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Frankie und wie er die Welt sieht

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
152 Seiten
Deutsch
Carl Hanser Verlagerschienen am22.07.20241. Auflage
Frankie ist zehn Jahre alt, sein Hamster heißt Ihre Hoheit Pedro Sanchez der Dritte und sein bester Freund ist Lars. Aber seit einem halben Jahr hängt die Welt um Frankie herum schief. Sein Vater lebt in einer anderen Stadt und Lars hat zu Hause eine Menge Ärger. Frankie reicht es. Er macht sich kurzerhand auf den Weg von Berlin nach Venedig, um seinem Vater die Meinung zu sagen - mit nur einem Euro siebzig in der Tasche. Wie Frankie alles bewegt, um die Welt wieder gerade zu rücken, ist eine wunderbare Geschichte von Zuversicht und Mut, die Zoran Drvenkar so lakonisch-überzeugend erzählt, dass wir ihm und seinem Frankie alles glauben.

Zoran Drvenkar, 1967 geboren, zog als Dreijähriger mit seinen Eltern nach Berlin. Seit über 30 Jahren arbeitet er als freier Schriftsteller und schreibt Romane, Gedichte und Theaterstücke über Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Im Hanser Kinder- und Jugendbuch erschien 2017 sein Bilderbuch Weißt du noch?, illustriert von Jutta Bauer. 2023 folgte sein Kinderbuch Kai zieht in den Krieg und kommt mit Opa zurück, 2024 Frankie und wie er die Welt sieht. Zoran Drvenkar wurde für seine Bücher mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet und lebt in Mecklenburg-Vorpommern.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR16,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR11,99

Produkt

KlappentextFrankie ist zehn Jahre alt, sein Hamster heißt Ihre Hoheit Pedro Sanchez der Dritte und sein bester Freund ist Lars. Aber seit einem halben Jahr hängt die Welt um Frankie herum schief. Sein Vater lebt in einer anderen Stadt und Lars hat zu Hause eine Menge Ärger. Frankie reicht es. Er macht sich kurzerhand auf den Weg von Berlin nach Venedig, um seinem Vater die Meinung zu sagen - mit nur einem Euro siebzig in der Tasche. Wie Frankie alles bewegt, um die Welt wieder gerade zu rücken, ist eine wunderbare Geschichte von Zuversicht und Mut, die Zoran Drvenkar so lakonisch-überzeugend erzählt, dass wir ihm und seinem Frankie alles glauben.

Zoran Drvenkar, 1967 geboren, zog als Dreijähriger mit seinen Eltern nach Berlin. Seit über 30 Jahren arbeitet er als freier Schriftsteller und schreibt Romane, Gedichte und Theaterstücke über Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Im Hanser Kinder- und Jugendbuch erschien 2017 sein Bilderbuch Weißt du noch?, illustriert von Jutta Bauer. 2023 folgte sein Kinderbuch Kai zieht in den Krieg und kommt mit Opa zurück, 2024 Frankie und wie er die Welt sieht. Zoran Drvenkar wurde für seine Bücher mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet und lebt in Mecklenburg-Vorpommern.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783446280816
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2024
Erscheinungsdatum22.07.2024
Auflage1. Auflage
Seiten152 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3025 Kbytes
Artikel-Nr.14508248
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe



Wie Frankie verschwand


Wir stehen gemütlich auf dem Bürgersteig und sehen einen Jungen und ein Mädchen auf uns zukommen. Am Himmel zeigt sich keine einzige Wolke, und auf einem Stoppschild sitzt ein Sperling und meckert auf den Verkehr herab. Der Junge und das Mädchen meckern zurück, dann lachen sie und gehen weiter.

Frankie ist zehn, Delia ist vierzehn, und wenn wir genau hinschauen, können wir sehen, dass sie Geschwister sind.

Es ist direkt nach der Schule, und die beiden trödeln durch die Gegend, weil sie keine große Lust haben, nach Hause zu gehen. Sie sprechen über ihre Eltern, sie sprechen seit gut drei Monaten nur über ihre Eltern. Manchmal reden sie auch über Ihre Hoheit Pedro Sanchez Den Dritten und manchmal über ein Buch, das Delia liest und von dem Frankie weiß, dass er es nie lesen wird. Aber hauptsächlich geht es um die Eltern. Wenn die Geschwister wüssten, was auf sie zukommt, würden sie ganz bestimmt über was anderes reden.

In neunzehn Minuten wird Frankie spurlos verschwinden.

Niemand erwartet das, niemand hat es geplant.

So ist das Leben.

