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Die Nichtswürdigen

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
Deutsch
Suhrkamp Verlag AGerschienen am09.09.2024
Agustina Bazterrica erzählt sprachgewaltig von der Dunkelheit nach der Klimakatastrophe, sie entwirft eine gewaltvolle Gemeinschaft, in der Rettung ein Verhängnis ist, und Liebe Rebellion bedeutet. Die Nichtswürdigen wird so zu einem herausragenden Roman über die Menschlichkeit, über Schmerz und Hoffnung nach dem Weltenbrand.

Nach der großen Katastrophe, nach dem Kollaps der Welt findet sie Zuflucht in einem ehemaligen Kloster: eine junge Frau, wie alle anderen hier, der Kontamination und dem sicheren Tod entkommen. Aber der Schutz an diesem Ort hat seinen Preis. Denn in der archaischen Gemeinschaft, die hier aus der Asche erstanden ist, gelten strenge Regeln, feste Plätze, eine Ordnung aus Ritus und Gewalt. Für sie als eine der Nichtswürdigen bedeutet das Gehorsam oder das Ende. Doch als eine neue Schwester vor den Toren des Klosters auftaucht, stellt sie ihre Gefolgschaft endgültig in Frage. Und nun folgt sie im Geheimen plötzlich neuen Regeln, drängen Fürsorge und Zärtlichkeit ins Leben, genau wie die Notwendigkeit zu schreiben, mit dramatischen Folgen.



Agustina Bazterrica, geboren 1974 in Buenos Aires, traf mit der Veröffentlichung ihres Romans einen neuralgischen Punkt der argentinischen Kultur.Nachwochenlanger Platzierungauf der Bestsellerliste und der Verleihung des Premio Clarín, der wichtigsten literarischen Auszeichnung des Landes,gilt sie als eineder erfolgreichsten Autorinnen ihrer Generation.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR22,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR18,99

Produkt

KlappentextAgustina Bazterrica erzählt sprachgewaltig von der Dunkelheit nach der Klimakatastrophe, sie entwirft eine gewaltvolle Gemeinschaft, in der Rettung ein Verhängnis ist, und Liebe Rebellion bedeutet. Die Nichtswürdigen wird so zu einem herausragenden Roman über die Menschlichkeit, über Schmerz und Hoffnung nach dem Weltenbrand.

Nach der großen Katastrophe, nach dem Kollaps der Welt findet sie Zuflucht in einem ehemaligen Kloster: eine junge Frau, wie alle anderen hier, der Kontamination und dem sicheren Tod entkommen. Aber der Schutz an diesem Ort hat seinen Preis. Denn in der archaischen Gemeinschaft, die hier aus der Asche erstanden ist, gelten strenge Regeln, feste Plätze, eine Ordnung aus Ritus und Gewalt. Für sie als eine der Nichtswürdigen bedeutet das Gehorsam oder das Ende. Doch als eine neue Schwester vor den Toren des Klosters auftaucht, stellt sie ihre Gefolgschaft endgültig in Frage. Und nun folgt sie im Geheimen plötzlich neuen Regeln, drängen Fürsorge und Zärtlichkeit ins Leben, genau wie die Notwendigkeit zu schreiben, mit dramatischen Folgen.



Agustina Bazterrica, geboren 1974 in Buenos Aires, traf mit der Veröffentlichung ihres Romans einen neuralgischen Punkt der argentinischen Kultur.Nachwochenlanger Platzierungauf der Bestsellerliste und der Verleihung des Premio Clarín, der wichtigsten literarischen Auszeichnung des Landes,gilt sie als eineder erfolgreichsten Autorinnen ihrer Generation.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783518780725
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2024
Erscheinungsdatum09.09.2024
SpracheDeutsch
Dateigrösse1591 Kbytes
Artikel-Nr.14237519
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Ich kenne den Unterschied zwischen essbaren und giftigen Pilzen, deshalb werde immer ich auf Pilzsuche geschickt. Ich habe gelernt, sie zu erkennen, aber ich weiß nicht mehr, wie. Manchmal sammle ich auch die roten Pilze mit den weißen Punkten, die Fliegenpilze. Bevor uns der Tod der Niederen Heiligen verkündet wurde, gab ich Mariel zur Probe ein kleines Stück, mischte es ihr ins Abendessen. Die ganze Nacht über leckte sie die Wand des Gangs, an dem unsere Zellen liegen. Die Schwester Oberin schlug sie, schüttelte sie, aber Mariel reagierte nicht. Sie sah sie nur mit leeren Augen an. Einige flüsterten, es seien böse Geister in der Luft und Mariel lasse sie herein, weil sie mental schwach sei. Der Geist der Mönche, sagte jemand kaum hörbar. Die Schwester Oberin war es irgendwann leid, sie zu schlagen, und ging. Einige versuchten, Mariel wieder zu sich zu bringen. Offenbar hatten alle Angst, sie könnte sterben, oder, schlimmer noch, sie könnte die dunklen Geister auf sie übertragen, denn alle (außer mir) waren überzeugt, dass sich in diesen Augen etwas Unheilvolles zusammenbraute. Catalina schrie auf und erklärte, sie habe Mariels giftigen Atem gespürt, etwas Unmoralisches habe ihr in den Bauch kriechen wollen, als sie sie geschüttelt habe. Entsetzt wichen die Nichtswürdigen zurück. Ich war fasziniert von der Wirkung des Fliegenpilzes und fragte mich, was wohl geschehen würde, wenn ich jemandem eine höhere Dosis verabreichen würde. Welches Ausmaß würde der Wahnsinn annehmen? Irgendwann waren die anderen gelangweilt und ließen sie liegen. Mariel leckte wieder die Wände ab, bis ihre Zunge blutete. Ich zog sie von der Wand weg und brachte sie in ihre Zelle, nicht aus Fürsorge, sondern aus Neugier, weil ich wissen wollte, welche Wirkung der Giftpilz noch entfalten würde. Ich half ihr beim Ausziehen, legte sie ins Bett und wartete, bis sie eingeschlafen war. Sie wollte mir noch etwas sagen, aber ihre Zunge war zu geschwollen. Ich verstand nur einzelne Wörter: Erleuchtete, nein, Wald, es gibt. Sie redete wirr.

