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Postkeynesianismus

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
240 Seiten
Deutsch
Promedia Verlagerschienen am27.09.2022
Die Pandemiemaßnahmen und der Krieg in der Ukraine befeuern eine schwelende Wirtschaftskrise. Die euphemistisch 'Klimakrise' genannte Umweltzerstörung bleibt als klaffende Wunde in unserer auf Kapitalverwertung basierenden Gesellschaft bestehen. Klimaziele zu beschwören und ansonsten auf marktkonforme Problemlösungen zu setzen, wird der Tatsache nicht gerecht, dass ein radikaler Umbau unseres gesamten ökonomischen Systems ansteht. Der erste Band der 'Edition Makroskop', die vom Promedia Verlag gemeinsam mit dem gleichnamigen Wirtschaftsmagazin herausgegeben wird, widmet sich daher einer Wirtschaftstheorie, die eine Alternative zur unregulierten Marktwirtschaft aufzeigt. John E. King erläutert die besonderen Merkmale der postkeynesianischen Wirtschaftslehre, einer Schule, die in der Nachfolge des britischen Ökonomen John Maynard Keynes für eine sozial gerechtere Wirtschaftsordnung eintritt. Er beginnt mit einem Überblick über die Kernelemente der Theorie und erklärt, wie sie sich von anderen Schulen unterscheidet. Im Weiteren befasst er sich mit wichtigen methodischen Fragen, die die Postkeynesianer von den Mainstream-Ökonomen trennen, mit ihrer Behandlung von Unternehmen, ArbeiterInnen und Haushalten und ihrer Analyse von Wirtschaftswachstum und Entwicklung. Den postkeynesianischen Ansatz erläutert King insbesondere in Bezug auf Geld- und Steuerpolitik, Einkommen und Umwelt, wobei er den Kontroversen über Sparmaßnahmen und Austeritätspolitik und der Reform des Finanzsektors und des internationalen Währungssystems große Aufmerksamkeit widmet. Diese Einführung ist für ein breites Publikum geschrieben, das nach Alternativen zu sogenannten 'Strukturreformen' und zur makroökonomischen Idealisierung des Konzepts der 'schwäbischen Hausfrau' sucht.

John E. King, geboren 1947, studierte Philosophie, Politik und Volkswirtschaft in Oxford. Er lehrte an der Universität Lancaster und der School of Economics der La Trobe-Universität in Melbourne. Seit 2013 ist er emeritierter Professor. Er forscht und publiziert zur Geschichte ökonomischer Denkschulen und zu ökonomischem Pluralismus.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR22,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR18,99

Produkt

KlappentextDie Pandemiemaßnahmen und der Krieg in der Ukraine befeuern eine schwelende Wirtschaftskrise. Die euphemistisch 'Klimakrise' genannte Umweltzerstörung bleibt als klaffende Wunde in unserer auf Kapitalverwertung basierenden Gesellschaft bestehen. Klimaziele zu beschwören und ansonsten auf marktkonforme Problemlösungen zu setzen, wird der Tatsache nicht gerecht, dass ein radikaler Umbau unseres gesamten ökonomischen Systems ansteht. Der erste Band der 'Edition Makroskop', die vom Promedia Verlag gemeinsam mit dem gleichnamigen Wirtschaftsmagazin herausgegeben wird, widmet sich daher einer Wirtschaftstheorie, die eine Alternative zur unregulierten Marktwirtschaft aufzeigt. John E. King erläutert die besonderen Merkmale der postkeynesianischen Wirtschaftslehre, einer Schule, die in der Nachfolge des britischen Ökonomen John Maynard Keynes für eine sozial gerechtere Wirtschaftsordnung eintritt. Er beginnt mit einem Überblick über die Kernelemente der Theorie und erklärt, wie sie sich von anderen Schulen unterscheidet. Im Weiteren befasst er sich mit wichtigen methodischen Fragen, die die Postkeynesianer von den Mainstream-Ökonomen trennen, mit ihrer Behandlung von Unternehmen, ArbeiterInnen und Haushalten und ihrer Analyse von Wirtschaftswachstum und Entwicklung. Den postkeynesianischen Ansatz erläutert King insbesondere in Bezug auf Geld- und Steuerpolitik, Einkommen und Umwelt, wobei er den Kontroversen über Sparmaßnahmen und Austeritätspolitik und der Reform des Finanzsektors und des internationalen Währungssystems große Aufmerksamkeit widmet. Diese Einführung ist für ein breites Publikum geschrieben, das nach Alternativen zu sogenannten 'Strukturreformen' und zur makroökonomischen Idealisierung des Konzepts der 'schwäbischen Hausfrau' sucht.

