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Schmidts Einsicht

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
415 Seiten
Deutsch
Suhrkamp Verlag AGerschienen am16.11.2011Deutsche Erstausgabe
Schmidt hat alles: Nach seiner vorzeitigen Pensionierung ist der frühere Anwalt Direktor einer Stiftung; eine Aufgabe, die ihn auf Reisen um die Welt schickt. Seine Hoffnung auf ein Enkelkind scheint sich zu erfüllen, die Frauen liegen ihm nach wie vor zu Füßen. Einerseits. Andererseits hat ihn Carrie, seine jugendliche Freundin, wegen eines anderen, jüngeren verlassen. Jetzt erwartet sie ein Kind und weiß nicht, wer von beiden der Vater ist. Auch Schmidts Tochter Charlotte zieht sich immer mehr zurück, in ihre eigene Welt aus Teilnahmslosigkeit und Hass. Dabei droht sie nicht nur, sich selbst zu zerstören. Einziger Lichtblick ist Alice, eine Frau, die er vor Jahren bewundert hat, und die plötzlich wieder in sein Leben tritt. Doch haben die beiden eine Vergangenheit, die eine gemeinsame Zukunft nicht ganz leicht macht... Wieder schießt Schmidt nicht selten übers Ziel hinaus und steht sich oftmals selbst im Weg. Was, wenn nach all den Jahren der Liebe und der Einsamkeit die größte Herausforderung noch vor ihm liegt: Was, wenn es an der Zeit ist, sich zu ändern? Mit seiner ganz eigenen Leichtigkeit erzählt Begley, der große Romancier, von Zeiten des Aufbruchs und der Angst, loszulassen und dabei vollends zu verschwinden.


Louis Begley, 1933 in Polen geboren, arbeitete bis 2004 als Anwalt in New York. Als Schriftsteller wurde er mit seinem Roman Lügen in Zeiten des Krieges weltweit bekannt. Seine Bücher wurden in 18 Sprachen übersetzt und vielfach ausgezeichnet.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR9,99
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextSchmidt hat alles: Nach seiner vorzeitigen Pensionierung ist der frühere Anwalt Direktor einer Stiftung; eine Aufgabe, die ihn auf Reisen um die Welt schickt. Seine Hoffnung auf ein Enkelkind scheint sich zu erfüllen, die Frauen liegen ihm nach wie vor zu Füßen. Einerseits. Andererseits hat ihn Carrie, seine jugendliche Freundin, wegen eines anderen, jüngeren verlassen. Jetzt erwartet sie ein Kind und weiß nicht, wer von beiden der Vater ist. Auch Schmidts Tochter Charlotte zieht sich immer mehr zurück, in ihre eigene Welt aus Teilnahmslosigkeit und Hass. Dabei droht sie nicht nur, sich selbst zu zerstören. Einziger Lichtblick ist Alice, eine Frau, die er vor Jahren bewundert hat, und die plötzlich wieder in sein Leben tritt. Doch haben die beiden eine Vergangenheit, die eine gemeinsame Zukunft nicht ganz leicht macht... Wieder schießt Schmidt nicht selten übers Ziel hinaus und steht sich oftmals selbst im Weg. Was, wenn nach all den Jahren der Liebe und der Einsamkeit die größte Herausforderung noch vor ihm liegt: Was, wenn es an der Zeit ist, sich zu ändern? Mit seiner ganz eigenen Leichtigkeit erzählt Begley, der große Romancier, von Zeiten des Aufbruchs und der Angst, loszulassen und dabei vollends zu verschwinden.


Louis Begley, 1933 in Polen geboren, arbeitete bis 2004 als Anwalt in New York. Als Schriftsteller wurde er mit seinem Roman Lügen in Zeiten des Krieges weltweit bekannt. Seine Bücher wurden in 18 Sprachen übersetzt und vielfach ausgezeichnet.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783518768303
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2011
Erscheinungsdatum16.11.2011
AuflageDeutsche Erstausgabe
Seiten415 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.1038038
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Inhaltsverzeichnis
1;Cover;1
2;Informationen zum Buch / Autor;2
3;Impressum;4
4;Widmung;5
5;I;9
6;II;31
7;III.;49
8;IV;82
9;V;105
10;VI;113
11;VIII;135
12;IX;149
13;X;174
14;XI;193
15;XII;208
16;XIII;225
17;XIV;235
18;XV;252
19;XVI;264
20;XVII;282
21;XVIII;295
22;XIX;314
23;XX;328
24;XXI;343
25;XXII;359
26;XXIII;378
27;XXIV;394
28;XXV;411
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Leseprobe
I

