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E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
Deutsch
Kohlhammer Verlagerschienen am15.05.20241. Auflage
Die Verankerung von Inklusion als Querschnittsthema lehramtsbezogener Studiengänge fordert zu einer interdisziplinären Verständigung über die Vorstellung inklusiver Unterrichtsgestaltung heraus. Die Forscher:innengruppe der Universität Paderborn wählt hierfür als methodischen Ausgangspunkt Vignetten als verdichtete Fallbeispiele aus der Unterrichtspraxis, die aus verschiedenen fachübergreifenden praxistheoretischen Perspektiven gelesen und so gemeinsam diskutiert werden. In der Linie praxistheoretischer Arbeiten wird das Buch Praktiken im inklusiven Fachunterricht in der Spannung zu den normativen (sonder)pädagogischen bzw. (fach)didaktischen Vorannahmen reflektieren, um aus dieser Reflexion eigenes verantwortetes Handeln zu entwickeln. Die Vignettenbündel laden so zum diskursiven Austausch, zur Kontrastierung oder zum 'Einfangen' selbst erlebter Unterrichtspraxen auf dem Weg des Verstehens von Inklusion in Theorie und Praxis ein.

Das AutorInnenteam umfasst Dozierende aus unterschiedlichen Fachbereichen im Studiengang Lehramt für Sonderpädagogische Förderung an der Universität Paderborn.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR32,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR28,99
E-BookPDF1 - PDF WatermarkE-Book
EUR28,99

Produkt

KlappentextDie Verankerung von Inklusion als Querschnittsthema lehramtsbezogener Studiengänge fordert zu einer interdisziplinären Verständigung über die Vorstellung inklusiver Unterrichtsgestaltung heraus. Die Forscher:innengruppe der Universität Paderborn wählt hierfür als methodischen Ausgangspunkt Vignetten als verdichtete Fallbeispiele aus der Unterrichtspraxis, die aus verschiedenen fachübergreifenden praxistheoretischen Perspektiven gelesen und so gemeinsam diskutiert werden. In der Linie praxistheoretischer Arbeiten wird das Buch Praktiken im inklusiven Fachunterricht in der Spannung zu den normativen (sonder)pädagogischen bzw. (fach)didaktischen Vorannahmen reflektieren, um aus dieser Reflexion eigenes verantwortetes Handeln zu entwickeln. Die Vignettenbündel laden so zum diskursiven Austausch, zur Kontrastierung oder zum 'Einfangen' selbst erlebter Unterrichtspraxen auf dem Weg des Verstehens von Inklusion in Theorie und Praxis ein.

Das AutorInnenteam umfasst Dozierende aus unterschiedlichen Fachbereichen im Studiengang Lehramt für Sonderpädagogische Förderung an der Universität Paderborn.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783170430266
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2024
Erscheinungsdatum15.05.2024
Auflage1. Auflage
SpracheDeutsch
Dateigrösse4159 Kbytes
Artikel-Nr.15167741
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

1âInklusion verstehen - Einleitung

Katharina Kammeyer, Uta Häsel-Weide und Désirée Laubenstein

Der Anspruch von Inklusion, gesellschaftliche Teilhabe für alle Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen unabhängig ihrer soziokulturellen Herkunft, ihres Geschlechts, ihres Alters, ihrer Religion oder ihrer Behinderung zu ermöglichen, ist heute in vielfältigen Diskursen verankert: (schul-)âpolitisch, gesellschaftskritisch oder wissenschaftstheoretisch. Gleichzeitig ist inzwischen offensichtlich, dass in den Praktiken der Umsetzung dieses Anspruches oder auch seiner Reflexion in wissenschaftlichen Disziplinen unterschiedliche Verständnisse aus unterschiedlichen Erfahrungshintergründen eingeschrieben sind. Sich dem Verständnis von Inklusion und damit geforderten Praktiken anzunähern, gilt deshalb nach wie vor als Herausforderung (vgl. KMK, 2011; Urton, Wilbert & Hennemann, 2014; Grosche, 2015). Dies ist auch darin begründet, dass von unterschiedlichen Disziplinen verschiedene und höchst uneinheitliche Bezugspunkte gesetzt werden. Konstruktiv gewendet zeigt sich darin eine Mehrperspektivität diskursiver Auseinandersetzungen je unterschiedlicher Teildisziplinen, die in einen gemeinsamen Erfahrungsraum zusammengeführt werden können, um gerade die individuellen und disziplinären Einschreibungen sichtbar und damit selbst diskutierbar zu machen. Unter dieser Prämisse entstand die Idee von Vertreterinnen und Vertretern schulbezogener Fachdisziplinen der Universität Paderborn, ihr Inklusionsverständnis zu diskutieren, Professionsbezüge herauszuarbeiten und sich auf die Suche nach einem konsensuellen Bereich zu machen, der die Beteiligten in einen zirkulären Verständigungsprozess eintreten lässt, der je unterschiedliche Wissenschaftsbezüge und Einschätzungen beobachtbarer Praxis in dem zusammenbringt, was den Titel des Projektes zielangebend prägt: Inklusion verstehen.

