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Vendetta

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
316 Seiten
Deutsch
Unionsverlagerschienen am15.12.20151. Auflage
Kommissar Aurelio Zen steht vor einem Rätsel: ein vierfacher Mord in der festungsartig ausgebauten Villa eines reichen Sarden, in die eigentlich niemand unbemerkt eindringen kann. Ein Ding der Unmöglichkeit? Nicht nur die Leichen bezeugen das Gegenteil. Die Bluttat ist verewigt, da es zu den Gepflogenheiten des Hausherrn Oscar Burolo gehörte, sein Leben auf Video aufzuzeichnen - jetzt dokumentiert die Anlage seinen Tod. Als Aurelio Zen mit den Ermittlungen in Sardinien beginnt, findet er sich in einer brutalen, abweisenden Welt wieder.

Michael Dibdin, geboren 1947 in Wolverhampton, studierte englische Literatur in England und Kanada. Vier Jahre lehrte er an der Universität von Perugia. Bekannt wurde er durch seine Figur Aurelio Zen, einen in Italien ermittelnden Polizeikommissar. Elf Bände dieser Krimiserie sind erschienen. Michael Dibdin wurde mit dem CWA Gold Dagger und dem Grand prix de littérature policière ausgezeichnet. Seine Romane wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt und von der BBC als TV-Serie verfilmt. Er starb 2007 in Seattle.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR15,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR11,99

Produkt

KlappentextKommissar Aurelio Zen steht vor einem Rätsel: ein vierfacher Mord in der festungsartig ausgebauten Villa eines reichen Sarden, in die eigentlich niemand unbemerkt eindringen kann. Ein Ding der Unmöglichkeit? Nicht nur die Leichen bezeugen das Gegenteil. Die Bluttat ist verewigt, da es zu den Gepflogenheiten des Hausherrn Oscar Burolo gehörte, sein Leben auf Video aufzuzeichnen - jetzt dokumentiert die Anlage seinen Tod. Als Aurelio Zen mit den Ermittlungen in Sardinien beginnt, findet er sich in einer brutalen, abweisenden Welt wieder.

Michael Dibdin, geboren 1947 in Wolverhampton, studierte englische Literatur in England und Kanada. Vier Jahre lehrte er an der Universität von Perugia. Bekannt wurde er durch seine Figur Aurelio Zen, einen in Italien ermittelnden Polizeikommissar. Elf Bände dieser Krimiserie sind erschienen. Michael Dibdin wurde mit dem CWA Gold Dagger und dem Grand prix de littérature policière ausgezeichnet. Seine Romane wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt und von der BBC als TV-Serie verfilmt. Er starb 2007 in Seattle.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783293308855
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2015
Erscheinungsdatum15.12.2015
Auflage1. Auflage
Seiten316 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2646 Kbytes
Artikel-Nr.3421189
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe




Mittwoch, 01.50-02.45


Aurelio Zen lag wie ein gelangweilter Gott auf dem Sofa und erweckte die Toten zum Leben. Mit einem Fingerdruck ließ er sie wieder auferstehen. Eins nach dem anderen regten sich die formlosen, blutdurchtränkten Bündel, schüttelten sich, krochen ein bisschen herum und richteten sich dann auf, bis sie wieder auf den Füßen standen. Ihren Gesichtern nach zu urteilen, schien ihnen diese im ganz wörtlichen Sinne stattfindende Auferstehung überraschend zu kommen, oder vielleicht war es auch nur der Anblick der anderen Körper, der sie so sehr schockierte, die grauenhaften Verletzungen und Entstellungen und die Blutspritzer und -lachen, die überall zu sehen waren. Doch sowie Zen mit seinem wundersamen Eingreifen fortfuhr, wurde auch das in Ordnung gebracht, die klaffenden Risse in Körper und Kleidung heilten von alleine, das Blut wischte sich von selbst auf, und im Nu glich die Szene wieder jener ganz normalen Dinner-Party, die sie gewesen war, bevor das Unmögliche geschah. Von den vier Personen schien keine zu bemerken, was an diesem illusorischen Leben nach dem Tod so verblüffend war, nämlich dass alles rückwärts ablief.

»Er wars.«

Zens Mutter stand in der Tür, ihr Nachthemd hatte sich um ihren ausgemergelten Körper gewickelt.

»Was gibts, Mamma?«

Sie deutete auf den Fernsehschirm, auf dem man jetzt einen strahlend weißen Sandstrand sah, der von sanft geschwungenen Felsen eingerahmt war. Ein Mann schwamm rückwärts durch die flachen Wellen. Er tauchte lässig aus dem Wasser auf, landete elegant auf einem der Felsen und schlenderte rückwärts zu den Liegestühlen im Schatten, wo die anderen saßen und Rauch aus der Luft sogen und in ihre Zigaretten bliesen.