Silvester, acht Uhr morgens. Noch sechzehn Stunden, dann war wieder ein beschissenes Jahr vorbei, beschissen wie das ganze letzte Jahrzehnt. Was würde das neue Jahr bringen? Für die Nation, die unglaublich und wundersam  ihre Geschichte überwunden hatte und Barack Obama ins Weiße Haus entsandte, erhoffte sich Schmidt Erlösung und Reinigung. Dieses Hochgefühl trieb ihm Tränen in die Augen, darauf war er nicht gefaßt, und er konnte sie nur mit dem Ärmel seines Parkas abwischen. Er fragte sich, ob irgendwer, abgesehen von Obamas eigener Familie, eine derart ungetrübte Zuneigung für den Mann empfand wie er, Schmidt? Wohl kaum, wagte er zu vermuten: Seine Sympathie für diesen außergewöhnlichen jungen Menschen ging weit über die Treue zu einer Partei hinaus. Sie hatte wenig oder nichts damit zu tun, daß er die Demokraten schon seit Adlai Stevensons zweiter Kandidatur für die Präsidentschaft unterstützte. Als Stevenson zum erstenmal zur Wahl gestanden hatte, war Schmidt noch zu jung gewesen, aber 1956 stimmte er gegen den sicheren Sieger Ike, aus Prinzip und auch, weil es ihm Spaß machte, seinen Vater zu ärgern, der sich die reaktionäre Einstellung der griechischen Reeder, seiner wichtigsten Mandanten, zu eigen gemacht hatte, genauso wie deren Vorliebe für maßgefertigte Schuhe und Anzüge. Nein, seine Liebe für Obama was sprach gegen dieses Wort war auf einer ganz anderen Ebene angesiedelt, war Teil der Liebe zu seinem Land. Und er hatte noch einen zweiten, eher privaten Grund zur Freude: die Hoffnung, daß der Fluch, mit dem er sich dreizehn Jahre zuvor selbst gestraft hatte  ein Gemisch aus all seinen schlechten Eigenschaften, Eifersucht und Neid, blindem Stolz und jähem unversöhnlichem Zorn , endlich gebannt war. Vielleicht hatte auch er bessere Zeiten vor sich.