Unser Blick richtet sich auf das Spektrum von Unterricht als Ort des fachlichen und sozialen Lernens, geprägt durch (normative) fachdidaktische und (sonder-)âpädagogische Prinzipien in der Unterrichtsplanung und -gestaltung (Guthöhrlein, Lindmeier & Laubenstein, 2020). Weil Unterricht sich als gemeinsamer Handlungs- und Erfahrungsraum konstruiert und konturiert, in dem soziale Prozesse und individuelle Bedürfnisse von und zwischen Lehrkräften und Schülerinnen und Schülern aufeinandertreffen (Proske & Rabenstein, 2018), ist die Gestalt, die Inklusion in ihm bekommt, vieldimensional und komplex. Welche Praktiken werden sichtbar im Unterricht, der sich als inklusiv versteht? Und wie lassen sich wiederum diese Praktiken verstehen?
1.1âInklusionsbegriffe und Perspektiven

Im Beziehungsgefüge dessen, was unter Inklusion verstanden wird, bilden sich unterschiedliche Perspektiven ab, die je nach Blickwinkel den Gegenstandsbereich aus einer spezifischen Fokussierung beleuchten, so z.âB. schulorganisatorisch, rechtlich, normativ, deskriptiv, fachdidaktisch oder (sonder-)âpädagogisch, und dabei wiederum unterschiedliche Bezüge und Perspektiven einnehmen.


»Die uneinheitliche Verwendung des Inklusionsbegriffs, die aus einer Vielzahl von Definitionen und Begriffsverständnissen resultiert, führt in Wissenschaft und Praxis zu unterschiedlichen Schwierigkeiten und Missverständnissen« (Egener, Scheer, Laubenstein & Melzer, 2020, S. 198)1.


Gleichwohl handelt es sich nicht um eine reine Pragmatik, denn Inklusion ist »als Herausforderung für bildungswissenschaftliche Reflexion, didaktische Theoriebildung und empirische Forschung« (Musenberg & Riegert, 2016, S. 7) zu verstehen. Hier verdeutlicht sich bereits eine Vielfältigkeit des Verstehens unterschiedlicher (Teil-)âDisziplinen, das eines Aushandlungsprozesses darüber bedarf, was denn nun Inklusion ist, was sie anstrebt, welche Handlungsstrategien sie vorgibt, welche Praktiken des Miteinanders unter einem von diesem Begriff geprägten Dach konturiert werden.
1.2âPraxistheoretisch inspirierte Annäherungen an das Verstehen inklusiven Unterrichts

Wie also nehmen Disziplinen Unterrichtssituationen unter dem Maßstab von Inklusivität wahr? Wie gelingt ein multiperspektivischer Blick auf sichtbar werdende Praktiken und Handlungsverflechtungen? Und welches Wissen lässt sich generieren aus einem solchen interdisziplinären Blick, der - so wäre es das Forschungsideal - zu einem Brennglas wird für Erkenntnisse über Bestehendes, Nötiges und Mögliches im Handlungsfeld der Heterogenität an Schulen?

Ein gelingender inklusiver Schulentwicklungsprozess scheint uns angewiesen zu sein auf diesen Brennglaseffekt Disziplinen vermittelnden Denkens, mithin auf Einigungsprozesse, die - selbst gleichsam inklusiv - zu fassen versuchen, was Inklusion ist, sie in ihren Kulturen, Strukturen und Praktiken zu erkennen, zu benennen und zu erklären. Annäherungsversuche an ein Verstehen von Inklusion, wie sie beispielsweise in praxisnahen Publikationen zum Thema (z.âB. Nöldeke, 2018) oder in Arbeitshilfen (z.âB. Booth & Ainscow, 2016) vorgenommen werden, zeigen vielfach starke normative Setzungen und Lenkungen, die es zumindest in Bezug auf eine gemeinsame Begriffsannäherung, Begriffsbestimmung und im Hinblick auf die zugrundeliegenden immanenten pädagogischen Praxen kritisch zu hinterfragen (vgl. Ahrbeck, 2016) und in ihren wissenschaftstheoretischen Bezügen transparent darzustellen gilt (vgl. Scheer & Laubenstein, 2018, S. 128âff.).

