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Saale Premium - Der Himmel über dem Weinschloss

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
384 Seiten
Deutsch
Ullstein Taschenbuchvlg.erschienen am01.02.2021Auflage
Der dritte Band der dramatischen Familiengeschichte im Weinschloss Freyburg, 1948. Katja führt die Geschäfte im Weinschloss, sie und Hedda halten zusammen, schließlich haben sie alle erfahren, wie kurz das Leben ist. Als Heddas Söhne aus der Kriegsgefangenschaft heimkommen, wird die Familie gleich wieder auseinandergerissen, denn Ralph lässt sich im Westen nieder. Obwohl die Sektkellerei enteignet wird, bleibt Katja. Sie hat sich verliebt, ein Kind ist unterwegs und sie bringt es nicht über sich, den Familienbesitz zu verlassen. Doch ihre Liebe wird auf eine harte Probe gestellt.  Drei Generationen Frauen aus einer Familie, deren Schicksal eng mit der Kunst des Sektkelterns im Unstruttal verbunden ist. Vom Kaiserreich bis zum Mauerfall. Ungewöhnliche Frauenwege, große Liebesgeschichten, unausweichliche Schicksalsschläge in stürmischen Zeiten packend und lebensnah erzählt.

Paula Seifert, geboren 1966 in Taucha bei Leipzig, arbeitete nach dem Studium der Kunstgeschichte in der Deutschen Bücherei Leipzig, danach im Verlag Edition Leipzig. 1995 zog sie nach Bad Hersfeld in Hessen, wo sie heute mit Mann und Hund lebt.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR13,99
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR10,99

Produkt

KlappentextDer dritte Band der dramatischen Familiengeschichte im Weinschloss Freyburg, 1948. Katja führt die Geschäfte im Weinschloss, sie und Hedda halten zusammen, schließlich haben sie alle erfahren, wie kurz das Leben ist. Als Heddas Söhne aus der Kriegsgefangenschaft heimkommen, wird die Familie gleich wieder auseinandergerissen, denn Ralph lässt sich im Westen nieder. Obwohl die Sektkellerei enteignet wird, bleibt Katja. Sie hat sich verliebt, ein Kind ist unterwegs und sie bringt es nicht über sich, den Familienbesitz zu verlassen. Doch ihre Liebe wird auf eine harte Probe gestellt.  Drei Generationen Frauen aus einer Familie, deren Schicksal eng mit der Kunst des Sektkelterns im Unstruttal verbunden ist. Vom Kaiserreich bis zum Mauerfall. Ungewöhnliche Frauenwege, große Liebesgeschichten, unausweichliche Schicksalsschläge in stürmischen Zeiten packend und lebensnah erzählt.

Paula Seifert, geboren 1966 in Taucha bei Leipzig, arbeitete nach dem Studium der Kunstgeschichte in der Deutschen Bücherei Leipzig, danach im Verlag Edition Leipzig. 1995 zog sie nach Bad Hersfeld in Hessen, wo sie heute mit Mann und Hund lebt.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783843722834
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2021
Erscheinungsdatum01.02.2021
AuflageAuflage
Reihen-Nr.3
Seiten384 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3339 Kbytes
Artikel-Nr.4940818
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Kapitel 1

Hedda stand auf dem kleinen Marktplatz und schaute sich um. Ihr Blick glitt über die Bürgerhäuser, hinter denen sich der Turm der St. Marienkirche aufschwang, über das Hotel gegenüber dem Rathaus, die Reiterstatue und das Rathaus selbst.

Alles sah heute genau wie gestern aus, und doch war alles anders. Der Krieg war vorbei.

Gestern, am 12. April 1945, war die amerikanische Armee in Freyburg eingerückt. Die Amerikaner waren aus ihren Jeeps gestiegen und hatten das Rathaus besetzt. Dann nahmen sie den Bürgermeister und seine Frau mit. Felix und Trudi Geschke. Einst hatten sie auf dem Weingut Saale-Premium gelebt und gearbeitet. Trudi als Hauswirtschafterin, und Felix hatte in den Weinbergen geholfen. Dann waren die Nazis an die Macht gekommen, und Felix zog seine SA-Uniform kaum noch aus.

Mithilfe von Heddas Mann Hanno war Felix Geschke dann sogar zum Bürgermeister aufgestiegen und hatte dafür gesorgt, dass Heddas Schwester Juliette als Widerstandskämpferin erschossen worden war.

Und jetzt stand Hedda vor dem Haus, in dem Felix und Trudi gewohnt hatten, dem größten Haus am Marktplatz mit Blick auf das Rathaus. Wie sollen wir miteinander umgehen, da doch der eine den anderen auf dem Gewissen hat?, dachte Hedda. Wie sollen wir einander verzeihen?