Mariel hat keinen Mord begangen.

Und doch stand Mariel in Flammen.

Auf der Suche nach den Pilzen überprüfte ich die Fallen, die wir an strategischen Orten aufstellen. Dann ging ich weiter, bis ich den Fluss des Wahnsinns hörte, sein fröhliches, funkelndes Rauschen. Gott hat uns diese abgelegene Zuflucht geschenkt, sagt Er, dieses reine Paradies mit seinem sauberen Wasser, das der Mitte der Erde oder den himmlischen Händen unseres Schöpfers entspringt. Wir wissen nicht, wir verstehen nicht, wie dieses Wunder geschieht, jedenfalls nicht mit unserer Logik. Wir nehmen es nur hin. Ohne Glauben kein Schutz.

Im Fluss des Wahnsinns haben wir Fische entdeckt, die statt Augen Löcher haben. Wir haben sie gebraten und einer Dienerin vorgesetzt, einer Dienerin, die Flecken auf dem Körper hat, keine Zähne mehr, und nur noch Strähnen statt Haare, eine Stimme wie von einem Parasiten. Sie wollte die Fische nicht essen, aber wir haben sie dazu gezwungen. Das Abscheuliche ist für die Abscheulichen, hat Lourdes gesungen, während wir der Dienerin Stücke in den Mund stopften, die schwarzen Löcher der Fische. Sie starb nicht, doch sie sagte, ihre Brust sei wie entflammt gewesen, ihr Blut wie Lava, ein heißer, verdampfender Ozean, und ihre Venen Feuerfäden. Ihre Schreie hörten wir fast die ganze Nacht, bis sie verstummte und wir schon dachten, sie wäre tot. Später erzählte sie uns, es habe sich angefühlt, als wäre sie die ganze Nacht im Fluss des Vergessens gewesen, untergetaucht (in ihrem Wahn sei das Wasser schwarz gewesen). Sie habe Blitze gesehen, die sie umzuckt hätten wie Aale, sie sei gefesselt gewesen an Händen und Füßen mit Algen, habe sich nicht bewegen können, keine Luft bekommen, sei umringt gewesen von Augen ohne Köpfe, von schwebenden Augen, die sie angestarrt hätten, ohne zu blinzeln. Niemand will diese Fische essen.

Ich spürte eine feuchte Kälte und ging weiter, aber ich fand keine Fliegenpilze. Ich wollte welche für Lourdes, um zu sehen, wie sie die Kontrolle verlor und sich lächerlich machte, wie sie sich im Speisesaal oder in der Erhöhungskapelle nackt auszog, wie sie im Garten umherrannte, die Schwester Oberin biss oder ihr die weichen, roten Haare ausriss, wie sie hemmungslos und irr geworden tanzte. Ich fand Pfifferlinge, aber keine Totentrompeten. Sie wären so herrlich gewesen, genau richtig für die Beerdigungskuchen.

Ich fand Efeubeeren, die giftig waren, nicht essbar, mit denen man aber Tinte herstellen konnte, um diese Worte anders zu färben. Blutrot, kohleschwarz, indigoblau, ockerbraun.

