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Das Tal: Das Erbe

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
Deutsch
Arena Verlag GmbHerschienen am01.07.2012
Es ist Prüfungszeit am Grace College und Rose, Chris, Katie und die anderen haben beschlossen, die Geheimnisse des Tals für ein paar Tage ruhen zu lassen. Aber während die Studenten gerade über der Englischklausur brüten, passiert das Unfassbare. Einer ihrer Kommilitonen dreht völlig durch. Er droht, sie alle zu töten. Während der Sicherheitsdienst das Collegegebäude räumt, um die anderen Studenten in Sicherheit zu bringen, versuchen Rose, Katie, Debbie und Chris vergeblich, den Amokläufer zu beruhigen. Doch der will nur mit einem sprechen. Mit David. Und der ist spurlos verschwunden ...

Krystyna Kuhn wurde 1960 als siebtes von acht Kindern in Würzburg geboren. Sie studierte Slawistik, Germanistik und Kunstgeschichte in Würzburg und Göttingen sowie zeitweise in Moskau und Krakau. Sie arbeitete als Redakteurin und Herausgeberin. Seit 1998 ist sie freischaffende Autorin und schreibt mit Vorliebe Thriller und Krimis. 'Schneewittchenfalle' war Krystyna Kuhns erster Jugendroman. Für ihr literarisches Werk wurde Krystyna Kuhn bereits zweifach für den Frauenkrimipreis nominiert.
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Produkt

KlappentextEs ist Prüfungszeit am Grace College und Rose, Chris, Katie und die anderen haben beschlossen, die Geheimnisse des Tals für ein paar Tage ruhen zu lassen. Aber während die Studenten gerade über der Englischklausur brüten, passiert das Unfassbare. Einer ihrer Kommilitonen dreht völlig durch. Er droht, sie alle zu töten. Während der Sicherheitsdienst das Collegegebäude räumt, um die anderen Studenten in Sicherheit zu bringen, versuchen Rose, Katie, Debbie und Chris vergeblich, den Amokläufer zu beruhigen. Doch der will nur mit einem sprechen. Mit David. Und der ist spurlos verschwunden ...

Krystyna Kuhn wurde 1960 als siebtes von acht Kindern in Würzburg geboren. Sie studierte Slawistik, Germanistik und Kunstgeschichte in Würzburg und Göttingen sowie zeitweise in Moskau und Krakau. Sie arbeitete als Redakteurin und Herausgeberin. Seit 1998 ist sie freischaffende Autorin und schreibt mit Vorliebe Thriller und Krimis. 'Schneewittchenfalle' war Krystyna Kuhns erster Jugendroman. Für ihr literarisches Werk wurde Krystyna Kuhn bereits zweifach für den Frauenkrimipreis nominiert.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783401801384
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2012
Erscheinungsdatum01.07.2012
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.1238221
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe



1. Im Zeichen des Pfeils

Isabel Hill hatte ihren Hintern halb auf das Pult geschoben. Ihr T-Shirt war so kurz, dass das Piercing im Bauchnabel sichtbar wurde. Sie beobachtete die Studenten aus zusammengekniffenen Augen. Immer wenn Rose sie anschaute, sah sie eine imaginäre Peitsche in der Hand der Studienbetreuerin, die im Sommer ihren Abschluss hier am College machen würde. Hoffentlich würde sie selbst niemals so unsympathisch auf andere Studenten wirken.

Aus den Augenwinkeln beobachtete Rose, wie Chris sein Smartphone aus der Hosentasche zog und etwas ablas. Auf Handys bei Prüfungen stand die Todesstrafe. Damit konnte Chris seine ganze Prüfung gefährden. Noch schlimmer, es drohte ihm der Ausschluss aus dem College.

Nicht mal eigenes Papier war erlaubt. Die Taschen hatten sie vor der Tür abgegeben, ebenso wie die Jacken. Am liebsten wäre es der Collegeleitung wahrscheinlich, wenn sie nackt gekommen wären. Es hätte nur noch gefehlt, dass die Sicherheitsleute sie an der Eingangstür wie am Flughafen gescannt hätten, um noch das geringste Hilfsmittel zu entdecken.

Was Julia betraf, trug sie die Kette mit den Eheringen ihrer Eltern um den Hals. Natürlich der reinste Aberglaube.

Rose seufzte. Irgendwie schien der ganze Raum in eine Art Trance gefallen zu sein.

Sie blickte von Katie zu Julia, von Julia zu Chris. Die Spannung im Raum war schwer zu ertragen. Nur das Kratzen der Füllfederhalter, die über die weißen Blätter schabten, war zu hören. Bei einer Prüfung war es den Studenten nicht erlaubt, sich einen freien Platz zu suchen. Jedem war durch ein Namensschild einer der Tische zugewiesen worden, die sich in einer Art Zickzackmuster durch den Prüfungsraum zogen.

