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Betibú

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
352 Seiten
Deutsch
Unionsverlagerschienen am09.11.20151. Auflage
Inmitten der idyllischen Wohnsiedlung La Maravillosa wird Pedro Chazarreta mit aufgeschlitzter Kehle in seinem Lieblingssessel aufgefunden, in der Hand ein blutiges Messer, eine leere Flasche Whisky auf dem Boden. Im ersten Moment deutet alles auf Selbstmord hin, doch schon bald erwachsen Zweifel. Denn: Drei Jahre zuvor wurde im selben Haus die Ehefrau des Unternehmers ermordet. Zufall? Die Tageszeitung El Tribuno plant eine ausführliche Story und schickt die in Ungnade gefallene Schriftstellerin Nurit Iscar und einen jungen Polizeireporter an den Tatort. Dessen Vorgänger Jaime Brena wurde zwar geschasst, weil er einmal zu oft über das Ziel hinausgeschossen war, kann es sich aber ebenfalls nicht verkneifen mitzumischen - nicht zuletzt, weil er ein Auge auf Nurit geworfen hat.

Claudia Piñeiro (*1960 in Buenos Aires) ist eine der erfolgreichsten Autorinnen Argentiniens. Nach dem Wirtschaftsstudium wandte sie sich dem Schreiben zu, arbeitete als Journalistin, schrieb Theaterstücke, Kinder- und Jugendbücher und führte Regie fürs Fernsehen. Für Die Donnerstagswitwen erhielt sie 2005 den Premio Clarín, 2010 wurde sie mit dem LiBeraturpreis ausgezeichnet. Für Kathedralen erhielt sie 2021 den Premio Hammett, mit Elena weiß Bescheid stand sie 2022 auf der Shortlist des International Booker Prize.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR12,95
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextInmitten der idyllischen Wohnsiedlung La Maravillosa wird Pedro Chazarreta mit aufgeschlitzter Kehle in seinem Lieblingssessel aufgefunden, in der Hand ein blutiges Messer, eine leere Flasche Whisky auf dem Boden. Im ersten Moment deutet alles auf Selbstmord hin, doch schon bald erwachsen Zweifel. Denn: Drei Jahre zuvor wurde im selben Haus die Ehefrau des Unternehmers ermordet. Zufall? Die Tageszeitung El Tribuno plant eine ausführliche Story und schickt die in Ungnade gefallene Schriftstellerin Nurit Iscar und einen jungen Polizeireporter an den Tatort. Dessen Vorgänger Jaime Brena wurde zwar geschasst, weil er einmal zu oft über das Ziel hinausgeschossen war, kann es sich aber ebenfalls nicht verkneifen mitzumischen - nicht zuletzt, weil er ein Auge auf Nurit geworfen hat.

Claudia Piñeiro (*1960 in Buenos Aires) ist eine der erfolgreichsten Autorinnen Argentiniens. Nach dem Wirtschaftsstudium wandte sie sich dem Schreiben zu, arbeitete als Journalistin, schrieb Theaterstücke, Kinder- und Jugendbücher und führte Regie fürs Fernsehen. Für Die Donnerstagswitwen erhielt sie 2005 den Premio Clarín, 2010 wurde sie mit dem LiBeraturpreis ausgezeichnet. Für Kathedralen erhielt sie 2021 den Premio Hammett, mit Elena weiß Bescheid stand sie 2022 auf der Shortlist des International Booker Prize.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783293308183
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2015
Erscheinungsdatum09.11.2015
Auflage1. Auflage
Seiten352 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2454 Kbytes
Artikel-Nr.3421044
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe






Während Gladys Varela in einer Sackgasse des Country Club La Maravillosa auf der Straße steht und schreit, versucht Nurit Iscar, ihre Wohnung aufzuräumen. Drei Zimmer hat diese Wohnung, und sie liegt in einem der ärmsten oder am meisten heruntergekommenen Viertel des nördlichen Teils der Stadt, in French y Larrea. Dass Pedro Chazarreta tot ist, weiß Nurit noch nicht. Die Nachricht wird sich bald verbreiten, aber so schnell auch wieder nicht. Wüsste Nurit davon, hätte sie längst den Fernsehapparat und das Radio angestellt, um die neuesten Meldungen zu verfolgen. Oder sie hätte sich ins Internet begeben, auf die Online-Seiten der Tageszeitungen, um Einzelheiten über den Vorfall zu erfahren. Nurit Iscar weiß aber noch nichts. In ein paar Stunden wird sich das geändert haben.