John E. King, geboren 1947, studierte Philosophie, Politik und Volkswirtschaft in Oxford. Er lehrte an der Universität Lancaster und der School of Economics der La Trobe-Universität in Melbourne. Seit 2013 ist er emeritierter Professor. Er forscht und publiziert zur Geschichte ökonomischer Denkschulen und zu ökonomischem Pluralismus.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783853719022
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum27.09.2022
Seiten240 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2323 Kbytes
Artikel-Nr.9909786
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


2. Grundzüge der postkeynesianischen Wirtschaftslehre
Sechs Kernaussagen

A.P. Thirlwall (1993) fasste die postkeynesianische Wirtschaftslehre in sechs Kernaussagen zusammen.

Erstens: Das Niveau von Beschäftigung und Arbeitslosigkeit wird auf dem Gütermarkt und nicht auf dem Arbeitsmarkt bestimmt. Bei diesem für die Wirtschaftstheorie zentralen Thema kann man nicht nur auf Arbeitsmärkte fokussieren, sondern muss immer den gesamtwirtschaftlichen Kontext berücksichtigen.

Als Keynes Mitte der 1930er-Jahre die »Allgemeine Theorie« schrieb, war die Bedeutung dieser Themen nicht zu übersehen, und das ist in vielen Teilen der Eurozone heutzutage nicht viel anders. In dem 2008 bei Princeton University Press neu aufgelegten Lehrbuch der Ökonomik für HochschulabsolventInnen spielen die Themen Beschäftigung und Arbeitslosigkeit aber keine nennenswerte Rolle. Da »die Einbeziehung des Faktors Arbeit nur geringfügige Änderungen der bisherigen Ergebnisse zur Folge hatte«, schreibt Michael Wickens, »werden wir ihn überall dort, wo es angemessen und machbar ist, davon absehen« (Wickens 2008, S. 83). Wie sich bei der Lektüre herausstellt, ist das fast immer der Fall, und im Index findet man noch nicht einmal den Eintrag »Arbeitslosigkeit« (diese erstaunliche Auslassung wurde in der zweiten Auflage korrigiert).

Dass es sich bei der Arbeitslosigkeit um ein makroökonomisches Problem handelt, wurde in der altkeynesianischen Literatur der 1950er- und 1960er-Jahre durchgängig als selbstverständlich vorausgesetzt. Dort unterschied man noch zwischen Nachfrage-induzierter Arbeitslosigkeit und der nicht mit der Nachfrage zusammenhängenden friktionellen und strukturellen Arbeitslosigkeit (siehe z.B. Perlman 1969, Teil 3). In den heute verbreiteten Lehrbüchern findet man dazu jedoch fast nichts. Postkeynesianer hingegen betonen den Unterschied zwischen mikroökonomischen und makroökonomischen Ursachen von Arbeitslosigkeit und halten letztere für entscheidend.

