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Der Fall Jane Eyre

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
384 Seiten
Deutsch
dtv Verlagsgesellschafterschienen am01.05.20111. Auflage
»Schrill, schräg, abgefahren.« Fuldaer Zeitung Können Sie sich eine Welt vorstellen, in der Literatur so wichtig genommen wird, dass es eine Spezialpolizei gibt, um sie vor Fälschern zu schützen? Als Geheimagentin Thursday Next ihre neue Stelle in Swindon antritt, ahnt sie schon, daß ihr die größte Herausforderung ihrer Karriere bevorsteht: Niemand anderes als der Erzschurke Acheron Hades hat Jane Eyre aus dem berühmten Roman von Charlotte Brontë entführt, um Lösegeld zu erpressen. Eine Katastrophe für England, das mit dem seit 130 Jahren tobenden Krimkrieg schon genug Sorgen hat. Aber Thursday Next ist eine Superagentin: clever und unerschrocken. Und wenn sie wirklich mal in die Klemme gerät, kommt aus dem Nichts ihr von den Chronoguards desertierter, ziemlich anarchistischer Vater, um für ein paar Minuten die Zeit anzuhalten.  

Jasper Fforde, 1961 in London geboren, arbeitete 20 Jahre als Kameramann, bevor ihm mit Literaturagentin Thursday Next der Durchbruch gelang. Die grandiose Urban-Fantasy-Reihe hat sich weltweit millionenfach verkauft.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR13,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

Klappentext»Schrill, schräg, abgefahren.« Fuldaer Zeitung Können Sie sich eine Welt vorstellen, in der Literatur so wichtig genommen wird, dass es eine Spezialpolizei gibt, um sie vor Fälschern zu schützen? Als Geheimagentin Thursday Next ihre neue Stelle in Swindon antritt, ahnt sie schon, daß ihr die größte Herausforderung ihrer Karriere bevorsteht: Niemand anderes als der Erzschurke Acheron Hades hat Jane Eyre aus dem berühmten Roman von Charlotte Brontë entführt, um Lösegeld zu erpressen. Eine Katastrophe für England, das mit dem seit 130 Jahren tobenden Krimkrieg schon genug Sorgen hat. Aber Thursday Next ist eine Superagentin: clever und unerschrocken. Und wenn sie wirklich mal in die Klemme gerät, kommt aus dem Nichts ihr von den Chronoguards desertierter, ziemlich anarchistischer Vater, um für ein paar Minuten die Zeit anzuhalten.  

Jasper Fforde, 1961 in London geboren, arbeitete 20 Jahre als Kameramann, bevor ihm mit Literaturagentin Thursday Next der Durchbruch gelang. Die grandiose Urban-Fantasy-Reihe hat sich weltweit millionenfach verkauft.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783423407373
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2011
Erscheinungsdatum01.05.2011
Auflage1. Auflage
Reihen-Nr.1
Seiten384 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1459 Kbytes
Artikel-Nr.1022112
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe



1.
Thursday Next




. . . Das Special Operations Network wurde zur Durchführung polizeilicher Maßnahmen ins Leben gerufen, die entweder als zu ungewöhnlich oder aber zu speziell erachtet wurden, um von den regulären Einsatzkräften bewältigt zu werden. Es gliedert sich in insgesamt dreißig Teilbereiche, von der eher profanen Sektion Nachbarschaftskonflikte (SO-30) über die sogenannten LiteraturAgenten (SO-27) bis zur Abteilung KunstVerbrechen (SO-24). Die Wirkungsbereiche der Sektionen SO-1 bis SO-20 unterliegen strengster Geheimhaltung, obgleich allgemein bekannt ist, daß die ChronoGarde als SO-12 und die Einheit TerrorBekämpfung als SO-9 firmieren. Gerüchten zufolge überwacht die Abteilung SO-1 ihrerseits die SpecOps. Über die Aufgaben der übrigen Sektionen ist so gut wie nichts bekannt. Fest steht nur, daß sich das Personal zumeist aus ehemaligen Soldaten oder Polizeibeamten mit leichten psychischen Defekten rekrutiert. »Wer zu den SpecOps will«, so eine Redensart, »muß schon ein paar Schrauben locker haben . . .«

MILLON DE FLOSS

- Eine kurze Geschichte des Special Operations Network

 


Mein Vater hat ein Gesicht, das eine Uhr stoppen kann. Nicht daß er häßlich gewesen wäre; nein, mit diesem Ausdruck bezeichnet die ChronoGarde Personen, die in der Lage sind, den reißenden Zeitstrom sozusagen in ein zäh dahintröpfelndes Rinnsal zu verwandeln. Dad hatte als Colonel in der ChronoGarde gedient und seine Arbeit stets geheimgehalten. So geheim, daß wir von seinem Abgang erst erfuhren, als seine Chrono-Kollegen eines Morgens mit einem unbefristeten, allzeit gültigen Haft- & Eliminationsbefehl in unsere Behausung einfielen und wissen wollten, wo und wann er steckte.

