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Dornröschengift

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
Deutsch
Arena Verlag GmbHerschienen am01.06.2012
Sophie kann es nicht fassen, dass ihr Bruder Mike tot sein soll, gestorben bei einem Tauchunfall in Australien. Doch dann kommt Mikes Freund nach Deutschland und kann die Lücke ein wenig ausfüllen. Bis abermals jemand verschwindet.

Krystyna Kuhn wurde 1960 als siebtes von acht Kindern in Würzburg geboren. Sie studierte Slawistik, Germanistik und Kunstgeschichte in Würzburg und Göttingen sowie zeitweise in Moskau und Krakau. Sie arbeitete als Redakteurin und Herausgeberin. Seit 1998 ist sie freischaffende Autorin und schreibt mit Vorliebe Thriller und Krimis. 'Schneewittchenfalle' war Krystyna Kuhns erster Jugendroman. Für ihr literarisches Werk wurde Krystyna Kuhn bereits zweifach für den Frauenkrimipreis nominiert.
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Produkt

KlappentextSophie kann es nicht fassen, dass ihr Bruder Mike tot sein soll, gestorben bei einem Tauchunfall in Australien. Doch dann kommt Mikes Freund nach Deutschland und kann die Lücke ein wenig ausfüllen. Bis abermals jemand verschwindet.

Krystyna Kuhn wurde 1960 als siebtes von acht Kindern in Würzburg geboren. Sie studierte Slawistik, Germanistik und Kunstgeschichte in Würzburg und Göttingen sowie zeitweise in Moskau und Krakau. Sie arbeitete als Redakteurin und Herausgeberin. Seit 1998 ist sie freischaffende Autorin und schreibt mit Vorliebe Thriller und Krimis. 'Schneewittchenfalle' war Krystyna Kuhns erster Jugendroman. Für ihr literarisches Werk wurde Krystyna Kuhn bereits zweifach für den Frauenkrimipreis nominiert.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783401800691
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2012
Erscheinungsdatum01.06.2012
SpracheDeutsch
Dateigrösse727 Kbytes
Artikel-Nr.1230469
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Der Tag zuvor

Nachmittag 29. April

Im Nachhinein schien es mir, als habe sich der Nebel an dem Tag über die Landschaft gelegt, als wir die Nachricht erhielten. Mike, mein Bruder, war zu einem Tauchgang aufgebrochen, von dem er nicht wieder zurückgekommen war. Offenbar war er ertrunken, auch wenn man seine Leiche nie gefunden hatte. Das war vor drei Monaten gewesen, genauer gesagt am 20. Januar. Seitdem lebten wir wie in einer Schattenwelt. Pa und ich schlichen uns im Morgengrauen aus dem Haus und kehrten so spät wie möglich dorthin zurück, wo meine Mutter sich weigerte, der Wahrheit ins Gesicht zu sehen: Mike würde nicht wiederkommen. Doch nicht einmal als die Anrufe der Polizei seltener und die Informationen immer spärlicher wurden, bis sie schließlich ganz ausblieben, gab Mam die Hoffnung auf. Hendrik, unser Gärtner, war der Einzige, der es aussprach: »De Dod steiht achter de Dör.« Der Tod steht vor der Tür. Immer wenn er diesen Satz vor sich hin murmelte, überlief es mich kalt. Doch Mam schüttelte nur den Kopf. Solange Mike nicht gefunden sei, meinte sie, gäbe es immer noch eine Chance.

