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Die Unmöglichkeit, bei Tag die Liebe zu finden

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
464 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am11.10.2021
Zwei Jahre nach einer schrecklichen Trennung verkriecht sich die hübsche Lektorin Chloë immer noch jeden Abend zu Hause mit ihrer Katze auf dem Sofa. Bis sie von ihrer ebenso charmanten wie aufdringlichen Tante zum Ausgehen gezwungen wird. Als sich Chloë nun mutterseelenallein in einem Club wiederfindet, passiert das, woran sie selbst schon nicht mehr geglaubt hat: Sie begegnet Angela, einer wunderschönen, klugen jungen Frau. Angela verliebt sich in Chloë, und Chloë verliebt sich in Angela - es könnte also alles ganz einfach sein. Nur, dass Angela ein kleines Problem mit Tageslicht hat. Und mit Kruzifixen. Und mit Knoblauch ...

Ry Herman wurde in den USA geboren, lebt aber inzwischen in Schottland. Er arbeitete unter anderem als Lektor und als Bühnentechniker am Theater. Inzwischen führt er Regie und hat mehrere eigene Stücke verfasst. »Die Unmöglichkeit, bei Tag die Liebe zu finden« ist sein erster Roman.
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Produkt

KlappentextZwei Jahre nach einer schrecklichen Trennung verkriecht sich die hübsche Lektorin Chloë immer noch jeden Abend zu Hause mit ihrer Katze auf dem Sofa. Bis sie von ihrer ebenso charmanten wie aufdringlichen Tante zum Ausgehen gezwungen wird. Als sich Chloë nun mutterseelenallein in einem Club wiederfindet, passiert das, woran sie selbst schon nicht mehr geglaubt hat: Sie begegnet Angela, einer wunderschönen, klugen jungen Frau. Angela verliebt sich in Chloë, und Chloë verliebt sich in Angela - es könnte also alles ganz einfach sein. Nur, dass Angela ein kleines Problem mit Tageslicht hat. Und mit Kruzifixen. Und mit Knoblauch ...

Ry Herman wurde in den USA geboren, lebt aber inzwischen in Schottland. Er arbeitete unter anderem als Lektor und als Bühnentechniker am Theater. Inzwischen führt er Regie und hat mehrere eigene Stücke verfasst. »Die Unmöglichkeit, bei Tag die Liebe zu finden« ist sein erster Roman.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641265441
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2021
Erscheinungsdatum11.10.2021
Seiten464 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1593 Kbytes
Artikel-Nr.5143867
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe



1

Brookline, Massachusetts

6. November 1999

Angela schminkt sich mit größter Sorgfalt. Das Make-up ist ein wichtiger Teil ihrer Vorbereitung und mit Abstand der komplizierteste.

Zuerst der Lipliner - nur nach Gefühl. Dafür braucht man eine ruhige Hand, daher bringt sie das gerne so schnell wie möglich hinter sich. Langsam hoch und rum, dann auf der anderen Seite runter und entlang der Unterlippe zurück. Mit präzisen Bewegungen zeichnet sie die Umrisse nach und hofft, einen perfekten Kussmund geformt zu haben. Wenn sie sich konzentriert, rutscht sie nicht ab, aber das fällt ihr schwer, wenn sie so hungrig ist. Nur, der Hunger ist eben auch der Grund, weshalb heute Nacht alles stimmen muss.

Jetzt der Lippenstift, fast genauso kompliziert. Sie benutzt am liebsten flüssigen Lippenstift und trägt ihn mit einem Pinsel ordentlich auf. Man sollte meinen, mit einem normalen Lippenstift wäre es in Anbetracht der Ermangelung des eigenen Angesichts leichter, aber damit ist sie nie zurechtgekommen.

Alles wäre so viel einfacher, hätte sie ein Spiegelbild.

Natürlich kann sie Shelly fragen, ob alles passt. Aber es ist besser, wenn sie es auf Anhieb hinbekommt. Falls sie einen groben Patzer gemacht hat, würde sie den halben Abend damit verbringen, das Make-up abzunehmen, wieder aufzutragen, Shelly erneut zu fragen und sich wieder abzuschminken. Das ist ihr nur einmal kurz nach ihrem Einzug passiert, und sie hat nicht vor, das zu wiederholen. Shelly hat sie am Ende des Abends äußerst irritiert angesehen.

Die ersten paar Tage mit ihren Mitbewohnern waren die schwersten, ihr fehlte noch die Routine. Am allerschlimmsten jedoch war die erste Minute, als sie vor der offenen Haustüre gestanden und darauf gewartet hatte, hineingebeten zu werden. Sie hatte sich gefragt, wie lange sie wohl dort stehen müsste, unfähig, die Schwelle zu überschreiten. Was für ein Albtraum.