Roses Tisch war in der Mitte des Raums. Immer, wenn sie den Kopf hob, schaute sie aus dem Fenster direkt auf die dicke graue Nebelwand, die wie ein Vorhang den Himmel verbarg. Nur konnte man ihn nicht zur Seite ziehen. Wie Rose auch nicht den Vorhang in ihrem Kopf zur Seite ziehen konnte, der ihr Denken blockierte.

Sie beneidete Benjamin, der aufgrund seiner langen Abwesenheit vom College von den Prüfungen befreit worden war. Vermutlich chillte der jetzt mit seinem Lover Tom aus dem Abschlussjahrgang. Debbie dagegen hatte sich sogar in die Klinik den Unterrichtsstoff schicken lassen. Rose fragte sich, warum sie sich diese Mühe gemacht hatte. Andererseits war sie noch nie schlau geworden aus dem, was Debbie trieb.

Wie auf Stichwort hob Debbie vorn in der ersten Reihe ihren Finger.

Professor Hill, die zusammen mit ihrer Tochter Isabel die Aufsicht führte, reagierte genervt: »Miss Wilder?«

»Kann ich zur Toilette?«

Es war bereits das dritte Mal, dass Debbie ihre Blase nicht im Griff hatte. Rose dagegen war seit über drei Stunden jedes menschliche Bedürfnis fremd. Sie hatte keinen Durst, dachte nicht an Essen und die Vorstellung, sie würde auf der Toilette auch nur fünf Minuten verschwenden, war absurd.

»Schon wieder?«, fragt Mrs Hill.

»In der Prüfungsordnung steht, dass ich das Recht habe ⦫

Wieder sah Mrs Hill auf ihre Uhr und traf eine Entscheidung. »Sie haben nur noch zwanzig Minuten. So lange werden Sie es noch aushalten.«

»Ich werde mich beim Dean beschweren.«

»Ja, in Ordnung, tun Sie das. Aber stören Sie jetzt die anderen nicht, die zum Ende kommen müssen. Noch zwanzig Minuten.«

Rose hatte sich für die Gedichtanalyse entschieden. Warum auch immer. Gedichte lagen ihr nicht besonders. Lyrik war etwas für Träumer. Klar dachte jeder, sie müsse besonders begabt dafür sein. Die sensible, feinfühlige Rose, die selbst aussah, als hätten Shakespeare oder Lord Byron persönlich sie in Versen verewigt.

Aber sie hatte dieses Image satt. Es stand ihr bis zum Hals. Ihre Hand fuhr durch ihre kurzen Haare, die sich noch immer anfühlten wie weicher Flaum. Vielleicht war es zu früh gewesen, auf die Glatze zu verzichten.

Jedenfalls lag ihr der Text auf dem Prüfungsblatt schwer im Magen. Ganz abgesehen vom Thema: die Apokalypse in der englischen Lyrik.

Eine Gedichtinterpretation war vergleichbar damit, einen Fisch auszunehmen. In beiden Fällen gab es bestimmte Regeln, mit denen man bis zum Skelett vorstieß. Und es war ebenso kompliziert und ekelhaft.

John Milton und seine unverständlichen Verse brachten sie zur Verzweiflung. Das war die eigentliche Apokalypse, gegen die Rose im Moment kämpfte. Sie gab ihr Bestes, um alles zum Thema Gottesgericht aus Miltons Verlorenem Paradies herauszuholen, was nur ging. Aber sie, die Musterschülerin Rose, der Traum eines jeden Dozenten, hatte den Schwung verloren.

Wieder sah sie auf und ihre Blicke folgten Mrs Hill, die nun schon seit über zwei Stunden im Raum auf und ab ging. Sie erinnerte Rose an einen Hamster in seinem Laufrad. Auch weil ihr Haar dieselbe Farbe hatte wie ein Hamster. Hellbraun und mit diesen Strähnchen, die wie Leuchtbänder schimmern. Sie trug einen braunen Hosenanzug, der ihr ganz offensichtlich zu eng war, genauso wie die Bluse. Mit jeder Bewegung spannte sie und man konnte ihren BH darunter erkennen, der aus dem letzten Jahrhundert stammte. Mindestens. Vielleicht sogar aus John Miltons Jahrhundert.

Mit jedem Schritt klackten die hochhackigen Stiefel. Das Geräusch machte Rose verrückt. Sie spürte, wie sie anfing zu schwitzen.

Warum musste es in dem Raum auch so stickig sein? Man heizte ihnen so richtig ein. Nicht nur mit den Prüfungsfragen.

Inwiefern kann man den Gedichtzyklus als symphonische Dichtung bezeichnen?

Warum haben Miltons Bilder die englische Dichtung der Romantik geprägt?

Als hätte sie ihre Gedanken gelesen, erhob sich Katie, ging zum Fenster und riss es sperrangelweit auf.