Im Haus herrscht ein ziemliches Durcheinander. Gläser mit Weinresten, Zeitungen vom Vortag, Krümel auf dem Boden, Zigarettenstummel. Nurit Iscar raucht nicht, sie hat nie geraucht, sie hasst Zigarettengeruch und hofft, dass die anderen die Tatsache, dass sie sie in ihrer Wohnung rauchen lässt, als Freundschaftsbeweis und nicht als Akt der Unterwerfung ansehen. Manchmal ist sie sich da aber nicht so sicher: Ist es Freundschaft oder nicht doch Unterwerfung? Und das bezieht sich nicht bloß aufs Rauchen. Am Tag davor sind ihre Freundinnen Paula Sibona und Carmen Terrada - beides Raucherinnen - bei ihr gewesen; wie an jedem dritten Sonntag im Monat haben sie ihr Treffen abgehalten, das seit einigen Jahren zu einem unverzichtbaren Ritual geworden ist. Nicht dass sie sich sonst nicht auch treffen würden, zum Kaffeetrinken, um gemeinsam ins Kino oder essen zu gehen oder für eins ihrer anderen Rituale, hinter denen sich immer derselbe Zweck verbirgt: die Zeit verstreichen lassen, wie sie es nun einmal unweigerlich macht, aber eben gemeinsam. Der dritte Sonntag im Monat ist allerdings etwas Besonderes. Manchmal gesellt sich auch Viviana Mansini zu ihnen, aber nicht immer, was ihnen auch lieber ist, denn obwohl Viviana Mansini sich für eine ihrer engsten Freundinnen hält, geht das den anderen drei nicht automatisch genauso. Wenn Viviana dabei ist, dreht sich das Gespräch vor allem um sie, um Viviana; und jedes Mal macht sie irgendwann eine scheinbar naive Äußerung, die eine der anderen drei als Tritt in die Eierstöcke empfindet. Einmal hatte Carmen zum Beispiel erzählt, eine kleine Verhärtung an einer ihrer Brüste habe sie schier verrückt gemacht, bis der Arzt ihr schließlich versichern konnte, dass es sich bloß um eine harmlose Dysplasie handelte, worauf Viviana Mansini zuckersüß ergänzte: »Das kann ich gut verstehen, vor ein paar Monaten habe ich mich genauso gefühlt, da haben sie bei mir doch diese Biopsie gemacht, ich weiß nicht, ob du dich daran erinnerst - ach nein, kannst du gar nicht, du hast damals ja als Einzige nicht angerufen, um zu fragen, wie die Sache ausgegangen ist.« In der daraufhin eintretenden Stille hatte Carmen sie angesehen, und der Gedanke, der ihr durch den Kopf ging - schon wieder eine von diesen ekelhaften Sticheleien, du Miststück -, war ihrem Gesicht deutlich anzusehen, ausgesprochen hatte sie ihn allerdings nicht. Dafür war ihr Paula Sibona zur Seite gesprungen und hatte ebenso zuckersüß verkündet: »Dass alles in Ordnung war, sieht man ja, Vivi, deiner Brust fehlt jedenfalls offensichtlich nicht das Geringste.« Um die Aussage zu verdeutlichen, hatte Paula sich dabei mit einer großzügigen Handbewegung über die Brüste gestrichen, in gebührendem Abstand, damit klar war, über was für üppige Exemplare Viviana verfügt. Wenn »Vivi« nicht dabei ist, ersparen sie sich aber nicht bloß die Gefahr ihrer giftigen Kommentare, sondern können ihrerseits nach Herzenslust über sie herziehen. In Paulas Worten: »Über Vivi lästern finde ich in meinem Alter fast so geil wie vögeln.