Die Referenzperspektive, die in unserer Forschungsgruppe über unsere Fachzugehörigkeit eingenommen wird, ist divers, aber uns vereint ein sozialkonstruktivistischer Blick. Im Sinne sinnverstehender Unterrichtsforschung (Proske & Rabenstein, 2018) betrachten wir Unterricht als soziales Phänomen, dem sich aus unterschiedlichen Perspektiven genähert werden kann. Eine dafür genutzte und für uns in der weiteren Auseinandersetzung gewinnbringende Annäherung stellt der praxistheoretische Blick dar (Proske, 2018).

Anders als in didaktischer Perspektive wird in der Praxistheorie nicht danach gefragt, wie sich Lehr-Lernprozesse begründen, planen und umsetzen lassen. Auch steht in dem Ansatz nicht wie in Schuleffektivitäts- und Lehr-Lernforschung vor allem der Ertrag von Unterricht in Gestalt von Leistungen der Lernenden oder die Kompetenzen der Lehrpersonen als Forschungsgegenstand im Fokus. Vielmehr sind geplante, aber auch ungeplante, überraschende und ggf. unbemerkte Wirkungen des Handelns der Lehrperson und weitere, sich beeinflussende Wirkungen unterschiedlicher Akteurinnen und Akteure von Interesse. Dies können neben den verschiedenen anwesenden Personen auch Verhalten, Artefakte, mentale Zustände sein (Schäfer, 2016), die allesamt die kulturelle Ordnung von Schule prägen. Mit dem Fokus auf Praktiken entwerfen Praxistheorien ein spezifisches Verständnis von sozialer Ordnung: Sie heben die Dichotomie von Individuum und Gesellschaft auf und verorten das Soziale stattdessen auf der Ebene der Praktiken. Dadurch wird das Soziale beobachtbar und die soziale Ordnung, der für die Inklusion relevante Zustand, ausgehend von Praktiken konzeptualisiert (Schäfer, 2016, S. 40).

Diese Perspektive impliziert, dass Handlungsspielräume durch die vorhandenen Praktiken der jeweiligen Kulturen nicht unerheblich vorbestimmt sind und dass sich zugleich Umgangs- und Entwicklungsspielräume in ihnen abzeichnen. Inklusive Kulturen und Praktiken können folglich nicht schlicht »eingeführt« werden. Vielmehr ist mit Schäfer (2016, S. 10) einerseits nach Spielräumen und Handlungsmöglichkeiten der Akteurinnen und Akteure innerhalb der kulturellen Ordnung zu fragen, andererseits die Entwicklung dieser kulturellen Ordnungen, ihre Reproduktion und Transformationen zu klären.

Was aber sind Praktiken? Praktiken stellen in praxistheoretischen Perspektiven die fundamentale theoretische Kategorie dar (Schäfer, 2019). In Praxistheorien werden Praktiken als wiederkehrende Regelmäßigkeiten verstanden und ent-fachlicht. Sie sind »das Tun, Sprechen, Fühlen und Denken, das wir notwendig mit anderen teilen. [...] Sie werden nicht nur von uns ausgeführt, sie existieren auch um uns herum und historisch vor uns« (Schäfer, 2019, S. 20). Das Denken und Tun einzelner wird also immer in Verbindung mit dem Handeln anderer gesehen, handelnde Personen nicht unabhängig von Praxis gedacht, sondern als »sozialisierte Körper«, die in enger Abhängigkeit zu den Bedingungsstrukturen der Praxis stehen (Hillenbrand, 2015, S. 439). Auf unserer Suche nach Momenten inklusiver bzw. exklusiver Schulkultur fragen wir daher nach »doing school« (Keßler, 2017) bzw. »doing culture« und damit nach Praktiken in ihrem Vollzug. Es geht weniger um Vorhaben, Absichten und Einstellungen, sondern um die Auswirkungen derselben im Handeln von Lehrpersonen und Schülerinnen und Schülern im Rahmen dessen, was in der jeweils schulkulturell vorfindlichen Konstellation verabredet und vereinbart bzw. für die Beteiligten sinnvoll ist und womit andere am Geschehen beteiligte Personen überrascht oder irritiert...
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