Sie war an diesem Morgen sehr zeitig vom Weinschlösschen aus zum Rathaus gelaufen, um die Lebensmittelmarken abzuholen. Für sich, für ihre Tochter Elisabeth, die kleine Enkelin Rosemarie und für Reni, das Hausmädchen, und deren Mutter.

Doch im Rathaus herrschten nur Angst und Zähneklappern. Die Amerikaner waren hereingestürmt, als Hedda gerade mit Mathilde Groß sprach, der Sekretärin des Bürgermeisters.

Auf die Rufe »Wer Nazi?« hatte Mathilde wortlos auf die Tür gedeutet, hinter der Felix gerade dabei war, sein Parteibuch zu verbrennen.

Hedda stand dabei, beobachtete, wie sie Felix abführten und auch Trudi mitnahmen, weil die im Bürgermeisterzimmer das Hitlerbild von der Wand unauffällig verstecken wollte.

Hedda hatte sich die Genugtuung nicht verkneifen können. Aber dann begann ein amerikanischer G.I., Mathilde vom Stuhl zu zerren, um sie zu verhaften, und Hedda sah zu, dass sie aus dem Rathaus kam.

Die Amerikaner stießen Felix, Trudi und Mathilde in einen Jeep mit weißem Stern und fuhren davon.

Und nun stand Hedda auf dem Marktplatz, den Blick auf das Haus gerichtet, in dem die Geschkes in den letzten Jahren so komfortabel gelebt hatten. Kurz überlegte sie, ob sie hineingehen sollte. Schließlich hatte das Haus ihrer Schwester Juliette gehört, bevor die Nazis es sich unter den Nagel gerissen hatten. In dem Augenblick kam der alte Hugo Blitz über den Markt. Er war der Vorsitzende der Winzergenossenschaft, die vor elf Jahren in Freyburg gegründet worden war und der natürlich auch Heddas Weingut Saale-Premium angehörte.

»Waren sie schon hier, die Amis?«, fragte er.

Hedda nickte. »Sie haben den Bürgermeister mitgenommen.«

»Geschieht dem Geschke ganz recht. Ich hoffe, sie lassen ihn nicht so schnell wieder gehen. Hat genug angerichtet, der Kerl. Und seine Giftspritze von Frau ebenso. Selbst in unsere Genossenschaft hat er sich eingemischt und dafür gesorgt, dass die paar Weinberge vom Gießler Peter, dem Kommunisten, an ihn gegangen sind.«

»Hast du was gehört vom Gießler Peter?«, fragte Hedda, die nichts gegen den Gießler hatte, er aber sehr wohl was gegen sie.

Hugo Blitz schüttelte den Kopf. »Manch einer hat erzählt, er hockt in Buchenwald. Jemand anderes wusste, dass er zu den Russen geflüchtet ist, nach Moskau. Heutzutage weiß doch keiner mehr, wo seine Verwandten und Freunde und wo seine Feinde sind.«

»Es ist gefährlich, nicht zu wissen, wo die Feinde sind. Die sollte man stets im Auge behalten«, erklärte Hedda, und Hugo Blitz nickte. »Da sagst du was.«

Er legte Hedda kurz eine Hand auf die Schulter. »Was macht ihr denn da oben auf dem Hügel? Wie geht es weiter bei euch?«

»Was sollen wir schon machen? Wein machen wir. Wie immer. Etwas anderes können wir nicht.«

»Ich werde mal zur Sektkellerei gehen. Vielleicht gibt es dort schon bald wieder Rotkäppchensekt.«

»Glaubst du das wirklich? Als die Weinlieferungen aus Frankreich ausblieben und es auch keine Flaschen mehr gab, hat der Krupp aus der Kelterei einen Rüstungsbetrieb gemacht. Wer weiß, was von den Gerätschaften noch übrig ist, ob die Fässer, die Rüttelpulte, die Etikettiermaschinen noch da sind«, gab Hedda zu bedenken.

»Genau deshalb gehe ich ja dorthin. Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Kann gut sein, dass die Winzergenossenschaft sich erst einmal um die Sektkellerei kümmert, bis alles wieder so ist wie früher.«

Hedda schüttelte den Kopf. »So wie früher wird es niemals wieder sein.«

»Hast du was gehört von den Deinen? Von Hanno und von Franz? Er ist doch dein Sohn, oder nicht?«

»Nichts von Hanno, nichts von Franz. Seit Monaten keine Nachricht.«

»Keine Nachrichten sind gute Nachrichten. Halt die Ohren steif.«

Hugo Blitz nickte ihr zu, dann ging er über den Marktplatz und verschwand in der Gasse, die hoch zur Sektkellerei Rotkäppchen führte.