Er sammelte die New York Times in der Einfahrt auf, ging zurück zum Haus und las das Thermometer an der Veranda ab. Frostige vier Grad unter Null. Mit etwas Glück würde es am späten Vormittag deutlich wärmer werden, so daß Alice sich nicht zu plötzlich auf die Kapricen des Ostküstenwetters einstellen mußte. Noch vor vier Tagen war das Thermometer auf erstaunliche vierzehn Grad gestiegen eine Rekordtemperatur, wie Schmidt in der Times gelesen hatte. Zu Weihnachten war es kühler gewesen, aber immer noch lächerlich mild: zwölf Grad. Die Wettervorhersage kündigte einen Umschwung an: Für den Neujahrstag 2009 wurden Tiefstwerte bis zu zwölf und Höchstwerte von vier Grad unter Null erwartet. Schmidt legte die Zeitung auf den Küchentisch und verließ das Haus wieder, um wie jeden Morgen sein Grundstück zu inspizieren. Seine Haushälterin Sonja würde in ein paar Minuten kommen und ihm das Frühstück auf den Tisch stellen. Im Haus hatte sie zur Zeit so wenig zu tun, daß er sich gedrängt sah, Beschäftigungen für sie zu erfinden, denn nichts demoralisiert das Personal so schnell wie Müßiggang. Der hohe Schnee gut fünfzehn Zentimeter , der Bridgehampton in der Woche vor Weihnachten innerhalb weniger Stunden zugedeckt hatte, war im warmen Wetter geschmolzen und hatte das Gras wachsen lassen. Es grünte wie Anfang Juni. Auch alles andere sah gut aus, besonders die Azaleen und Rhododendren am Außenrand des Rasens hinter dem Haus. Die knospenfressenden Rehe hatten sie verschont, obwohl Gus Parrish auf Schmidts Anweisung hin die Büsche nicht, wie sonst, zum Schutz mit schwarzen Nylonnetzen umwickelt hatte. Der Gärtner hatte verblüfft nach dem Grund gefragt, und Schmidt hörte sich die peinliche Wahrheit aussprechen: Für ihn sähen die Büsche in den Netzhüllen wie prähistorische Monster auf dem Sprung zum Angriff gegen das Haus aus. Der Anblick sei ihm nicht geheuer. Daraufhin hatte sich Gus gefügt, ohne auf irgendeine Weise anzudeuten, daß er seinen Kunden für übergeschnappt hielt, und das fand wiederum Schmidt überraschend und erfreulich. Ein Grund mehr, sich glücklich zu schätzen, daß er Gus' Leute als Nachfolger für Jim Bogards Neffen angeheuert hatte, der sich endlich auch, wie sein Onkel lange zuvor, zur Ruhe gesetzt hatte. Genaugenommen waren die Bogards schon für die Pflege des Grundstücks zuständig gewesen, bevor es nach dem Tod seiner Frau Mary an Schmidt übergegangen war, damals, als es noch Marys Tante Martha gehörte und er, seine Frau und ihre Tochter Charlotte als Marthas nächste Angehörige an Wochenenden und in den Sommerferien bei ihr zu Gast waren. Vertrauen lohnt sich eher als Mißtrauen. Er hatte Gus erklärt, daß er das Anwesen zu Silvester aus einem besonderen Grund tipptopp haben wollte, und Gus hatte sich daran gehalten. Schmidts Erfahrungen mit Gus waren in der Tat so gut, daß er glaubte, in puncto Zuverlässigkeit und Ausführung optimalen Personaleinsatz nannte man das umständlich in Schmidts alter Kanzlei seien Gus' Leute anderen Gärtnern in den Hamptons ähnlich überlegen wie Wood & King den minderen Varianten der New Yorker Anwälte in den auf Schadensrecht spezialisierten Kanzleien rund um die City Hall oder Borough Hall, die, seitdem der Werbung keine Grenzen mehr gesetzt waren, ihre Dienste mit spanischen Werbeslogans auf Reklameschildern in U-Bahn-Wagen anboten. Gus' Rechnungen waren hoch, so daß einem die Augen übergingen, aber das gehörte dazu und erinnerte ebenfalls an W & K. Die Namen all der freundlichen Kolumbianer, die Schmidts Rasen hegten und pflegten, die Ränder der Blumenbeete säuberten und Laubbläser betätigten, deren infernalischer Lärm Schmidts alte Siamkatze Sy und das junge Abessinierkätzchen Pi in Panik versetzte, waren in den Rechnungen einzeln aufgeführt und mit Angaben über Stundenlohn, einer Beschreibung der geleisteten Arbeiten und des Zeitaufwands versehen. Die Stundenzahlen in Gus' Rechnungen wurden diskret aufgerundet, wie Schmidt annahm, ein Verfahren, das auch bei den Mitarbeitern von W & K üblich war: Telefonat mit Mr. Schmidt, so und so viele Zehntelstunden; Überarbeitung eines Memorandums nach seinen Randbemerkungen, zwei ganze und sieben Zehntelstunden, eine von Schmidt gewünschte Überprüfung der Punkte X, Y und Z zur Absicherung des Memorandums, elf Stunden und eine Zehntelstunde. Elf Stunden und eine Zehntelstunde an einem einzigen Tag? fragte sich Schmidt. Diesen Einträgen folgte bei W & K wie auch bei Gus eine Liste der zu erstattenden Auslagen. Bei W & K waren es Gebühren für Ferngespräche, Briefmarken, Botendienste, Kopien, Abendessen und Taxikosten für eine Heimfahrt nach Überstunden im Büro; bei Gus acht Sorten Dünger, Unkrautvertilger und Mittel gegen Insektenbefall; wenn die zwitschernden kolumbianischen Damen mitarbeiteten, kamen dazu noch säckeweise Pflanzerde, Blumenzwiebeln und Setzlinge.