An der nächsten Ecke bleiben Delia und Frankie stehen und schauen sich um, als wären sie hier noch nie gewesen. Dabei plappern sie ohne Unterbrechung weiter. Wer sie nicht kennt, könnte denken, sie hätten sich seit Tagen nicht gesehen. Das letzte Mal sahen sie sich heute Morgen um halb acht beim Frühstück. Jetzt ist sechs Stunden später, und der Tag ist zur Größe einer Erbse runtergeschrumpft und passt in jede kleine Hand. Denn genauso sieht Frankie die Tage - eine Menge Erbsen, die alle gleich aussehen und dennoch unterschiedlich sind. Wer darüber nicht redet, der hat nicht wirklich was zu sagen. Aber natürlich kommen die Geschwister auch ohne viel Worte aus. Und das sieht dann so aus:

»Eis?«

»Eis.«

In der Eisdiele sitzen sie am Fenster und blinzeln in die Sonne. Frankie isst drei Kugeln Schokolade, Delia hat einen großen Becher mit Spaghettieis vor sich stehen. Es ist Sommer, wir sind in Berlin, und aus dem Radio dudelt ein Weihnachtslied. Frankie klopft den Rhythmus mit seinem Löffel auf den Rand des Eisbechers und beobachtet dabei seine Schwester. Er ist ungeduldig und will nicht drängeln, aber er drängelt doch ein wenig, denn er wartet schon seit einer Weile darauf, dass ihm Delia seine Frage beantwortet. Aber Delia will ihm nicht die Wahrheit sagen, also sagt sie:

»Mama und Papa werden sich nicht scheiden lassen.«

Frankie legt den Löffel beiseite und kneift die Augen ein wenig zusammen, als würde ihn die Sonne blenden. Oder eine Lüge. Denn die Wahrheit sieht anders aus. Ihre Eltern sind schon seit einer Weile wie zwei Puzzleteile, die nicht zusammenpassen. Der Vater hat sich in eine andere Frau verliebt. Sie heißt Natalie, wohnt am anderen Ende von Deutschland und ähnelt der Mutter kein bisschen.

»Woher willst du wissen, dass sie sich nicht scheiden lassen?«, fragt Frankie.

»Ich weiß es einfach.«

»Delia, das ist doch keine Antwort.«

»Natürlich ist das eine Antwort. Irgendwas Gutes wird passieren, wart´s ab.«

Frankie sieht seine Schwester an, als wäre sie von der Leiter gefallen.

»Wieso siehst du mich so komisch an?«, fragt sie.

»Irgendwas Gutes passiert zwar immer«, sagt Frankie. »Nur nicht uns.«

»Auch uns.«

»Gib mir ein Beispiel.«

Delia muss nicht lange nachdenken.

»Als dir der Junge die Mütze geklaut hat. Erinnerst du dich?«

Frankie nickt, er erinnert sich. Es ist gerade mal ein Jahr her. Er stand an der Bushaltestelle, da fuhr ein Junge auf dem Rad an ihm vorbei und hat sich seine Mütze geschnappt.

»Du bist dem Jungen hinterhergerannt«, spricht Delia weiter, »und was geschah dann?«

Frankies Augen leuchten auf.

»Ich bin Ihrer Hoheit Pedro Sanchez Dem Dritten begegnet!«, sagt er.

»Richtig, du hast deinen verrückten Hamster gefunden.«

»Aber ... das war doch Zufall.«

»Nein, Frankie, das war etwas Gutes, was dir passiert ist, weil dir vorher was Blödes passiert ist.«

»Ach.«

Nachdem der Junge ihm die Mütze gestohlen hatte, rannte ihm Frankie hinterher und kam nicht weit, denn nach fünfzig Metern ist er über Ihre Hoheit Pedro Sanchez Den Dritten gestolpert. Der Hamster hockte unter einer leeren Brötchentüte und schaute vorsichtig hervor. Keine Ahnung, wer einen Hamster auf dem Bürgersteig aussetzt. Vielleicht ist der Hamster aber auch ausgebrochen, hat die Käfigtür aufgestemmt und seine Flucht schon seit einer Weile geplant. Wer weiß. Wie auch immer es der Hamster angestellt hat, Frankie fand ihn auf dem Bürgersteig unter einer Brötchentüte und gab ihm den Namen Ihre Hoheit Pedro Sanchez Der Dritte.

»Aber ich habe jetzt eine Mütze weniger«, gibt Frankie zu bedenken.