Thirlwalls Verweis auf den »Gütermarkt« in diesem Zusammenhang ist selbstverständlich nicht wörtlich zu nehmen, einen solchen Ort (oder eine solche Institution) gibt es nicht, sondern nur eine Vielzahl von Märkten für einzelne Waren und Dienstleistungen. Die Bezeichnung Gütermarkt ist eine Metapher - eine von sehr vielen, die in den Wirtschaftswissenschaften verwendet werden - für die Gesamtsumme der Ausgaben für Waren und Dienstleistungen in einer Volkswirtschaft, von der die Erwerbs- und die Arbeitslosenquote abhängt. Basis der postkeynesianischen Theorie von Beschäftigung und Arbeitslosigkeit ist ein Einkommen-Ausgaben-Modell, welches manchmal abschätzig als »hydraulischer Keynesianismus« bezeichnet wird (Schneider 2010, S. 337â41). Natürlich kann ein »Einkommen-Ausgaben-Kreislaufmodell« nur ein erster Schritt auf dem Weg der Entwicklung eines komplizierteren und damit zufriedenstellenden makroökonomischen Modells sein (Davidson 2011, S. 49â53). Ein solches Modell ist aber erforderlich, um theoretische Konzepte wie das des keynesianischen Multiplikators zu verstehen. Ohne dieses Modell sind auch die Folgen von Veränderungen von Investitionen, Staatsausgaben und Nettoexporten auf das Nationaleinkommen und damit zusammenhängend das Niveau der Beschäftigung nicht bestimmbar.

Zweitens: Unfreiwillige Arbeitslosigkeit ist eine Realität, die auf eine unzureichende effektive Nachfrage und nicht auf Unzulänglichkeiten des Arbeitsmarktes zurückzuführen ist. Es gäbe also Arbeitslosigkeit auch dann noch, wenn die behaupteten Unzulänglichkeiten beseitigt werden könnten und beseitigt würden. Dies folgt direkt aus Thirlwalls erster These, die, wie wir gesehen haben, von der Unterscheidung zwischen Arbeitslosigkeit aufgrund von Nachfragemangel und Arbeitslosigkeit aus anderen Gründen ausgeht. Das ist eine sehr wichtige Implikation. Postkeynesianer leugnen keineswegs die Existenz von friktioneller und struktureller Arbeitslosigkeit (wie wir in Kapitel 5 sehen werden). Es ist also keineswegs uninteressant, sich mit »Arbeitsmärkten« und deren »Unvollkommenheiten« zu beschäftigen. Dabei stellt sich heraus, dass neoklassische Arbeitsmarktmodelle Annahmen machen, die in der Realität nicht herstellbar sind.

»Arbeitsmärkte« sind für Postkeynesianer also durchaus ein Thema. Dennoch werden sie darauf insistieren, dass die primäre Ursache von Arbeitslosigkeit eine unzureichende effektive Nachfrage ist. In Zeiten von Vollbeschäftigung ist die auf mangelnder Nachfrage beruhende Arbeitslosigkeit (per Definition) gleich Null. Seit den frühen 1970er-Jahren, mit dem Ende des sogenannten »goldenen Zeitalters« des Kapitalismus, ist Vollbeschäftigung aber eher die Ausnahme als die Regel. Diese Tatsache wird heutzutage meist bestritten oder doch zumindest ignoriert und vor allem nicht mehr als gesamtwirtschaftliches Problem anerkannt.

Vor einiger Zeit besuchte ich den Vortrag eines angesehenen Ökonometrikers, der kürzlich in den Vorstand der Reserve Bank of Australia berufen wurde. Als ein Kollege ihn nach dem Zusammenhang zwischen Geldpolitik und Arbeitslosigkeit fragte, schien er verwirrt. »Nicht unsere Abteilung«, antwortete er. »Das ist das Problem der Arbeitsmarktpolitiker.« So zeigte er nicht nur, dass er das australische Zentralbank-Gesetz von 1959 nicht kannte (welches diese dazu verpflichtet, nicht nur auf die Inflation, sondern auch auf Beschäftigung und Wachstum zu achten), sondern er lehnte damit auch implizit Thirlwalls zweite These ab.

Drittens: Eine empirisch adäquate makroökonomische Theorie stellt den Zusammenhang von Gesamtinvestitionen und -ersparnissen in ihren Mittelpunkt. Die Kausalkette verläuft dabei von den Investitionen zum Sparen und nicht umgekehrt. Wie James Meade es einmal formulierte, änderte sich mit der »Keynesianischen Revolution« unsere Vorstellung: Nun wedelt nicht mehr ein Hund namens »Sparen« mit dem Schwanz »Investition«, sondern die Verhältnisse werden umgekehrt, und der Hund »Investition« wedelt mit dem Schwanz »Sparen« (Meade 1975, S. 82). Wir haben es mit einer kapitalistischen Wirtschaft zu tun, in der die wirklich wichtigen Entscheidungen von Unternehmen getroffen werden, nicht von Haushalten oder einzelnen Verbrauchern. Es sind die Investitionsausgaben von Unternehmen, die das BIP bestimmen - wenn wir aus Gründen der Vereinfachung zunächst die Rolle von Staatsausgaben und Nettoexporten unberücksichtigt lassen.