Er hörte Sonjas Auto in der Einfahrt, sie fuhr einen weißen Mercedes, ein ziemlich neues Modell sogar, an dessen Herkunft Schmidt immer wieder herumrätselte, seit sie im Sommer damit aufgetaucht war. Gehörte der Wagen einem Freund? Hatte sie ihn bei einer Tombola ihrer Kirche gewonnen oder mit ihrem Ersparten gekauft? In dem Fall zahlte er ihr einen zu hohen Lohn. Wie konnte er das Rätsel lösen, wenn er beharrlich weiter vermied, sie zu fragen? Zeit fürs Frühstück. Er begrüßte Sonja und setzte sich. Der Kaffee war siedend heiß und stark; der Joghurt gar nicht so übel, die Trauben hervorragend. Was fehlte, waren die Croissants und Scones, die er früher jeden Morgen bei Sesame gekauft hatte, dem wunderbaren Delikatessenladen, noch immer seiner Einkaufsquelle für Geflügelsalat, Käse und Ravioli in brodo. Das Wasser lief ihm im Mund zusammen, als er sich an dieses Gebäck erinnerte, das auf Anweisung der chinesisch-amerikanischen Dame Dr. Tang, der Nachfolgerin seines alten Hausarztes und Freundes David Kendall, von seinem Frühstückstisch verbannt war. Kendall war im Ruhestand. Schmidt fragte sich, ob er überhaupt noch irgend jemanden kannte, der sich nicht zur Ruhe gesetzt hatte. Ja, natürlich: Gil Blackman, sein alter Freund und Zimmergenosse im College, drehte immer noch Filme; Mike Mansour war wie immer damit beschäftigt, seine Milliarden zu verwalten, und die fabelhafte Caroline Canning und ihr scheußlicher Ehemann Joe kritzelten nach wie vor ihre Bücher.

Albern und überflüssig, daß Frau Dr. Tang so auf seine Diät achtete, dachte er. So überflüssig wie in gewisser Weise auch die Dienste von Gus und seinen Vorgängern, die Schmidt Jahr für Jahr weiter beschäftigte, seit Tante Martha gestorben war und Mary das Haus geerbt hatte. Wie viele Jahre waren das inzwischen? Er zuckte die Achseln: fast vierzig. Wie lang würde es noch so weitergehen? Nach seiner Einschätzung nicht mehr als zehn Jahre. Er hatte Dr. Tang gefragt, ob sie vorhersehen könne, in welcher Form der Tod ihn treffen werde. Angst würden Sie mir damit nicht machen, hatte er gesagt, auf uns alle wartet eine Begegnung in Samarra, und ich besitze eine Grabstelle mit Blick auf die Peconic Bay, die mir sehr gefällt. Sie antwortete mit einem fröhlichen Lachen und erklärte ihm, bei einem Patienten, der so gesund sei wie er, könne man nichts vorhersagen. Schmidts Simultanübersetzung: Stellen Sie keine dummen Fragen, überlassen Sie es dem Tod und Co., die werden es schon richten. Höflich wie immer, hatte er in das Lachen eingestimmt. In Wahrheit hegte er seine eigenen Vorahnungen: ein Hirnschlag oder Krebs, teuflische Krankheiten, die nicht immer auf schnelle Beute aus sind. Aber ganz gleich, was ihn am Ende traf, niemand, absolut niemand würde ihn in ein Altersheim zwingen. Falls er dann noch bei Verstand und nicht gelähmt war, würde er seinen Weg zum Exitus selbst finden. Andernfalls würden die Instruktionen, die er bei Gil hinterlegt hatte und die dem Freund die Entscheidung über Schmidts Leben und Tod überließen, die...
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Autor

Louis Begley, 1933 in Polen geboren, arbeitete bis 2004 als Anwalt in New York. Als Schriftsteller wurde er mit seinem Roman Lügen in Zeiten des Krieges weltweit bekannt. Seine Bücher wurden in 18 Sprachen übersetzt und vielfach ausgezeichnet.