»Ich habe Ihnen nicht erlaubt aufzustehen, Miss West.« Mrs Hill sprach nicht laut, aber ihre Stimme war schneidend.

»Ich habe nicht die Absicht, an Sauerstoffmangel zu sterben«, erklärte Katie und rollte mit den Augen, als sie die Hände in den Hosentaschen an Rose vorbeiging.

»Sie hätten mich fragen können.«

»Sie hätten Nein sagen können.« Katie schob sich auf ihren Stuhl, nahm den Füller in die Hand und schrieb unbeirrt weiter.

Rose beneidete sie. Julia und alle anderen schienen eine unheimliche Verbindung zu dem Papier eingegangen zu sein, das vor ihnen lag und den Stempel des Colleges trug. Nur Debbie starrte wie sie selbst zum Fenster hinaus, als warte sie auf eine göttliche Eingebung oder dass der Heilige Geist auf sie herunterschwebte. Wenn der bei diesem Nebel überhaupt durchkam.

Nebel gab es im Tal selten. Es lag so weit oben, dass er sich nicht lange hielt, sondern schnell wieder in die Höhe stieg oder nach unten fiel. Doch heute hatte er sich fest eingenistet. Rose vermisste die Aussicht auf den See und den Ghost. Sie hatte das sichere Gefühl, dass ein Blick auf den Berg ihren Gedanken den Schwung geben würde, den sie so dringend brauchte.

Als Mrs Hill erneut an ihrem Tisch vorbeiging und einen Blick auf ihr Blatt warf, bemühte sich Rose, so auszusehen, als sei sie sicher, was sie schrieb. Sie erwiderte das Lächeln der Englischdozentin, die offenbar große Hoffnung in ihre Lieblingsschülerin setzte.

Aber genauso hätte sie Rose auffordern können, zwanzig Marshmallows hintereinander zu essen. Schwerer könnten die ihr auch nicht im Magen liegen.

Ich muss mich konzentrieren. Jetzt. Sofort. Ihr Blick fiel auf den letzten Satz in ihrem Essay. Er kam ihr fremd vor, als hätte nicht sie ihn mit ihrer klaren, links geneigten Schrift geschrieben. Widerstand und Protest machte sich in ihr breit. Und ohne weiter nachzudenken, schrieb sie: Ich halte John Milton nicht für einen der größten englischen Dichter. Obwohl er an der Seite von Oliver Cromwell kämpfte und seine Schriften verboten waren, heißt das nicht, dass er die Welt mit seinen Gedanken weitergebracht hat. Er war Puritaner und seine Ansichten sind im einundzwanzigsten Jahrhundert veraltet.

Professor Hill, die wieder vorne an der Tafel angekommen war, verkündete in diesem Moment energisch, den Blick fest auf ihre Armbanduhr gerichtet: »Noch fünfzehn Minuten.«

»Brutto oder netto?«, fragte irgendjemand in einer der hinteren Reihen und die meisten brachen in ein fast schon hysterisches Lachen aus. Nicht weil diese Bemerkung wirklich witzig war, sondern weil alle unter extremer Anspannung litten. Rose wunderte sich, dass noch keiner durchgedreht war.

Eine Sekunde später senkten sich die Köpfe wieder und die Füllfederhalter, die zwingend vorgeschrieben waren - wie auch die blaue Tinte -, kratzten einstimmig über das Papier.

Rose strich den letzten Satz durch, und zwar so dick, dass Professor Hill ihn garantiert nicht entziffern konnte. Dann begann sie von Neuem.

Ich halte John Milton für einen der größten englischen Dichter.

Seltsamerweise gelang es ihr tatsächlich, sich in diesen letzten Minuten noch einmal richtig in ihren Essay zu vertiefen. Und es fiel ihr plötzlich nicht mehr schwer, John Milton als einen der größten englischen Dichter darzustellen. Alles eine Frage der Begründung.

Noch fünf Sätze und sie hatte es geschafft.

Noch vier Sätze.

Noch â¦

Es klopfte an der Tür.

Das war ein absolutes No-Go während einer Prüfung. Schließlich hing draußen an der Tür ein Stoppschild mit dem Hinweis: Prüfung. Bitte nicht stören. Deshalb war auch der Lautsprecher abgeschaltet.

Professor Hill schüttelte...


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Krystyna Kuhn wurde 1960 als siebtes von acht Kindern in Würzburg geboren. Sie studierte Slawistik, Germanistik und Kunstgeschichte in Würzburg und Göttingen sowie zeitweise in Moskau und Krakau. Sie arbeitete als Redakteurin und Herausgeberin. Seit 1998 ist sie freischaffende Autorin und schreibt mit Vorliebe Thriller und Krimis. "Schneewittchenfalle" war Krystyna Kuhns erster Jugendroman. Für ihr literarisches Werk wurde Krystyna Kuhn bereits zweifach für den Frauenkrimipreis nominiert.