Als Nächstes der Lidschatten. Solange sie methodisch vorgeht, ist das etwas einfacher. Angela trägt nur wenig auf und verteilt ihn dann nach außen. Erst etwas Weiß als Basis, dann eine Schicht Dunkelblau über das Lid. Schwarz in die Lidfalte, und dann alles verteilen. Eyeliner kann heikel sein, aber das hatte sie schon immer drauf. Sie darf sich nur nicht hetzen. Muss die Abläufe schön präzise hinbekommen. Hochschauen, dann eine Linie unterm Auge ziehen. Augen zu, eine weitere Linie über den Wimpern. Falls doch etwas verwischt, fällt das bei so dunklem Lidschatten nicht auf. Noch einen Tupfer Highlighter in die Augenwinkel. Und Wimperntusche geht beinahe von allein.

Immerhin muss sie sich nicht mit einer Grundierung herumschlagen. Ohne jemanden um Hilfe zu bitten, besteht keine Chance, dass Angela es schafft, sie gleichmäßig aufzutragen. Und die Geduld ihrer Mitbewohner hat sicher auch Grenzen.

Zum Glück ist blasse Haut, dort wo sie hingeht, in Mode. Das ist einer der Hauptgründe, weshalb sie den Laden ausgesucht hat; sie fällt dort nicht auf, so wie sie eben ist. Oder besser gesagt, so wie sie ist, plus Lippenstift, Lidschatten, Eyeliner und einem haargenau gewählten Outfit, sowie dem richtigen Verhalten, nicht zu aufdringlich und nicht zu schüchtern. Aber keine Grundierung.

Rouge ist trotzdem eine gute Idee. Nach den Wangenknochen fühlen und ein wenig davon auf beide tupfen. Im Idealfall sieht sie nun anziehend alabasterhaft aus und nicht ganz so sehr wie eine aufrecht stehende Leiche.

Angela räumt ihre Sachen zurück in ihre Schminktasche und macht sie zu. Als Nächstes sind die Klamotten dran. Sie verlässt das Bad und geht rüber in ihr Schlafzimmer. Warum macht sie sich überhaupt die Mühe, ihre Schminktasche im Bad zu lassen, wo sie doch den Spiegel gar nicht benutzen kann? Angewohnheit vermutlich. Aber das ist eine gute Angewohnheit. Alles, was sie normal erscheinen lässt, ist gut.

Sie öffnet den Schrank, um ihre Auswahl zu begutachten, und wird von einer Flut aus Lack, Spitze, Federn und Leder begrüßt. Sie weiß nicht, ob sie überhaupt noch ein normales T-Shirt und ein Paar Jeans hat. Das hier hat zumindest kaum etwas mit ihrem Kinderzimmer zu tun, wo ihre Schuluniformen in einer ordentlichen Reihe im Schrank hingen und ein Kruzifix auffällig an der Wand angebracht war. Seitdem hat sich so viel geändert.

Kruzifixe lösen bei ihr jetzt Unbehagen aus.

Die weit größeren Veränderungen waren jedoch im letzten Jahr geschehen. Genauer gesagt, in dem einen Jahr, zwei Monaten und zehn Tagen seit ihrem Tod. Der Moment, als sie aufgehört hatte, das zu sein, was sie zuvor gewesen war. Sie ist sich ziemlich sicher, dass sie seither keinen normalen BH oder Turnschuhe getragen hat.

Sie fragt sich, ob sie das überhaupt noch kann. Ist es ein Zwang, sich wie ein Goth zu kleiden? Könnte das der Ursprung des Klischees sein, der Funken Wahrheit in all den Geschichten und Mythen?

Nein, das ist lächerlich. Sie weigert sich, das zu glauben. Sie trägt die Klamotten, um eine bestimmte Art der Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen und weil sie ihr nun einmal gefallen. Warum sollte es einen solchen mysteriösen Instinkt geben? Zwänge er sie dann auch, in die passenden Nachtclubs zu gehen? Was wäre dafür die evolutionäre Grundlage - Überlebensstrategien in den Clubs der Savanne, damals zu prähistorischen Zeiten? Schwachsinn. So etwas wie einen Lackleder-Instinkt gibt es nicht.

Vielleicht sollte sie trotzdem einen Versuch wagen. Lauter unterschiedliche Klamotten kaufen: spießig, alternativ, punkig. Und dann sehen, ob sie damit rausgehen kann. Sie beschließt, das auf die Liste zu setzen. Aber heute Abend hat sie nicht vor, an ihrem Outfit herumzuexperimentieren.

Angela entscheidet sich für ein Korsett in Schwarz und Rot, und einen seidenen Rock mit Schwalbenschwanz. Dunkelrote Handschuhe, hohe Absätze. Verführerisch mit einem Hauch von Eleganz. So hofft sie. Wenn sie das doch nur überprüfen könnte.