Als ich an diesem Tag Ende April von der Schule nach Hause zurückkehrte, lag das Gutshaus eingehüllt in einem grauen, undurchsichtigen Wolkenfeld. Viele Leute beneideten uns um das prachtvolle, alte Gebäude mit dem aufwendigen Stuck an der Fassade. Jamaica zum Beispiel, die sich mit ihrer Mutter zwei winzige Zimmer über dem kleinen Lebensmittelladen im Dorf teilen musste. Man nannte uns sogar: die vom Schloss. Ehrlich, eine Zeit lang habe ich gar nicht kapiert, dass die uns meinten. Ich schob das Fahrrad in das Nebengebäude aus rotem Klinker, das meine Eltern zu einer geräumigen Garage hatten umbauen lassen. Dort stellte ich es neben Mikes uralten grünen VW-Käfer ab, den er zum 18. Geburtstag geschenkt bekommen hatte. Das Nebengebäude war durch die ehemalige Waschküche mit dem Haupthaus verbunden, sodass ich von hier aus direkt in die Diele gelangen konnte. Dort warf ich Mantel und Schultasche achtlos auf die alte Truhe, die noch von meinen Urgroßeltern stammte. Ein wurmstichiges Ding, von dem mein Vater sich nicht trennen wollte. »Mam«, rief ich laut. Keine Antwort. Ich öffnete die Küchentür. Nicht, dass ich erwartete, sie hier zu finden, denn seit der Nachricht von Mikes Verschwinden verbrachte sie die meiste Zeit schlafend im Bett und ich schmierte mir nach der Schule einfach ein Butterbrot. Doch heute brodelte es auf dem Herd und es roch verheißungsvoll. Neugierig hob ich den Deckel - Tomatensoße! Mir lief das Wasser im Mund zusammen. Immerhin würde es ein warmes Mittagessen geben. »Mam?«, rief ich erneut, und da ich keine Antwort erhielt, rannte ich die knarrenden Holzstufen nach oben in den ersten Stock. Wahrscheinlich hatte sie eines der Beruhigungsmittel eingenommen, die ihr mein Vater verschrieben hatte. Leise öffnete ich die Tür zum Schlafzimmer meiner Eltern. Ein betäubender Geruch nach Lavendel und Schlaf hing im Raum. Die Betten waren gemacht, es lagen keine Kleider auf dem Fußboden. Mam war also tatsächlich aufgestanden. War sie vielleicht im Garten? Sie hatte ihre Rosen die letzten Monate völlig vernachlässigt. Ich verließ das Schlafzimmer, um draußen nachzusehen, aber als ich an Mikes Zimmer vorbeikam, hörte ich ein Geräusch. Ich glaube nicht, dass seit Toms Anruf vor drei Monaten jemand von uns den Raum betreten hatte. Vielleicht war es daher auch mehr eine Ahnung, jedenfalls drückte ich den Türöffner nach unten. Das Zimmer war noch so, wie Mike es verlassen hatte. Nichts hatte sich verändert. Die Rollos halb nach unten gezogen, erkannte ich die Metallregale an den Wänden, in denen er seine CD-Sammlung und stapelweise Bücher aufbewahrte. Auf dem Schreibtischstuhl lagen ein schwarzes T-Shirt und eine seiner Baseballmützen. Darunter schauten graue Turnschuhe hervor, so, als hätte Mike sie gerade abgestreift und würde gleich ins Zimmer gerannt kommen, um sich auf seinem Bett in einen dieser Science-Fiction-Romane zu vertiefen, die er abgöttisch liebte. Der Schaukelstuhl vor dem Fenster bewegte sich langsam hin und her. Ich erkannte meine Mutter, die im Nachthemd im Halbdunkel saß, eines von Mikes Sweatshirts in der Hand. »Mam?«, fragte ich erschrocken. Sie hob den Kopf und blickte mich traurig an. Ihre blonden Haare hingen ungekämmt ins Gesicht, sie war blass und hatte wieder geweint. »Sofie! Ist die Schule schon vorbei?« Vorsichtig trat ich näher. »Was machst du denn hier?«, fragte ich. »Du solltest dich besser hinlegen. Komm, ich bringe dich ins Bett.«

»Nein!« Sie schüttelte den Kopf. »Nein, ich räume auf.« »Warum ausgerechnet heute?« Sie schwieg einige Sekunden. Der Schaukelstuhl knarrte leise und bewegte sich schließlich, wie von einem leichten Windhauch angestoßen, hin und her. »Da war ein Anruf heute Morgen«, erklärte sie. Ein Anruf? Mein Herz begann laut zu klopfen. »Wegen Mike?« Sie gab keine Antwort. Stattdessen starrte sie hinaus auf den grauen Himmel und murmelte vor sich hin. »Ich muss die Fenster noch putzen. Wenn er kommt, muss hier alles in Ordnung sein.« Ehrlich, sie sah in diesem Moment so überzeugt aus, dass mir ein kalter Schauer über den Rücken lief. Hatten sie Mike gefunden? Erfuhren wir nun endlich, was mit ihm an dem Tag im Januar geschehen war, als er mit Tom zum Tauchen fuhr? Konnte es sein, dass er noch am Leben war? »Mike? Mike kommt?«, fragte ich ungeduldig. »Mam, was für ein Anruf?« »Dieser Junge . . .«, murmelte sie. Verzweifelt rief ich: »Welcher Junge?« »Tom, der Junge aus Australien. Er möchte uns besuchen, einige Sachen vorbeibringen.« »Tom?« Sie nickte. »Du weißt doch, dein Vater hat ihn eingeladen, als er vor drei Monaten . . .« Nun wusste ich, von wem sie sprach. Tom war der Sohn von Mikes Vermieterin in Brisbane, Australien. Ich setzte mich auf das Bett. »Wann kommt er?« »Morgen!« »Morgen schon?« Der Gedanke versetzte mir einen Stich. Es war derselbe Tag, für den Mike den Rückflug gebucht hatte.