»Der mit der Badehose. Er hats getan. Er war in seine Frau verliebt, deshalb hat er ihn getötet. Er war noch in einem anderen Film, letzte Woche auf Kanal 5. Man hielt ihn für einen Spion, aber das war sein Zwillingsbruder. Er spielte alle beide. Die machen das mit Spiegeln.«

Mutter und Sohn warfen sich einen Blick quer durch den Raum zu, der von dem elektronisch konservierten Sonnenlicht eines Sommers, der nun seit mehr als drei Monaten vergangen war, beleuchtet wurde. Es war fast zwei Uhr morgens, und selbst in den Straßen von Rom herrschte Stille. Zen drückte die Pause-Taste an der Fernbedienung und brachte damit das Video zum Stillstand. »Warum bist du auf, Mamma?«, fragte er und bemühte sich, sich seine Verärgerung nicht anmerken zu lassen. Dies war ein Verstoß gegen die Regeln. Wenn sich seine Mutter am Abend erst einmal in ihr Zimmer zurückgezogen hatte, blieb sie auch dort. Das gehörte zu den ungeschriebenen Gesetzen, die ihr Zusammenleben aus seiner Sicht gerade eben erträglich machten.

»Ich dachte, ich hätte etwas gehört.«

Sie sahen sich weiterhin an. Die Frau, die Zen das Leben geschenkt hatte, hätte jetzt genauso gut das Kind sein können, das er nie gehabt hatte, das von einem Albtraum aufgewacht war und nun getröstet werden wollte. Er stand auf und ging zu ihr hin. »Es tut mir leid, Mamma. Aber ich habe den Ton ganz leise gestellt ...«

»Ich meine nicht das Fernsehen.«

Er sah ihr forschend in die verschlafenen und verwirrt dreinblickenden Augen. »Was denn?«

Sie zuckte verdrießlich mit den Schultern. »Eine Art Kratzen.«

»Kratzen? Wie meinst du das?«

»Wie das Boot vom alten Umberto.«

Zen war oft verblüfft über die Anspielungen seiner Mutter auf eine Vergangenheit, die für sie unermesslich realer war, als es die Gegenwart je sein würde. Er selbst hatte Umberto so gut wie vergessen, den stattlichen und würdevollen Besitzer eines Lebensmittelgeschäfts in der Nähe der San-Geremia-Brücke. Er benutzte das Boot, um Obst und Gemüse vom Rialto-Markt zu holen, und um Kartons, Kisten, Flaschen und Gläser in die Keller seines Hauses oder von dort wegzutransportieren. Diese Keller hatte sich der zehnjährige Zen immer wie Aladins Höhle vorgestellt, vollgestopft mit exotischen Köstlichkeiten. Wenn er es nicht brauchte, war das Boot an einem Pfahl in dem kleinen Kanal gegenüber dem Haus der Zens festgemacht. Der Pfahl war mit einem Stück Blech verkleidet, um das Holz zu schützen, und jedesmal wenn ein Vaporetto den Cannaregio heruntergefahren kam, erreichte dessen Kielwasser kurze Zeit später Umbertos Boot und ließ dessen obere Planke gegen das Blech reiben, wodurch ein metallisch kratzendes Geräusch entstand.

»Wahrscheinlich hast du mich hier rumgehen hören«, sagte Zen. »Jetzt geh zurück ins Bett, bevor du dich erkältest.«

»Es kam nicht von hier. Es kam von der anderen Seite. Vom Kanal. Genau wie das verdammte Boot.«

Zen nahm ihren Arm, der sich beängstigend gebrechlich anfühlte. Durch den Krieg zur Witwe geworden, hatte seine Mutter sich um seinetwillen ganz allein durchs Leben geschlagen, Geschäftsleuten und Bürokraten Zugeständnisse abgerungen, in schlechtbezahlten Jobs geschuftet, um ihre Rente aufzubessern, gekocht, geputzt, genäht, gestopft und sich immer irgendwie beholfen und durch ihren unermüdlichen Einsatz einen sicheren Ort geschaffen, an dem ihr Sohn aufwachsen konnte. Kein Wunder, dachte er, dass diese Plackerei sie vollkommen ausgelaugt hatte, so dass von ihr nur noch ein unscheinbares Wesen übriggeblieben war, das Angst vor Geräuschen und vor der Dunkelheit hatte und sich für nichts mehr interessierte außer den Fernsehserien, die sie sich ansah und deren Handlungen und Figuren sich allmählich in ihrem Kopf verwirrten. Wie sie ihre Mutterrolle ausgeführt hatte war vergleichbar mit Jobs in der Industrie, aus denen die Arbeiter krank und gebrochen entlassen werden, mit dem einen Unterschied, dass Mütter niemanden auf Schadenersatz verklagen können.