« Und an dem Sonntag vor dem Montag, an dem Pedro Chazarreta mit aufgeschlitzter Kehle aufgefunden wird, hat die monatliche Zusammenkunft der Freundinnen wieder einmal ohne Viviana Mansini stattgefunden, also nur im Kreis der engsten Vertrauten, und zwar bei Nurit Iscar: Der Ort ihrer Treffen wechselt von Monat zu Monat, der Ablauf aber bleibt immer gleich. Sie treffen sich noch vor dem Mittagessen, die Gastgeberin sorgt dafür, dass alle Tageszeitungen vorliegen - und alle heißt alle -, und während sie selbst in der Küche darangeht, ihr Spezialgericht anzufertigen - im Fall von Nurit geht das nicht über Steak mit Salat oder Pasta mit Sahnesoße hinaus -, machen die anderen sich über die Zeitungen her und suchen Artikel aus, die sie ihren Freundinnen später vorlesen wollen. Dieser Austausch beginnt dann beim Espresso. Es kommen aber nur bestimmte Artikel infrage. Genau wie bei der Wahl des Essens hat jede von ihnen ihre Vorlieben. Im Fall von Nurit sind es Polizeiberichte, nicht umsonst galt Nurit Iscar bis vor einigen Jahren als »die große Dame der argentinischen littérature noire«. Eigentlich hat sie mit diesem Thema abgeschlossen und möchte nichts mehr davon wissen, wenn ihre Freundinnen aber trotzdem »Mord & Totschlag«-Artikel von ihr verlangen, erfüllt sie ihnen eben diesen Wunsch, auch wenn sie ihnen lieber etwas Selbstverfasstes vorlesen würde. Wenn Sex mit im Spiel ist, umso besser, sagt Paula Sibona jedes Mal. Carmens Spezialität ist die Inlandsberichterstattung, es gibt nichts Schöneres für sie, als Äußerungen von Politikern auf Unstimmigkeiten, fehlerhaften Satzbau oder schlichtweg krasse Missgriffe hin abzusuchen. Am meisten amüsiert sie sich über den Gouverneur. Wer sich nicht richtig ausdrücken kann, darf einfach keine Stadt regieren, sagt sie immer wieder. Das ist aber kein elitärer Dünkel, es zielt vielmehr auf die offenkundige Missachtung, die eine bestimmte, wohlsituierte Gesellschaftsschicht - zu der auch der Gouverneur gehört - der Sprache gegenüber an den Tag legt. Carmen, die seit über dreißig Jahren an der Sekundarschule Sprache und Literatur unterrichtet, ist nicht bereit, derlei widerspruchslos hinzunehmen. Paula Sibonas Auswahlkriterium wiederum gründet sich - wovon ihre Freundinnen nichts wissen - weniger auf persönliche Vorlieben als auf Paulas große Zuneigung zu Nurit Iscar: Theater-, Film- und sonstige Kritiken, dafür fühlt sie sich zuständig. Paula ist zwar Schauspielerin - sofern noch als Schauspieler bezeichnet werden kann, wer seit bald zwei Jahren keine Rolle mehr angeboten bekommen hat -, allerdings musste sie, die einst regelmäßig Hauptrollen in erfolgreichen Telenovelas übernahm, sich im Lauf der Jahre damit abfinden, bloß noch »die Mutter von xy« darzustellen, bis sie zuletzt einem unverdienten Vergessen anheimfiel. Wenn es etwas gibt, wofür Paula Sibona sich nicht interessiert, dann sind das Tageszeitungen. »Zeitunglesen finde ich total abturnend«, wie sie selbst es ausdrückt. Trotzdem beteiligt sie sich mit großer Begeisterung an den Sitzungen, weil sie insgeheim die Hoffnung hegt, dass das Anhören der von ihr ausgewählten Artikel ihrer Freundin Nurit helfen könnte, mit einer Verletzung fertigzuwerden, die man ihr vor einiger Zeit zugefügt hat. Eine Verletzung, die immer noch