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Die Hauptmannstochter

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
173 Seiten
Deutsch
Insel Verlag GmbHerschienen am14.07.20141. Auflage
Russland im 18. Jahrhundert, zur Zeit der Bauernaufstände. Der junge Adlige Grinjow versieht seinen Dienst als Offizier in der tiefsten Provinz - und verliebt sich in Mala, die Tochter des örtlichen Kommandanten. Als er in einem heftigen Schneesturm einem Mann das Leben rettet, ahnt er nicht, dass es sich um Pugatschow, den Anführer der Aufständischen, handelt und dass schon bald sein eigenes Schicksal und das seiner großen Liebe in dessen Händen liegen werden. Die Hauptmannstochter (1836) ist Puschkins berühmtestes Prosawerk und gilt als wichtigster Vorläufer für Tolstojs Krieg und Frieden.


Alexander Sergejewitsch Puschkin wurde 1799 in Moskau als Sohn eines adligen Gardeoffiziers geboren und starb 1837 in Sankt Petersburg an den Folgen einer Schussverletzung nach einem Duell. Als Lyriker und Schriftsteller war er zeitlebens provokant, seine Werke unterlagen der Zensur. Er ist einer der bedeutendsten russischen Schriftsteller, zu seinen bekanntesten Werken zählen u. a. Eugen Onegin, Boris Godunow und Die Hauptmannstochter.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR18,90
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR10,00
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR9,90
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Produkt

KlappentextRussland im 18. Jahrhundert, zur Zeit der Bauernaufstände. Der junge Adlige Grinjow versieht seinen Dienst als Offizier in der tiefsten Provinz - und verliebt sich in Mala, die Tochter des örtlichen Kommandanten. Als er in einem heftigen Schneesturm einem Mann das Leben rettet, ahnt er nicht, dass es sich um Pugatschow, den Anführer der Aufständischen, handelt und dass schon bald sein eigenes Schicksal und das seiner großen Liebe in dessen Händen liegen werden. Die Hauptmannstochter (1836) ist Puschkins berühmtestes Prosawerk und gilt als wichtigster Vorläufer für Tolstojs Krieg und Frieden.


Alexander Sergejewitsch Puschkin wurde 1799 in Moskau als Sohn eines adligen Gardeoffiziers geboren und starb 1837 in Sankt Petersburg an den Folgen einer Schussverletzung nach einem Duell. Als Lyriker und Schriftsteller war er zeitlebens provokant, seine Werke unterlagen der Zensur. Er ist einer der bedeutendsten russischen Schriftsteller, zu seinen bekanntesten Werken zählen u. a. Eugen Onegin, Boris Godunow und Die Hauptmannstochter.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783458739494
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2014
Erscheinungsdatum14.07.2014
Auflage1. Auflage
Seiten173 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse4764 Kbytes
Artikel-Nr.1460350
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe




Erstes Kapitel







Der Sergeant der Garde




»Als Hauptmann stell ich ihn gleich in die Garde ein.«
»Ach was! Bei der Armee soll er sich erst bewähren!«
»Sehr wahr! Da wird man ihn den richt'gen Dienst schon lehren …«
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
»Wer ist sein Vater gleich?«

Knjashnin

 

Mein Vater, Andrej Petrowitsch Grinjow, hatte in seiner Jugend unter dem Grafen Münnich gedient und 17.??. als Premiermajor seinen Abschied genommen. Seitdem lebte er auf seinem Gut im Simbirskischen, wo er auch die Jungfrau Awdotja Wassiljewna Ju., die Tochter eines dortigen armen Edelmannes, heiratete. Wir waren neun Kinder. Alle meine Brüder und Schwestern starben im Säuglingsalter.

Meine Mutter ging noch mit mir schwanger, als ich dank der Güte des Gardemajors Fürst B., eines nahen Verwandten von uns, bereits beim Semjonowskij-Regiment als Sergeant eingeschrieben wurde. Hätte meine Mutter wider alles Erwarten eine Tochter geboren, so hätte mein Vater gehörigen Ortes den Tod des nicht erschienenen Sergeanten gemeldet und die Sache wäre damit erledigt gewesen. Ich galt als beurlaubt bis zum Abschluß meiner Studien. Dazumal wurden wir nicht so erzogen wie heutzutage. Von meinem fünften Jahre an ward ich der Obhut unseres Reitknechts Saweljitsch anvertraut, der für sein gutes Betragen - er trank nicht - zu meinem Erzieher ernannt worden war. Unter seiner Aufsicht lernte ich als Zwölfjähriger Russisch lesen und schreiben und konnte sehr sachverständig über die Eigenschaften eines Windhundes reden. Um diese Zeit engagierte mein Vater einen Franzosen für mich, Monsieur Beauprès, den er mit dem Jahresvorrat an Wein und Olivenöl aus Moskau kommen ließ. Seine Ankunft war Saweljitsch höchst unerwünscht. »Das Kind ist, scheint's, doch gewaschen, gekämmt und satt«, brummte er vor sich hin. »Wozu noch unnötig Geld hinauswerfen und einen Musjö halten, als hätte man nicht genug eigene Leute.«