Seither ist mein Vater auf der Flucht; bei seinen späteren Besuchen teilte er uns lediglich mit, daß er den gesamten ChronoDienst für »moralisch und historisch korrupt« halte und einen Kampf als Ein-Mann-Guerrilla gegen die Bürokraten im Ministerium für Zeitstabilität zu führen gedenke. Ich habe bis heute nicht begriffen, was er damit meinte; ich konnte nur hoffen, daß er wußte, was er tat, und dabei nicht zu Schaden kam. Dafür, daß er die Uhr anhalten kann, hat er ein großes Opfer gebracht: Er ist jetzt ein einsamer Wanderer zwischen den Zeiten, der nicht nur einer, sondern allen Epochen gehört und dessen einziges Zuhause der chronoklastische Raum ist.

Ich war nicht bei den ChronoGarden und hatte diesbezüglich auch keinerlei Ambitionen. Nach allem, was man hört, gibt es dort nicht viel zu lachen, obwohl man angeblich sehr gut verdient und das Amt seinen Mitarbeitern eine traumhafte Pension in Aussicht stellt: eine Fahrt an jeden Ort der Welt in jeder gewünschten Zeit (nur Hinfahrt). Nein, das war nichts für mich.

Ich war eine sogenannte »A1-Agentin« in den Diensten von SO-27, der Sektion LiteraturAgenten (LitAgs) des Special Operations Network mit Hauptsitz in London. Das ist nicht halb so aufregend, wie es sich anhört. Seit 1980 drängten die großen Verbrecherbanden auf den lukrativen Literaturmarkt, und wir waren notorisch überarbeitet und unterfinanziert. Ich war Bereichsleiter Boswell zugeteilt, einem aufgeblasenen Zwerg, der wie ein Mehlsack mit Armen und Beinen aussah. Er lebte einzig und allein für seine Arbeit; Wörter waren seine große Leidenschaft - für ihn gab es nichts Schöneres, als einem kopierten Coleridge oder falschen Fielding nachzuspüren. Unter Boswells Leitung machten wir die Bande dingfest, die mit gestohlenen Samuel-Johnson-Erstausgaben handelte; ein andermal vereitelten wir den Versuch, eine groteske Fälschung von Shakespeares verschollenem Cardenio zu authentifizieren. Was streckenweise zwar recht amüsant war, letztlich aber doch nichts weiter als Oasen im öden, tagtäglichen Einerlei von SO-27: Meistens schlugen wir uns mit Hehlern, Betrügern und Raubdruckern herum.

Ich arbeitete seit acht Jahren für SO-27 und teilte mir in Maida Vale eine Wohnung mit Pickwick, einem zahmen, zurückgezüchteten Dodo, der noch aus Zeiten stammte, als Evolutionsumkehr der letzte Schrei war und man Do-It-Yourself-Klon-Kits an jeder Ecke kaufen konnte. Ich wollte - nein, ich mußte - unbedingt weg von den LitAgs, doch Versetzung war ein Fremdwort, und eine Beförderung kam nicht in Frage. In den Rang eines Inspektors konnte ich nur dann aufsteigen, wenn mein direkter Vorgesetzter Karriere machte oder sich zur Ruhe setzte. Aber dazu kam es nicht; Inspektor Turners Hoffnung, ihrem Traummann zu begegnen, der sie ehelichte und von dessen Geld sie leben konnte, zerschlug sich immer wieder, weil ihr Traummann entweder trank, log oder schon vergeben war.

 

Wie gesagt, hatte mein Vater ein Gesicht, das eine Uhr stoppen konnte; und genau das tat es denn auch, als ich eines schönen Frühlingsmorgens in einem kleinen Café unweit meiner Arbeitsstelle saß und ein Sandwich vertilgte. Die Welt flackerte, bebte kurz und blieb stehen. Der Besitzer des Cafés erstarrte mitten im Satz, und das Bild auf dem Fernsehschirm gefror. Vögel hingen bewegungslos am Himmel. Autos und Straßenbahnen hielten schlagartig an, und ein in einen Unfall verwickelter Radfahrer hing mit angstverzerrter Miene einen guten halben Meter über dem Asphalt in der Luft. Auch die Geräusche brachen ab; an ihre Stelle trat die matte Momentaufnahme eines anhaltenden Summtons, der mit gleichbleibender Lautstärke die Welt füllte.

»Na, wie geht es meiner hinreißenden Tochter?«

Ich drehte mich um. Mein Vater saß an einem Tisch und stand auf, um mich liebevoll zu umarmen.