»Mike kommt am 30. April zurück«, murmelte meine Mutter vor sich hin, als hätte sie meine Gedanken gelesen. Ihr Blick war ohne Leben. Sie war in ihre einsame Trauer abgetaucht, die sie mit niemandem zu teilen bereit war. Ich wusste, wie sie litt, wie sie sich die letzten Wochen selbst gequält hatte, je unwahrscheinlicher es wurde, dass man Mike fand. Stundenlang hatte ich sie weinen hören. Dennoch: Litten wir nicht alle? Hatte sie ein einziges Mal gefragt, wie es mir ging? Wie ich mich fühlte? Oder Pa? Ich biss die Zähne fest aufeinander. Plötzlich hatte ich den sehnlichen Wunsch, das alles meiner Mutter ins Gesicht zu schreien. Einfach die Wahrheit herausbrüllen. Die nackte Wahrheit. Sie sollte aufhören, sich und uns etwas vorzumachen! Hey, ich war fünfzehn Jahre alt. Mir war verdammt klar, was es bedeutete, im Pazifischen Ozean zu ertrinken. »Nein, Mam«, seufzte ich schließlich, stand auf und strich ihr beruhigend über die Haare. »Tom kommt, nicht Mike.« Doch sie antwortete nicht. Ich hatte das Quietschen des Schaukelstuhls noch im Ohr, als ich nach unten ging, um Nudeln zur Tomatensoße zu kochen.

Den Nachmittag verbrachte ich in meinem Zimmer mit den Schularbeiten. Meine Mutter hatte sich wieder hingelegt, ohne mit mir zu essen. Ich war es gewesen, die die Küche in Ordnung brachte. Die Vorstellung, dass morgen Tom kommen würde, der meinen Bruder als Letzter gesehen, der die Monate mit ihm in Australien verbracht hatte, machte mich nervös. Hatte er Neuigkeiten? Würde er viel von meinem Bruder erzählen? Ich konnte mich nicht länger auf meine Bücher konzentrieren. Abrupt sprang ich vom Schreibtisch auf und zog mein Tagebuch aus dem untersten Fach der Kommode, wo ich es in einen alten Schlafanzug gewickelt aufbewahrte. Seit über einem Jahr hatte ich kein Wort mehr geschrieben. Als ich es jetzt in die Hand nahm und aufschlug, erschien mir die Vierzehnjährige, die dort ihre Sorgen notiert hatte, lächerlich kindisch, ja geradezu albern. Diese Sofie war mir inzwischen fremd. Sie schrieb über Probleme, die keine waren: Filme, neue CDs, Bücher, die Jugendband, lächerliche Diskussionen mit den Eltern und natürlich lange Abhandlungen über sämtliche Klassenkameraden und meine ehemals beste Freundin Carlotta, die mich zu der Zeit schmählich im Stich gelassen...
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Autor

Krystyna Kuhn wurde 1960 als siebtes von acht Kindern in Würzburg geboren. Sie studierte Slawistik, Germanistik und Kunstgeschichte in Würzburg und Göttingen sowie zeitweise in Moskau und Krakau. Sie arbeitete als Redakteurin und Herausgeberin. Seit 1998 ist sie freischaffende Autorin und schreibt mit Vorliebe Thriller und Krimis. "Schneewittchenfalle" war Krystyna Kuhns erster Jugendroman. Für ihr literarisches Werk wurde Krystyna Kuhn bereits zweifach für den Frauenkrimipreis nominiert.