Beauprès war in seiner Heimat Friseur gewesen, später in Preußen Soldat; endlich kam er nach Rußland pour être outchitel, ohne sich über den Sinn dieses Wortes recht klar zu sein. Er war ein guter Kerl, aber leichtsinnig und liederlich bis zum äußersten. Seine Hauptschwäche war die Leidenschaft für das schöne Geschlecht; für seine Zärtlichkeiten erhielt er öfters Püffe, über die er tagelang stöhnte. Außerdem war er (wie er sich auszudrücken liebte) kein Feind der Flasche, das heißt (um es gut russisch zu sagen), er trank gern eins über den Durst. Da Wein bei uns aber nur zu Mittag serviert wurde und auch da nur ein kleines Gläschen für jeden, wobei man den Herrn Lehrer meist noch überging, so gewöhnte sich mein Beauprès sehr bald an den russischen Fruchtschnaps und zog ihn sogar den Weinen seines Vaterlandes vor, da er für den Magen ungleich bekömmlicher wäre. Wir wurden bald einig, und obgleich er laut Vertrag verpflichtet war, mich im Französischen, Deutschen und allen Wissenschaften zu unterrichten, zog er es vor, von mir in aller Eile etwas Russisch schwatzen zu lernen, und danach beschäftigte sich jeder von uns nur noch mit seinen eigenen Angelegenheiten. Wir waren ein Herz und eine Seele. Einen anderen Mentor wünschte ich mir gar nicht. Aber bald trennte uns das Geschick, und das kam so:

Die Wäscherin Palaschka, ein dickes, pockennarbiges Mädchen, und die einäugige Kuhmagd Akulka waren eines Tages übereingekommen, gleichzeitig meiner Mutter zu Füßen zu fallen, sich selbst verbrecherischer Schwäche zu zeihen und sich mit Tränen über den Musjö zu beklagen, der ihre Unwissenheit verführt hätte. Meine Mutter verstand in diesen Dingen keinen Spaß und beklagte sich beim Vater. Der machte kurzen Prozeß. Er ließ die Kanaille von einem Franzosen sofort holen. Ihm wurde gemeldet, Musjö erteile mir gerade Unterricht. Der Vater begab sich in mein Zimmer. Zu der Zeit schlief Beauprès auf seinem Bette den Schlaf der Unschuld. Ich aber war ernsthaft beschäftigt. Es muß gesagt werden, daß man für mich aus Moskau eine Landkarte verschrieben hatte. Sie hing völlig ungenützt an der Wand und lockte mich schon längst durch ihre Größe und die gute Qualität des Papieres. Ich beschloß, einen Drachen aus ihr anzufertigen, und machte mich, da Beauprès so schön schlief, an die Arbeit. Mein Vater kam gerade in dem Augenblick herein, als ich einen Bastschwanz an das Kap der Guten Hoffnung befestigte. Als er mich bei diesen geographischen Übungen überraschte, zupfte der Vater mich kräftig am Ohr, lief dann zu Beauprès, weckte ihn höchst unsanft und überschüttete ihn mit Vorwürfen. Beauprès, in größter Verlegenheit, wollte sich aufrichten und konnte es nicht: Der unglückselige Franzose war sternhagelvoll. Nun wurde mit allem Unglück auf einmal aufgeräumt. Vater packte ihn am Kragen, riß ihn vom Bett herunter, warf ihn zur Tür hinaus und jagte ihn noch am selben Tage aus dem Hause zur unbeschreiblichen Freude des guten Saweljitsch. Damit war meine Erziehung abgeschlossen.

Ich lebte nun als junger Tunichtgut weiter, stellte den Tauben nach und übte mich mit den Hofjungen im Bockspringen. So wurde ich sechzehn Jahre alt. Da trat eine Wendung in meinem Schicksal ein.

Einmal im Herbst kochte meine Mutter im Gästezimmer Honigsirup, ich guckte auf den wallenden Schaum und leckte die Lippen. Vater saß am Fenster und las im »Hofkalender«, den er sich alljährlich kommen ließ. Dieses Buch wirkte immer sehr stark auf ihn: Er las es nie ohne besondere seelische Anteilnahme, und die Lektüre brachte stets seine Galle in erstaunliche Erregung. Die Mutter, die alle seine Neigungen und Gewohnheiten genau kannte, suchte das unselige Buch immer möglichst weit zu verstecken, und so kam der »Hofkalender« ihm oft monatelang nicht zu Gesicht. Wenn er ihn aber zufällig einmal fand, so ließ er ihn dafür auch stundenlang nicht mehr aus den Händen. Also mein Vater las im »Hofkalender«, zuckte ab und zu die Achseln und brummte vor sich hin: »Generalleutnant! … Er war in meiner Kompanie Sergeant! - Ritter beider russischer Orden! … Und wie lang ist's her, daß wir …« Endlich warf Vater den Kalender auf das Sofa und versank in tiefes Sinnen, das nichts Gutes erwarten ließ.

