Railway: eine steife Mütze mit Emblem, blaue Jacke, blaue Hose und ein Paar frischgewichster Halbschuhe. Über seinen Lippen spross ein zierlicher Flaum, wie ich ihn sonst nur bei den Gassenjungen der Baker Street Division erblickte.

»Entschuldigen Sie die Störung, aber ...«

»Sagen Sie nichts«, unterbrach Holmes ihn. »Sie kontrollieren normalerweise die Tickets.«

»Bravo, mein Freund«, kommentierte ich. »Diese Uniform wäre nicht einmal Lestrade entgangen.«

»Watson, Watson. Sicherlich ist Ihnen nicht entgangen, dass ich das Wort normalerweise bemühte. Nein, der junge Mann ist nicht wegen der Tickets hier.«

Er ließ die Zeitung auf sein Knie sinken und wandte sich dem Kon­trolleur gänzlich zu. »Mister Barry - so heißt denn unser Freund.« Holmes warf mir einen herausfordernden Blick zu. »Das haben Sie gewiss ebenso erkannt.«

»Ohne Frage, das Namensschild an seiner Jacke ist nicht zu übersehen.«

»Jedenfalls lässt einen Kontrolleur die tägliche Routine schon beim Eintreten zur Lochzange greifen. Eine Hand öffnet die Tür, die andere langt nach der Zange. Barrys Hände hoben sich jedoch zu einer Geste der Entschuldigung. Ein Kontrolleur, der sich für seine ehrenvolle Pflicht entschuldigen möchte? Sehr ungewöhnlich. Überdies schloss Barry hinter sich das Abteil. Nein, Watson, dieser Störung liegt ein anderes Motiv zugrunde. Ein viel wichtigeres!«

»Mr Holmes«, sagte Barry. »Sie sind ein Genie.«

»Zügeln Sie Ihr Urteil, noch sind wir nicht am Ende meiner Ausführung. Augenscheinlich trieb Sie die Sorge um einen anderen Fahrgast zu uns, jemanden, der nicht über Ihr Vorhaben unterrichtet wurde. Sie handeln gewissermaßen eigenmächtig. Wäre dem nicht so, stünde die betroffene Person jetzt neben Ihnen und trüge ihr Anliegen selbst vor.«

Barry öffnete seinen Mund, doch Holmes bedeutete ihm mit erhobenem Zeigefinger zu schweigen. »Der besagte Fahrgast reist im Premiumabteil, und Sie, verehrter Barry, haben nun die Sorge, ein dort aufgetretenes Problem könne der Eisenbahngesellschaft Schaden zufügen.«

»Jetzt schwingen Sie sich aber zu dichterischen Höhenflügen auf«, raunte ich ihm zu.

»Keine Sorge, Watson. Meine Fantasie hält sich in Grenzen.« Er widmete sich wieder dem jungen Mann. »Ihrem Verhalten entnehme ich, dass sie noch nicht lange im Dienst der Railway Company stehen. Sie scheinen mir über die Maßen um das Wohl der Fahrgäste, ja um das Prestige ihres Arbeitgebers besorgt zu sein. Sie werden von der Angst getrieben, ein Fehler Ihrerseits könnte Ihre Anstellung gefährden.«

»Kaum zu glauben, Sir«, erwiderte der Bursche. »Sie haben in allen Punkten Recht. Ich bin seit Anfang des Jahres im Dienst der Railway Company.«

»Alles eine Frage von Beobachtung und Deduktion«, erklärte ich.

»Ist das nicht mein Ausspruch, Watson?«

»Pardon, ich wollte Sie lediglich zitieren.«

»Und weshalb haben Sie ausgerechnet unser Abteil aufgesucht?«

»Vor kurzem las ich einen Artikel ...«

»... über meine Arbeit«, beendete Holmes den Satz. »Versteht sich von selbst, dass mein Antlitz mittlerweile jedem Kind vertraut sein dürfte.«

»Und wem haben Sie diesen Umstand zu verdanken?«, flüsterte ich.

»Ja ja, Watson. Erst Ihre Ausschmückungen machen mich zu einem authentischen Meisterdetektiv. Nun, Barry, Sie dürfen sich einen Glückpilz nennen, denn gerade bin ich arbeitslos. Im Grunde bestieg ich den Zug nur, damit wir einander begegnen; also packen Sie die Gelegenheit beim Schopfe und fahren Sie fort!«

Der junge Barry bat, sich setzen zu dürfen, worauf Holmes auf die leeren Plätze verwies. Die Angst, die Holmes eingangs bei ihm konstatiert hatte, zeigte sich in seiner ganzen Haltung: steif und angespannt saß der Bursche da, während seine Augenwinkel vor Nervosität zuckten. Barry bestätigte Holmes´ Annahme, dass er direkt aus dem Premiumabteil hierhergeeilt sei. Neben seiner Tätigkeit als Kontrolleur habe er insbesondere die Verantwortung für das Wohlergehen der Premiumgäste.

»Das heißt, ich verstaue das Gepäck in den Bodenfächern«, er klopfte auf den Stauraum unter den Sitzen, »serviere Tee und Gebäck und informiere die Passagiere über die Reiseroute.« Er schnappte aufgeregt nach Luft. »Und heute bin ich niemand Geringerem unterstellt als Lord Edmund Lancaster und seiner Gattin Lady Sophia.«

»Lord Edmund aus Herford Mountain?« Ich vermochte kaum mein Erstaunen zu verbergen, was Holmes wiederum ein Grinsen entlockte.

»Ja«, sagte Barry. »Seine Lordschaft höchstpersönlich.«

»Und jetzt sind Sie hier, weil der Lord bestohlen wurde?«, fragte Holmes wissbegierig.

»Nein, Sir. Mein Problem stellt sich als weitaus schlimmer dar.« Ein Schatten verdüsterte sein knabenhaftes Antlitz. »Seine Lordschaft ist verschwunden. Spurlos.«

 

Ohne Umschweife begaben wir uns von der zweiten Klasse in den vorderen Waggon. In seiner Erregung öffnete Barry zweimal das falsche Abteil und brachte jeweils eine gestammelte Entschuldigung vor. Die Aussicht auf ein Denkspiel entflammte in Holmes einen Ehrgeiz, der nur wenig zu Barrys Beruhigung beitrug. In dem engen Gang versuchte ich mich zwischen die beiden Männer zu schieben, aber Holmes unterband mein Vorhaben, indem er seine hagere Gestalt aufplusterte wie ein Pfau sein Gefieder.

»Können Sie mir zusichern, dass mein eigenmächtiges Handeln keine negativen Folgen haben wird?«, fragte Barry nervös.

»Ruhig Blut! Bislang hat sich noch niemand über meine Interven­tionen beschwert.«

»Mit Ausnahme der Schurken«, kommentierte ich aus der zweiten Reihe.

»Wohl wahr, Watson. Verbrecherische Individuen hatten in unserer Karriere nichts zu lachen. Aber jetzt, wo Sie die Zusammenarbeit an den Nagel hängen wollen ...«

»Wir sind da.« Barry stoppte und spulte im Flüsterton eine Laudatio auf seinen Arbeitgeber ab. »Ich darf behaupten, dass das Premiumabteil nicht nur das Schmuckstück unserer Linie ist, sondern der gesamten London and South Western Railway. Es wurde eigens für die gehobene Klasse...

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