Hedda ging zum Haus der Geschkes. Sie lehnte sich gegen die schwere Haustür und stieg die wenigen Stufen hoch bis zum Büro der NSDAP im Erdgeschoss. Sie drückte die Klinke herab, doch die Tür war verschlossen. Hedda ging weiter in die erste Etage und klinkte an der Tür zu Geschkes Wohnung. Die Tür gab nach. Niemand in Freyburg verschloss seine Türen. Hedda betrat den Korridor. Der Geruch nach Bratkartoffeln mit Speck hing in der Luft, und ihr Magen zog sich schmerzhaft zusammen. Sie hatte gehungert im letzten Jahr, so wie alle anderen in der kleinen Stadt. Nur der Bürgermeister nicht. Zu ihm waren der Bäcker und der Metzger gekommen und hatten auf seinen Schreibtisch gelegt, was sie hatten: Brot, Brötchen, Speck, Würste und an den Feiertagen Kuchen und einen Braten.

Hedda stieß die Tür zum Schlafzimmer auf. Neben den Ehebetten standen Nachtkästchen aus Kirschholz. Hedda kannte sie. Sie hatten ihrer Schwester gehört. Auf einem der Nachttische lag eine Uhr. Hedda nahm sie und band sie sich ums rechte Handgelenk. Juliettes Uhr. Sie öffnete die Schränke, erblickte Teile aus Juliettes Garderobe, nach Pariser Chic geschneidert und zuletzt von ihrer früheren Magd Trudi getragen. Da wurde ihr übel. Hedda würgte, rannte in die Küche und erbrach sich ins Waschbecken, neben dem das Frühstücksgeschirr aufgestapelt war. Das Geschirr, das Juliette aus Paris mitgebracht hatte.

»Raus hier«, dachte sie und verließ fluchtartig die Wohnung. Erst unten vor der Haustür schnappte sie nach Luft, atmete mehrmals tief durch, bis die Übelkeit verschwunden war.

Dann überquerte sie den Markt und bog in die kleine Seitenstraße ein, in der sich Hirschs Lebensmittelladen befand. Die Freyburger sagten noch immer Hirschs Laden, obschon die Familie Hirsch vor Jahren nach Amerika geflohen war. Buchstäblich in letzter Minute. Nur die alte Frau Hirsch hatte ihr Zuhause nicht aufgeben, nicht mehr vor den Nazis fliehen wollen. Sie hatte sich in ihrem Schlafzimmer erhängt. Bereits eine Woche später war der Lebensmittelladen in den Händen volkstreuer Kameraden, die dafür gesorgt hatten, dass es neben Butter und Mehl auch den Völkischen Beobachter zu kaufen gab.

Hedda fühlte nach den Lebensmittelmarken in der Seitentasche ihrer Handtasche. Sie brauchte Graupen und Fett und hoffte, dass es vielleicht noch etwas gab, für das man keine Lebensmittelmarken brauchte. Noch immer fiel es ihr schwer, in den Laden zu gehen, hinter dessen Verkaufstresen nicht mehr Rosa Hirsch stand.

Als sie das Geschäft betrat, fiel ihr Blick sofort auf die weiße Stelle neben den Regalen, an der bis gestern das Führerbild gehangen hatte.

»Ah, Sie haben umgeräumt«, bemerkte sie und betrachtete auch den leeren Zeitungsständer. Nur ganz unten hing noch ein Exemplar des Stürmer, Untertitel »Deutsches Wochenblatt zum Kampfe um die Wahrheit«. Hedda zog das Blatt heraus und warf es auf den Ladentisch. »Das haben Sie vergessen wegzuwerfen.«

Frau Herrmann, die Frau eines treuen Genossen, die den Laden übernommen hatte, schüttelte den Kopf. »Die ist reserviert.«

»Der Krieg ist aus, Frau Herrmann.«

»Vielleicht haben das die Amerikaner so gesagt, aber der Führer wird sich noch etwas einfallen lassen. Und so lange verkaufe ich auch noch den Stürmer.

Hedda erwiderte nichts, verzog nur den Mund. »Ich brauche Graupen und Butter«, erklärte sie und legte die Lebensmittelmarken auf den Tisch.

»Graupen können Sie haben, aber Butter gibt´s nicht mehr. Ich kann Ihnen ein bisschen Schweineschmalz geben.«

Hedda nickte, zahlte, packte ihre Einkäufe zusammen und machte sich auf den sechs Kilometer langen Weg hinauf zum Weinschlösschen.

Sie brauchte beinahe zwei Stunden, denn die Einkäufe wogen schwer. Früher wäre sie mit dem Auto gefahren. Aber sowohl der Lieferwagen als auch ihr schöner Mercedes waren eingezogen...
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