Die Investitionsausgaben sind somit die unabhängige Variable, die die Gesamtbeschäftigung, die Produktion und das Einkommen einer Volkswirtschaft bestimmt. Die Konsumausgaben (und damit auch die Ersparnisse als Differenz zwischen Einkommen und Ausgaben der Haushalte) sind die davon abhängige Variable. Sie steigen oder fallen mit den gesamtwirtschaftlichen Einkommen.

Das soll nicht heißen, dass das aktuelle Haushaltseinkommen die einzige Determinante für die Konsumausgaben ist, oder dass die Verbraucher lediglich passiv auf Veränderungen der makroökonomischen Parameter reagieren. Aber es sind die Investitionen, die eine kapitalistische Wirtschaft antreiben, sodass die theoretische Analyse einer solchen Wirtschaft mit den Determinanten der Investitionen beginnen muss und nicht (wie Wickens es tut) mit dem Nutzen-maximierenden Verhalten der einzelnen Verbraucher. Investitionen werden getätigt, wenn sie Gewinne erwarten lassen. Jede realistische makroökonomische Theorie muss daher mit den Rentabilitätserwartungen der Unternehmen beginnen.

Viertens: Eine Geldwirtschaft unterscheidet sich deutlich von einer Tauschwirtschaft. Das sollte sich eigentlich von selbst verstehen, wenn man bedenkt, dass Gewinne als die Differenz zwischen zwei Geldbeträgen (Einnahmen und Kosten) definiert sind. Dieses Faktum kommt aber in den gängigen allgemeinen Gleichgewichtsmodellen der Mainstream-Ökonomen oft nicht vor. Die Bedeutung dieses Punktes kann gar nicht hoch genug bewertet werden.

In einem frühen Entwurf der »Allgemeinen Theorie« verwendete Keynes Karl Marx berühmte Formel zur Darstellung des kapitalistischen Zirkulationsprozesses G - W - W´ - G´, um zu erklären, warum Geld wichtig ist (Rotheim 1981); leider nahm er diese Darstellung nicht in die endgültige Fassung des Buches mit auf. Der Kapitalist, so Marx, beginnt mit einer Geldsumme G; er verwendet sie, um Waren (Arbeitskraft und Produktionsmittel) von gleichem Wert W zu kaufen; diese Waren setzt er in einem Produktionsprozess ein, um neue hochwertigere Waren, W´, herzustellen; in der Erwartung, dass er diese Waren für die Geldsumme G verkaufen kann, die diesem höheren Wert entspricht. Das Ziel des Kapitalisten ist die Realisierung eines Profits (d.h. der Geldsumme G´ minus G, die dem Wert W´ minus W entspricht). Ohne diese Gewinnerwartung, würde er den ganzen Produktionsprozess nicht in Gang setzen und stattdessen die ursprüngliche Geldsumme G behalten. Etwas altmodisch, aber anschaulich ausgedrückt: Geld kann »gehortet« werden. Keynes prägte für dieses Phänomen den Begriff »Liquiditätspräferenz«.

Damit unterscheidet sich eine kapitalistische Wirtschaft fundamental von einer Tauschwirtschaft, in der es gar kein Geld gibt, und Produkte direkt gegen andere Produkte getauscht werden (Brot gegen Schuhe, Schuhe gegen Brot). Sie funktioniert auch grundlegend anders als eine »einfache«...

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Autor

John E. King, geboren 1947, studierte Philosophie, Politik und Volkswirtschaft in Oxford. Er lehrte an der Universität Lancaster und der School of Economics der La Trobe-Universität in Melbourne. Seit 2013 ist er emeritierter Professor. Er forscht und publiziert zur Geschichte ökonomischer Denkschulen und zu ökonomischem Pluralismus.