»So ist das immer«, sagt Delia, »du gibst was her, und dafür bekommst du was zurück.«

Frankie nickt, das versteht er, dann werden seine Augen dunkel, und seine Schwester kann sehen, dass er wieder an die Eltern denkt. Es ist ein wenig, als würde eine Wolke über Frankies Gesicht wandern.

»Manchmal höre ich Mama in der Nacht weinen«, sagt er so leise, dass nur Delia ihn hören kann. »Mama klingt dann wie ein verlorener Geist. Ich glaube, das vergeht nicht so schnell. Wenn man so weint und wenn man so traurig ist, vergeht das vielleicht nie.«

»Mama ist nicht traurig, Frankie, sie ist wütend und sie ist enttäuscht.«

»Weil Papa weggegangen ist?«

»Und weil er sich nie entschuldigt hat.«

»Kein einziges Mal?«

»Kein einziges Mal.«

»Oje.«

»Mama fragt sich jeden Tag, was sie falsch gemacht hat. Das ist ...«

»... wie eine Wunde, die nicht heilt«, spricht Frankie für seine Schwester zu Ende.

»Richtig«, sagt Delia.

Frankie denkt nach. Er schiebt den Eisbecher einen Zentimeter nach links, dann schiebt er ihn einen Zentimeter nach rechts, sodass der Eisbecher wieder an derselben Stelle steht. Draußen ist es noch immer Sommer. Frankie will nicht erneut Oje sagen, also stellt er lieber eine Frage:

»Weiß Papa, wie traurig Mama ist?«

»Ich glaube nicht.«

»Warum nicht?«

»Weil Papa nur an seine neue Biene denkt.«

Frankie lacht.

»Sie ist doch keine Biene«, sagt er. »Sie heißt Natalie, das weißt du doch.«

»Mir egal, ob sie eine Biene oder ein Nilpferd ist, ich mag sie nicht«, gibt Delia ehrlich zu.

Frankie schaut nach draußen und seufzt. Einmal. Wer ihn nicht kennt, denkt sich dabei nichts. Ein Junge eben, der mal seufzt. Wer Frankie aber kennt, der weiß, dass gleich was passieren wird.

»Vielleicht müssen wir was tun«, sagt er.

»Was sollen wir denn tun?«, fragt Delia zurück.

Frankie zuckt mit den Schultern.

»Du hast doch gesagt, irgendwas Gutes wird passieren.«

»Und?«

»Vielleicht müssen wir was Gutes passieren lassen.«

»Zum Beispiel?«

»Ich könnte mit Papa reden.«

Delia verspürt einen kleinen Stich in ihrem Herzen. Sie ist eine liebevolle Schwester und will sich rüberbeugen und ihren kleinen Bruder über den Tisch zu sich ziehen, ihn umarmen und ihm versprechen, dass alles gut wird. Gut und besser und dann noch besser. Sie will aber keine Halbwahrheiten mehr von sich geben, deswegen sagt sie, was sie denkt:

»Brüderchen, er wird dir nicht zuhören.«

Frankie ist entrüstet.

»Natürlich wird mir Papa zuhören!«

»Das ist sehr unwahrscheinlich«, sagt Delia.

Frankie wird kleinlaut.

»Wie unwahrscheinlich ist es denn?«

Delia schaut auf die Tischplatte und auf die Karte mit den Spezialitäten des Cafés.

»So unwahrscheinlich, als würdest du vier Milchshakes hintereinander trinken«, sagt sie und lacht über ihren Vergleich. Sie hätte nicht lachen sollen. Frankie rutscht von der Sitzbank und geht zur Kellnerin, die an der Theke lehnt und auf ihrem Handy herumtippt, als müsste sie ein Rätsel lösen. Delia hört nicht, was Frankie sagt, sie sieht die Kellnerin nur lächeln, dann nickt sie und Frankie kehrt zurück zum Tisch.

»Alles geklärt«, sagt er.

Schauen wir...

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Autor

Zoran Drvenkar, 1967 geboren, zog als Dreijähriger mit seinen Eltern nach Berlin. Seit über 30 Jahren arbeitet er als freier Schriftsteller und schreibt Romane, Gedichte und Theaterstücke über Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Im Hanser Kinder- und Jugendbuch erschien 2017 sein Bilderbuch Weißt du noch?, illustriert von Jutta Bauer. 2023 folgte sein Kinderbuch Kai zieht in den Krieg und kommt mit Opa zurück, 2024 Frankie und wie er die Welt sieht. Zoran Drvenkar wurde für seine Bücher mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet und lebt in Mecklenburg-Vorpommern.