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Der Schatz des Wassermannes

BuchGebunden
40 Seiten
Deutsch
Matussek, H Kerschienen am01.07.1996
Die Stadt, in der ich aufgewachsen bin, hatte schwarze Mauern, gelbes Wasser und Türme, deren Räder sich am Horizont drehten. Die Mauern waren die Mauern unseres Wohnblocks und aller Gebäude, an die ich mich erinnern kann: Der Kindergarten, die Abtei, die Schule und das Krankenhaus, auf dem der Heilige Johannes sehr hoch oben - und nur mit dem Fernglas zu erkennen - sein goldenes Kreuz in den Himmel hob. Besonders sein schweres Gewand schien mir Ausdruck seiner Heiligkeit zu sein. Die Faltengebirge, aus denen Arm und Gesicht sich hervorkämpften, waren für mich die eigentliche Ursache seines Schmerzes, und das triumphierende Kreuz ein Sieg über den monströsen Kleiderberg. Ab und zu probierte ich die Mode aus, die Christus und seine Heiligen auf den Bildern trugen. Die schwere Sofadecke, die mir immer wieder von den Schultern rutschte und in der sich meine Beine verhedderten, überzeugte mich jedesmal aufs Neue vom schweren Schicksal der Heiligen. Aber auch der Heilige Johannes hoch oben auf dem Krankenhausdach war wie von Drachenhauch verrußt und seine Haut so verpickelt schwarz wie die Haut der Häuser und Mauern überall in den Straßen. Es war, als hätte Gott in seinem Puderkasten für die Gebäude und das Gras nur noch Schwarz übriggehabt - und wenn unsere Mütter die Wäsche zu lange draußen hängen ließen, auch für die Wäsche. Aber was war das für ein Schwarz! In meiner Erinnerung ist es ein feines, tiefes, glückliches Schwarz.mehr

Produkt

KlappentextDie Stadt, in der ich aufgewachsen bin, hatte schwarze Mauern, gelbes Wasser und Türme, deren Räder sich am Horizont drehten. Die Mauern waren die Mauern unseres Wohnblocks und aller Gebäude, an die ich mich erinnern kann: Der Kindergarten, die Abtei, die Schule und das Krankenhaus, auf dem der Heilige Johannes sehr hoch oben - und nur mit dem Fernglas zu erkennen - sein goldenes Kreuz in den Himmel hob. Besonders sein schweres Gewand schien mir Ausdruck seiner Heiligkeit zu sein. Die Faltengebirge, aus denen Arm und Gesicht sich hervorkämpften, waren für mich die eigentliche Ursache seines Schmerzes, und das triumphierende Kreuz ein Sieg über den monströsen Kleiderberg. Ab und zu probierte ich die Mode aus, die Christus und seine Heiligen auf den Bildern trugen. Die schwere Sofadecke, die mir immer wieder von den Schultern rutschte und in der sich meine Beine verhedderten, überzeugte mich jedesmal aufs Neue vom schweren Schicksal der Heiligen. Aber auch der Heilige Johannes hoch oben auf dem Krankenhausdach war wie von Drachenhauch verrußt und seine Haut so verpickelt schwarz wie die Haut der Häuser und Mauern überall in den Straßen. Es war, als hätte Gott in seinem Puderkasten für die Gebäude und das Gras nur noch Schwarz übriggehabt - und wenn unsere Mütter die Wäsche zu lange draußen hängen ließen, auch für die Wäsche. Aber was war das für ein Schwarz! In meiner Erinnerung ist es ein feines, tiefes, glückliches Schwarz.
Details
ISBN/GTIN978-3-920743-80-6
ProduktartBuch
EinbandartGebunden
Erscheinungsjahr1996
Erscheinungsdatum01.07.1996
Reihen-Nr.1
Seiten40 Seiten
SpracheDeutsch
Gewicht182 g
Artikel-Nr.16158580
Rubriken

Inhalt/Kritik

Vorwort
Das sind die Bilder. Orte, an denen ich war. Ich sitze auf langen Zugfahrten, liege im Bett, stehe am Fenster, und die Erinnerung öffnet sich vor mir. Auf ihrem Grund ein kleiner Junge mit aufwärts gekehrtem Gesicht. Er lauscht den Geschichten. Den Versprechungen. Sind das meine Schätze? Eine Nähmaschine. Ruß. Einäugige Verwandte. Wassergläser voller Schnaps. Die Toten. In einem See am Erzberg in der Steiermark fingen Bauern einen Wassermann. Was wünscht ihr euch von mir? sprach er. Einen goldenen Fuß, ein silbernes Herz oder einen eisernen Hut? Das bedeutet: Gold auf ein Jahr, Silber auf zwanzig Jahre oder Erz auf immerdar. Dabei wies er auf den verborgenen Berg: Die Kindheit, die sich vor allen verbirgt.mehr

Autor

Karlheinz Koinegg wurde 1960 in Lobberich am Niederrhein (heute Nettetal) geboren; er wuchs bis zu seinem zehnten Lebensjahr in Duisburg auf und lebt heute als Hörspiel-Autor und Übersetzer in Köln.Helmut Werres wurde 1953 in Lobberich geboren. Er studierte an der Kunstakademie in Düsseldorf und an der Hochschule für bildende Künste in Braunschweig. Heute lebt und arbeitet er in Viersen am Niederrhein.