»Gut«, antwortete ich und drückte ihn. »Wie geht es meinem Lieblingsvater?«

»Ich kann nicht klagen. Die Zeit ist eine hervorragende Ärztin.«

Ich starrte ihn einen Moment lang an.

»Weißt du, was?« murmelte ich. »Ich habe den Eindruck, du wirst von Mal zu Mal jünger.«

»Werde ich auch. Irgendwelche Enkelkinder in Aussicht?«

»Bei meinem Lebenswandel? Nie und nimmer.«

Mein Vater zog lächelnd eine Augenbraue hoch. »Da wäre ich mir an deiner Stelle nicht so sicher.« Er reichte mir eine Woolworth-Plastiktüte.

»Ich war neulich in ´78«, verkündete er, »und habe dir was mitgebracht.«

Die Tüte enthielt eine Beatles-Single. Der Titel sagte mir nichts.

»Haben die sich nicht schon 1970 aufgelöst?«

»Nicht immer. Was macht die Kunst?«

»Nichts Besonderes. Echtheitszertifikate, Urheberrechtsverstöße, Diebstahl . . .«

». . . immer derselbe Mist, ja?«

»Ja.« Ich nickte. »Immer derselbe Mist. Was führt dich her?«

»Ich habe deine Mutter in drei Wochen besucht«, antwortete er mit einem Blick auf den großen Chronographen an seinem Handgelenk. »Aus den - ähem - üblichen Gründen. Nächste Woche will sie das Schlafzimmer mauve streichen - würdest du bitte mit ihr sprechen und ihr das ausreden? Die Farbe paßt nicht zu den Vorhängen.«

»Wie geht´s ihr?«

Er seufzte schwer.

»Bestens, wie immer. Mycroft und Polly lassen auch schön grüßen.«

Polly und Mycroft waren meine Tante und mein Onkel; ich liebte sie sehr, obwohl sie den einen oder anderen Sprung in der Schüssel hatten. Besonders Mycroft fehlte mir. Ich war schon seit Jahren nicht mehr zu Hause gewesen.

»Deine Mutter und ich würden uns freuen, wenn du mal wieder vorbeikämst. Sie findet, du nimmst deine Arbeit zu ernst.«

»Das mußt du gerade sagen, Dad.«

»Autsch, das hat gesessen. Wie steht´s mit deinen Geschichtskenntnissen?«

»Es geht.«

»Weißt du, wie der Herzog von Wellington starb?«

»Logisch«, antwortete ich. »Er wurde gleich zu Beginn der Schlacht von Waterloo erschossen. Von einem französischen Scharfschützen. Warum fragst du?«

»Ach, nur so«, brummte mein Vater mit Unschuldsmiene und kritzelte etwas in sein Notizbuch. Er zögerte einen Moment.

»Dann hat Napoleon die Schlacht also gewonnen?« fragte er zweifelnd.

»Unsinn«, widersprach ich. »Feldmarschall Blücher hat rechtzeitig eingegriffen und den Karren aus dem Dreck gezogen.« Ich kniff die Augen zusammen. »Das ist Stoff der achten Klasse, Dad. Worauf willst du hinaus?«

»Also, das ist doch ein merkwürdiger Zufall, findest du nicht?«

»Was?«

»Daß sowohl Nelson als auch Wellington, zwei große englische Nationalhelden, gleich zu Anfang ihrer bedeutendsten und entscheidendsten Schlachten erschossen worden sein sollen.«

»Was willst du damit sagen?«

»Daß wieder mal französische Revisionisten dahinterstecken könnten.«

»Aber es hat am Ausgang der beiden Schlachten doch gar nichts geändert«, beteuerte ich. »Wir haben beide Male gewonnen!«

»Davon, daß sie ihr Handwerk tatsächlich verstehen, habe ich nichts gesagt.«

»Das ist doch lächerlich!« sagte ich. »Am Ende willst du mir noch weismachen, daß dieselben Revisionisten 1066 König Harold ermorden ließen, um die Invasion durch die Normannen zu unterstützen?«

Aber Dad lachte nicht. Statt dessen fragte er erstaunt: »Harold? Ermordet? Wieso?«

»Ein Pfeil, Dad. Ins Auge.«

»Ein englischer oder ein französischer?«

»Das ist nicht überliefert«, erwiderte ich, genervt von seinen absurden Fragen.

»Ins Auge, sagst du? - Die Zeit ist aus den Fugen«, murmelte er und machte sich noch eine Notiz.

»Was ist aus den Fugen?« fragte ich, weil ich ihn nicht verstanden hatte.

»Nichts, nichts. Wie gut, daß ich zur Welt, sie einzurichten, kam . . .«

»Hamlet?« fragte ich, als ich das...

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