Plötzlich wandte er sich an die Mutter: »Awdotja Wassiljewna, wie alt ist eigentlich Petruscha?«

»Er ist im siebzehnten Jahre«, antwortete Mutter. »Er ist in dem Jahre geboren, wie Tante Nastasja Gerassimowna ihr Auge verlor und wie …«

»Schon recht«, unterbrach sie der Vater. »Es ist Zeit, daß er in den Dienst kommt. Er hat sich lange genug in den Mägdekammern herumgetrieben und ist in den Taubenschlag geklettert.« Der Gedanke der baldigen Trennung von mir überraschte die Mutter so, daß sie den Löffel in den Kessel fallen ließ und Tränen über ihre Wangen flossen. Dagegen läßt sich mein Entzücken schwer beschreiben. Der Gedanke an den Dienst verschmolz mir mit dem Gedanken an vollkommene Freiheit, an die Vergnügungen des Petersburger Lebens. Ich sah mich als Gardeoffizier, was nach meiner Meinung den Höhepunkt menschlicher Seligkeit bedeutete.

Vater mochte weder seine Absichten ändern noch ihre Ausführung hinausschieben. Der Tag meiner Abreise wurde festgesetzt. Am Abend vorher erklärte Vater, er werde mir einen Brief an meinen künftigen Vorgesetzten mitgeben, und verlangte Feder und Papier.

»Vergiß nicht, Andrej Petrowitsch«, sagte Mutter, »den Fürsten B. auch von mir zu grüßen. Sag ihm, ich hoffe, daß er sich Petruschas freundlich annehmen wird.«

»Was für ein Unsinn!« sagte mein Vater und runzelte die Stirn. »Weshalb sollte ich an den Fürsten B. schreiben?«

»Du hast doch gesagt, du wolltest an Petruschas Vorgesetzten schreiben.«

»Nun ja, und was weiter?«

»Petruschas Vorgesetzter ist doch der Fürst B. Petruscha ist doch beim Semjonowskij-Regiment eingeschrieben.«

»Eingeschrieben! Was geht's mich an, wo er eingeschrieben ist? Petruscha kommt nicht nach Petersburg. Was soll er in Petersburg im Dienst lernen? Geld ausgeben und Streiche verüben? Nein, in der Armee soll er dienen, von der Pike auf, und Pulver riechen und ein Soldat werden, kein Tagedieb. Bei der Garde eingeschrieben! Wo ist sein Paß! Zeig ihn her!«

Mutter holte meinen Paß, den sie in ihrer Schatulle mit meinem Taufhemdchen aufbewahrte, und reichte ihn mit zitternder Hand dem Vater. Der Vater las ihn aufmerksam durch, legte ihn vor sich auf den Tisch und fing an, seinen Brief zu schreiben.

Die Neugierde plagte mich. Wohin sollte ich denn kommen, wenn nicht nach Petersburg? Ich wandte die Augen nicht von Vaters Feder, die sich recht langsam vorwärts bewegte. Endlich war er fertig, versiegelte den Brief, steckte ihn zusammen mit dem Paß in einen Umschlag, nahm die Brille ab, winkte mich zu sich heran und sagte: »Da hast du einen Brief an Andrej Karlowitsch R., meinen alten Regimentskameraden und Freund. Du gehst nach Orenburg, um unter ihm zu dienen.«

So waren alle meine glänzenden Hoffnungen zusammengebrochen! Statt des lustigen Petersburger Lebens harrte meiner öde Langeweile in einem abgelegenen, weltverlassenen Winkel. Der Dienst, an den ich eben noch mit solcher Begeisterung gedacht hatte, schien mir nun ein schweres Unglück. Aber an Widerspruch war nicht zu denken. Am nächsten Morgen stand die Reisekibitka schon vor der Tür; man bepackte sie mit einem Koffer, einer Schatulle mit dem Teeservice, Bündeln mit Weißbroten und Pasteten, den letzten Zeichen des häuslichen Wohllebens. Meine Eltern segneten...


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Alexander Sergejewitsch Puschkin wurde 1799 in Moskau als Sohn eines adligen Gardeoffiziers geboren und starb 1837 in Sankt Petersburg an den Folgen einer Schussverletzung nach einem Duell. Als Lyriker und Schriftsteller war er zeitlebens provokant, seine Werke unterlagen der Zensur. Er ist einer der bedeutendsten russischen Schriftsteller, zu seinen bekanntesten Werken zählen u. a. Eugen Onegin, Boris Godunow und Die Hauptmannstochter.