Als sie fertig angezogen ist, macht sie ihr Haar auf und es fällt ihr in glatten blonden Strähnen über die Schultern. Sie würde noch weniger auffallen, wenn sie es sich schwarz oder vielleicht dunkelrot gefärbt hätte, das hat sie aber noch nie. Immerhin trotzt sie in diesem Punkt dem Klischee. Wie es mit individualistischen Akten nun einmal so ist, zählt das am Ende natürlich kaum, aber es ist wenigstens etwas. Sie mag ein schreckliches Monster sein, aber wenigstens ein schreckliches blondes Monster.

Sie kontrolliert, ob Ausweis, Telefon, Geld und ihr Antiallergikum in ihrer Tasche sind. Sie hat nicht mehr viele Tabletten, bald muss sie sich ein neues Rezept geben lassen. Ein letzter Blick durchs Zimmer, falls sie etwas vergessen hat. Hat sie aber nicht. Viel gibt es sowieso nicht zu vergessen.

Ist die Schranktür zu und verbirgt ihre extravagante Auswahl an Klamotten, scheint der Raum karg und spartanisch. Ihre Matratze, die direkt auf dem nackten Boden liegt, nimmt eine ganze Seite des Raums ein. Laken und Decken sind achtlos daraufgeworfen. Gegenüber, unter den schweren Vorhängen vor dem einzigen kleinen Fenster, ist gerade genug Platz für ihren Schreibtisch. Gelegentlich wirft der Code, den sie laufen lässt, eine Nummer auf den Bildschirm, jede einzelne eine Erinnerung daran, wie viel Arbeit noch vor ihr liegt; Arbeit, der sie heute nicht nachgehen kann. Ein schmales Bücherregal ist an den letzten freien Platz an der Wand gequetscht. Fast ausschließlich Nachschlagewerke und ein paar zerfledderte Lieblingsbücher von früher. Der König von Narnia. Eine alte Ausgabe von Annie On My Mind, die ihre Eltern zum Glück nie gefunden haben.

Die einzige Dekoration klebt an der Decke. Lauter Sterne, die schwach leuchten, wenn sie das Licht der Schreibtischlampe löscht. Es sind alles bekannte Konstellationen - Draco, Andromeda und Orion, der ihr zuwinkt wie ein alter Freund. Die Sternenkarte ist absolut korrekt, das Ergebnis stundenlanger Maßarbeit mit einem Lineal und einem Sternenatlas. Angela lächelt ihnen zu, als sie den Raum verlässt und die Türe hinter sich schließt.

Aus dem Untergeschoss steigt sie die Treppe hinauf. Shelly sitzt im Wohnzimmer auf dem Sofa und ist tief in ein Manuskript versunken. Ihr Haar hat sie zu einem losen Pferdeschwanz gebunden.

Gut. Angela weiß, sie kann jederzeit an Shellys Zimmertüre klopfen, wenn es sein muss, aber so ist es einfacher. Aus der Küche hört sie das Geklapper von Töpfen - Mike kocht wohl noch ein spätes Abendessen. Sie kann das brutzelnde Steak riechen. Zum Glück haben sie aufgehört, Angela zu fragen, ob sie mitessen möchte. Sie hat zu oft abgelehnt und ihre Arbeit vorgeschoben. Aber meistens war das nicht einmal gelogen.

Das Wohnzimmer hat keinerlei Ähnlichkeit mit ihrem Schlafzimmer. Alles hier spiegelt den Geschmack von Shelly und Mike wider. Schlicht und modern, ein Sofa aus schwarzem Leder und Chrom, der Beistelltisch aus Metall und Glas. All das wirkt unter einer Zimmerdecke mit Wasserschaden in einem Raum mit schäbigen graugelben Wänden und uralten Kleberesten früherer Tapeten jedoch reichlich fehl am Platz. Ein renovierungsbedürftiges Haus war alles, was sie sich in Brookline hatten leisten können, und eineinhalb Jahre später stecken sie nun immer noch mitten in den Umbauten. Das Mobiliar dient sozusagen als Ansporn, genauso wie der riesige Hundekorb in einer Zimmerecke, für den riesigen Hund, den die beiden noch nicht besitzen.

Shelly hat nicht gemerkt, dass Angela ins Zimmer gekommen ist, deshalb steigt sie mit Absicht auf eine knarzende Diele. Shelly schaut auf und runzelt die Augenbrauen.

»Hey Angela. Gehst du...

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Autor

Ry Herman wurde in den USA geboren, lebt aber inzwischen in Schottland. Er arbeitete unter anderem als Lektor und als Bühnentechniker am Theater. Inzwischen führt er Regie und hat mehrere eigene Stücke verfasst. »Die Unmöglichkeit, bei Tag die Liebe zu finden« ist sein erster Roman.