schmerzt, so scheint es Paula jedenfalls. Weshalb sie nicht nachlässt, auch auf die Gefahr hin, dass ihre Bemühungen erfolglos bleiben. Denn Nurit Iscar, »die große Dame der argentinischen littérature noire«, die bis vor fünf Jahren verheiratet war und zwei Söhne hat, die damals kurz vor dem Abitur beziehungsweise vor der Aufnahme eines Universitätsstudiums standen, verliebte sich in einen anderen Mann und ließ sich daraufhin nicht nur scheiden, sondern schrieb auch zum ersten Mal einen Liebesroman. Der zu allem Überfluss schlecht ausging. Soll heißen, nicht nur die Handlung ging schlecht aus, auch die Kritiker waren nicht eben begeistert, und ebenso wenig die Leser, die bis dahin jedem neuen Roman von Nurit Iscar entgegengefiebert hatten. Und Nurits eigene Liebesgeschichte nahm ebenfalls ein schlechtes Ende, woran sie sich nur ungern erinnert. Einige wenige Leser blieben ihr treu, die meisten waren jedoch enttäuscht, weil dieser Roman so anders war als seine Vorgänger, vor allem, weil fehlte, worauf sie es auch diesmal wieder abgesehen hatten: ein Mord. Woraufhin die Literaturkritiker, die Nurit Iscar bis dahin zumeist einfach ignoriert hatten, grausam über sie herfielen: »Auf einmal will die Autorin Literatur produzieren, und das kann sie nun wirklich nicht.« - »Sie hätte weiter auf eine spannende Handlung setzen sollen, angeblich eine ihrer Stärken. Stattdessen will sie mit kühnen Metaphern und Sprachspielen glänzen. Das ist vielleicht etwas für eingefleischte Literaten, aber zu denen zählt sie wohl kaum.« - »Ein Roman, der hoffentlich schnell dem gnädigen Vergessen anheimfallen wird.« - »Wie kommt jemand, der offensichtlich über die Zauberformel verfügt, mit der man Bestseller produziert, auf die Idee, plötzlich ernst zu nehmende Literatur schreiben zu wollen?« Und so weiter und so fort. Nurit hat einen ganzen Ordner voll mit derartigen Rezensionen zu diesem ihrem letzten Roman mit dem unsäglichen Titel: Nur wenn du mich liebst. Für Nurit sind diese gesammelten Kritiken geradezu der Beweis, dass sie sich etwas hat zuschulden kommen lassen. Worin genau diese Schuld bestehen soll, kann sie selbst nicht sagen: Ist es die Tatsache, dass sie überhaupt so etwas geschrieben hat, oder dass sie all diese Kritiken gelesen hat, oder dass sie sich dermaßen davon hat beeindrucken lassen? Die Kritiken und das Scheitern der Liebesbeziehung, das sie in ihrem Roman verarbeiten wollte, sowie die Ermordung von Pedro Chazarretas Ehefrau Gloria Echagüe - den Auftrag der Tageszeitung El...


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Autor

Claudia Piñeiro (*1960 in Buenos Aires) ist eine der erfolgreichsten Autorinnen Argentiniens. Nach dem Wirtschaftsstudium wandte sie sich dem Schreiben zu, arbeitete als Journalistin, schrieb Theaterstücke, Kinder- und Jugendbücher und führte Regie fürs Fernsehen. Für Die Donnerstagswitwen erhielt sie 2005 den Premio Clarín, 2010 wurde sie mit dem LiBeraturpreis ausgezeichnet. Für Kathedralen erhielt sie 2021 den Premio Hammett, mit Elena weiß Bescheid stand sie 2022 auf der Shortlist des International Booker Prize.

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