Zen führte sie zurück in das modrig riechende Schlafzimmer, das im hinteren Teil der Wohnung lag. Es war vollgestopft mit Möbeln, die sie aus ihrem Zuhause in Venedig mitgebracht hatte. Die einzelnen Stücke waren kunstvoll aus einem Holz gearbeitet, das so hart, dunkel und schwer wie Eisen war. Jeder Zentimeter Wand war zugestellt, wodurch sogar die Feuertreppe und der größte Teil des Fensters, das sie ohnehin immer fest zugezogen hatte, blockiert waren.

»Bleibst du noch auf und siehst dir den Film zu Ende an?«, fragte sie, als er sie zudeckte.

»Ja, Mamma, mach dir keine Sorgen. Ich bin da drinnen. Wenn du etwas hörst, bin das nur ich.«

»Das kam nicht von da drinnen! Jedenfalls hab ich dir ja schon gesagt, wers war. Der Dünne mit der Badehose.«

»Ich weiß, Mamma«, murmelte er müde. »Das denken alle.«

Er ging zurück ins Wohnzimmer, als es gerade zwei Uhr von den Kirchen im Vatikan schlug. Zen blieb stehen und sah sich die vertrauten Gesichter an, die auf dem flimmernden Bildschirm zur Unbeweglichkeit verdammt waren. Sie waren nicht nur ihm vertraut, sondern jedem, der in diesem Herbst ferngesehen oder Zeitung gelesen hatte. Seit Monaten wurden die Nachrichten beherrscht von den dramatischen Ereignissen und den noch sensationelleren Verwicklungen um die »Burolo-Affäre«.

In gewisser Weise war es ganz verständlich, dass Zens Mutter die beteiligten Personen mit der Besetzung eines Films verwechselt hatte, den sie gesehen hatte. Was Zen sich da ansah, war tatsächlich ein Film, aber ein ganz besonderer Film, der nur ihm als einem Beamten der Criminalpol beim Innenministerium zur Verfügung stand, und zwar im Zusammenhang mit einem Bericht, den er vorlegen und worin er den Fall bis zum gegenwärtigen Stand zusammenfassen sollte. Eigentlich war es ihm nicht erlaubt, den Film mit nach Hause zu nehmen, doch das Ministerium stellte keine Videogeräte für seine Angestellten zur Verfügung, auch nicht für die im Rang eines Vice-Questore. Wie sollte er das denn machen, hatte Zen gefragt, als ihm noch nicht klar war, was ein Videofilm eigentlich war, es Bild für Bild gegen das Licht halten?

Er setzte sich wieder auf das Sofa, griff nach der Fernbedienung, drückte auf die Play-Taste und ließ die verschwommenen Figuren wieder lachen, plaudern und sich ganz einfach vor der Kamera produzieren. Natürlich wussten sie, dass die Kamera da war. Oscar Burolo hatte kein Geheimnis aus seiner Manie gemacht, die Highlights seines Lebens aufzuzeichnen. Ganz im Gegenteil, jeder, der den Unternehmer in seinem sardischen Refugium besuchte, war beeindruckt von dem unterirdischen Kellergewölbe, in dem sich Hunderte von Videobändern befanden, ebenso Computerdisketten, alles sorgfältig abgelegt und registriert. Wie alle guten Bibliotheken wuchs auch Oscars Sammlung ständig. Kurz vor seinem Tod war sogar ein ganz neuer Regalabschnitt eingebaut worden, um die Neuzugänge unterzubringen.

»Siehst du dir die überhaupt jemals an?«, wurde er gelegentlich von einem Gast gefragt.

»Ich brauche sie mir nicht anzusehen«, antwortete Oscar darauf mit einem merkwürdigen Lächeln. »Es reicht mir zu wissen, dass sie da sind.«

Falls den sechs Leuten, die es sich dort am Wasser gutgehen ließen, die Vorstellung, dass ihr Geplänkel für die Nachwelt festgehalten wurde, in irgendeiner Weise unangenehm gewesen sein sollte, ließen sie sich das nicht im geringsten anmerken. Eine Einladung in die Villa Burolo war so begehrt, dass sich niemand wegen der Bedingungen herumstreiten würde. Denn abgesehen von der Erfahrung an sich war es etwas,...



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Autor

Michael Dibdin, geboren 1947 in Wolverhampton, studierte englische Literatur in England und Kanada. Vier Jahre lehrte er an der Universität von Perugia. Bekannt wurde er durch seine Figur Aurelio Zen, einen in Italien ermittelnden Polizeikommissar. Elf Bände dieser Krimiserie sind erschienen.Michael Dibdin wurde mit dem CWA Gold Dagger und dem Grand prix de littérature policière ausgezeichnet. Seine Romane wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt und von der BBC als TV-Serie verfilmt. Er starb 2007 in Seattle.

Bei diesen Artikeln hat der Autor auch mitgewirkt