Ich schreibe so, als wäre ich noch dort, jetzt, in diesem Augenblick, als könnte ich es noch einmal erleben. Ich versuche, diese Sekunden einzufangen, und glaube, dass ich sie mit diesen fragilen Symbolen verweben kann, weil mir die Empfindungen so gegenwärtig sind, dass ich keinen Zweifel habe an der Richtigkeit meiner Erinnerungen, meiner Fabrikationen. Ich versuche diese Gegenwart einzufangen, dieses Jetzt, das sich mit jedem geschriebenen Wort wieder verflüchtigt, mit dieser unzulänglichen Sprache. Aber ich bin gerade in diesem Jetzt, das immer zur Vergangenheit werden wird, zu einem ausgestorbenen Wort auf einem befleckten Stück Papier. Ich bin jetzt in der Küche, barfuß, im Halbdunkel, allein. Ich schreibe jetzt an dem Tisch, im schwachen Licht der Glut, lausche den Geräuschen der Nacht, immer wachsam, weil sie diese Seiten nicht finden dürfen.

Gestern wurden die Zellen durchsucht. Ich wusste es schon Tage vorher und war gut vorbereitet, denn ich kenne diese Schwingungen, dieses Flüstern und das Lächeln der Dienerinnen, das sich auf ihren Gesichtern andeutet, wenn sie erfahren, dass sie uns erniedrigen dürfen. Aber meine Zelle ist sauber, und sie langweilen sich schnell. Eine Dienerin inspizierte den Spalt, den ich in die Wand kratze, aber maß ihm keine Bedeutung bei. Wenn ich heute zu Ende geschrieben habe, werde ich diese Blätter und das Messer hinter einem Schrank in der Küche verstecken, eingewickelt in das Mieder, dieses Mieder, das ich immer am Körper trage, unter der Tunika, und in dem ich diese Seiten und das Messer sonst immer verstecke, wenn ich irgendwo hinmuss, wenn ich das Gefühl habe, dass man sie entdecken könnte. Morgen dann, wenn ich die Seiten geordnet habe, nummeriert, werde ich sie wieder in meiner Zelle verstecken. Vielleicht wird jemand sie eines Tages, in irgendeinem Jetzt der Zukunft lesen, und dann wird er erfahren, dass wir existiert haben, dass wir zu einer Heiligen Schwesternschaft gehört haben, dass wir auf einem Stückchen Erde gelebt haben, das rein geblieben ist, strahlend, dank der frommen Erleuchteten. Vielleicht werden diese Blätter aber auch zu Staub werden, der zum Staub zurückkehrt, und die Erde düngen und die Wurzeln eines Baums nähren, und unsere Geschichte wird von diesen Blättern erfasst werden, die die kollabierte Welt mit Sauerstoff versorgen.

Jetzt atme ich die kalte Küchenluft, eine Luft so eisig wie eine Nadelspitze. Jetzt bewegt eine im Glas gefangene Kakerlake ihre Beinchen und Fühler. Sie ist dunkelrot, und ich finde sie wunderschön, weil sie perfekt ist innerhalb des Ekels, den sie in mir hervorruft. Wie lange sie wohl mit dem wenigen Sauerstoff überleben wird?

Das Flüchtige packen, es auskosten.

Jetzt betrachte ich die Venen am linken Handgelenk.

Läutern.

Ich wende mich dem anderen Jetzt zu, meiner klaren Erinnerung. Ich schreibe im Präsens, um es noch einmal zu erleben, um noch einmal dort zu sein, als wäre dieser Moment in einem ewigen Kreislauf gefangen. Ganz langsam bewege ich mich, begebe mich hinein in ein anderes Klima, ein Klima, in dem die Luft so stickig ist, als atmete man im wahnhaften Herzen des Waldes Dickichts, als spürte man die nervöse Schwingung dieses Ortes, der sich nicht ausdehnen kann. Sich nicht ausdehnen darf. Ich sehe einige Edelreizker und bücke mich, um sie zu pflücken. Da bemerke ich eine ungewöhnliche Bewegung. Ein verwesender Vogel. Da es nur noch so wenige Vögel gibt, trete ich näher, um ihm die Ehre zu erweisen, um zu beobachten, wie der Tod sein Werk verrichtet. Das Gras um den toten Vogel herum ist trocken, weil dort die Säfte des Tiers in die Erde gesickert sind. Er scheint umgeben von einer Aura, die ihn vor noch mehr Tod bewahren soll, als räume die Natur ihm wegen seines Opfers eine besondere Stellung ein, als gewähre sie ihm einen persönlichen Schrein. Die Zellen sind zerfallen, die leichteren Substanzen haben sich...
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Agustina Bazterrica, geboren 1974 in Buenos Aires, traf mit der Veröffentlichung ihres Romans einen neuralgischen Punkt der argentinischen Kultur.Nachwochenlanger Platzierungauf der Bestsellerliste und der Verleihung des Premio Clarín, der wichtigsten literarischen Auszeichnung des Landes,gilt sie als eineder erfolgreichsten Autorinnen ihrer Generation.
Die Nichtswürdigen